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Fürstenberg/Ravensbrück als politisch-militärischer Standort

Auswirkungen auf den Alltag sowohl von Angehörigen der Sowjetischen Streitkräfte als auch der deutschen Bevölkerung in der Region

AutorDiana Krasnov
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl179 Seiten
ISBN9783640366262
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Europäische Ethnologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit gibt Einblicke in den gemeinsamen Alltag ehemaliger GSSD-Angehöriger und Anwohner von Fürstenberg/Ravensbrück und Umgebung zwischen 1945 und 1993. Dabei geht es nicht um die militärischen Belange der Zeit, sondern um die Beziehungen, die in privaten Lebensbereichen entstanden sind und welche teilweise bis heute bestehen. Der üblichen Berichterstattung sollte bewusst etwas Menschliches entgegensetzt werden. Es sollte gezeigt werden, dass es gewöhnliche zwischenmenschliche Beziehungen gab und gibt und worauf sie sich begründen. Für das Sammeln der Materialien sowie für deren Analysen wurden ethnologische und volkskundliche Methoden gewählt. Insgesamt stehen die Auswertungen unter einem qualitativen Ansatz. Die Materialien wurden anhand von Fragestellungen analysiert, die auf kulturwissenschaftlichen Theorien basieren. Ein wichtiges Resultat der Analysen ist, dass immer zwischen der militärischen Institution GSSD und den einzelnen Akteuren zu unterscheiden ist. Die Forschungswege waren bestimmt durch Experteninterviews, Erkundungsgänge im verlassenen Feld sowie durch Recherchen in Archiven. Jede Quellenart steht gleichberechtigt neben den anderen und die Materialien wurden entsprechend gleichermaßen quellenkritisch analysiert. Insbesonders hervorzuheben ist die Rolle der Fotografien in der Arbeit. Sie dienen nicht der Verbildlichung und Veranschaulichung, sondern wurden ebenso akribisch analysiert wie die Experteninterviews, archivalische Quellen sowie Textquellen. Die vorliegende Arbeit stellt 'ein Vorbild für weitere ähnlich angelegte Untersuchungen anderer Orte dar, und dies gilt nicht nur für das Territorium der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR.' Die Arbeit ist als 'moralisches Votum nach einem beide Ethnien betreffenden Desastre unglaublichen Ausmaßes' zu lesen. (Auszüge aus dem Gutachten)

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Leseprobe

1 Das Thema und mein Bezug dazu


 

In den nächsten fünf Abschnitten geht es mir um eine Annäherung an das Thema und darum, meinen Bezug unter verschiedenen Gesichtspunkten zu erklären. Anhand von Eckdaten soll eine überblicksartige Einführung in die historischen politisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten bereitgestellt werden. Für diesbezügliche weitere Informationen verweise ich auf speziellere Quellen, wie z. B. die von mir hinzugezogene Literatur, die im Laufe der Arbeit zitiert wird und die im Literaturverzeichnis aufgeführt ist. Die Schilderungen meines jeweiligen Bezugs habe ich eingerückt, um sie vom übrigen Text zu unterscheiden.

 

1.1 Sowjetische Besatzungszone und DDR


 

Die folgenden Informationen sind bei Verena Artz entnommen, sofern nichts anderes angegeben ist.[7]

 

Am 16. April 1945 startete die Rote Armee ihre letzte große Offensive gegen das faschistische Deutschland. Etwa zweieinhalb Millionen Soldaten zogen von der Oder gegen das Dritte Reich. Am 1. Mai war Hitlers Regime vernichtet. Am 8. Mai unterzeichneten Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff und Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation.[8] Die SMAD wurde mit Beschluss des Sowjetischen Rates der Volkskommissare am 6. Juni geschaffen.[9] Auf der Potsdamer Konferenz, die insgesamt vom 17. Juli bis 2. August 1945 dauerte, bestätigten die Unterzeichner Iosif V. Stalin (UdSSR), Harry S. Truman (USA) und Clement R. Attlee (Großbritannien) die Aufteilung Deutschlands in militärische Besatzungszonen[10]. Damit entstand u. a. die Sowjetische Besatzungszone. Unter dieser politischen Konstellation wurde der Zusammenschluss von SPD und KPD zur SED am 21./22. April 1946 vollzogen. Im Frühjahr/Sommer 1947 erfolgte die Kasernierung der Sowjetarmee.[11] Am 23. Mai 1949 wurde auf dem Territorium der drei westlichen Besatzungszonen das Grundgesetz verkündet, womit die Gründung der BRD vollzogen wurde. Danach erfolgte auf dem Gebiet der SBZ am 7. Oktober 1949 die Gründung der DDR. Damit war offiziell die Besatzung beendet. Die SMAD in ihrer Eigenschaft als Militärregierung wurde am 10. Oktober 1949 von der Sowjetischen Kontrollkommission abgelöst. Bei der SKK handelte es sich um ein Instrument zur Kontrolle der Regierung der DDR. Die Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit erfolgte am 8. Februar 1950. Im Juli 1952 wurden auf der 2. Parteikonferenz der SED[12] der Beginn der Kollektivierung der Landwirtschaft und der Vorrang der Schwerindustrie festgelegt. Die Konzentration der Produktion auf die Schwerindustrie, worunter insbesondere die Rüstungsindustrie fällt, trug u. a. erheblich zur Unzufriedenheit in der Bevölkerung bei, da eine Erhöhung des ohnehin niedrigen Lebensstandards dadurch nicht möglich war. Am 17. Juni 1953 kam es zu einem DDR-weiten Arbeiteraufstand, der durch DVP und Sowjetische Streitkräfte niedergeschlagen wurde. Als Reaktion auf die Unruhen bestätigte die Regierung im Juli den „Neuen Kurs“, welcher die Hebung des Lebensstandards zum Hauptziel hatte. Im Januar 1954 verzichtete die UdSSR auf weitere Reparationen.[13] Als Gegengewicht zur 1949 gegründeten North Atlantic Treaty Organization (NATO) wurde im Mai 1955 die Warschauer Vertragsorganisation gegründet. Im September 1955 wurde die Anerkennung der DDR durch die UdSSR vertraglich bestätigt. Die Botschaft der UdSSR löste die SKK ab. Im Januar 1956 ging aus der bisherigen Kasernierten Volkspolizei die Nationale Volksarmee hervor. Nach dem Tod von Wilhelm Pieck wurde das Amt des Staatspräsidenten abgeschafft. Walter Ulbricht wurde am 12. September 1960 erster Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates. Bereits seit 1953 war er Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED. Damit lagen die wichtigsten politischen Ämter in seiner Hand. Am 13. August 1961 wurde mit der systematischen Abriegelung der Grenzen nach Westberlin und Westdeutschland begonnen. 1965 wurde zwischen der DDR und der UdSSR ein Handelsabkommen vereinbart, wonach die UdSSR vor allem Rohstoffe, die DDR im Gegenzug maschinelle Anlagen und Ausrüstungen zu liefern hatte. Am 6. April 1968 trat eine neue Verfassung in Kraft, die die DDR als „sozialistischen Staat deutscher Nation“[14] mit Führungsanspruch der SED festschrieb. Im Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 garantierte die UdSSR erstmals den ungehinderten Personen- und Güterverkehr zwischen der BRD und Westberlin. Am 1. August 1973 verstarb Walter Ulbricht. Willy Stoph wurde Vorsitzender des Staatsrats, Horst Sindermann Vorsitzender des Ministerrats. Im Oktober wurde ein Wohnungsbauprogramm verabschiedet, das bis 1990 das Wohnungsproblem lösen sollte. „1973 besaßen 70 % der Haushalte einen Fernseher, 54 % eine Waschmaschine und 16 % ein Auto. […] 6 % besaßen ein Telefon.“[15] Anstelle des Begriffs „deutsche Nation“ trat 1974 in der Verfassung der DDR die Formulierung, dass die DDR „für immer und unwiderruflich“[16] mit der UdSSR verbunden ist. Das „Protokoll für den Warenaustausch“ hob die Festpreisregelung für Erdöllieferungen aus der UdSSR auf. Bis dahin erhielt die DDR Erdöl etwa 50 % unter dem Weltmarktpreis. Am 29. Oktober 1976 wurde Willi Stoph zum Ministerpräsidenten und Erich Honecker, bereits SED-Generalsekretär, zum Staatsratsvorsitzenden und erneut zum Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates „gewählt“. Im November 1980 wandte sich Erich Honecker schriftlich an Leonid I. Breschnew mit der Anregung, gemeinsame Schritte gegen die Streikbewegung in Polen zu unternehmen.[17] 1981 sicherte die UdSSR der DDR vertraglich Erdöllieferungen zu, die 90 % des Bedarfs deckten. Im Januar 1984 durften einige Bürgerinnen und Bürger ausreisen, die politisches Asyl u. a. in der Botschaft der USA in Berlin beantragt hatten. Im April wurde Bürgern die Ausreise in die BRD verweigert, die Gleiches in der BRD-Botschaft in Prag versucht hatten. Am 23. April 1985 reiste Erich Honecker zu einem Treffen mit dem seit März amtierenden neuen Generalsekretär des ZK der KPdSU Mihail S. Gorbačëv[18] nach Moskau. Im Januar 1986 gründeten Ost-Berliner Bürgerrechtler die „Initiative Frieden und Menschenrechte“, die in der oppositionellen Szene der DDR bald an Einfluss gewann. Im Februar 1987 erklärte sich Erich Honecker entschieden dagegen, Reformbewegungen nach dem sowjetischem Vorbild „Glasnost´“ und „Perestroîka“[19] einzuleiten. Die erste Montagsdemo fand am 4. September 1987 in Leipzig statt. Es wurde u. a. für mehr Reisefreiheit demonstriert. Die Montagsdemos breiteten sich rasch DDR-weit aus und die Teilnehmerzahl stieg kontinuierlich. US-Präsident Ronald Reagan und Mihail S. Gorbačëv unterzeichneten am 8. Dezember 1987 den „Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme“, der im Kern die weltweite Vernichtung aller US-amerikanischen und sowjetischen atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen bis Juni 1991 beschloss.[20] Dieser Schritt leitete die Endphase des Kalten Krieges ein. Am 18. November 1988 wurde der Vertrieb der sowjetischen Zeitschrift „Sputnik“ in der DDR verboten. Am 7. Mai 1989 kam es nach den Kommunalwahlen zu Demonstrationen. Den Behörden wurde Wahlfälschung vorgeworfen. Am 11. September 1989 öffnete Ungarn seine Grenze zu Österreich. An den Feierlichkeiten anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung der DDR am 7. Oktober nahm auch Mihail S. Gorbačëv teil. Er wies seine Truppen an, nicht in die Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Regierung der DDR einzugreifen. Am 18. Oktober wurde der Staats- und Parteichef Erich Honecker von allen Ämtern entbunden. Am 7. November trat die gesamte Regierung der DDR zurück. Bis 24:00 Uhr waren am 9. November 1989 alle Grenzübergänge in Berlin geöffnet. Der Fall der Berliner Mauer war vollzogen. Am 18. März 1990 fand die erste und letzte freie Wahl zur Volkskammer statt, aus der Lothar de Maizière (CDU) als neuer Ministerpräsident der DDR hervorging. Am 1. Juli trat die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der DDR und der BRD in Kraft. Die DDR verlor damit die Hoheit über ihre Finanz- und Geldpolitik und ihre Wirtschafts- und Rechtsordnung. Mit dem Volkskammerbeschluss über den Beitritt der DDR zur BRD[21] existiert seit dem 3. Oktober 1990 nur noch ein deutscher Staat, die Bundesrepublik Deutschland. Unter Teilnahme von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem russländischen[22] Präsidenten Boris N. El´cin[23] wurden die letzten 2.000 russländischen Soldaten am 31. August 1994 in Berlin verabschiedet.[24] Am 8. September erfolgte die Verabschiedung der US-amerikanischen, britischen und französischen Soldaten.[25] Aus heutiger Sicht spricht man bis Ende der 1980er Jahre von einer militärischen Besatzung. Das Verhalten der UdSSR in politischen und militärischen Angelegenheiten auf dem Territorium der DDR entsprach keinesfalls einer Anerkennung deren Souveränität.

 

Ich habe von September 1988 bis November 1990 in Potsdam gelebt und am „Institut für Lehrerbildung Rosa Luxemburg“ studiert. Die markantesten Erinnerungen habe ich an einen äußerst energisch auftretenden Professor für Marxismus-Leninismus sowie an die gemischten Gefühle, die ich bei der Teilnahme an den Montagsdemonstrationen hatte. Dass die Angst...

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