2 Richtig delegieren
Als Führungskraft müssen Sie lernen, Aufgaben abzugeben. Durch Delegation an geeignete Mitarbeiter. Doch wie können Sie sicherstellen, dass das Ergebnis auch gut ist und Sie wirklich weniger Arbeit haben? Sehen wir, wie Frau Peter damit umgeht. Ihr Schreibtisch quillt über. Doch sie hat ja einen fähigen Assistenten.
2.1 Dialog 1: Die missglückte Delegation
Frau Peter wächst gerade alles über den Kopf. Deshalb versucht sie, sich alle Aufgaben vom Hals zu schaffen, die, wie sie findet, auch gut Herr Pohl erledigen kann.
Pohl: Die Sache mit dem Katalog hab ich geklärt. Eine Druckerei in Frankfurt konnte uns unseren Termin in vier Wochen zusagen.
Peter: Gut. Sonst noch was, Herr Pohl?
Pohl: In den Abteilungen wird schon ziemlich über die bevorstehenden Umstellungen getratscht. Die Leute wissen nicht so recht, was da auf sie zukommt. Da wird schon von Entlassungen im großen Stil geredet. Das ist bestimmt auf dem Frings seinem Mist gewachsen.
(1) Peter: Dann seien Sie doch so gut und schicken mal eine Rundmail raus.
Pohl: Und was soll da rein?
(2) Peter: Irgendwas, damit alle am Wochenende ruhig schlafen können.
Pohl: Wie? Heute noch? Ich wollte eigentlich noch eine Aufstellung der Lieferantenangebote machen.
(3) Peter: Es müsste noch heute sein. Ich hab jetzt leider gleich noch einen Termin bei Herrn Busch, sonst hätte ich mich drum gekümmert. Die Aufstellung kann ja auch der Herr Schenk machen, der kennt sich doch mit so etwas ganz gut aus.
Auch wenn es Herrn Pohl nicht schmeckt, dass er die Lieferantenaufstellung nicht selbst erledigen darf, macht er sich auf den Weg zu Herrn Schenk.
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Warum kann sich Herr Pohl nicht wehren? Hören Sie, wie sich das folgende Gespräch zwischen Frau Peter und Herrn Pohl entwickelt (Hörbeispiel 5).
So bewerten die Experten
Eigentlich ist es ja nicht verkehrt, wenn eine Führungskraft auf die Eigeninitiative ihrer Mitarbeiter setzt. Doch Frau Peter macht leider alles falsch, was man beim Delegieren falsch machen kann:
(1) Dann seien Sie doch so gut und schicken mal eine Rundmail raus.
Spontan weist sie Herrn Pohl an, ohne zu erklären, was er im Einzelnen tun muss. Der Auftrag wirkt dabei nur wie eine Bagatelle: Wenn eine „Rundmail an alle” schief geht in der Situation, die Herr Pohl beschrieben hat (Angst vor Entlassungen), kann das böse Folgen haben. Nicht umsonst fragt er nach, was in der Mail stehen soll. Offenbar fühlt er sich nicht wohl mit der Aufgabe.
(2) Irgendwas, damit alle am Wochenende ruhig schlafen können.
Doch Frau Peter ignoriert das Signal. Statt nun klare Inhalte vorzugeben, benennt sie nur einen vagen Zweck und den Termin. Herr Pohl belässt es zwar dabei, mokiert sich aber darüber, dass er keine Zeit hat. Spätestens hier hätten bei Frau Peter die Alarmglocken schrillen müssen: Ohne ihre Hilfestellung ist Herr Pohl ganz offensichtlich überfordert mit dem Verfassen der Rundmail.
(3) Die Aufstellung kann ja auch der Herr Schenk machen …
Mit einer lapidaren Anweisung weist sie ihn an, dafür eine seiner Aufgaben zu delegieren. Doch Frau Peter merkt nicht, dass ihm genau diese Arbeit wichtig ist. Schließlich: Dass sie die Rundmail vor dem Verschicken noch kontrollieren könnte, daran denkt sie gar nicht.
Das hat Frau Peter falsch gemacht
Frau Peter hat keine klaren Vorstellungen, was sie da so spontan delegiert:
Ihr Auftrag erscheint undeutlich und ist nur scheinbar einfach. Sie bedenkt nicht, welche Folgen es haben kann, wenn die E-Mail Herrn Pohl misslingt.
Sie überlegt nicht, ob Pohl wirklich der Richtige für diese Arbeit ist.
Auch daran, die Rundmail zu kontrollieren, denkt sie nicht.
Sie reagiert nicht auf Herrn Pohls Rückfragen und bietet keine Hilfe an.
Sie demotiviert ihren Mitarbeiter.
2.2 Dialog 2: Die gelungene Delegation
Bei Herrn Schenk im Büro. Herr Pohl erklärt ihm, was er bei der Lieferantenaufstellung zu tun hat.
Schenk: Sind das alles Angebote? Der ganze Stapel hier?
(1) Pohl: Und der dort drüben. Alles mögliche neue Lieferanten. Wir brauchen eine vergleichende Aufstellung von Preisen, Lieferzeiten, möglichem maximalem Lieferumfang, Lieferkosten und Kompatibilität mit unserem Kanban-System. Ich habe Ihnen die Kriterien schon zusammengestellt und rübergemailt.
Schenk: Mhm, hab ich schon gesehen.
(2) Pohl: Zu manchen Punkten werden Sie keine Angaben finden. Die lassen Sie dann einfach offen. Herr Busch soll sich nur möglichst schnell einen Überblick verschaffen können. Machen Sie keine Doktorarbeit draus. Hauptsache, wir können das am Montag vorlegen.
Schenk: Möchten Sie’s als Hand-out oder lieber als Powerpoint-Präsentation?
(3) Pohl: Folien wären super, aber wie gesagt, verkünsteln Sie sich nicht. Können Sie mir bis heute Nachmittag vielleicht kurz Bescheid sagen, ob Sie damit fertig werden?
Schenk: Ich denke, das ist zu schaffen.
(4) Pohl: Falls Sie Fragen haben, können sie mich unter der -23 erreichen. Danke, Herr Schenk. Sie sind mir wirklich eine große Hilfe.
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Schlägt Herr Pohl bei dieser Delegation auch den richtigen Ton an? Höhren Sie dazu Hörbeispiel 6 an.
So bewerten die Experten
Herr Pohl hat nicht nur Glück, dass Kollege Schenk Zeit hat und offenbar auch der Richtige für die Aufgabe ist, er delegiert auch vorbildlich:
(1) Wir brauchen eine vergleichende Aufstellung von Preisen, Lieferzeiten …
Die Aufgabe, die Herr Schenk übernehmen soll, beschreibt er ganz genau. Damit der nicht ins Blaue analysiert, hat er ihm die Kriterien für die Aufstellung auch schon schriftlich an die Hand gegeben.
(2) Zu manchen Punkten werden Sie keine Angaben finden …
Herr Pohl erwähnt die Schwierigkeiten, mit denen Herr Schenk rechnen muss. Zugleich gibt er konkrete Handlungsanweisungen, wie dieser dann verfahren kann. In dem Zusammenhang erwähnt er auch den Zweck und Adressaten der Aufstellung. Daraus leitet er ab, welche Qualität erwartet wird. So kann Herr Schenk leichter entscheiden, was wichtig und unwichtig ist.
(3) Können Sie mir bis heute Nachmittag vielleicht kurz Bescheid sagen …
Nachdem Herr Pohl den Termin genannt hat, baut er eine „Rückversicherung” ein, damit dieser auch gehalten werden kann.
(4) Falls Sie Fragen haben, können sie mich unter der -23 erreichen …
Am Ende sichert er Herrn Schenk seine Unterstützung zu und bedankt sich. Damit hat er wichtige Regeln der Delegation beachtet.
Das hat Herr Pohl gut gemacht
Er hat die Aufgabe genau erklärt.
Er hat Zweck und Adressaten der Aufstellung benannt und davon die erwartete Qualität abgeleitet.
Er hat seine Unterstützung bei Rückfragen angeboten und sich bei seinem Kollegen bedankt. Das wirkt motivierend.
2.3 Dialog 3: Kontrolle der Delegation
(1) Frau Peter kommen auf einmal Zweifel, ob Herr Pohl der Richtige für das Verfassen der Rundmail ist. Zufällig entdeckt sie auf seinem Schreibtisch den Entwurf der E-Mail und liest ihn. Ihr Verdacht bestätigt sich. Schon leicht sauer, bittet sie ihren Mitarbeiter zu einem Gespräch.
(2) Peter: Das hier ist doch nicht Ihr Ernst, Herr Pohl?!
Pohl: Ich bin ja noch nicht fertig. Wo haben Sie denn die Mail überhaupt her?
(3) Peter: Das spielt doch jetzt keine Rolle. So geht das auf jeden Fall nicht. Wir wollen die Leute beruhigen und nicht verrückt machen. Sie schreiben hier von Rationalisierungsmaßnahmen, ohne unser Vorgehen genau zu erklären. Außerdem können Sie die Mail doch nicht im Namen von Herrn Busch rausschicken.
Pohl: Ich wollte die Leute nur ehrlich informieren …
Peter: Aber doch nicht so! Zwischen den Zeilen schreiben Sie hier, dass Arbeitsplätze in Gefahr sind. Das ist absolut kontraproduktiv.
Pohl: Die Mail ist ja noch nicht raus, ich kann das doch noch korrigieren.
(4) Peter: Tut mir leid, aber ich hab Sie nicht von der Aufstellung befreit, damit dann so was in der Firma kursiert. Bei Ihrem diplomatischen Geschick schreib ich das lieber selber. Sie können sich dann ja wieder um die Lieferantenaufstellung kümmern.
Frau Peter lässt einen betroffenen Herrn Pohl zurück. Offensichtlich hat sie heute nicht ihren besten Tag.
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Frau Peter ist nicht zufrieden mit Herrn Pohls Arbeit. Aber findet sie auch den passenden Ton, das zu sagen? Das Hörbeispiel vermittelt die angespannte Atmosphäre, in der das Gespräch stattfindet (Hörbeispiel 7).
So bewerten die Experten
Gott sei Dank ist noch kein Schaden entstanden. Doch dass Frau Peter an der Situation erheblich mitschuldig ist, ignoriert sie. Das wirkt arrogant.
(1) Frau Peter kommen auf einmal Zweifel …
Wenn Frau Peter schon nachträglich einfällt, dass ihre Delegation vielleicht nicht glücklich war, sollte sie zumindest offen damit umgehen und Herrn Pohl darum bitten, ihr die E-Mail zu lesen zu geben, bevor er sie verschickt. Doch so wirkt ihre Kontrolle...