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Friedrich der Große - Porträt eines Monarchen der Aufklärung

AutorWolf Birkenbihl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl95 Seiten
ISBN9783656211518
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, , Sprache: Deutsch, Abstract: Friedrich II., der Große, König von Preußen, gilt zweifellos als eine der umstrittensten, aber auch populärsten Gestalten der neuzeitlichen Geschichte. Die kontroverse Beurteilung dieses Herrschers findet ihre Begründung in seiner eigenen, so widersprüchlichen Persönlichkeit. Dieser intelligente, ungeheuer begabte und religiös tolerante Mensch war nicht nur seinen Zeitgenossen mitunter rätselhaft, sondern lässt bis heute manche Frage offen. Die einen sehen ihn als aufgeklärten und tatkräftigen Monarchen, als einen Schriftsteller von Bedeutung und weltgewandten Philosophen, die anderen betrachten ihn als Tyrannen, Zyniker und Machiavellisten. In der vorliegenden Darstellung soll ein unvoreingenommener Blick auf die Persönlichkeit und das Wirken Friedrichs des Großen geworfen werden. Im Vordergrund stehen die persönlichen Aussagen des Königs in seinen politischen, historischen und philosophischen Werken sowie seinen Briefen. Darüber hinaus geben Augenzeugenberichte von Zeitgenossen Einblick in das Geschehen. Beginnend mit Kindheit und Jugend Friedrichs unter den Augen eines über die Maßen strengen Vaters wird im Anschluss daran von Fluchtversuch und Festungshaft des Kronprinzen berichtet. Das Scheitern der Flucht führte ihn zwangsweise zu der Einsicht, dass Widerstand zwecklos ist und er unterwarf sich fortan dem Diktat des Vaters. Da sich der Kronprinz in den folgenden Jahren immer mehr nach den Vorstellungen Friedrich Wilhelms I. zu entwickeln schien, machte ihm der König im Jahre 1736 Schloss Rheinsberg zum Geschenk. Hier sollte Friedrich, nach eigener Aussage, die glücklichsten Jahre seines Lebens verbringen. Wenige Monate nach seinem Regierungsantritt, im Dezember 1740, begann Preußens König mit dem Einmarsch in Schlesien den Ersten Schlesischen Krieg. Nach Beendigung des Zweiten Schlesischen Krieges wurde Preußen im Frieden von Dresden am 24. Dezember 1745 im Besitz von Schlesien bestätigt. Die nun folgenden zehn Friedensjahre nutzte Friedrich zu ersten Reformierungsmaßnahmen des preußischen Staates und zur Etablierung seines Musenhofes in Sanssouci. Mit Beginn des Siebenjährigen Krieges auf dem Kontinent, dem Einmarsch der preußischen Armee in Sachsen am 29. August 1756, endete dieses unbeschwerte Dasein schlagartig. Nach sieben bangen Jahren sollte Preußen im Frieden von Hubertusburg endgültig Schlesien zugesprochen bekommen. In den noch verbleibenden 23 Jahren seiner Regierung widmete sich der König vorrangig dem inneren Wiederaufbau.

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Leseprobe

Kindheit und Jugend


 

Seit Dezember 1711 standen Kanonen im Berliner Lustgarten und auf den Wällen der Stadtbefestigung bereit, um die Geburt eines Sohnes und Erben des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, des späteren „Soldatenkönigs“, und seiner Gemahlin Sophie Dorothea verkünden zu können. Am 24. Januar, zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr, wurde der sehnlichst erwartete Prinz geboren.

 

Die Geburt des Enkels war für König Friedrich I. in Preußen das letzte bedeutungsvolle Ereignis seines Lebens, denn er starb bereits am 25. Februar 1713 infolge einer Lungenerkrankung. Die zwei ersten Söhne des Kronprinzen, Friedrich Ludwig und Friedrich Wilhelm, waren beide im ersten Lebensjahr dem „Zahnen“ erlegen. So war es nur zu verständlich, dass der Oberhofzeremonienmeister Johann von Besser den Tag der Geburt des Prinzen in den „Ceremonialacta und Journal des Königlichen Preußischen Hofes gravitätisch verzeichnete: „Sonntags Morgen nach der Predigt, da man eben in der Predigt um eine glückliche Genesung der Kronprinzessin wegen herangenahter Geburtsstunde gebeten, genas sie zwischen 11 und 12 Uhr ihres dritten Prinzen, des jetzigen Prinzen von Preußen und Oranien. S.M. [Friedrich I.] hatten sich eben in ihrem Gemache an die Tafel gesetzet, aber weilen kurz darauf der Königliche Leibmedikus, der Herr Hofrat Gundelsheim, die fröhliche Zeitung von der Geburt des Prinzen gebracht, wurde S.M. vor Freuden so sehr darüber alteriert, daß sie mit Tränen in den Augen sich alsbald zur Kronprinzessin herübertragen ließen und hernachmals nichts essen konnten.

 

Die Glocken wurden alsbald geläutet und alle Stücke auf den Wällen gelöset, so daß in einem Augenblicke die ganze Stadt und der Hof in unaussprechliche [Freude] versetzt ward. S.M. deklarierten, daß auch dieser Prinz gleich den vorigen den Namen «Prinz von Preußen und Oranien» führen sollte, und hing ihm nachmittags um 2 Uhr nebst einem ganz neuen Ordenskreuz das Ordensband um, wozu S.M. sich abermals zu I.K.H. der Kronprinzessin tragen ließ. Als S.M. aus der Prinzessin Zimmer zurückkam und sich eben in Ihren Tragsessel setzen wollten, trat ich herzu und legte meine untertänigsten Glückwünsche ab, und weil ich unter anderem auch daran erinnerte, daß, da dieser Prinz in der Ordnung der dritte wäre, den die Kronprinzessin zur Welt gebracht, wir hoffen könnten, daß er auch derjenige sein würde, der beim Leben bleiben würde und nach Sr.M. glücklichem Exempel zur Regierung dermal uns kommen sollte, als welcher gleichfalls Ihre zwei älteren Brüder verloren und als dritter Prinz des Kur-Hauses Sukzessor geworden, empfunden S.M. darüber ein so großes Vergnügen, daß Sie alsbald sagten: «Ei, so will ich ihm auch meinen Namen geben» und, es der Kronprinzessin anzudeuten, wieder in der Prinzessin Gemach zurückgingen.“[1]

 

Für das noch recht junge Königtum der Hohenzollern, einem Land, das politisch zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, welches, einem Bonmot Voltaires zufolge, „weder heilig, noch römisch, noch reich und mächtig, noch deutsch“ war, war es von größter Bedeutung, dass die Dynastie einen gesunden, männlichen Erben stellen konnte.

 

Bereits am 31. Januar 1712, eine Woche nach der Geburt des Prinzen, fand die feierliche Taufe statt. Wiederum läuteten die Glocken in der ganzen Stadt. Eine Doppelreihe von Schweizern und Gardisten säumte den Weg von den Gemächern des Kronprinzen zur Schlosskapelle. Dem Täufling hatte man eine kleine Krone auf das Haupt gesetzt und ihn in ein silbergewirktes, brillantenbesetztes Taufkleid gehüllt, dessen Schleppe von sechs Gräfinnen getragen wurde. Unter einem karmesinroten, von einer Markgräfin und zwei Mark-

 

grafen getragenen Himmel wurde der Prinz zur Kapelle gebracht, wo der König und die Königin, der Kronprinz und seine Gemahlin, Fürst Leopold von Anhalt-Dessau sowie ein großes Gefolge das Kind erwarteten. Der König stand unter einem mit Gold bestickten Baldachin, dessen vier Stangen von Kämmerern getragen und dessen vier Seitenquasten von drei Rittern des Schwarzen-Adler-Ordens gehalten wurden. Der Täufling wurde von seiner Majestät übernommen und anschließend von Bischof von Bär, der ihn, Friedrich, schon 1701 in Königsberg gekrönt hatte, getauft.

 

Zu den Paten und Patinnen, die ihre Vertreter geschickt hatten, gehörten neben anderen Kaiser Karl VI., Zar Peter I., der Große, Kurfürst Georg Ludwig von Hannover, die Kurfürstin-Mutter Sophie von Hannover, Herzogin-Witwe Eleonore von Braunschweig-Bevern.

 

Friedrich besaß im Gegensatz zu seinen verstorbenen Brüdern eine zähere Gesundheit. Stolz schildert der Großvater ihn als „fet und frisch“, als ein „rechtes ... gesundes Kind „, das brav an seiner Amme saugt. Am 30. August 1712 vermeldet der König nach Hannover „daß Fritz nunmehro 6 Zähne hat und ohne die geringste Incommodität. Daraus kann man auch die Prädestination sehen, daß alle seine Brüder daran haben sterben müssen, dieser aber bekömmet sie ohne Mühe ...“.[2]

 

Wohl nur die ersten Lebensjahre des Kronprinzen scheinen vollkommen unbeschwert gewesen zu sein. Diese Zeit verlebte er zumeist mit seiner drei Jahre älteren Schwester Wilhelmine. Beide durften sich nach Belieben in den Gemächern und Parkanlagen der Schlösser tummeln. Um die Erziehung des kleinen Prinzen kümmerte sich zunächst seine Gouvernante Madame Marte du Vale de Rocoulle, eine Hugenottin, die bereits den Vater erzogen hatte. Für Friedrich blieb sie bis zu ihrem Tod „la chère bonne maman“. Vom vierten bis zum sechsten Lebensjahr, zeitweilig auch danach, wurde Jacques Egide Duhan de Jandun, ebenfalls ein Hugenotte, vom König zu seinem Erzieher bestellt. Duhan war nicht nur Soldat, sondern auch Kunst und Wissenschaften sehr zugetan, wofür Friedrich sich ab seinem achten Lebensjahr in zunehmendem Maße interessierte. Von 1718 bis 1729 wurde die nunmehr vorrangig militärische Erziehung des Prinzen in die Hände zweier hoher Offiziere, des Gouverneurs und Oberhofmeisters Albrecht Konrad Graf Finck von Finckenstein und des Obersten Christoph Wilhelm von Kalkstein, gelegt. Ihre Aufgabe bestand nach Instruktion des Vaters darin, Friedrich unter Einfluss der Leibnizschen Lehre zu einem frommen Christen und tapferen Soldaten zu erziehen.

 

Gleich nach dem Aufstehen um sechs Uhr früh musste Friedrich nieder knien und laut sein Gebet sprechen. Er hatte dem Allmächtigen zu danken, dass er ihn die Nacht über vor Unheil bewahrt hatte und musste darum bitten, er möge ihn von allem abhalten, was ihn von Gott abbringen würde. Anschließend folgten Waschen (von Händen und Gesicht), Anziehen und Kämmen, sowie Tee- und Kaffeetrinken. Um halb sieben betraten Lehrer Duhan und Bedienstete sein Zimmer. Es folgten nun Bibellektüre, nochmaliges Beten und Singen eines Kirchenliedes. Von sieben bis Viertel vor elf fand Unterricht statt. Bevor der Kronprinz zusammen mit dem Vater das Mittagessen einnahm, wusch er sich nochmals, nunmehr mit Seife, und sein Haar wurde leicht gepudert. Beim König hielt er sich bis vierzehn Uhr auf. Dann folgten erneut bis siebzehn Uhr Unterrichtsstunden. Die verbleibende Zeit bis zum Schlafengehen um halb elf blieb ihm zur freien Verfügung. Sodann wünschte er dem Vater eine gute Nacht, wusch Hände und Gesicht, betete, sang ein frommes Lied. Danach musste der Gouverneur, der im gleichen Raum schlief, sofort das Licht löschen. „Er soll sich bemühen, sauber und ordentlich zu sein und niemals schmutzig. Das ist mein letztes Wort“[3], sagte Friedrich Wilhelm einmal zu seinem Sohn. Der König selbst hatte ein derart überdimensioniertes Reinlichkeitsempfinden, dass er kein gepolstertes Mobiliar und keine Vorhänge in seinen Räumen duldete. Friedrich jedoch war Zeit seines Lebens trotz entsprechender Erziehung kein großer Freund von Sauberkeit.

 

Die Erzieher des Prinzen milderten insgeheim manche vom Vater auferlegte Bestimmung des Lehrplans. Insbesondere Duhan kommt das Verdienst zu, Friedrich als erster mit Geschichte und Literatur vertraut gemacht zu haben. Auch das ausdrückliche Verbot des Königs, dem Kronprinzen Lateinunterricht zu erteilen, wurde von ihm auf Drängen Friedrichs umgangen. Eines Tages aber, als der Prinz etwa acht Jahre alt war, erschien Friedrich Wilhelm unerwartet während des Unterrichts und ertappte Duhan dabei, wie er Friedrich aus der „Goldenen Bulle“ übersetzen ließ.  Der König fuhr Duhan an, was er hier denn für Unfug treibe. „Ihro Majestät“, versuchte dieser sich zu verteidigen, „ich explicire dem Prinzen auream bullam. Ich werde Dich Schurken auream bullam“[4], schrie der König zornig und jagte Duhan mit Fußtritten und Stockschlägen aus dem Zimmer. Duhan ließ sich jedoch durch diesen Zwischenfall nicht beeinträchtigen und setzte bis zu seiner Entlassung durch den König im Jahre 1727 den Unterricht seines Zöglings von Zeit zu Zeit fort.

 

König Friedrich Wilhelm I. war sicherlich ein denkbar schlechter Pädagoge. Er hatte die Absicht, seinen Sohn nach den Grundsätzen von Strenge, Disziplin, protestantischer und militärischer Härte aufzuziehen, die er sich selbst angeeignet hatte, ohne die wesentlich kompliziertere, vielfältigere Veranlagung des kleinen Prinzen zu berücksichtigen. Sein Wille, einen Soldaten aus ihm zu machen, stand dabei im...

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