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Fünf Bücher über das höchste Gut und Übel

AutorMarcus Tullius Cicero
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl158 Seiten
ISBN9788026870456
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Fünf Bücher über das höchste Gut und Übel' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Vom höchsten Gut und vom größten Übel ist ein philosophisches Werk des römischen Redners, Politikers und Philosophen Marcus Tullius Cicero. Es besteht aus fünf Büchern, in denen sich Cicero mit den Philosophierichtungen des epikureischen Hedonismus, der Stoa und des Peripatos auseinandersetzt und diese dem römischen Leser vorstellt. Das Leitthema des Werkes ist die Frage nach dem anzustrebenden höchsten Gut. Es entstand im Sommer des Jahres 45 v. Chr. innerhalb von etwa anderthalb Monaten. Zusammen mit den kurz danach geschriebenen Tusculanae disputationes ('Gespräche in Tusculum') ist De finibus das umfangreichste philosophische Werk Ciceros. Gewidmet ist das Werk Marcus Iunius Brutus. Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. - ? 43 v. Chr.) war ein römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, der berühmteste Redner Roms und Konsul im Jahr 63 v. Chr.

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Leseprobe

Zweites Buch


Inhaltsverzeichnis


Kap. I. (§ l.) Als hier Beide mich ansahen und zum Hören sich bereit zeigten, so sagte ich: Zunächst habe ich die Bitte, dass Ihr mich nicht für einen Philosophen haltet, der Euch sein System erklären und lehren will; ich kann dies nicht einmal bei einem wirklichen Philosophen loben denn wenn hat wohl Sokrates, der mit Recht der Vater der Philosophie genannt werden kann, dergleichen gethan? Nur bei den damaligen sogenannten Sophisten war dies Sitte, von denen einer, der Leontiner Gorgias, zuerst es wagte, in Zusammenkünften eine Frage zu fordern, womit er wollte, man solle den Gegenstand angeben, über den man ihn hören wolle. Ein dreistes Treiben, was ich unverschämt nennen würde, wenn diese Sitte nicht später auch auf unsere Philosophen übergegangen wäre. (§ 2.) Aber sowohl den erwähnten Sophisten wie die andern sehen wir von Sokrates verspottet, wie man aus Plato entnehmen kann. Er pflegte durch Ausforschen und Fragen von Denen, mit welchen er sich besprach, ihre Meinungen herauszulocken, um auf das, was sie zur Antwort gaben, zu entgegnen, so weit es ihm passend schien. Die Spätern hatten diese Sitte nicht beibehalten, allein Arcesilaus führte sie wieder ein, aber so, dass die über das, was sie hören wollten, ihn nicht ausfragen, sondern selbst ihre Meinung aussprechen mussten. War dies geschehen, so entgegnete er, während seine Zuhörer nach Möglichkeit ihre Meinung vertheidigten. Bei den übrigen Philosophen schwieg dagegen Der, welcher nach etwas gefragt hatte, und schon in der Akademie war dies der Fall. Wenn hier ein Zuhörer sagte: Die Lust scheint mir das höchste Gut zu sein, so wird in fortlaufender Rede dagegen gesprochen, so dass man leicht bemerkt, wie Die, welche eine solche Behauptung aufstellen, nicht selbst dieser Ansicht sind, sondern nur die Widerlegung hören wollen. (§ 3.) Ich werde es zweckmässiger machen. Torquatus hat nicht blos seine Ansicht ausgesprochen, sondern auch die Gründe dafür; wenn ich nun auch mich an seinem fortgehenden Vortrag sehr ergötzt habe, so halte ich es doch für passender, bei den einzelnen Punkten anzuhalten und zu hören, was Jeder einräumt oder bestreitet; dann kann man aus dem Zugestandenen die nöthigen Folgerungen ziehen und so zu einem Ergebnisse gelangen. Wenn aber die Rede gleich einem Strome fortläuft, so reisst sie zwar Vieles und Mancherlei mit sich fort, aber man kann nichts festhalten, nichts tadeln und nirgends den Redefluss zum Stehen bringen. Jede mit einer Untersuchung befasste Rede, die festen Schrittes und vernunftgemäss vorschreiten will, muss zunächst angeben, wie es bei den Klageformeln geschieht, »diese Sache soll verhandelt werden«, damit die Theilnehmenden sich zunächst darüber vereinigen, was das sei, worüber man sprechen wolle.

Kap. II. (§ 4.) Diese von Plato im Phädrus aufgestellte Regel hat Epikur gebilligt; er meint, dass bei jeder Erörterung dies geschehen müsse. Allein das Nächste hat er nicht gesehen; denn er mag von Distinctionen nichts wissen, obgleich doch ohnedem es oft kommen kann, dass die Streitenden selbst nicht wissen, worum es sich handelt, wie dies auch bei unserer Erörterung der Fall sein dürfte. Wir suchen das höchste Gut; aber können wir das erkennen, bevor wir unter uns, die wir vom höchsten Gut sprechen, nicht festgestellt haben, was das höchste und was ein Gut ist? (§ 5.) Diese Aufdeckung eines gleichsam verdeckten Gegenstandes, wo offen gelegt wird, was eine Sache ist, macht die Definition aus, und auch Du hast, ohne es zu bemerken, einige Male davon Gebrauch gemacht; denn Du erklärst das sogenannte Beste, oder Höchste, oder Aeusserste für das, auf welches alles richtige Handeln bezogen werde, ohne dass dieses Letzte selbst auf ein Anderes bezogen werde. Dies ist vortrefflich gesprochen, und Du würdest vielleicht auch, was das Gut ist, wenn es nöthig gewesen wäre, definirt haben, sei es als das, was man von Natur begehrt, oder was nütze, oder was helfe, oder was gefalle. So bitte ich denn, wenn es Dich nicht beschwert, da das Definiren überhaupt Dir nicht missfällt und Du es benutzest, wo es Dir passt, dass Du auch definirst, was die Lust ist, um die unsere ganze Untersuchung sich dreht. – (§ 6.) Aber ich bitte Dich, antwortete Torquatus, wer sollte nicht wissen, was die Lust ist, oder eine Definition davon verlangen, um dies besser einzusehn? – Ich würde selbst mich als einen Solchen nennen, sagte ich, wenn ich nicht glaubte, die Lustgut zu kennen und einen festen Begriff und Vorstellung von ihr in meiner Seele zu haben. Dagegen erkläre ich jetzt, dass Epikur selbst dies nicht weiss und hier schwankt, und dass er, der so oft wiederholt, man müsse sorgfältig erklären, welchen Sinn man mit den Worten verbinde, mitunter nicht weiss, was das Wort Lust bedeutet, d.h. welcher Gegenstand darunter verstanden werden solle.

Kap. III. Darauf erwiderte Jener lächelnd: Das wäre wahrhaftig wunderbar, wenn Der, welcher die Lust für das Endziel alles Begehrens erklärt oder für das äusserste und höchste Gut, nicht gewusst hätte, was sie selbst sei und wie sie beschaffen sei! – Aber, sagte ich, entweder weiss Epikur nicht, was die Lust ist, oder alle Sterblichen auf dieser Erde wissen es nicht! – Wie meinst Du dies, bemerkte er. – Weil unter Lust Alle das verstehen, was den Sinn, wenn er es aufnimmt, erregt und mit einer gewissen Annehmlichkeit erfüllt. – (§ 7.) Wie, erwiderte er, Epikur sollte diese Lust nicht kennen? – Nicht immer, sagte ich, obgleich er sie mitunter nur zu sehr kennt; denn er versichert, nicht einsehen zu können, wie es irgendwo noch ein Gut geben könne, ausser den in der Speise, dem Trank, dem Ohrenschmaus und der sinnlichen Wollust enthaltenen. Sind dies nicht seine Worte? – Als ob ich, sagte er, mich derselben schämen müsste, oder als ob ich nicht zeigen könnte, in welchem Sinne dies gesagt worden! – Allerdings, sagte ich, zweifle ich nicht, dass Du dies leicht kannst; auch brauchst Du Dich nicht darüber zu schämen, dass Du einem Weisen beistimmst, der allein, so viel mir bekannt, sich selbst für einen Weisen zu erklären gewagt hat. Selbst Metrodor that das nicht, sondern lehnte, als Epikur ihn so nannte, diese Auszeichnung ab, und jene sieben Weisen haben diesen Namen nicht nach ihrem eigenen, sondern nach dem Ausspruch aller Völker erhalten. (§ 8.) Aber ich will hier annehmen, dass Epikur unter diesen Worten denselben Begriff von Lust versteht, wie alle Andern; denn Jedermann nennt die angenehme Erregung, welche die Sinne ergötzt, im Griechischen hêdonê und im Lateinischen voluptas (Lust). – Was verlangst Du also weiter? sagte er. – Ich werde es sagen, erwiderte ich, und zwar mehr, um zu lernen, als um Dich und den Epikur zu tadeln. – Auch ich, sagte er, lerne lieber, wenn Du mir etwas bietest, als dass ich Dich tadle. – Weisst Du also, sagte ich, was der Rhodier Hieronymus für das höchste Gut erklärt, auf welches nach seiner Meinung Alles bezogen werden müsse? – Ich weiss es, sagte er, die Schmerzlosigkeit galt ihm für das Höchste. – Aber wie, was ist denn dessen Meinung über die Lust? – (§ 9.) Er bestreitet, dass sie um ihrer selbst willen zu suchen sei. – Also, sagte ich, gilt ihm die Schmerzlosigkeit nicht für dasselbe wie die Lust? – Allerdings, sagte er, befindet Hieronymus hier sich in einem grossen Irrthume, denn wie ich eben dargelegt habe, das Ziel aller Lustvermehrung ist die Beseitigung allen Schmerzes. – Ich werde, sagte ich, später sehen, was die Schmerzlosigkeit bedeutet; allein Du wirst doch, wenn Du nicht zu hartnäckig sein willst, zugeben müssen, dass die Lust und die Schmerzlosigkeit verschiedene Dinge sind. – Und doch, erwiderte er, wirst Du mich hier hartnäckig finden; denn nichts kann wahrer sein, als jener Ausspruch. – Empfindet, fragte ich, der Durstende beim Trinken nicht Lust? – Wer wollte das leugnen? – Ist dies dieselbe Lust wie nach gestilltem Durst? – Doch nur in einer andern Art, sagte er; denn die Lust aus dem gestillten Durst ist ruhender Natur, während die Lust des Stillens selbst eine Lust in Bewegung ist. – Wie kommt es da, dass Du zwei so verschiedene Dinge mit einem Worte bezeichnest? – (§ 10.) Erinnerst Du Dich nicht, sagte er, dass ich vorher gesagt, wie nach Beseitigung allen Schmerzes die Lust nur wechseln, aber nicht sich steigern könne? – Ich entsinne mich dessen sehr wohl, sagte ich, allein Du hast dies zwar gut in unsrer Sprache, aber doch wenig klar ausgedrückt. Denn varietas (der Wechsel) ist ein Wort, was zunächst für ungleiche Farben benutzt wird, aber dann auf vieles Andere übertragen wird; wechselnd ist z.B. ein Gedicht, wechselnd eine Rede, wechselnd die Sitte, wechselnd das Glück; auch die Lust nennt man wechselnd, die man aus verschiedenen Dingen verschieden empfindet. Wenn Du dies einen Wechsel nennst, so verstehe ich es, auch wenn Du es nicht erklärst; aber ich verstehe nicht recht, was der Wechsel ist, wenn Du sagst, dass man dann, wenn man von Schmerzen frei sei, die höchste Lust empfinde, aber dass, wenn man von den Dingen geniesse, welche die Sinne angenehm erregen, die Lust in Bewegung sei, was zwar einen Wechsel in der Lust bewirke, aber jene Lust der Schmerzlosigkeit nicht vermehre. Ich kann nicht einsehen, weshalb Du letztere eine Lust nennst.

Kap. IV. (§ 11.) Aber kann es, sagte er, etwas Angenehmeres geben, als frei von Schmerzen zu sein? – Es mag meinetwegen nichts Besseres geben, sagte ich, danach frage ich noch nicht; ist deshalb aber die Lust mit der, ich möchte sagen, Unempfindlichkeit dasselbe? – Allerdings, sagte er; sie ist sogar die höchste Lust, die keiner Steigerung fähig ist. – Was...

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