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E-Book

Frühkindliche Förderung der musikalischen Entwicklung

AutorBettina Eitzenhöffer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783638003728
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Kindergarten, Vorschule, frühkindl. Erziehung, Note: 1,5, Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, 62 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Macht frühkindliche Musikerziehung Sinn oder ist sie eher 'Un-Sinn'? Zurzeit boomen in Deutschland Kurse an Musikschulen und anderen Institutionen für immer kleinere Kinder - bis hin zum 'Musikgarten für Babys'. Doch halten die Kurse wirklich, was sie versprechen? Ist eine frühstmögliche Förderung nach den erschreckenden Ergebnissen der PISA-Studien heute sogar nötig oder haben wir es hier nur mit reiner 'Geldmacherei' zu tun, da Musikschulen mit Kursen für Großgruppen am besten verdienen? Diesen Fragen widmete ich mich in vorliegender Examensarbeit. Dazu werden zuerst in einem theoretischen Teil die Grundlagen allgemeiner und musikalischer Entwicklungspsychologie vorgestellt, anschließend die geschichtliche Entwicklung der musikalischen Frühförderung in Deutschland dargestellt. Hier begegnen wir sowohl der 'Rhythmik' als auch der 'Musikalischen Früherziehung'. In weiteren Kapiteln werden diverse gängige Konzepte zur musikalischen Frühförderung wie z.B. der 'Musikgarten', 'Kindermusik International', Konzepte der Firma 'Yamaha' etc. untersucht und kritisch betrachtet. Abschließend habe ich die Ergebnisse einer Umfrage unter Musikschulen zu Kursen für Kinder unter 4 Jahren aus dem Jahr 2006 aufgelistet und untersucht. Die Arbeit endet mit Tipps und Anregungen für das Unterrichten von Eltern-Kind-Gruppen mit Kleinkindern und Babys. Sowohl Erzieherinnen als auch Musikpädagogen können hier theoretische Hinweise und Reflexionsansätze für ihre Arbeit finden.

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Leseprobe

2. Entwicklungspsychologie des frühen Kindesalters


 

2.1 Die Entwicklung vor der Geburt


 

Das erste Drittel der Schwangerschaft nach der Verschmelzung von Ei und Samenzelle nennt man Embryonalzeit. Als erstes Organsystem bildet sich der Blutkreislauf mit dem pulsierenden Herz. Es schlägt ab dem 21. Tag rhythmisch. Am Ende der vierten Woche sind bereits alle Organe angelegt. Der Embryo hat Kopf, Rumpf, einen Schwanz und winzige Armansätze. Auch Augen, Nase und Ohren beginnen zu wachsen. In den Ohrmuscheln werden bereits die Gehörgänge angelegt. Ab dieser Zeit, also vier bis sechs Wochen nach der Empfängnis, kann die Schwangerschaft eindeutig festgestellt werden.[8]

 

Zwischen der siebten und zwölften Woche findet der Übergang vom Embryo zum Fötus statt. In dieser Übergangszeit lassen sich erste Greif- und Saugreflexe feststellen, das Gesicht erhält menschliche Züge. Finger sind zu erahnen, ein Hals ist erkennbar und wichtige Hirnzentren wie Thalamus und Hypothalamus sind jetzt ausgebildet. Wo vorher Knorpel waren, bilden sich nun Knochen.[9]

 

Ab der dreizehnten Woche ist der Körper des Kindes vollständig geformt, Muskeln und Gelenke sind funktionstüchtig. Dem Kind wächst eine Körperbehaarung, die „Lanugo-Behaarung“. Es kann so noch mehr taktile Reize aufnehmen. Dieser Flaum verschwindet jedoch kurz vor der Geburt wieder. Zwischen der 16. und 28. Woche, im zweiten Drittel der Schwangerschaft, spürt die Mutter das erste Mal Bewegungen ihres Kindes. Dies ist für sie ein wichtiger Moment, um eine Beziehung zum Kind zu entwickeln.[10]

 

Im letzten Drittel der Schwangerschaft entwickelt sich vor allem das Gehirn weiter. Das Kind nimmt jetzt deutlich an Gewicht zu. In der 25. Woche wiegt es um die 1000g. Voll entwickelt bei der Geburt wiegt es dann zwischen 3000 bis 3500g oder mehr. Das Kind kann bereits sehen und schon seit etwa der 18.Woche hören. Die Geburt schließlich ist für Mutter und Kind ein einschneidendes, schmerzhaftes und stressiges Erlebnis. Das Kind kommt urplötzlich in eine völlig neue, grelle Welt. Mit dem ersten Schrei des Kindes wird Restwasser aus der Lunge ausgestoßen und das Kind atmet erstmals. Die vertraute Stimme und körperliche Nähe zur Mutter (das Kind hört ihren Herzschlag) kann dem Neugeborenen in der ersten Zeit helfen, die vielen neuen Eindrücke besser zu verarbeiten.[11]

 

2.2 Entwicklung von 0-18 Monaten: Vom Säugling zum Kleinkind


 

Durch Forschungen vor allem in den letzten 50 Jahren hat sich das Bild vom Neugeborenen sehr verändert. Säuglinge gelten heute nicht mehr als Mängelwesen, als die man sie noch bis ins frühe 20. Jahrhundert betrachtete. Heute wissen wir, dass das Neugeborene ein riesiges Potential hat und sich der jeweiligen Umgebung, in der es aufwächst, perfekt anpassen kann. Deshalb spricht man heute meist vom „kompetenten Säugling“.[12]

 

Trotzdem ist der kleine Mensch anfangs vollkommen abhängig von erwachsenen Bezugspersonen, die seine elementaren Bedürfnisse wie Hunger oder Nähe und Trost befriedigen. Wenn diese das zuverlässig tun, entwickelt das Kind das nach Erik Erikson benannte „Urvertrauen“. Dieses ist sehr wichtig für die weitere Entwicklung des Kindes. Ein Kind mit gesundem Urvertrauen wird auch in Zukunft fähig sein, Vertrauen in seine Umgebung zu entwickeln. Vernachlässigt die Bezugsperson jedoch das Kind, entwickelt das Kind ein „Urmißtrauen“. Ein häufig vernachlässigtes Kind hört irgendwann auf zu schreien und wird lustlos und apathisch. Ein Urvertrauen kann dann kaum wiederhergestellt werden.[13]

 

Das Kind fühlt sich anfangs noch eins mit der Mutter und seiner Umwelt. „Es erlebt sich noch nicht losgelöst von seiner Umgebung […] – das Kind und die Umgebung sind eine Einheit.“[14]

 

Das Neugeborene kann nach der Geburt hören, riechen, fühlen und schmecken. Es sieht in einer Entfernung von ca. 25 Zentimeter am besten. „Dies entspricht genau der Entfernung von der Brust der Mutter zu ihrem Gesicht.“[15] Es kann seine Augen noch nicht auf Nähe und Ferne einstellen. Doch schon nach sechs Wochen ist die Sehfähigkeit recht gut entwickelt. Das Neugeborene schläft im ersten Monat zwischen 12 und 20 Stunden am Tag.[16]

 

Das Neugeborene hat viele angeborene Reflexe: Mit dem Greifreflex umklammert es beispielsweise den Finger der Mutter. Durch den Suchreflex geleitet, findet das Baby die Nahrungsquelle ohne große Schwierigkeiten und durch den Saugreflex kann es die Nahrung aufnehmen. Durch das Schreien kann es Kontakt zu seiner Umwelt aufnehmen, Hunger, Schmerzen oder den Wunsch nach Nähe damit bekunden. Diese Signalfunktion des Schreiens hat das Kind bereits nach wenigen Wochen begriffen.

 

Zwischen dem zweiten und sechsten Monat werden die Schlafphasen des Kindes kürzer, es lächelt, wenn es angelächelt wird und hält Blickkontakt mit der Person gegenüber. Es bestimmt nun selbst, wohin es schauen möchte.

 

Das Kind lernt langsam gezielte Greifbewegungen und es entsteht ein Lallen, die erste Stufe des Spracherwerbs.

 

Nach neuen Forschungen ist jeder Säugling ein „Tragling“.[17] Wenn er unter den Armen hochgehoben wird, winkelt er reflexartig die Beine an und spreizt sie ein wenig auseinander – die ideale Körperhaltung, um auf der Hüfte der Mutter getragen zu werden. Deshalb empfehlen Forscher heute, das Kind möglichst viel mit einem Tuch herumzutragen, so wie es bei vielen Urvölkern und sogar im Tierreich seit jeher üblich und notwendig war, um die „Jungen“ vor Feinden und Gefahren zu beschützen.

 

 

Abbildung 1: Frau eines Urwaldstammes in West-Papua (Indonesien) trägt ihr Kind.

 

Das Tragen entspricht der Anatomie des Säuglings optimal, stimuliert sein proprio-vestibuläres System und somit die sensorische Integration. Das Tragen wirkt zudem beruhigend und unterstützt somit auch die enge Bindung zur Bezugsperson.[18]

 

Heute liegen Babys oft lange Zeit in der Babywippe, während die Mutter z.B. Hausarbeit erledigt. Das fördert ein Kind aber überhaupt nicht. Es macht sogar eventuelle Rückschritte und wird träger statt mobiler.[19]

 

Im Alter von wenigen Monaten steckt das Kind seine Hände und alle Dinge, die ihm in die Quere kommen, in den Mund, wodurch es etwas über Materialien lernt. Etwa mit fünf Monaten kann sich das Baby vom Bauch auf den Rücken und wieder zurück drehen, es kann seinen Kopf dabei schon recht gut kontrollieren und ihn aus der Bauchlage heraus heben und halten. Ab etwa dem sechsten Monat versucht das Kind, sich zum Sitzen aufzurichten, ohne Rückenstütze kann das Kind den Oberkörper noch nicht halten, da der Rücken noch gerundet ist. Das Kind hat nun auch den Greifreflex überwunden, es kann Spielzeug fallenlassen und von einer Hand in die andere geben.[20]

 

Das Kind hat in diesem Alter große Freude an Bewegung, am Schaukeln und In-der-Luft-Schwingen. Wenn die Bewegungen jedoch zu stark sind, so dass das Kind die Reize nicht integrieren kann, beginnt eine Desorganisation im Nervensystem und das Kind fängt an zu schreien.[21]

 

Etwa ab dem achten Monat beginnt das Kind, sich fortzubewegen. Es rollt sich um die eigene Achse, versucht zu kriechen und zu krabbeln. So macht es wichtige Raumerfahrungen. Es lernt, Abstände und Größe von Gegenständen einzuschätzen. Etwa ab dem neunten Monat können viele Babys robben. Wenn die Beinmuskulatur kräftiger wird, kommen sie in den Vierfüßlerstand und krabbeln. Das Kleinkind kann jetzt problemlos sitzen.[22]

 

Das Kind lernt jetzt, kleine Dinge mit dem „Pinzettengriff“ anzufassen. Es schlägt gern Gegenstände aneinander, lässt sie fallen, wirft sie weg, macht damit Krach und hebt sie auf. Langsam begreift das Kind auch, dass es eine eigenständige Person ist.[23]

 

 

Abbildung 2: Säugling ca. 9 Monate: Das Kind entdeckt sein anderes „Ich“ im Spiegel

 

Zwischen dem neunten und zwölften Monat gelingt es den meisten Kindern, sich aus eigener Kraft in die Vertikale hochzuziehen. Sie laufen seitlich an Möbeln entlang und können sich, wenn sie sich festhalten, aus dem Stand bücken und etwas aufheben.

 

Lauflernhilfen, in denen das Kind steht und sich festhält, sind überhaupt nicht förderlich. „Mit dem Lauflerngerät verlernt das Kind die Freude an der eigenen Bewegung und sich durch eigene Anstrengung weiterzuentwickeln. […] Wir bieten dem Kind einen bequemen Weg an, gerade so, als würden wir Brötchen mit dem Auto holen, obwohl wir wissen, dass Bewegung gesünder für uns ist.“[24] Bis zum 18. Monat haben die meisten Kinder von ganz allein ihren ersten eigenen Schritt getan.[25]

 

2.3 Die Zeit von 18 bis etwa 36 Monaten


 

Mit 18 Monaten können die meisten Kinder laufen und fangen an zu sprechen....

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