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Gender und Diversity: Albtraum oder Traumpaar?

Interdisziplinärer Dialog zur 'Modernisierung' von Geschlechter- und Gleichstellungspolitik

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783531913872
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,00 EUR
Seit den 1990er Jahren haben neue Ansätze und Begriffe in Deutschland Bewegung in die schwerfällig gewordene gleichstellungspolitische Debatte gebracht und diese Problematik wieder stärker in das öffentliche und wissenschaftliche Interesse gerückt. War es zunächst die auf europäischer Ebene vereinbarte Strategie des Gender Mainstreaming, die die gleichstellungspolitischen Debatten belebte, ist es inzwischen die ursprünglich in den USA entwickelte Unternehmensstrategie des Managing Diversity, von der die neuesten Impulse ausgehen. Beide Innovationen gehen mit grundlegenden Infragestellungen der bisherigen Praxis von Gleichstellungspolitiken einher und haben damit einen enormen Bedarf auch an wissenschaftlich begründeter Reflexion und Orientierung ausgelöst. Hierzu möchte dieses Buch einen Beitrag leisten.

Dr. Sünne Andresen, Soziologin, ist Leiterin des Familienbüros und Referentin der zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin.
Mechthild Koreuber, Mathematikerin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und zentrale Frauenbeauftragte der Freien Universität Berlin.
Dorothea Lüdke ist Kommunikationswissenschaftlerin und langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin der Freien Universität Berlin, u.a. als Koordinatorin des weiterbildenden postgradualen Zusatzstudiengangs Gender-Kompetenz.



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Leseprobe
Diversity Management: Grundlagen und Entwicklung im internationalen Vergleich (S. 111-112)

Günther Vedder

1. Hinführung zum Thema: Ein historisches Ereignis aus der Diversity-Perspektive

Am 29. 5. 1953 erreichten mit Edmund Hillary und Tenzing Norgay zwei extrem unterschiedliche Menschen als Erste gemeinsam den Gipfel des Mount Everest und kehrten lebend ins Tal zurück. Diese historische Leistung lässt sich aus der Diversity-Perspektive sehr gut analysieren.1 In England wurde im Jahr 1952 unter der Leitung des Offiziers John Hunt eine Mammutexpedition zusammengestellt, um endlich den höchsten Punkt der Erde zu besiegen. Geld spielte dabei keine Rolle und so machten sich letztendlich 364 Personen (überwiegend Sherpas) im Frühjahr 1953 auf den Weg in das Bergmassiv.

In den Jahren zuvor waren neun Expeditionen an der Erstbesteigung mehr oder weniger knapp gescheitert und 13 Bergsteiger am Mount Everest zu Tode gekommen. Diesmal waren die Wetterbedingungen sehr günstig und auf Oberst Hunt kam die schwierige Aufgabe zu, mehrere Gipfelteams zu je zwei Personen zusammenzustellen. Er hatte dafür 10 erfahrene Alpinisten mit einer großen Vielfalt an Erfahrungen zur Verfügung und suchte nach Paaren, die sich von ihren Eigenschaften her besonders gut ergänzten.

Team 1 bildeten schließlich die Engländer Charles Evans und Tom Bourdillon, die nur 100 Meter unter dem Gipfel erschöpft aufgeben mussten, aber unversehrt ins Lager zurückkehrten. In das zweite Team hatte John Hunt (einer Eingebung folgend) den Neuseeländer Hillary und den Leiter der Sherpas beordert – ein für Großexpeditionen eher ungewöhnlicher Schritt.

Die beiden hätten von der Persönlichkeit her kaum unterschiedlicher sein können. Auf der einen Seite Edmund Hillary, von Beruf Imker, 33 Jahre alt, 1,92 Meter groß, sehr kräftig, konditionsstark, ehrgeizig, ungestüm und schweigsam. Auf der anderen Seite Tenzing Norgay, 39 Jahre alt, einen Kopf kleiner als Hillary, sehr erfahren am Mount Everest, umsichtig, zäh und ein ausgesprochenes Kommunikationstalent.

Der Expeditionsleiter ging das Wagnis ein, zwei extrem verschiedene Menschen, die sich aber sehr gut ergänzten, an eine große Herausforderung heranzuführen und hatte Erfolg damit. Hillary machte am 29. 5. 1953 das legendäre Beweisfoto von Norgay mit den wehenden Fahnen am höchsten Punkt der Erde. Sie ließen sich später durch die jahrelange Diskussion, wer denn zuerst den Fuß auf den Gipfel gesetzt hätte, nicht auseinanderdividieren und blieben bis zum Tod von Tenzing Norgay im Jahr 1986 Freunde.

Was kann man daraus für die Diversity-Forschung lernen: (1) Auch in scheinbar homogenen Gruppen (hier ausschließlich Männer) gibt es große Differenzen auf verschiedenen Dimensionen. (2) Die Wertschätzung und Nutzung vielfältiger Unterschiede und Gemeinsamkeiten waren in diesem Fall wesentliche Beiträge zur Zielerreichung. (3) Man kann Erfolge später nur selten allein auf Diversity-Aspekte zurückführen – auch das Wetter, die Ausrüstung, die Vorarbeiten anderer trugen zum Erfolg bei. (4) Der Arbeit von Führungskräften fällt im Diversity Management eine ganz besondere Bedeutung zu.

2. Die Grundlagen von Diversity Management

Diversity Management (DiM) geht nicht auf eine zentrale Publikation zurück, sondern wurde in den späten 1980er Jahren von mehreren US-amerikanischen Beratern und Beraterinnen sowie Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen parallel entwickelt (Vedder 2006: 7). Es gibt daher eine Vielzahl von DiM-Definitionen, DiM-Maßnahmen und DiM-Modellen, die in den deutschsprachigen DiM-Publikationen bereits umfassend wiedergegeben und beschrieben wurden (vgl. Krell 1996, Sepehri 2002, Stuber 2004). In diesem Kapitel sollen die DiM-Grundlagen daher anders dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Diversity als Herausforderung an eine zukunftsfähige Universität7
Geschlechtergerechtigkeit und männlich dominierte Fachkulturen in Mathematik und Naturwissenschaften11
Gender und Diversity: Albtraum oder Traumpaar? Eine Einführung18
Gender als Selbstmanagement. Zur Reprivatisierung des Geschlechts in der gegenwärtigen Gleichstellungspolitik33
Diverse Gender – Gendered Diversity: Eine Gewinn- und- Verlust- Rechnung50
Diversity als Herausforderung für die Sozialpolitik62
Gender und Diversität. Kulturwissenschaftliche und historische Annäherungen76
Humankapital Gender. Geschlechterpolitik zwischen Ungleichheitssemantik und ökonomischer Logik92
Diversity Management: Grundlagen und Entwicklung im internationalen Vergleich107
Gender und Diversity: Eine ‚Vernunftehe‚ – Plädoyer für vielfältige Verbindungen128
Gender und Diversity als rechtliche Kategorien: Verbindungslinien, Konfliktfelder und Perspektiven149
Gender und Diversity treffen Naturwissenschaften und Technik168
Moving Out of the ‚Armchair’: Developing a Framework to Bridge the Gap Between Feminist Theory and Practice1184
Autonomous Renewal of Gendered Practices: Interventions and their Pre- conditions at an Academic Workplace202
Die Qualität von Gleichstellungsmaßnahmen224
Autorinnen, Autoren und Herausgeberinnen245

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