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Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren. Eine pädagogische Auseinandersetzung mit einer gesellschaftlichen Forderung

AutorAnnika Pogner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783668049772
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Pädagogik - Kindergarten, Vorschule, frühkindl. Erziehung, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen (Erziehungswissenschaften), Veranstaltung: Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsprüfung, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren. In Frankreich und diversen anderen Ländern ist die frühzeitige Betreuung von Kindern unter drei Jahren außerhalb des familiären Umfeldes seit Jahren üblich, in Deutschland scheinen stetig steigende Fremdbetreuungsquoten sich einem ähnlichen Trend anzuschließen. Das Thema der Fremdbetreuung in der frühen Kindheit ist hierzulande jedoch mit emotionaler Ambivalenz verbunden und in der Gesellschaft daher oft umstritten und debattiert. Der Untertitel dieser Arbeit 'Eine pädagogische Auseinandersetzung mit einer gesellschaftlichen Forderung' zeigt die Ausrichtung des Themas der Fremdbetreuung auf die bestehende gesellschaftliche Debatte zwischen der Forderung nach Emanzipation durch einen frühen Berufswiedereinstieg der Frau und Kritikern, die dadurch das Kindeswohl gefährdet sehen. Es soll in der vorliegenden Arbeit vor allem die Kontroverse zwischen der zunehmenden Forderung eines frühen Berufswiedereinstiegs der Mutter und dem Wohl des Kindes aus pädagogischer Perspektive behandelt werden. Ein früher Berufswiedereinstieg der Mutter führt fast immer zwangsläufig zu einer frühen Fremdbetreuung. Es sollen Entscheidungskriterien aufgezeigt werden, die ausschlaggebend für die Entscheidung zwischen Berufstätigkeit und heimischer Kinderbetreuung sein können.

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Leseprobe

1. Einleitung


 

1.1 Themenfokussierung


 

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Fremdbetreuung von Kindern[1] unter drei Jahren. In Frankreich und diversen anderen Ländern ist die frühzeitige Betreuung von Kindern unter drei Jahren außerhalb des familiären Umfeldes seit Jahren üblich, in Deutschland scheinen stetig steigende Fremdbetreuungsquoten sich einem ähnlichen Trend anzuschließen. Das Thema der Fremdbetreuung in der frühen Kindheit ist hierzulande jedoch mit emotionaler Ambivalenz verbunden und in der Gesellschaft daher oft umstritten und debattiert. Der Untertitel dieser Arbeit „Eine pädagogische Auseinandersetzung mit einer gesellschaftlichen Forderung“ zeigt die Ausrichtung des Themas der Fremdbetreuung auf die bestehende gesellschaftliche Debatte zwischen der Forderung nach Emanzipation durch einen frühen Berufswiedereinstieg der Frau[2] und Kritikern, die dadurch das Kindeswohl gefährdet sehen. Der Untertitel kann durch die Formulierung die Annahme suggerieren, dass eine bestimmte Forderung der Gesellschaft bezüglich der Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren existiert, welche mit den pädagogischen Interessen kollidiert. Interpretativ betrachtet würde dies bedeuten, dass die Gesellschaft allgemein eine Fremdbetreuung im frühen Kindesalter fordert. Eine verallgemeinernde Übertragung dieser Forderung auf die gesamte Gesellschaft kann und soll jedoch nicht stattfinden, da die besagte Forderung in erster Linie von Arbeitgeberverbänden, Politikern und dem Teil der Mütter[3] mit ausgeprägtem ökonomischem Interesse oder ökonomischem Zwang geäußert wird. Eine Studie des Institutes für Demoskopie Allensbach zeigt im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass lediglich 18% der Frauen die Rolle als vollzeitberufstätige Mütter wünschen und ganze 59% der Frauen lieber eine Mutter mit Teilzeitbeschäftigung als Rollenideal vorziehen, 14% der befragten Frauen würden gerne Hausfrau und Mutter sein und damit keinerlei betrieblicher Beschäftigung nachgehen (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2011, S.28). Über das geeignete Krippeneintrittsalter ist sich gemäß dieser Untersuchung die Bevölkerung jedoch uneinig. 41% sehen eine Fremdbetreuung unter drei Jahren unkritisch, 41 % halten eine Fremdbetreuung erst im Kindesalter ab drei Jahren für geeignet, 18% sind unentschlossen. Die Statistik zeigt im Ost-West-Vergleich zudem im Osten eine größere Toleranz gegenüber einer Fremdbetreuung in der frühen Kindheit (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, S.20). Es existieren demnach auch zahlreiche Mütter in unserer Gesellschaft, deren erste Priorität es ist, ihr Kind bis zum dritten Geburtstag selbst aufzuziehen. Es ist daher in erster Linie eine Forderung, die der Gesellschaft zum Teil auferlegt wird und keine primäre Forderung aller Eltern. Es soll in der vorliegenden Arbeit vor allem die Kontroverse zwischen der zunehmenden, aber nicht auf die gesamte Gesellschaft übertragbaren, Forderung eines frühen Berufswiedereinstiegs der Mutter und dem Wohl des Kindes aus pädagogischer Perspektive behandelt werden. Es sollen Entscheidungskriterien aufgezeigt werden, die ausschlaggebend für die Entscheidung zwischen Berufstätigkeit und heimischer Kinderbetreuung sein können. Ein früher Berufswiedereinstieg der Mutter führt fast immer zwangsläufig zu einer frühen Fremdbetreuung, demnach nicht-mütterlichen Betreuung, des Kindes. Heimarbeit und andere alternative Berufsausübungsoptionen seien an dieser Stelle ausgenommen. Diese Abhandlung beschränkt sich in erster Linie auf eine Fremdbetreuung von Kleinkindern durch Kindertagesstätten, womit Kinderkrippen oder Großtagespflegen für Kinder bis drei Jahren gemeint sind, sowie am Rande auch auf eine Kinderbetreuung durch externe oder heimische Kindertagespflegen (Tagesmütter). Diese Reihenfolge spiegelt gleichsam die Gruppengröße der Fremdbetreuungssituation von großen Gruppen in der Kindertagesstätte bis hin zur Einzelbetreuung wider. Die Fremdbetreuung in Kindertagesstätten ist die wohl häufigste Form der Fremdbetreuung, wohingegen sich nur wenige eine regelmäßige private Kindertagespflege (Kindermädchen) leisten können, die eine individuelle Betreuung im heimischen Umfeld ermöglicht. Die Reihenfolge dieser Aufzählung ist somit auch von entscheidender Bedeutung für die Relevanz der einzelnen Fremdbetreuungssituationen bezüglich der Thematik, wodurch die Betreuung von Kindern in der Kindertagesstätte im Fokus dieser Abhandlung steht. Familiäre Formen der nicht-mütterlichen Betreuung, wie beispielsweise durch die Großeltern, werden nicht mit einbezogen, da die Beziehungsgefüge bei dieser Art der Fremdbetreuung individuell bereits sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und sich daher keine allgemeinen Schlüsse ziehen lassen. Einige Kinder werden beispielweise eventuell bereits mit einer, womöglich sogar im selben Haus lebenden Großmutter aufgewachsen sein, zu der sie bereits eine feste Bindung, auf welche im Folgenden noch detaillierter eingegangen wird, aufgebaut haben. Eine Betreuung durch eine bereits im Leben des Kindes etablierte Person, während die Mutter weiter ihrer beruflichen Tätigkeit nachkommt, wäre kein klassischer Fall einer Fremdbetreuung, da weder die Betreuungsperson noch das Betreuungsumfeld vom Kind als fremd wahrgenommen werden würden. Zudem ist es leider nur wenigen Müttern möglich, ihr Kind familiär betreuen zu lassen, wodurch ebenfalls die Fokussierung auf eine Fremdbetreuung in Kindertagesstätten und -pflegen gerechtfertigt wird, die auch der zentrale Bestandteil aktueller gesellschaftspolitischer Debatten ist.

 

1.2 Fremdbetreuung im frühen Kindesalter – Eine Debatte zwischen Emanzipation und Kindeswohl


 

Der Disput, der durch die bereits im Vorwort erwähnte persönliche Erfahrung im kleinen Kreis erfolgte, ist nur ein Ausläufer der bis in die obersten Regierungsschichten reichenden Auseinandersetzungen mit diesem Thema. Seit rund zwanzig Jahren fordern immer mehr einzelne Politiker und ganze Parteien einen Ausbau der Krippenplätze. Vorreiter der Krippenbefürworter waren das Bündnis 90 mit den Grünen und die Linkspartei, anschließend folgten Stimmen aus der FDP und der Sozialdemokraten. Die ehemalige Familienministerin der CDU, Ursula von der Leyen (siehe dazu auch weiterführend: Spiegel 2007, S.26ff.), und mit ihr die Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen sich ebenfalls für den Ausbau der Kindertagesstätten aus. Die Familienpolitik der Bundesvorsitzenden der SPD Manuela Schwesig wird von Kritikern auch als Frauen- oder Arbeitsmarktpolitik bezeichnet, in der es eher um Geschlechtergleichstellung als um das Familienwohl gehe (vgl. hierzu und im Folgenden: Fokus 2014, S.1-5). Sie begründet ihre Einstellung zu diesem Thema damit, dass Frauen, die lange berufliche Auszeiten hatten, nur schwer wieder zurück ins Berufsleben finden und weniger Rente und geringeren Unterhalt im Scheidungsfall erhalten würden. Andere Politiker schließen sich nach und nach den Frühbetreuungsbefürwortern an. „Im Juni überraschte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung mit einem Dossier, in dem sie ein Überdenken von ‚überkommenen Leitbildern‘, und damit eine Abkehr von der Hausfrauenehe, verlangte“ (Fokus 2014, S.4) und damit das traditionelle Familienbild in Frage stellte.

 

Wie auch Schwesig sehen wirtschaftliche Institutionen und insbesondere Arbeitgeberverbände hauptsächlich den volkswirtschaftlichen Nutzen der Mütter und die damit verbundene potentielle Arbeitskraft, sowie den kapitalistischen Nutzen von Kindertagesstätten. Die Unternehmensverbände hätten laut Renz-Polster den Kitas die Bildungspläne und die Strukturierung des Tagesablaufs diktiert, um eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen. Diese Effizienz würde nur durch unterbezahltes und zu wenig vorhandenes Erziehungspersonal erreicht werden. Ein großer Streitpunkt besteht auch bezüglich des Betreuungsgeldes, welches oft im Volksmund als „Herdprämie“ oder zuletzt auch als „Fernhalteprämie“ (WAZ 13.04.2015, S. WRP_1) bezeichnet wird. Der Fokus schreibt von Anhörungen im Bundestag, in denen dem Betreuungsgeld oft vorgeworfen werde, dass sich Frauen auf diesem Wege „ins berufliche Abseits“ befördern würden. Einen vorläufigen Diskussionshöhepunkt erreichte Vera Reiß (SPD), Staatssekretärin im Bildungsministerium des Landes Rheinland-Pfalz, mit ihrer seitdem zahlreich zitierten Aussage auf einer Veranstaltung der BusinessMoms in Mainz. „Keine Mutter kann ihrem Kind das bieten, was eine Krippe bietet.“ (Fokus 2014, S.5) Das Misstrauen bezüglich der elterlichen Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages wird durch diese Aussage deutlich, wodurch sich zu Recht viele Eltern angegriffen fühlen dürfen.

 

Wissenschaftler aus den Bereichen der Pädagogik, Soziologie und Psychologie beziehen in der Mehrheit eine kritische Stellungnahme zur Fremdbetreuung in der frühen Kindheit. Der Heidelberger Kinderarzt Herbert Renz-Polster bezieht in seinem Buch „Die Kindheit ist unantastbar“ die Position der Krippengegner. Im Rheinland protestierten Gegner der „Zwangskita“ und boykottierten mit Absperrbändern einen Kindertagesstätten-Zugang (vgl. Fokus 2014, S.1-5).

 

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