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Freut euch und jubelt

Das Schreiben GAUDETE ET EXSULTATE über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute

AutorPapst Franziskus
VerlagPatmos Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783843611053
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Unübersehbar hat Papst Franziskus sich vorgenommen, die Freude am Christsein ins Leben der Christen zurückzubringen. Nach der 'Freude des Evangeliums', der 'Freude der Liebe' und der 'Freude der Wahrheit' heißt dieses jüngste päpstliche Schreiben 'Freut euch und jubelt'. Es geht um 'Heiligkeit' - darum, wie christliches Leben heute gelingen kann. Denn das ist, wie Franziskus sagt, 'kein Privileg für wenige', sondern Herausforderung und Chance für jede und jeden in den je eigenen Lebensumständen. Inspiration und Ermutigung von Papst Franziskus für den Glauben im Alltag, eingeleitet durch eine kritische Hinführung des Vatikanexperten Jürgen Erbacher.

Papst Franziskus steht seit 2013 an der Spitze der katholischen Kirche. Er wurde 1936 in Buenos Aires, Argentinien, als Jorge Mario Bergoglio geboren. Seit 1958 ist er Jesuit, seit 1969 Priester. Von 1998 bis 2013 war er Erzbischof von Buenos Aires, von 2001 bis 2013 Kardinal. Als erster Jesuit und als erster Lateinamerikaner wurde er Papst.

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Leseprobe

Erstes Kapitel
DER RUF ZUR HEILIGKEIT


Die Heiligen, die uns ermutigen
und begleiten


3 Im Hebräerbrief werden verschiedene Zeugen genannt, die uns ermutigen sollen, »mit Ausdauer in dem Wettkampf [zu] laufen, der vor uns liegt« (12,1). Die Rede ist von Abraham, Sara, Mose, Gideon und einigen anderen (vgl. Kapitel 11); vor allem werden wir eingeladen, zu erkennen, dass wir »eine solche Wolke von Zeugen um uns haben« (12,1), die uns dazu anspornen, auf unserem Weg nicht stehen zu bleiben, und uns ermutigen, weiter dem Ziel entgegen zu gehen. Unter ihnen sind vielleicht unsere eigene Mutter, eine Großmutter oder andere Menschen, die uns nahestehen (vgl. 2 Tim 1,5). Vielleicht war ihr Leben nicht immer perfekt, aber trotz aller Fehler und Schwächen gingen sie weiter voran und gefielen dem Herrn.

4 Die Heiligen, die bereits in der Gegenwart Gottes sind, unterhalten mit uns Bande der Liebe und der Gemeinschaft. Das Buch der Offenbarung des Johannes bezeugt dies, wenn es von den Märtyrern spricht, die für uns eintreten: Ich sah »unter dem Altar die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten. Sie riefen mit lauter Stimme und sagten: Wie lange zögerst du noch, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, Gericht zu halten?« (6,9–10). Wir können sagen: »Wir sind von den Freunden Gottes umgeben, geleitet und geführt. […] Ich brauche nicht allein zu tragen, was ich wahrhaftig allein nicht tragen könnte. Die Schar der Heiligen Gottes schützt und stützt und trägt mich.«1

5 In den Selig- und Heiligsprechungsprozessen werden neben den Zeichen eines heroischen Tugendgrades und der Hingabe des Lebens im Martyrium auch diejenigen Fälle berücksichtigt, in denen eine bis zum Tod durchgehaltene Aufopferung des eigenen Lebens für andere erfolgt ist. Diese Hingabe ist Ausdruck einer vorbildlichen Nachahmung Christi und der Bewunderung der Gläubigen würdig.2 Erinnern wir uns zum Beispiel an die selige Maria Gabriella Sagheddu, die ihr Leben für die Einheit der Christen aufopferte.

Die Heiligen von nebenan


6 Denken wir nicht nur an die, die bereits selig- oder heiliggesprochen wurden. Der Heilige Geist verströmt Heiligkeit überall, in das ganze heilige gläubige Gottesvolk hinein, denn es hat Gott gefallen, »die Menschen nicht einzeln und unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll«.3 Der Herr hat in der Heilsgeschichte ein Volk gerettet. Es gibt keine vollständige Identität ohne Zugehörigkeit zu einem Volk. Deshalb kann sich niemand allein, als isoliertes Individuum, retten, sondern Gott zieht uns an, wobei er das komplexe Geflecht zwischenmenschlicher Beziehungen berücksichtigt, das der menschlichen Gemeinschaft innewohnt: Gott wollte in eine soziale Dynamik eintreten, in die Dynamik eines Volkes.

7 Es gefällt mir, die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln. In dieser Beständigkeit eines tagtäglichen Voranschreitens sehe ich die Heiligkeit der streitenden Kirche. Oft ist das die Heiligkeit ›von nebenan‹, derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind, oder, um es anders auszudrücken, ›die Mittelschicht der Heiligkeit‹.4

8 Lassen wir uns anregen von den Zeichen der Heiligkeit, die uns der Herr durch die einfachsten Glieder dieses Volkes schenkt, das auch teilnimmt »an dem prophetischen Amt Christi, in der Verbreitung seines lebendigen Zeugnisses vor allem durch das Leben in Glauben und Liebe«.5 Denken wir mit der heiligen Teresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) daran, dass viele von ihnen die Gestalter der wahren Geschichte sind: »Aus der dunkelsten Nacht treten die größten Propheten – Heiligengestalten hervor. Aber zum großen Teil bleibt der gestaltende Strom des mystischen Lebens unsichtbar. Sicherlich werden die entscheidenden Wendungen in der Weltgeschichte wesentlich mitbestimmt durch Seelen, von denen kein Geschichtsbuch etwas meldet. Und welchen Seelen wir die entscheidenden Wendungen in unserem persönlichen Leben verdanken, das werden wir auch erst an dem Tage erfahren, an dem alles Verborgene offenbar wird.«6

9 Die Heiligkeit ist das schönste Gesicht der Kirche. Aber auch außerhalb der Katholischen Kirche und in sehr unterschiedlichen Umgebungen weckt der Geist »Zeichen seiner Gegenwart, die selbst den Jüngern Christi helfen«.7 Im Übrigen erinnerte uns der heilige Johannes Paul II. daran, dass »das Zeugnis für Christus bis hin zum Blutvergießen […] zum gemeinsamen Erbe von Katholiken, Orthodoxen, Anglikanern und Protestanten geworden«8 ist. Bei der schönen ökumenischen Gedächtnisfeier im Jubiläumsjahr 2000 im Kolosseum sagte er, dass die Märtyrer »ein Erbe [sind], das lauter spricht als die Faktoren der Trennung«.9

Der Herr ruft


10 All dies ist wichtig. Was ich jedoch mit diesem Schreiben in Erinnerung rufen möchte, ist vor allem der Ruf zur Heiligkeit, den der Herr an jeden und jede von uns richtet, den Ruf, den er auch an dich richtet: »Seid heilig, weil ich heilig bin« (Lev 11,44; 1 Petr 1,16). Das Zweite Vatikanische Konzil hat das sehr deutlich hervorgehoben: »Mit so reichen Mitteln zum Heile ausgerüstet, sind alle Christgläubigen in allen Verhältnissen und in jedem Stand je auf ihrem Wege vom Herrn berufen zu der Vollkommenheit in Heiligkeit, in der der Vater selbst vollkommen ist.«10

11 »Je auf ihrem Wege«, sagt das Konzil. Es geht also nicht darum, den Mut zu verlieren, wenn man Modelle der Heiligkeit betrachtet, die einem unerreichbar erscheinen. Es gibt Zeugnisse, die als Anregung und Motivation hilfreich sind, aber nicht als zu kopierendes Modell. Das könnte uns nämlich sogar von dem einzigartigen und besonderen Weg abbringen, den der Herr für uns vorgesehen hat. Worauf es ankommt, ist, dass jeder Gläubige seinen eigenen Weg erkennt und sein Bestes zum Vorschein bringt, das, was Gott so persönlich in ihn hineingelegt hat (vgl. 1 Kor 12,7), und nicht, dass er sich verausgabt, indem er versucht, etwas nachzuahmen, das gar nicht für ihn gedacht war. Wir sind alle aufgerufen, Zeugen zu sein, aber es gibt »viele existentielle Weisen der Zeugenschaft«.11 Als der große heilige Mystiker Johannes vom Kreuz seinen Geistlichen Gesang schrieb, zog er es fürwahr vor, feste allgemeingültige Regeln zu vermeiden, und erklärte, dass seine Verse so geschrieben seien, dass jeder sie »gemäß seiner Eigenart«12 nutzen könne. Denn das göttliche Leben teilt sich »den einen auf diese, den anderen auf jene Weise«13 mit.

12 In Bezug auf diese verschiedenen Weisen möchte ich eigens betonen, dass sich der ›weibliche Genius‹ auch in weiblichen Stilen der Heiligkeit manifestiert, die unentbehrlich sind, um die Heiligkeit Gottes in dieser Welt widerzuspiegeln. Gerade auch in Zeiten, in denen die Frauen stark eingeschränkt waren, hat der Heilige Geist Heilige erweckt, deren Leuchtkraft zu neuen geistlichen Dynamiken und wichtigen Reformen in der Kirche geführt hat. Wir können hier etwa die heilige Hildegard von Bingen, die heilige Birgitta von Schweden, die heilige Katharina von Siena, die heilige Teresa von Ávila oder die heilige Thérèse von Lisieux nennen. Aber ich möchte hier besonders auch an so viele unbekannte oder vergessene Frauen erinnern, die, jede auf ihre eigene Art und Weise, Familien und Gemeinschaften mit der Kraft ihres Zeugnisses getragen und verwandelt haben.

13 Das sollte jeden und jede dazu anregen und ermutigen, alles zu geben, um auf den einzigartigen und unwiederholbaren Entwurf hin zu wachsen, den Gott von Ewigkeit her für ihn oder sie wollte: »Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt« (Jer 1,5).

Auch für dich


14 Um heilig zu sein, muss man nicht unbedingt Bischof, Priester, Ordensmann oder Ordensfrau sein. Oft sind wir versucht zu meinen, dass die Heiligkeit nur denen vorbehalten sei, die die Möglichkeit haben, sich von den gewöhnlichen Beschäftigungen fernzuhalten, um viel Zeit dem Gebet zu widmen. Es ist aber nicht so. Wir sind alle berufen, heilig zu sein, indem wir in der Liebe leben und im täglichen Tun unser persönliches Zeugnis ablegen, jeder an dem Platz, an dem er sich befindet. Bist du ein Gottgeweihter oder eine Gottgeweihte? Sei heilig, indem du deine Hingabe freudig lebst. Bist du verheiratet? Sei heilig, indem du deinen Mann oder deine Frau liebst und umsorgst, wie Christus es mit der Kirche getan hat. Bist du ein Arbeiter? Sei heilig, indem du deine Arbeit im Dienst an den Brüdern und Schwestern mit Redlichkeit und Sachverstand verrichtest. Bist du Vater oder Mutter,...

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