Dieser Teil der Arbeit soll dem Leser einen Überblick über verschiedene Inhalte und Methoden eines Athletiktrainings geben. Die speziellen Übungen ergeben sich aus der spezifischen Leistungs- und Bewegungsstruktur der Sportart Fußball. Die Zusammenfassung sportwissenschaftlicher Erkenntnisse eines Athletiktrainings im Fußball stellt die Grundlage für die spätere Darstellung der Konzeption und Durchführung des Trainingsprogramms dar. In den letzten Jahren wurden dabei das Konditionstraining und dessen klassische Elemente zur Schulung von konditionellen Leistungsfaktoren um Begriffe wie „Core-Training“ (Verstegen& Williams, 2006) oder „funktionelles Training“ (Boyle, 2010) erweitert. Zudem rückte das Koordinationstraining in den Vordergrund, was zur Folge hatte, dass der Begriff „Konditionstraining“ in vielen neueren Beiträgen abgelöst wurde. Zu Anfang werden deshalb zunächst einmal die Begriffe „Konditionstraining“ und „Athletiktraining“ erklärt. Nach der Zusammenfassung von Trainingsinhalten und -methoden wird die Behinderung der Spieler in Bezug zum Fußball thematisiert.
Das Athletiktraining baut auf dem Begriff des „Konditionstrainings“ auf, der nach wie vor in der Mehrzahl der Literatur verwendet wird. In einer engeren Begriffsfassung werden laut Weineck (2004a, S. 15) „die Eigenschaften von konditionellen Eigenschaften auf die motorischen Beanspruchungsformen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit beschränkt“. Geese (2009, S. 11) sieht die Kondition als Bedingung zur Realisierung motorischer Fähigkeiten und nennt dabei dieselben physischen Faktoren wie Weineck. Neben diesen Faktoren spielen dabei allerdings auch die koordinativen Fähigkeiten eine entscheidende Rolle, da diese bereits Voraussetzung für die Entwicklung konditioneller Fähigkeiten sind (Grosser, Starischka & Zimmermann, 2004). So verwenden auch Bisanz und Vieht (2000) nach wie vor den Begriff „Kondition“, meinen damit aber die Elemente Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und eben die Koordination, bestehend aus einem speziellen Training von verschiedenen Lauf- und Sprungformen. Ein Training koordinativer Fähigkeiten beziehungsweise Übungen mit koordinativ anspruchsvollen Bewegungsabläufen finden im Trainingsprogramm „Core Performance“ (2011) von Mark Verstegen Anwendung.
Der Begriff „Athletiktraining“ umfasst neben den konditionellen Fähigkeiten genau diese Aspekte und wird von Steinhöfer (2008) auch so verwendet. Ziel ist also die optimale Ausprägung sportmotorischer Fähigkeiten, welche Kondition und Koordination gleichermaßen umfasst. Das Training sporttechnischer Fertigkeiten mit Ball fällt allerdings nicht mehr in das Aufgabenfeld eines Athletiktrainers, da sich dieses Ziel zu sehr mit dem des klassisch komplexen Fußballtrainings überschneidet. Schnabel und Thiess (1993, S. 72) definieren das Athletiktraining im Lexikon der Sportwissenschaft folgendermaßen:
„Aus trainingsstruktureller Sicht bestimmter Trainingsbestandteil, wobei konditionelle und koordinative Leistungsvoraussetzungen mit allgemeinen und speziellen Trainingsmitteln trainiert werden.“
In der Struktur der Leistungsfähigkeit eines Fußballers liegen verschiedene Fertigkeiten, Fähigkeiten und Eigenschaften vor, die sich gegenseitig beeinflussen und leistungslimitierend auswirken. In der folgenden Abbildung sind die mit einem Athletiktraining zu beeinflussenden Faktoren - die koordinativen Fähigkeiten sowie die Teilkomponenten der Kondition – farblich hervorgehoben. Die konditionellen Fähigkeiten „stellen eine Vorbedingung für stabile technische, taktische und psychische Leistungen im Wettkampf dar“ (Weineck, 2004, S.15). Nicht nur in Bezug auf die Leistung im Spiel, sondern auch für jene im Training, zeigt das Modell die Abhängigkeit der sportmotorischen Fähigkeiten von den anderen Einflussgrößen auf. Als besonders entscheidend für den Erfolg des Trainingsprogramms wird hierbei auf die psychischen und sozialen Fähigkeiten hingewiesen. Hinsichtlich der besonderen Zielgruppe sind die Behinderungen der Spieler den veranlagungsbedingten, konstitutionellen und gesundheitlichen Faktoren zuzuordnen und stehen damit ebenfalls besonders im Fokus.
Abb.1. Faktoren der Leistungsfähigkeit des Fußballers (nach: Weineck, 2004a, S. 17 )
Aufgrund der hohen Komplexität der Sportart Fußball ist das Ziel des Trainings lediglich die optimale Ausprägung eines Faktors, nicht etwa die maximale. Grund dafür ist, dass die einzelnen Leistungsvoraussetzungen in Konkurrenz zu anderen stehen und eine maximale Ausprägung somit kontraproduktiv wäre. Dennoch ist ein isoliertes Training spezifischer Komponenten sinnvoll, da komplexe Übungs- und Spielformen nicht genau genug dosiert werden können und die Trainingsreize somit nur bedingt zu kontrollieren wären (Steinhöfer, 2008). Das Modell ist sehr allgemein gehalten und hat somit wenig Aussagekraft bezüglich konkreter Trainingsinhalte. Dafür ist eine Ausdifferenzierung der einzelnen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten notwendig. Die koordinativen und konditionellen Leistungsvoraussetzungen treten meist als kombinierte Fähigkeiten auf. In der Trainingspraxis schulen die Übungen häufig sowohl ein oder mehrere konditionelle, als auch koordinative Fähigkeiten, jeweils zu unterschiedlichen Anteilen. Die dominantesten Fähigkeiten im Anforderungsprofil eines Fußballers werden im Folgenden erläutert.
Im Fußball wechseln sich das Sprinten, Abstoppen und Beschleunigen über einen relativ langen Zeitraum von 2 mal 45 Minuten ab. Über die gesamte Distanz werden Lauf- und Spielaktivitäten gefordert. Fußball gehört zu den Schnellkraftdisziplinen, also muss die Ermüdung, die zu einer Intensitätsverringerung oder zum Abbruch einer Aktion führt, möglichst lange herausgeschoben werden (Bisanz &Vieht, 2004). Dafür ist zum einen eine solide Grundlagenausdauer, zum anderen aber vor allem „eine gut entwickelte fußballspezifische anaerobe (überwiegend alaktazide) Kapazität, die auch als spezielle Ausdauer oder Sprintausdauer bezeichnet wird“ (Weineck, 2004a, S. 29) bedeutsam. Der wichtigste Kraftfaktor im Fußball ist die Schnellkraft. Im Spiel kommt es zu zahlreichen abrupten und schnellkräftigen Bewegungen, darunter Richtungswechsel, Antritte, Sprünge und Schüsse. Bei den vielen kurzen Sprints, die ein Fußballer absolviert, sind besonders die Explosivkraft in Verbindung mit zyklischer und azyklischer Bewegungsschnelligkeit von Bedeutung. Neben der zyklischen spielt ebenfalls die azyklische Bewegungsschnelligkeit bei vielfältigen, abrupten Bewegungen sowie die Reaktionsschnelligkeit eine Rolle (Steinhöfer, 2004). Besonders letztere ist dabei im Zuge des immer temporeicher werdenden Spiels von zunehmender Bedeutung.
„Sprints spielen bei einer Laufdistanz von 0,5 bis 11% der Gesamtspiellaufdistanz eine scheinbar untergeordnete Rolle. Im Sinne des erfolgreichen Handelns im Spiel werden Sprints und Sprungkraftaktionen aber als dominierende Aktionen betrachtet, da sie wesentlich zur Ballgewinnung und Ballverteidigung sowie zur Torerzielung und Torvermeidung beitragen“ (vgl. Schlumberger 2006, S.125).
In Bezug auf Sprünge und Richtungswechsel ist auch die Reaktivkraft nicht zu vernachlässigen. Trotz der hohen Relevanz der differenzierten Formen der Schnellkraft ist deren Abhängigkeit von der Maximalkraft nicht zu vernachlässigen. Weineck (2004a) betont, dass zwischen dem allgemeinen Kraftniveau, besonders der Maximalkraft und der Schnellkraft, somit der Sprung-, Schusskraft und dem Antrittsvermögen der Spieler enge Korrelationen bestehen. Die Kraftausdauer als Mischform der konditionellen Fähigkeiten Kraft und Ausdauer ist besonders in Bezug auf die Rumpfmuskulatur wichtig, dadurch begründet, dass diese überwiegend langsam zuckende Muskelfasern aufweisen. Besonders neuere Beiträge zum Thema Athletiktraining schreiben der Rumpfkraft eine entscheidende Rolle zu. Verstegen und Williams (2011, S.46) betonen, dass die Core-Muskeln durch ihre zentrale Lage innerhalb der Muskelkette eine „Schlüsselfunktion bei sämtlichen Bewegungen“ einnehmen. Das heißt, dass ökonomische, effektive Bewegungsmuster nur mit einer aktiven Rumpfmuskulatur realisiert werden können. Darüber hinaus schützen sie den Körper vor Verletzungen und muskulären Dysbalancen (Verstegen & Williams, 2011; Weineck, 2004a). Nur Spieler, die in der Lage sind, die Rumpfmuskeln anzusteuern, werden in der Lage sein, das Potential der anderen konditionellen Leistungsvoraussetzungen optimal auszuschöpfen.
Ein weiterer wichtiger Leistungsfaktor ist die dynamische Beweglichkeit der Spieler.
„Die Bewegungsabläufe werden durch eine ausgeprägte Beweglichkeit ökonomischer und damit ‚energiesparender‘. […] Nur eine ausgeprägte Beweglichkeit ermöglicht die Anwendung perfekter fußballspezifischer Techniken“ (Bisanz & Vieht, 2000, S. 258).
Die Koordinationsfähigkeit beeinflusst alle bisher genannten Teilkomponenten entscheidend. Sie ist somit nicht nur die Voraussetzung für das Erlernen schwieriger Techniken (Steinhöfer, 2004), sondern ist in Verbindung mit den konditionellen...