"Personalentwicklung ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Dienstleistungsorientierung, Kosteneffizienz der Verwaltung und Optimierung der Verwaltungsabläufe. Denn zum 'Modernen Staat' gehören motivierte, leistungsorientierte Beschäftige, die ihr Entwicklungspotential kennen und ausschöpfen. Strategische Personalentwicklung ist ein wesentliches Element einer modernen, leistungsfähigen Verwaltung." [39]
Die Bedeutung der PE innerhalb der Personalwirtschaft zeigt sich bereits daran, dass sich seit 1992 jeder fünfte Artikel in der Zeitschrift 'Personalführung' diesem Themenfeld widmete.[40] Dies wird bestätigt durch Untersuchungen in der Praxis, bei denen der hohe Stellenwert der PE bestätigt und diese als die wichtigste Personalfunktion der Zukunft angesehen wird.[41] PE wird dabei zunehmend – auch in der Praxis[42] – unter strategischen Gesichtspunkten als Aufgabe der oberen Führungsebene betrachtet[43] und stellt eine "zukunftsgestaltende, antizipatorische und hochgradig innovative Aufgabe der gesamten Führungsmannschaft" [44] dar.
Die Bedeutungszunahme der PE zeigt sich aber auch in der steigenden Anzahl der wissenschaftlichen und praxisorientierten Publikationen[45], wobei "die herausgehobene Rolle der Personalentwicklung […] in der Literatur weitgehend unbestritten" [46] ist.
In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland – hierzu gehören aufgrund ihrer Beschäftigtenanzahl von bis zu 500 Mitarbeitern auch die bayerischen Landkreisverwaltungen - sieht die Realität jedoch anders aus: hier spielt nach einer Studie des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft[47] aus dem Jahr 2002 Personalentwicklung nur in 15% der Firmen eine Rolle.[48] Zur Situation in der bayerischen Kommunalverwaltung liegen dagegen bis heute keine Angaben vor.
Der Begriff 'Personalentwicklung' taucht Anfang der 70er Jahre in der deutschsprachigen Literatur auf [49] und wird explizit 1972 bei Hackstein et al. erstmals verwendet, die darunter die Funktionen 'berufliche Aus- und Fortbildung' sowie 'Umschulung' verstehen.[50] 1975 stellt Kolvenbach erstmals ein Grundmodell der PE vor.[51] Zusammen mit dem 1972 eingeführten Betriebsverfassungsgesetz und seinen vielfältigen Informations- und Beteiligungsrechten der betriebsverfassungsrechtlichen Gremien[52] wurde damit nach der 'Bürokratisierung' (Nachkriegsjahre bis ca. 1960) und der 'Institutionalisierung' (ab ca. 1960) die sog. 'Humanisierung' als 3. Entwicklungsstufe (ab ca. 1970) der Personalarbeit vorangetrieben.[53] Diese Entwicklungsphase des Personalwesens ist gekennzeichnet durch Akkomoderation[54], Ausbau der Personalfunktionen und einer deutlichen Mitarbeiterorientierung, in deren Folge Personal- und Organisationsentwicklung[55] eine wichtige Rolle spielen.[56] Martin/Nienhüser sprechen in diesem Zusammenhang von der "Psychologisierung" der Personalwirtschaftslehre[57], mit der verhaltenswissenschaftliche Ansätze (hier insbesondere Schanz[58]) Eingang in den Themenbereich finden und "sich stärker auf Probleme der Leistungsmotivation, der Arbeitszufriedenheit und Personalführung"[59] fokussieren. Die zunehmende Bedeutung der Personalwirtschaft wird 1971 durch die erstmalige Gründung eines eigenen Lehrstuhles an der Universität Hamburg verdeutlicht, dem 1972 die Aufnahme des 'Personalwesens' in die betriebswirtschaftliche Prüfungsordnung folgt.[60]
2.1.1.1 Personalentwicklung im wissenschaftlichen Kontext
Personalentwicklung stellt in Theorie und Praxis ein komplexes Phänomen dar und hat sich nach Becker "noch nicht zu einer 'reifen' Forschungsdisziplin entwickelt"[61], sondern ist vielmehr als interdisziplinärer Wissenschaftsgegenstand einzustufen.[62] Scherm/Süß sprechen in diesem Zusammenhang von Theoriepluralismus und weisen unter dem Oberbegriff 'Personaltheorie' auf die vielfältigen Wissenschaftsgebiete hin, die sich mit personalwirtschaftlichen Fragestellungen beschäftigen.[63]
Während Arnold die primäre Zuordnung zur Betriebswirtschaft als unbestritten ansieht und diese als "angestammte Bezugswissenschaft der Personalentwicklung" bezeichnet[64] und Bröckermann von einem "hoch spezialisierten Bereich im Kontext der anderen personalwirtschaftlichen Bereiche" [65] spricht, finden sich daneben in der Literatur weitere Bezugsdisziplinen aus dem Bereich der Sozialwissenschaften, so insbesondere[66] die Psychologie[67], Pädagogik[68], Soziologie, Politologie und die Volkswirtschaft. Becker hat dies in Abbildung 2 sehr anschaulich gegliedert und innerhalb der Betriebswirtschaft weiter verfeinert.
Die Sozialwissenschaften (oft auch als Gesellschaftswissenschaften bezeichnet) umfassen jene Wissenschaften, die sich mit dem sozialen Aspekt des menschlichen Lebens beschäftigen und Phänomene des gesellschaftlichen Zusammenlebens untersuchen.[69] Es werden dabei sowohl die Struktur und Funktion sozialer Verflechtungszusammenhänge im Sinne Norbert Elias’ Zivilisationstheorie (der synonym auch von Figurationen spricht[70]) von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Handlungs- und Verhaltensprozessen der einzelnen Individuen analysiert (Untersuchung gesellschaftlicher Phänomene wie zum Beispiel Politik- und Bildungssysteme).
Abbildung 2: PE im wissenschaftlichen Kontext[71]
2.1.1.2 Funktionale Gliederung der Personalwirtschaftslehre
In Literatur und Praxis finden sich die Begriffe Personalwesen, Personalwirtschaft, Personalmanagement und Human Res(s)ource Management (HRM), die weitgehend synonym verwendet werden[72] und "mittlerweile gebräuchliche Kennzeichnungen für die Personalfunktion in den Unternehmen"[73] darstellen.
Während Personalwesen, mit dem sich keine eindeutige theoretische Richtung verbindet[74], eher "verwaltungstechnische Perspektiven beinhaltet" [75], stellt die Personalwirtschaft einen Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre dar und betont die organisatorischen Aspekte personalwirtschaftlicher Aufgabenstellungen.[76] Personalmanagement wiederum beinhaltet die Gestaltung, Implementierung und Weiterentwicklung aller auf die humanen Ressourcen einer Unternehmung gerichteten Aktivitäten und betont die Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen. Diese Aktivitäten werden in einem integrativen Ansatz unter Berücksichtigung auch instrumenteller und institutioneller Aspekte so koordiniert, dass das geeignete Humanpotential unter Berücksichtigung unternehmensinterner und -externer Faktoren bereitgestellt, geführt und entwickelt werden kann.[77]
Human Resource Management ist die Weiterentwicklung des Personalwesens mit dem Ziel, 'weiche' Erfolgsfaktoren wie etwa die Qualität der Führung, die Dynamik der Organisation und die Entwicklung talentierter Mitarbeiter zu stärken. Es stellt damit eine spezifische Sichtweise des Personalmanagements dar, die die erfolgskritische Bedeutung des Humankapitals konsequent aufgreift und dieses als einen zentralen Wettbewerbsfaktor definiert. Weitere wichtige Punkte sind die Integration der Personalwirtschaft in ein Gesamtkonzept sowie die Einbindung in die Unternehmensstrategie.[78]
"Trotz der skizzierten Abgrenzungen werden die Begriffe meist synonym, […] nicht hinreichend differenziert gebraucht. Auch ein Blick in die Lehrbuchliteratur zeigt, dass unter verschiedenen Bezeichnungen gleiche oder zumindest ähnliche Inhalte betrachtet werden […]".[79]
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Funktionen oder Aufgabenfelder der Personalwirtschaft. Diese aus den Zielen der Personalwirtschaft abgeleiteten Teilbereiche lassen in der Literatur recht heterogene Strukturierungsansätze erkennen.[80] Beispielhaft seien hier lediglich einige Ansätze kurz erwähnt (vgl. Tabelle 1). Während Hentze[81] die Personalwirtschaft in 6 Teilbereiche differenziert, identifiziert Stopp[82] 7 Kernfunktionen betrieblicher Personalwirtschaft. Mudra[83] seinerseits stellt mit 10 Teilfunktionen einen noch breiteren Gliederungsansatz vor. Aufbauend auf den Erkenntnissen von Scholz gliedert die KGSt[84] in 9 Teilbereiche. Von dieser eher chronologischen Betrachtungsweise weichen Schmeisser/Clermont[85] ab. Sie fassen den Begriff 'Personalplanung' sehr weit und identifizieren daraus ableitend lediglich 4...