III.
Über das Geistige Heilen
Geistiges Heilen ist eine Form der energetischen Arbeit.5 Wie der Name bereits sagt, geht es bei dieser Arbeit um Heilung und darum, heil und ganz zu werden. Und wie in der vorhergehenden Übung beschrieben, ist es sehr schwierig, das Geschehen zwischen den Händen in Worte zu fassen, da es »jenseits« der Sprache oder auch unseres Verstandes zu liegen scheint
So, wie ich das Geistige Heilen verstehe, anwende und erlebe, kann es eher als Prozess betrachtet werden, statt als einmaliges, wunderbares und darum auch nicht nachvollziehbares Ereignis. Ohne Zweifel: Spontan- oder gar Wunderheilungen sind Teil unserer Existenz und dürfen daher nicht geleugnet werden! Ich selbst erlebe sie jedoch nicht im großen Stil, weder am eigenen Leib noch in behandelnder Funktion. Heilung nehme ich in aller Regel als etwas wahr, das in und mit der Zeit geschieht, also als etwas Prozesshaftes. Das schmälert das Wunderbare und Großartige daran keineswegs. Im Gegenteil: Spontan- und Wunderheilungen bilden für mich einfach die wunderbare Ausnahme dieser Regel. Meist aber braucht sowohl die behandelnde als auch die behandelte Person etwas Zeit, um die Heilung zu integrieren.
Geistiges Heilen ist keine Arbeit im Sinne der Wissenschaft oder der Schulmedizin, wo jeder Versuch und jede Behandlung für jedermann überall und jederzeit nachvollziehbar, wiederholbar und sogar ausführbar sein muss. Des weiteren gibt es beim Geistigen Heilen keine Objektivität. Ganz im Gegenteil: Jede Behandlung beginnt gewissermaßen wieder am Anfang. Jedes Leiden wird von Individuum6 zu Individuum unterschiedlich angegangen. Sogar jede Behandlung schaut bei zwei Wesen mit demselben Leiden von Mal zu Mal anders aus. Statt objektiv ein Leiden zu diagnostizieren und dieses folglich mit dem immer gleichen Medikament oder derselben Maßnahme zu behandeln, arbeitet Geistiges Heilen mit dem Individuum, das sich gerade im jeweils aktuellen Zustand vorfindet.7
Geistiges Heilen gleicht daher mehr einem spirituellen Vorgang als einer wissenschaftlichen oder schulmedizinischen Behandlung. Ich spreche darum auch gerne von intuitiver Ganzheitsmedizin, die hilft, die aus dem Gleichgewicht geratene Einheit von Körper, Geist und Seele wieder herzustellen. Beim Geistigen Heilen geht es also weniger um die isoliert betrachtete Genesung eines erkrankten Körper-, Seelen- oder Geist-Teiles, sondern vielmehr um das Ganz- und Heilwerden an Körper, Seele und Geist. Dies kann meines Erachtens nur in der Form eines spirituellen Geschehens ablaufen, welches möglichst alle Aspekte des Lebens und Leidens einzubeziehen versucht, anstatt beim isolierten Betrachten eines einzelnen Problems.8 Geistiges Heilen verhilft also dazu, wieder in eine gute Balance zu kommen. Dies kann nur individuell geschehen und Schritt für Schritt, da ein gutes Gleichgewicht weder von außen bestimmt oder aufgezwungen, noch auf Vorrat angelegt werden kann. Geistiges Heilen geschieht also im Hier und Jetzt mit genau dieser Person und ihrem besagten Leiden.
Was die konkrete »Technik« des Geistigen Heilens angeht,9 so können kaum allgemeingültige Aussagen gemacht werden, da alle Heilerinnen und Heiler auf ihre ganz eigene Art und Weise behandeln. Dass sie sich mit all ihrer Energie dem hilfesuchenden Individuum zur Verfügung stellen, ist wohl unbestritten. Dies kann durch direktes Handauflegen geschehen, in geringem Abstand zum Körper oder über große Entfernungen hinweg. Der Möglichkeiten und Spielarten sind da keine Grenzen gesetzt.
Ich selbst praktiziere vor allem das direkte Handauflegen, das meiner Meinung nach seitens der hilfesuchenden Menschen auf die größte Resonanz stößt, da meist sofort etwas gespürt werden kann, wie eben Wärme, Kälte, ein leichtes Kribbeln und so weiter. Bei Fernbehandlungen ist oft ein erhöhtes Sensorium vonnöten, um als Klientin oder Klient die Behandlung im selben Ausmaß zu spüren.
Auf die Frage, wie sie das Geistige Heilen umschreiben würde, meinte meine Lehrerin Renée Bonanomi schlicht: »Geistiges Heilen ist ein Gebet. Es ist kein Verfahren, sondern ein Zustand. Es ist gelebte Liebe.« Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Die beiden größten Missverständnisse im Geistigen Heilen betreffen die Wörter geistig und heilen. Im ersten Fall kommt oft die Angst ins Spiel, dass es sich beim Geistigen Heilen um eine Therapie mit Geistern handeln könnte, und im zweiten die Hoffnung, durch einmaliges Handauflegen zu genesen10, oder umgekehrt die Angst, es in der Person der Heilerin oder des Heilers mit einem besonders heiligen Menschen zu tun zu haben, der einem vor lauter Heiligkeit die eigenen Fehler und Sünden nur allzu deutlich vor Augen führt, so dass für die eigene Existenz und Entwicklung vor lauter Ehrfurcht oder Abscheu kein Raum mehr vorhanden sein könnte.
In beiden Fällen übernehmen die Emotionen der urteilenden Person die Kontrolle über die Führung ihres Lebens. Gerade im Geistigen Heilen wird jedoch die eigene Führung großgeschrieben und nicht das Abtreten derselben. Meiner Meinung nach ist es im Geistigen Heilen von großer Wichtigkeit, selbst Herr oder Herrin im eigenen Haus zu sein – vom körperlichen über den seelischen bis hin zum geistigen Bereich. Es hat also sehr viel mit der geistigen Dimension unseres Lebens zu tun, mit anderen Worten: mit Spiritualität.
Was ist eine Fernbehandlung?
Fernbehandlungen sind eine Form der energetischen Arbeit. Der Unterschied zum Geistigen Heilen besteht hauptsächlich darin, dass das Händeauflegen nicht direkt am zu behandelnden Körper geschieht, sondern aus gewissem Abstand oder sogar in räumlicher Distanz – eben über die Ferne.
Im Zusammenhang mit dem Geistigen Heilen fällt es mir schwer, von »funktionieren« zu sprechen. Eine Grundvoraussetzung dafür, dass es wirkt, ist ein offener Geist, der willens ist, zu sehen und zu lernen,11 anzunehmen und zu verwerfen, offen zu sein und zu vertrauen. Eine solche Einstellung verhilft zu Veränderungen. Eine Garantie allerdings, dass diese wie geplant »funktioniert«, gibt es nicht.
Grundsätzlich ja. Da es sich beim Geistigen Heilen aber um energetische Arbeit handelt, gleicht sein Erlernen nicht einem Lernen, das man durch angelerntes Wissen erwerben könnte. Hauptgrundlage des Geistigen Heilens ist die Übung und Erfahrung am eigenen und fremden Leib. Je mehr man selbst heil ist oder ganz geworden ist, umso besser kann man anderen dabei helfen, heil zu werden.
Neben Übung und Erfahrung ist natürlich auch Talent gefragt, das jedem Menschen in unterschiedlichem Maße zuteil geworden ist. Mittels jener Gabe erspürt man diesen Weg – oder nicht. Etwas dazwischen gibt es nicht. Im Geistigen Heilen jedoch etwas erzwingen zu wollen, ist nichts als vergebene Liebesmüh. Wie das Heilen selbst, so ist auch der Weg dazu prozesshaft. Man wächst da hinein.
Kinder sprechen üblicherweise sogar schneller und besser auf Geistiges Heilen an als die meisten Erwachsenen, da sie offener sind und schneller Vertrauen fassen, beziehungsweise Abneigung oder Unmut direkter signalisieren. Fast immer sind sie ihrer Mitte näher als wir eher verstandesorientierten Wesen namens Er-Wachsene. Darum wirkt Geistiges Heilen bei Kindern oft unmittelbar(er).
Oder bei Tieren?
Für Tiere gilt dasselbe wie bei den Kindern: Auch sie sprechen meist gut und sofort auf Geistiges Heilen an. Allfällige Abneigung oder Unwillen tun sie ebenfalls sofort kund, so dass man spüren kann, ob Geistiges Heilen im aktuellen Fall angebracht ist oder nicht. Falls ja, öffnen sich Tiere den heilsamen Energien des Geistigen Heilens in der Regel recht unmittelbar.
Was macht ein Heiler konkret im Geistigen Heilen?
»Wie gibt man Gebet weiter? Und wie einen Zustand der gelebten Liebe?« Das sind große und vor allem berechtigte Fragen. Nun, die Antwort darauf fällt bei jedem Heiler, bei jeder Heilerin wieder unterschiedlich aus. Meine Arbeitsweise sieht folgendermaßen aus:
Ich selbst tue nichts. Das hört sich jetzt zunächst einmal sehr nach Auf-der-faulen-Haut-Liegen an. Dem ist aber nicht so. Versuchen Sie einmal, wirklich nichts zu tun. Wahrscheinlich wird es Ihnen einige Mühe bereiten…
Ich mache allerdings nicht vollständig nichts. Was ich tue, ist, dass ich mich öffne. Alle meine Wünsche und Bedürfnisse sind dann beiseite geschoben. So kann ich für das...
