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Freiheit als politisches Ziel

Grundmodelle liberalen Denkens bei Kant, Hayek und Böckenförde

AutorJohanna Falk
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl253 Seiten
ISBN9783593412825
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
In westlichen Demokratien gilt die Freiheit gemeinhin als das oberste Ziel von Politik. Nicht nur Politiker benutzen den Begriff gerne zur Legitimation ihres Wirkens. Johanna Falk nimmt dies zum Anlass, um den Begriff grundsätzlich zu hinterfragen: Sprechen alle von der gleichen Freiheit - und ist Freiheit wirklich das höchste Ziel liberaler Politik? Dazu vergleicht sie den rechtsstaatlichen Liberalismus Immanuel Kants, den Wirtschaftsliberalismus Friedrich August von Hayeks und den sozialstaatlichen Liberalismus Ernst-Wolfgang Böckenfördes. Der Vergleich zeigt, dass Freiheit im Politischen keineswegs als Wert an sich, sondern vielmehr als Katalysator für andere Werte dient.

Johanna Falk, Dr. phil., hat an der Universität Passau in Politikwissenschaften promoviert. Derzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bundestag.

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Leseprobe
Alle maßgeblichen Parteien der Bundesrepublik Deutschland eint die Freiheit als politisches Ziel. 'Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit seiner Würde und seiner Freiheit', beginnt das Grundsatzprogramm einer Partei. 'Freiheit und Sicherheit' betitelt eine weitere ihr Grundsatzdokument. 'Die deutsche Sozialdemokratie, die älteste demokratische Partei in Deutschland, war immer Teil einer internationalen Freiheitsbewegung', meint eine andere. 'Wir machen uns für die Freiheit des Einzelnen in Verantwortung für eine bessere Zukunft unseres Landes stark. [...] Maßstab aller Politik muss die Freiheit sein', heißt es bei einer vierten. Und bei einer fünften: 'Gleichheit ohne individuelle Freiheit endet in Entmündigung und Fremdbestimmung.' 'In Freiheit und Verantwortung gemeinsam Zukunft gestalten', will eine letzte Partei. Diese sechs Parteien der Freiheit sind damit ganz auf der Linie des deutschen Grundgesetzes, das jedem Menschen in Artikel 2 das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und die Freiheit der Person zusichert.


Alle erachten die Freiheit als zentral - doch was heißt das? Eines zumindest heißt es nicht: dass sich aus der Freiheit als politischem Ziel ein eindeutiges Programm ableiten ließe. Schließlich wären sonst zwischen diesen Parteien keine politischen Debatten notwendig. Die Vorstellungen über die Umsetzung der Freiheit variieren also. Aber ist es sogar denkbar, dass bereits unter Freiheit selbst etwas anderes verstanden wird? Die politikphilosophische Bedeutung des Begriffs zumindest ist keineswegs eindeutig.


Auch in der Gesellschaft ruft die Freiheit fast durchgängig sehr positive Reaktionen hervor. Die Allgegenwärtigkeit der Freiheit geht deswegen weit über das politische Feld hinaus. Selbst in der Werbung wird sie überall in Aussicht gestellt, sei es bei Mobilfunkverträgen, bei Pauschalreiseangeboten oder beim Kauf von Kontaktlinsen. Durch solche nicht selten ins Banale gerückten Verwendungen gerät freilich in den Hintergrund, welche politischen Kämpfe einst in ihrem Namen ausgefochten wurden. Stand der Begriff im Zuge der Amerikanischen und der Französischen Revolution für zentrale rechtliche und demokratische Forderungen und in Deutschland zuletzt 1989 für das Ende eines Unrechtsregimes, so scheint seine Verwendung heute oft geradezu beliebig. Im Privaten mag das legitim sein. Doch im Vorliegenden soll die politische Dimension dieses Begriffs behandelt werden, und hier ist es keinesfalls wünschenswert, wenn die Freiheit in die Beliebigkeit abgleitet. Eben weil der Begriff für nach wie vor entscheidende politische Errungenschaften steht, muss er als Schlüsselbegriff des gegenwärtigen politischen Denkens umsichtig behandelt werden. Dazu soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten, indem sie die Vielschichtigkeit des Begriffs beleuchtet und seine Funktion in politischen Theorien verdeutlicht.


Forschungsansatz und Autorenwahl


Diese Arbeit unternimmt den Versuch, am Beispiel dreier politikphilosophischer Konzepte einen Grundbegriff des westlichen politischen Selbstverständnisses theoretisch und logisch zu durchdenken. Das soll nicht dem Ziel dienen, eine Definition von Freiheit zu finden oder gar zu urteilen, welcher der drei Freiheitsbegriffe der 'richtige' ist. Es wird vielmehr gefragt, welchen Zweck dieser Begriff in politikphilosophischen Theorien hat, die sich die Freiheit als Ziel setzen. Kann Freiheit ein Wert an sich sein? Gleichzeitig soll untersucht werden, inwiefern sich die Inhalte decken, mit denen der Begriff verbunden wird. Welche Gründe werden angeführt, um die Freiheit als politisches Ziel zu rechtfertigen? Und mit welchen Mitteln soll sie umgesetzt und gesichert werden?


Um hierauf eine Antwort zu erhalten, werden die Freiheitskonzepte dreier Denker untersucht, die sich jeweils sehr intensiv mit diesem Begriff befasst haben und dabei zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind. Um trotz der geringen Anzahl untersuchter Konzepte das Spektrum liberaler Vorstellungen von Freiheit so weit wie möglich abzudecken, wurden bewusst Fachgrenzen überschritten: Ein Moralphilosoph, ein Wirtschaftswissenschaftler und ein Staatsrechtler stehen zum Vergleich. Immanuel Kant, Friedrich August von Hayek und Ernst-Wolfgang Böckenförde sind so gesehen eine ungewöhnliche Trias, da sie ganz unterschiedlichen thematischen und historischen Kontexten entstammen. Dass einem Vertreter der Aufklärung zwei Denker des 20. Jahrhunderts gegenübergestellt werden, dient nicht dem Ziehen einer historische Linie (auch wenn diese sich natürlich ziehen lässt), sondern ist vor allem systematisch begründet: Jeder von ihnen repräsentiert ein bestimmtes Grundmodell. Das jeweilige Konzept wird dabei von seinen Prämissen bis zu seinen Konsequenzen durchdacht. Erst dieses gründliche Ausarbeiten verdeutlicht, welche letztlich nicht-politischen Wertentscheidungen der Freiheit als politischem Ziel zugrunde liegen.

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
1. Einleitung10
1.1 Forschungsansatz und Autorenwahl11
1.2 Vorgehensweise und Methodik21
1.3 Forschungsstand24
1.4 Positive und negative Freiheit27
2. Das rechtsstaatliche Modell:Immanuel Kant33
2.1 Einleitung33
2.2 Menschenbild: Vernunft als Aufgabe des Menschen35
2.2.1 Der Mensch als Selbstzweck36
2.2.2 Lebensziel Glück?37
2.2.3 Zwei Welten: Sinne und Verstand38
2.2.4 Das Sittengesetz40
2.2.5 Der gute Wille44
2.2.6 Der Fortschritt zum Guten46
2.3 Ethik: Innere, moralische Freiheit47
2.3.1 Negative Freiheit: Unabhängigkeit48
2.3.2 Positive Freiheit: Autonomie49
2.3.3 Die Begründung der Freiheit52
2.3.4 Die Würde als Ergebnis der Autonomie54
2.4 Staatstheorie: Äußere Freiheit57
2.4.1 Das Verhältnis von Moral, Recht und Politik59
2.4.2 Rechtliche Freiheit62
2.4.3 Politische Freiheit67
2.5 Zwischenfazit: Freiheit bei Immanuel Kant79
3. Das wirtschaftsliberale Modell: Friedrich August von Hayek83
3.1 Einleitung83
3.2 Menschen- und Gesellschaftsbild: Die Grenzen der Vernunft87
3.2.1 Begrenztes Wissen88
3.2.2 Die Gefahr des Rationalismus90
3.2.3 Tradition und spontane Entwicklung92
3.2.4 Fortschritt als Selbstzweck94
3.3 Sozialphilosophie: Die Freiheit als Wert97
3.3.1 Negative Freiheit: Abwesenheit von Zwang100
3.3.2 Positive Freiheit: Kollektivistische Bedrohung105
3.3.3 Der Wert der Freiheit113
3.4 Staatstheorie: Die Freiheit als Instrument121
3.4.1 Recht: Freiheit als Schutz vor dem Staat122
3.4.2 Politik: Freiheit als Schutz vor der Mehrheit127
3.4.3 Wirtschaft: Freiheit als Mittel zum Wohlstand133
3.5 Zwischenfazit: Freiheit bei Friedrich August von Hayek143
4. Das sozialstaatliche Modell: Ernst-Wolfgang Böckenförde148
4.1 Einleitung148
4.2 Gesellschafts- und Staatsbild: Solidarität als Aufgabe151
4.2.1 Der Liberalismus und seine Grenzen151
4.2.2 Die soziale Frage154
4.2.3 Der Zweck des Staates156
4.2.4 Die Gemeinschaftsorientierung im modernen Staat158
4.3 Staatstheorie: Ein Recht auf freie Entfaltung161
4.3.1 Recht: Grundrechtliche Freiheit162
4.3.2 Politik: Demokratische Freiheit180
4.3.3 Wirtschaft und Soziales: Eine reale Chance auf Entfaltung193
4.4 Zwischenfazit: Freiheit bei Ernst-Wolfgang Böckenförde202
5. Fazit207
5.1 Drei liberale Grundmodelle: Gemeinsamkeiten und Unterschiede207
5.2 Der Sinn positiver Freiheit224
5.3 Freiheit als Sekundärwert233
Abkürzungen236
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis237
Literatur238
Dank251

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