Nicht nur die Studie der Saaman AG wirft einen Kritischen Blick auf das Managementmodell „Führen mit Zielvereinbarungen“ in den letzten Monaten wird immer mehr Kritik laut unter anderem von Walter Bungard[130]. Laut (Scott-Morgen, 1997) herrscht ein weiter Ring des Schweigens über den Misserfolg von Zielvereinbarungen. Laut Aussage Bungards werden die Ergebnisse von Analysen, in denen von einer Vielzahl von gescheiterten Zielvereinbarungen berichtet werden, verleugnet.[131]
Lässt sich aus der Saaman Studie ableiten, dass Zielvereinbarungen oft nur zum Schein vereinbart werden, dass dieses Managementelement einfach zum guten Ton gehört? Muss ein Unternehmen Ziele vereinbaren, um im Trend zu sein? Zeit und Nutzen stehen in keinerlei Verhältnis mehr zueinander. „So wichtig Zielvereinbarungen als Führungsinstrument in den letzten 30 Jahren waren, so sehr besteht nun die Notwendigkeit für ein neues, zeitgemäßes Verfahren“.[132]
Ich möchte nun anhand von 7 Experteninterviews und mit Blick auf den aktuellen Stand der Forschung, folgende These überprüfen:
Sind Zielvereinbarungen wirklich zielführend?
Wenn nicht,
welche Möglichkeiten der Anpassung und Alternativen stehen den Unternehmen zur Verfügung?
Als Experte bezeichnet man einen Menschen, die über ein überdurchschnittliches Wissen auf einem Fachgebiet verfügen und so bei der Lösung eines Problems behilflich sein können.[133] Dabei müssen Experten nicht zwingend aus Politik und Wirtschaft kommen. Jeder Mensch verfügt über spezielles Wissen, welches er durch seine Tätigkeit oder sein Umfeld erworben hat. Die Expertenbefragung ist eine spezielle Methode, die dafür eingesetzt wird, um mittels Befragung dieses Wissen über einen bestimmten Zusammenhang zu erschließen.[134] Aus diesen Gegebenheiten heraus habe ich mich bei meinen Untersuchungen für eine Expertenbefragung entschieden, um meine Theorien zu untermauern und zu schauen, ob diese in der Praxis Anwendung finden könnten.
Bei der Auswahl der von mir gewählten Experten habe ich darauf geachtet alle Ebenen eines Unternehmens abzudecken. Ich habe mich für Personen aus der Geschäftsleitung, den mittleren Führungsetagen aber auch für ein Mitglied aus der untersten Hierarchieebene entschieden.
Dabei habe ich auch versucht den deutschen sowie den weltweiten Markt zu berücksichtigen, wobei ich hier den Fokus auf den Vergleich zwischen den USA und Deutschland legen werde.
Dabei fiel meine Wahl zum einen auf Herrn B., Geschäftsführer eines Familienunternehmens, die sich mit der Produktion und Vermarktung von Büromöbeln beschäftigen.
Das Unternehmen beschäftigt zurzeit mehr als 160 Mitarbeiter in Deutschland. Die Märkte in Nord- und Süd-Amerika werden von South Windsor, CT, USA aus betreut und beliefert. Lager- und Distributionszentren befinden sich an der US-Ostküste, an der US-Westküste und bei Toronto (Kanada). Das Vertriebsbüro für Kanada befindet sich ebenfalls in der Nähe von Toronto, Ontario. Weitere Büros befinden sich in Tokio (Japan), Hong Kong (China) und Sydney (Australien).[135]
Frau D. ist Branchen Manager (Filialleiterin) einer Autovermietung in North Haven, Connecticut, USA.
Diese Autovermietung ist weltweit eine der größten und gehört mit mehr als 7.000 Standorten und 68.000 Mitarbeitern in den USA, Kanada, Großbritannien, Irland und Deutschland zu den internationalen Marktführern. 1957 von Jack Taylor gegründet, wird das Unternehmen auch heute noch von der Taylor-Familie geführt.
Dr. O. ist Geschäftsführer einer Genossenschaft und Frau N. ist zuständig für den Ein- und Verkauf, sowie Vertretung und Unterstützung der Geschäftsleitung.
Diese Genossenschaft ist ein Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen für Bäckerei- und Konditoreibedarf mit Hauptsitz in Oldenburg (Niedersachsen). Weitere Standorte befinden sich in Göttingen, Osnabrück und Wolfenbüttel. Die Genossenschaft beschäftigt 280 Mitarbeiter und hat knapp 800 Mitglieder.
Herr K. arbeitet als Ingenieur bei einem großen deutschen Automobilhersteller.
Dieser beschäftigte im Dezember 2011, 271.370 Mitarbeiter. In 17 Ländern weltweit.
Da im Bankenbereich verstärkt das Instrument der Zielvereinbarungen angewendet wird, habe ich auch aus diesem Bereich einen Experten mit in meine Untersuchung aufgenommen. Herr T. arbeitet als stellvertretender Vorstandsvorsitzender einer Landesbank in Deutschland.
Um auch einen Mitarbeiter/in aus einer unteren Hierarchieebene im Unternehmen mit in die Befragung aufzunehmen, habe ich mich für Frau L. entschieden. Sie arbeitet als Verkäuferin bei einer Bekleidungskette mit Filialstruktur in ganz Deutschland und Teilen von Österreich.
Um sicherzustellen, dass alle Bereiche meiner Thesis abgedeckt werden, habe ich mich für folgende Fragen entschieden:
1. Welche Erfahrungen haben Sie mit definierten Zielen und Zielvereinbarungen gemacht?
2. Wie sind Sie bei der Einführung des Instruments vorgegangen? Wie wurde bei der Einführung des Instruments vorgegangen, hatten Sie die Möglichkeit zur Interaktion?
3. Wie erleben Sie den Nutzen vereinbarter Ziele?
4. Für welchen Zeitraum werden in Ihrem Unternehmen Zielvereinbarungen getroffen?
5. Wie oft werden Ziele aktualisiert? Finden unterjährige Anpassungen aufgrund von geänderten Umweltsituationen statt?
6. Stehen die Ziele Ihres Unternehmens in engem Zusammenhang mit der Unternehmensvision?
7. Glauben Sie, dass Zielvereinbarungen die Mitarbeiter dazu bringen engagierter und effektiver zu arbeiten?
8. Wie wird die Zielerreichung in Ihrem Unternehmen honoriert?
9. Welche Konsequenzen folgen bei Nichterreichung?
10. Glauben Sie, dass Mitarbeiter, die mehr Freiheiten haben selbst zu entscheiden wie sie Ihre Ziele setzen (Partizipation), motivierter sind?
11. Denken Sie Führen per Verantwortung ist eine Alternative? Was halten Sie von diesem Instrument?
12. Sie haben den Artikel der Saaman AG zum Thema Zielvereinbarungen gelesen. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Was denken Sie sollte in der Zukunft geändert werden?
Zusätzlich erhielten alle Befragten einen Artikel des Manager Magazins online zum Thema Zielvereinbarungen. (Dieser befindet sich im Angang I)
Ich habe mich zum Teil persönlich mit den Experten getroffen und mich mit Ihnen über das Thema Zielvereinbarungen unterhalten, zu einigen konnte ich aufgrund der geografischen Entfernung jedoch nur telefonisch und per E-Mail Kontakt aufnehmen. Alle Experten haben die Fragen jedoch eigenständig schriftlich bearbeitet. Bei Fragen beiderseits haben wir uns dann telefonisch oder schriftlich ausgetauscht. Die komplett ausgefüllten Fragebögen befinden sich original in den Anhängen II bis VIII.
Bei der Auswertung der Fragebögen hat sich herausgestellt, dass auf Seiten der Führungsebene weitestgehend positive Erfahrungen mit dem Führen durch Zielvereinbarungen gemacht wurden.
„Die Ziele, in Verbindung mit einem monetären Leistungsanreizsystem helfen bei der Steuerung der Vertriebsaktivitäten und damit bei der Umsetzung der operativen Ziele und Maßnahmen, aber auch der strategischen Oberziele, von denen sie abgeleitet werden.“ (Herr T., Bank)
„Ich denke schon, dass es wichtig ist, Ziele zu setzen, denn wenn man nicht weiß wohin man möchte, dann kann man auch keine Segel setzen.“ (Frau D., Filialmanagerin)
„Wir haben mit dieser Methode gute Erfahrungen gemacht, da sich so das Unternehmen und die Mitarbeiter an der Erreichung der Ziele messen lassen können. Die Mitarbeiter können sich also nicht herausreden, sie hätten nicht gewusst, was im nächsten Jahr erreicht werden soll.“ (Herr B., Geschäftsführer Büromöbelhersteller)
Wobei bei genauerer Betrachtung bei einigen nicht von positiven Erfahrungen mit dem Managementsystem gesprochen wurde, sondern nur von den Erfahrungen mit Zielen im Allgemeinen. Ziele dienen dem Unternehmen, den Führungskräften und allen Mitarbeitern als Richtung. Die Ausrichtung aller Beteiligten auf dieses Ziel ist sinnvoll und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit, denn nur wenn alle das Ziel kennen, stimmt die Richtung.[136]
„Ohne Ziele wären unsere Mitarbeiter ziellos und eventuell orientierungslos. Durch die Definition der Ziele arbeiten unsere Mitarbeiter zielgerichtet und wissen, was der Geschäftsführung wichtig ist.“...