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Mit Freude Lernen: Entwicklung und Erhalt der Lernmotivation - Eine Herausforderung für die Grundschule?!

Eine Herausforderung für die Grundschule?!

AutorAnke Orlamünder
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783638601214
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,0, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 71 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen ist in unserer Zeit und einer sich rasch wandelnden Welt mehr denn je Vorraussetzung für eine andauernde und gelingende gesellschaftliche Partizipation. Dabei kommt es nicht nur auf Wissenserwerb und geeignete Lernstrategien an - ebenso wichtig sind eine nachhaltige Lernmotivation und eine positive Einstellung zum Lernen. Die Entwicklung dieser Haltungen und Selbstverständnisse beginnt bereits in frühester Kindheit und erfährt eine bedeutende Phase in der Grundschulzeit. Diese Zeit gilt bis heute als die entscheidendste Periode im kindlichen Bildungsprozess (Lichtenstein-Rother/Röbe, 2005, S. 15), denn in der Grundschule macht das Kind seine ersten und prägenden Erfahrungen mit dem systematischen Lernen und entwickelt ein Fundament für zukünftige Lernprozesse. Die Lernbereitschaft des Kindes hängt dabei davon ab, welcherart Erfahrungen es mit dem Lernen macht. Es wird nur dauerhaft motiviert sein, wenn Lern- und Befähigungssituationen positiv erlebt werden und Lernen als ein begeisternder, hilfreicher und bewusstseinserweiternder Prozess empfunden wird. (Rohnke, 2004) Daher ist es besonders in der Grundschulzeit von Bedeutung, dass das Lernen Spaß macht. Die Freude am Lernen dient nicht nur der augenblicklichen Lernmotivation, sondern entfaltet ihre Wirkung auch in der Zukunft, indem sie dazu beiträgt, dass Lernen als ein erstrebenswerter Zustand im Bewusstsein verankert wird. Unter diesem Aspekt ist die Frage danach, wie in der Grundschule die Freude am Lernen erhalten und gefördert sowie die Lernmotivation entwickelt und gestützt werden kann von weitreichender Bedeutung. Diese Diplomarbeit basiert auf einer umfangreichen Literaturrecherche und verfolgt den Anspruch, anhand vorliegender Untersuchungen, Forschungserkenntnisse sowie ausgewählter Literatur die Situation des Kindes in der Grundschule darzustellen und wichtige Bedingungsfaktoren der Lernmotivation herauszuarbeiten, um am Ende Schlussfolgerungen für die Gestaltung der Grundschule abzuleiten. Im ersten Teil dieser Arbeit sollen der Bildungsauftrag und die Besonderheiten, die sich aus der Position der Grundschule im Bildungssystem ergeben, dargelegt werden. Weiterhin wird der Zusammenhang von Lernmotivation und Schulleistung erörtert, um die Relevanz des Themas zu verdeutlichen. [...]

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Leseprobe

1. Grundschule und die Bedeutung der Lernmotivation


 

1.1 Bildungsauftrag der Grundschule


 

Die Grundschule ist als Primarstufe des Bildungssystems eine eigenständige Schulform. Sie ist das Bindeglied zwischen vorschulischer und weiterführender Bildung und hat ihren eigenen stufenspezifischen Bildungsauftrag. Dieser ergibt sich aus der besonderen Stellung im Bildungssystem und den charakteristischen Merkmalen der Grundschule.

 

 Als erste Pflichtschule ist die Grundschule die einzige Schulstufe, in der alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Damit wird ein demokratisches Prinzip unserer Gesellschaft verwirklicht, wonach jedes Kind den gleichen Anspruch auf Bildung hat, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Rasse oder seinem Geschlecht. Mit der Schulpflicht sollen alle Kinder gleiche Bildungschancen erhalten. Insofern hat die Grundschule eine besondere Integrationsfunktion.

 

 Durch die prägende Wirkung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse, der familialen, biographischen und soziokulturellen Erfahrungen sowie der anthropogenen Voraussetzungen kommen in der Grundschule Kinder mit sehr heterogenen Lern- und Leistungsvoraussetzungen zusammen. So hat es die Grundschule mit einer Schülerschaft zu tun, in der die ganze Bandbreite, vom förderbedürftigen bis zum hochbegabten Schüler, vom schnell bis zum langsam Lernenden, vom sozioökonomisch Privilegierten bis zum sozial Benachteiligten, vertreten ist. Aufgrund der sich zunehmend verändernden Bedingungen des Aufwachsens verstärken sich die Unterschiede zwischen den Kindern. Diese Unterschiede betreffen Wissen und Können, emotionale und motivationale Voraussetzungen, sozio-kulturelle Erfahrungen sowie die sozialen Kompetenzen. Eine ausgeprägte Heterogenität ist somit in der Grundschule Normalität und muss durch diese berücksichtigt und ausgeglichen werden. (Fölling-Albers, 2000, S. 43 f; Schorch, 2005)

 

 Zentrale Aufgabe der Grundschule ist es, eine grundlegende Bildung für alle Kinder zu ermöglichen und sie auf das Lernen in den weiterführenden Schulen vorzubereiten. Als erste schulische Sozialisationsinstanz hat sie die Aufgabe, die Kinder in das unterrichtliche Lernen einzuführen sowie die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Lernen auszubilden oder, wo bereits angebahnt, diese zu pflegen und zu entwickeln.

 

Aber die Grundschule ist nicht nur Unterrichtsstätte. Vielmehr hat sie ebenso den Auftrag, durch Erziehungsarbeit einen Beitrag zu tieferem Verstehen, Lebensbewältigung und zur Selbstgestaltung des Menschen zu leisten. Ziel jeglicher Bildung ist der mündig, frei und verantwortlich denkende und handelnde Mensch, der den eigenen und den Ansprüchen der Gesellschaft gleichermaßen gerecht wird. Hier spielen die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, Mitbestimmung und zur Solidarität eine bedeutende Rolle. Die Grundschule legt dafür mit das Fundament. (Röbe, 1997, S. 102 ff)

 

 Die Grundschule soll ein Ort des Lernens sein. Dieser Aufgabe kann sie nur gerecht werden, wenn es gelingt, dass sich die Kinder in ihr wohl fühlen. Das Lernen der Kinder ist unmittelbarer Ausdruck und Vollzug ihres Lebens und wird in hohem Maße von ihrem Lebensgefühl bestimmt. Ihr Lernen-wollen und Lernen-können wird durch Beeinträchtigungen gemindert und durch Wohlgefühl und Sicherheit gesteigert. Die Ansprüche, die sich daraus an die Grundschule ergeben, können nicht aus dem Unterrichtsauftrag allein abgeleitet werden. Vielmehr hat die Grundschule hier auch eine sozial-pädagogische Funktion, indem sie ein Ort der Kontinuität und der Geborgenheit ist, soziales Miteinander und Gemeinsinn fördert und auch soziale Benachteiligung abmildert.

 

Neben der Vermittlung eines grundlegenden Wissens und Könnens hat die Grundschule jedoch auch den Auftrag, am Ende der Grundschulzeit in Form von Noten und Zeugnissen Berechtigungen zu den einzelnen weiterführenden Schullaufbahnen zu verleihen. Damit kommt ihr eine Auslesefunktion zu, die über normierte Anforderungen und Leistungsmaßstäbe eine kaum aufhebbare Spannung zu dem Anspruch der pädagogischen Orientierung am Kind und dem Ziel, tragfähige Grundlagen aufzubauen, erzeugt. (Lichtenstein-Rother/Röbe, 2005, S. 118)

 

1.2 Bedingungsfaktoren der Schulleistung


 

Kinder wollen und sollen auch Lernen. Die erreichten Leistungen und das erworbene Wissen bestimmen mit, welchen Platz der Einzelne in der Gesellschaft einnehmen wird und inwieweit eigene Lebensentwürfe verwirklicht werden können. Mit dem Eintritt in die Schule beginnt für jedes Kind ein bedeutender Lebensabschnitt, in dem es mit völlig neuen Anforderungen konfrontiert wird. Die Bewältigung der schulischen Leistungsanforderungen ist wohl eine der anspruchsvollsten und für die Zukunft des Kindes folgenreichsten Entwicklungsaufgaben. (Hurrelmann/Bründel, 2003, S. 129)

 

 Ob ein Kind diese Entwicklungsaufgabe erfolgreich bewältigt, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben den individuellen kognitiven Fähigkeiten und dem Vorwissen sind auch motivationale Gegebenheiten sowie familiäre und schulische Bedingungen bedeutsam. Heller hat in seinem „Allgemeinen Bedingungsmodell der Schulleistung“ diese Faktoren zusammengefügt und in ihrer Relevanz für die Leistung dargestellt.

 

 

Multikausales Bedingungsmodell der Schulleistung aus Heller, 1997, S. 185

 

Prädikatoren sind direkt beobachtbare Leistungsvariablen wie Vorkenntnisse sowie kognitive Lernvoraussetzungen, wie Lern-, Wahrnehmungs- und Denkfähigkeit, Informationsverarbeitungs-, Gedächtnis- und metakognitive Kompetenzen.

 

Moderatoren bezeichnen nichtkognitive Persönlichkeitsmerkmale, die die Beziehung zwischen den Prädikatoren und der Kriteriumsleistung systematisch variieren. Dazu zählen die Lern- und Leistungsmotivation, Kausalattributionen, Werthaltungen, Aspekte des Selbstkonzeptes und hier insbesondere das schulische Fähigkeitskonzept.

 

Bedingungsfaktoren beeinflussen den Schulleistungserfolg direkt und indirekt über die Moderatorvariablen. Hierbei handelt es sich um die individuellen konstitutionellen Entwicklungs- und Leistungsfaktoren des Kindes und um die Einflussfaktoren der sozialen Umwelt. Bedeutsam sind hier vor allem Faktoren wie familiäre Erziehungseinstellungen, -ziele und –praktiken, das Klima in Familie und Schulklasse, Verhalten des Lehrers sowie Einflüsse der Gleichaltrigen. (Heller, 1997, S. 184 f; May, 1999, S. 499 f)

 

 Heller fasst die Ergebnisse einschlägiger Überblicksarbeiten zusammen und stellt fest, dass Schulleistungen multikausal determiniert sind, wobei den kognitiven Lernkompetenzen zwar ein dominierender Einfluss zugeschrieben wird, diese jedoch nur als notwendige und nicht als hinreichende Bedingungen für Schulerfolg angesehen werden können. Vielmehr wird in neueren Studien die Wechselwirkung zwischen kognitiven und motivationalen Persönlichkeitsfaktoren sowie den sozialen Lernumwelteinflüssen zunehmend betont. (1997, S. 183) So ist bei Schülern, die auf den Moderatorvariablen gute Werte vorweisen können die Prädikator-Kriterium-Beziehung deutlich enger als bei Schülern mit ungünstigen Moderatorausprägungen. Demnach sind Schüler mit günstigen motivationalen und anderen nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen eher in der Lage, ihr kognitives Fähigkeitspotential auszuschöpfen und begabungsadäquate Schulleistungen zu erbringen, als Schüler mit ungünstigen Merkmalsvoraussetzungen. (a.a.O., S. 190 f)

 

Im Grundschulalter nehmen jedoch nach Helmke die Prädikatoren gegenüber den Moderatoren einen überragenden Stellenwert ein. Als Ursache dafür führt er an, dass die verhaltenssteuernde Funktion vieler motivationaler Variablen in diesem Alter noch nicht voll entwickelt ist. Zugleich ist es schwierig, motivationale und kognitive Bedingungsfaktoren den Schulleistungen klar zuzuordnen, was als Hinweis auf die wechselseitigen Beziehungen der Variablenblöcke gewertet wird. (Helmke, 1997, S. 214)

 

Auch wenn es bisher nicht gelungen ist, den Stellenwert nichtkognitiver Persönlichkeitsmerkmale eindeutig zu bestimmen, besteht Konsens darüber, dass den Moderatorvariablen eine Schlüsselrolle bei der Schulleistungsentwicklung zukommt. Die Lernmotivation ist hier ein wichtiger Faktor, der jedoch nicht getrennt von den anderen nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen wie Kausalattributionen oder dem schulischen Fähigkeitskonzept gesehen werden kann. Vielmehr besteht ein enger wechselseitiger Zusammenhang zwischen diesen Moderatorvariablen. Darum wird es im vierten Teil der Arbeit gehen.

 

1.3 Entwicklung der Lernmotivation im Grundschulalter


 

Die motivationale Entwicklung im Grundschulalter zeigt im Gegensatz zur Entwicklung kognitiver Kompetenzen keine linearen Zuwachsraten. Zwar steigt das bereits im Kindergartenalter relativ hohe Niveau an Lernfreude[2] und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zum Schulbeginn an. Diese hohen positiven Motivationsaspekte fallen aber nach Helmke (1993)[3], vom ersten zum zweiten Schuljahr hin mehr oder weniger deutlich ab, um sich bis zum Ende der...

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