Führung[115] ist dort erforderlich, wo viele Menschen gemeinsam arbeiten und etwas erreichen wollen.[116] Aufgrund gewachsener Komplexität vieler Aufgaben ist eine Arbeitsteilung unumgänglich, dabei setzt jeder Einzelne seine Stärken entsprechend seinen Möglichkeiten ein.[117] Viele erforderliche Tätigkeiten müssen koordiniert werden, dieses erfolgt in einem Betrieb durch Führungsmaßnahmen, die einen geeigneten Willen zur Führung voraussetzen. Der Wille ist i.d.R. an einer konkreten Person gebunden, kann aber auch abweichen und sich in verschiedenen Strukturen fest machen.[118] Löst Führung zwei große und zentrale Probleme von Organisationen? Die Organisationen werden im Ganzen als Systeme verstanden, was wiederum Sinn und Zweck von einer Führung sein könnte.[119] Führung hat in diesem Sinne zwei Aufgaben, die beide lebenswichtig für Organisationen sind. Zum einen sorgt Führung dafür, dass die Verbindungen zwischen der Organisation an sich und den Dritten kontinuierlich gepflegt werden. Zum anderen muss die Komplexität von Organisationen immer bearbeitet werden, damit sie sich selbst steuern und auf andere Impulse reagieren können. Entscheidungen sind hier der Weg und auch ein Instrument der Bearbeitung von vorhandener Komplexität, weil ohne Mitarbeiter und der Außenwelt keine Organisation überleben kann.[120]
Damit Organisationen überleben können liegt in diesen beiden Aufgaben (Verbinden und Entscheiden) die Wichtigkeit und Sinn von Führung. Führung ist außerdem auch eine unerlässliche interne Dienstleistung innerhalb einer Organisation. Sie soll die Organisation dabei unterstützen erfolgreich und lebensfähig zu bleiben.[121] Zumindest sorgt Führung für eine produktive und längere Zusammenarbeit der Organisation mit ihren Partnern. Gute Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, Kunden und Eigentümern zeigt eine Balance und ein funktionierendes Konfliktmanagement. Führung sorgt auch für eine einheitliche Ausrichtung aller Aktivitäten. Komplexität kann je nach Bedarf reduziert oder auch erweitert werden, indem bestimmte Entscheidungen in Zukunft getroffen werden. Führung bleibt dabei eine risikoreiche Aufgabe.[122] Es zeigt sich auch, dass Aufgaben trotz ihrer Unsichtbarkeit komplex und vielschichtig sind. Die Entwicklungen der letzten Jahre bestätigen, dass Führung mehr Bedeutung zugeordnet wird, besonders wenn es um Veränderungen von Organisationen geht und sich die Rahmenbedingungen und Prozesse ändern. Führen bedeutet sich auch mit Widersprüchen, Ansprüchen und Auffassungen zu befassen, die es einer einzelnen Kraft auch nicht leicht macht, ihre Aufgabe zu bewältigen.[123]
Abbildung 5: Übersicht Führung[124]
Der Begriff Führungsstil[125] nimmt in der Literatur der Personalwirtschaft eine zentrale Stellung ein und wird als von der Situation unabhängiges, langfristiges, i.d.R. stabiles Verhaltensmuster einer Führungskraft, das gleichzeitig seine persönliche Grundeinstellung gegenüber den Mitarbeitern zum Ausdruck bringt, bezeichnet.[126] Unter einem Führungsstil wird auch eine spezielle Form der Verhaltensbeeinflussung verstanden, die von Seiten eines Führers im Gesamtprozess mit den Geführten angewendet wird.[127] Dieser trägt meistens zu einem Erfolg oder Mißerfolg in Organisationen bei. Werden die Mitarbeiter gut geführt, so zeigen sie sich engagiert, motiviert und meistens zufrieden. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter wirkt sich wiederum positiv gegenüber Dritten.[128] In der Literatur finden sich auch Unterscheidungen zwischen Führungsstil und Führungsverhalten, wobei beispielsweise Fiedler unter Führungsverhalten ein aktuelles Verhalten in einer konkreten Situation versteht, während Führungsstil situationsübergreifend aufgefasst wird, welches auch als Struktur oder Rahmenbedingungen dem variierenden Führungsverhalten zugrunde liegt. Wenn das Führungsverhalten in bestimmten Situationen der einheitlich-methodischen Grundposition der Führungskraft entspricht, werden Führungsstil und Führungsverhalten oft identisch betrachtet. Entfernt sich bewusst oder unbewusst die Führungskraft von ihrer verhaltensbestimmten Einstellung und zeigt eine andere als gewohnte Verhaltensweise, dann sind bei beiden bestimmte Unterschiede zu erkennen.[129]
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Organisationen mit einer überdurchschnittlichen Mitarbeiter- aber auch Kundenzufriedenheit mehr Erfolg haben. Ihre Renditen und Wachstumsraten fallen höher aus als bei vergleichbaren Unternehmen.[130] Die Forschung beschäftigt sich wiederum hier mit der Frage nach dem anzuwendenden Führungsstil und den Kriterien nach denen zukünftige Führungskräfte ausgewählt werden.[131] Der Höhepunkt der Forschungstradition war in den 1950er Jahren an der Ohio State University und basiert auf dem Behaviorismus.[132] Hier wurden einige Forschungen gefördert, um effektive Führungsstile zu erforschen. Für ein grundlegendes Modell wird eine Einteilung in ein aufgabenorientiertes (Zielsetzung, Planung, Koordination und Organisation), beziehungsorientiertes (Unterstützung, Lob und Anerkennung) und kooperatives (Gegenseitige Unterstützung und Beteiligung im Team) Verhalten vorgenommen.[133]
Die traditionellen Führungsstile (autokratischer, patriarchalischer, charismatischer und bürokratischer) zeichnen sich durch eine typologisierende Betrachtungsweise aus, beschreiben bipolar angeordnete Eigenschaften und Verhaltensweisen von Führungskräften und gehen auf die idealtypischen Formen der Herrschaft von Max Weber zurück (Eigenschaftsansatz).[134] Weber fragte sich: Warum lassen sich die Menschen beherrschen? Er erkannte drei Gründe und formulierte dazu drei Formen der Herrschaft.[135] Die Führungsstile unterscheiden sich durch eine Art des Führungsvollzugs, durch die Art der Führung und seiner Organisationsformen und die unterschiedliche Rechtfertigung der Existenz ihres Führers. Die Mitarbeiter wurden hier stets als Befehlsempfänger und ausführende Organe gesehen.[136]
Bei einer Führungskraft zeichnet sich ein patriarchalischer Führungsstil durch eine von Autorität gekennzeichneter Person aus. Den Respekt hat sich diese Person durch jahrelange Berufserfahrung und einem großen und angehäuften Wissen verdient. Heutzutage finden wir diesen Führungsstil in vielen Kleinbetrieben, die noch familiär geführt werden, wieder. Die Führungskraft hat eher eine klassische Vaterfigur, die sich um das Wohl der Arbeitnehmer, auch privat, einsetzt und sich seinen Mitarbeitern gegenüber verpflichtet fühlt.[137] Meist wird ein traditionsreiches Familienunternehmen von einem Patriarchen geleitet, der sich dem Wohl einzelner Mitarbeiter und dem Unternehmen verpflichtet fühlt. Im Gegensatz erwartet diese von ihnen Gehorsam, Loyalität, Dankbarkeit und Treue. Sie übernimmt oft die gesamte Verantwortung für alle Bereiche in der Organisation. Ihren Machtanspruch begründet sie auf einen vorhandenen Alters-, Reife- Wissens- und auch Erfahrungsvorsprung. Konkurrenz sieht dieser Führungsstil nicht vor, wird aber auch von der betroffenen Person nicht geduldet.[138] Von motivierten Mitarbeitern ist hier eher nicht zu sprechen, oft resignieren die Mitarbeiter, das auch mit einer inneren Kündigung zu vergleichen ist, oder kündigen und verlassen die Organisation. Ein Mitsprachenrecht oder gar eine Beteiligung der Mitarbeiter ist nur für Ausnahmefälle vorgesehen. Die betriebliche Organisation ist fast vollständig auf diesen patriarchischen Vorgesetzten ausgerichtet, Zwischeninstanzen oder Stabstellen sind hier ebenfalls nicht zu finden. Alle Kommunikationswege laufen beim sogenannten Patriarchen zusammen, er hat die alleinige Handlungs- und Entscheidungsvollmacht in der Organisation.[139] Diese Art der Führung ist nicht mehr zeitgemäß und kommt immer seltener vor, was auch durch meine Umfrage zu dieser Arbeit bestätigt wird. Die Anzahl der Befragten, die ihren Vorgesetzten als autoritär einstuften lag bei 4,76 %. Zu vermuten ist, dass dieser Führungsstil noch in sehr kleinen Betrieben zu finden ist, aber vor allem in der Landwirtschaft und im Handwerk. Die Form des Führens bringt viele Nachteile mit sich: Oft werden vorhandene Fähigkeiten und Kenntnisse nicht erkannt und bleiben daher ungenutzt. Die Motivation und die Selbständigkeit der Mitarbeiter sind oft eher schlecht ausgeprägt, deshalb werden manchmal Fehlentscheidungen getroffen, da es an der Einbindung der Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung fehlt.[140] Die Führungskraft ist oft mit Nebensächlichkeiten und Routinetätigkeiten überlastet. Die schnelle Reaktionsmöglichkeit, vor allem in schwierigen Krisenzeiten und kurze Kommunikationswege dürfen jedoch als Vorteile nicht übersehen werden.[141]
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