Im Bereich der tierischen Veredelung wachsen die Verbraucheransprüche hinsichtlich ethischer Vorstellungen bei den Haltungsformen. Gerade die Schweinemast Gerät hier aufgrund der dabei üblichen Intensität oft in starke Kritik. Gleichzeitig sind die Landwirte mit zunehmendem Kostendruck und verminderten Erlösaussichten konfrontiert. Mit dem hier vorgestellten Verfahrensvergleich in Form einer Feldstudie wurde untersucht, wie tiergerechte Haltung, eine hohe Rentabilität sowie Verbraucherakzeptanz in innovativen Haltungsverfahren für Mastschweine miteinander verbunden werden können. Untersucht wurden die folgenden zukunftsfähigen Verfahren: aufgewertete konventionelle Ställe mit schlitzreduzierter Liegefläche und Beschäftigungstechnik, Schrägbodenställe mit Minimaleinstreu, Offenfrontställe mit Ruhekisten sowie Auslaufställe mit Stroh. Je Verfahren wurden fünf Praxisställe über den Zeitraum von einem Jahr untersucht. Die Haltungsverfahren wurden auf ihre Tiergerechtheit, Funktionssicherheit, den jeweils benötigten Arbeitszeitaufwand je Tierplatz, Baukosten sowie auf ihre Verbraucherwirkung hin untersucht. Die Tiergerechtheit wurde mittels Direktbeobachtungen des Verhaltens, Integumentbonituren sowie der Erhebung stallbezogener Randparameter untersucht. Die Transkription des Tierverhaltens fand mit Hilfe der Scan-sampling Methode statt. Eine mobile Videotechnik für den Feldeinsatz als Unterstützung für die Beobachtung bei nicht direkt einsehbaren Buchtenbereichen wurde entwickelt sowie eine eigene Erfassungssoftware (ETHOSCAN 04) programmiert. Ihre Anwendung auf robusten Tablet-PC im Feld führte zu einer Standardisierung der Datenaufnahme und vermied Übertragungsfehler. Zur Standardisierung der Integumentbonituren wurde ein definierter Bilderkatalog erstellt. Zur weiteren Objektivierung der Datenaufnahme wurden im Versuchszeitraum mehrmals Vergleichstests zwischen den Beobachtern bzw. Beurteilern durchgeführt, die dabei gewonnenen mittleren Korrelationskoeffizienten lagen im hohen (r = 0,89; Beobachtungen) bis mittleren Bereich (r = 0,65; Bonituren). Die Funktionssicherheit wurde mit Bonituren der Buchtensauberkeit und Stallklimamessungen erhoben. Der Arbeitszeitaufwand wurde mit Hilfe von Arbeitszeittagebüchern festgehalten, die Baukosten von 18 der untersuchten Ställe wurden nach der DIN 276 ermittelt. Eine Verbraucherbefragung von 249 Gymnasiallehrern wurde mit Hilfe von Fragebögen durchgeführt. Die Einzelergebnisse flossen schließlich in eine integrierte Gesamtbewertung ein. Die finale Auswertung der Daten von Verhaltensbeobachtungen und Integumentbonituren erfolgte mit Hilfe eines Gemischte-Effekte-Modells. Als Ergebnis kann festgehalten werden: Die Akzeptanz des Liegebereichs durch die Tiere war in den Systemen mit getrennten Klimabereichen nahezu doppelt so gut (Offenfrontstall 82,07%, Auslaufstall 62,64%) wie in den Systemen mit einheitlichen Klimabereichen (aufgewerteter konventioneller Stall 31,39%, Schrägbodenstall 43,94%). Eine höhere quantitative und qualitative Ausprägung des Erkundungsverhalten „Wühlen“ wurde in den Einstreuverfahren gezeigt, wohingegen Beschäftigung mit der Buchteneinrichtung und mit Beschäftigungstechnik in den strohlosen Systemen gesteigert beobachtet wurde. Verhaltensstörungen wurden abnehmend vom aufgewerteten konventionellen Verfahren (4,91%) zum Schrägboden- (3,1%), dann zum Offenfrontstall (2,34%) und schließlich zum Auslaufstall (2,26%) beobachtet, jedoch auf einem insgesamt akzeptablen Niveau. In Buchten mit Einstreu wurden weniger pathologische Veränderungen bzw. Verletzungen an den Gliedmaßen der Tiere und somit Lahmheiten festgestellt als bei strohloser Haltung, was die dämmende Schutzfunktion auch schon geringer Strohmengen für die Gliedmaßen unterstreicht. Dennoch waren diese Veränderungen über alle Verfahren hinweg insgesamt auf hohem Niveau. Mit abnehmender Nettobuchtenfläche je Tier konnte eine signifikante Zunahme des Merkmals „Veränderungen am Schwanz“ bestimmt werden. Bei allen Parametern zur Beurteilung der Tiergerechtheit konnte ein starker betriebsindividueller Einfluss auf die Ergebnisse festgestellt werden, welcher zum Teil höher war, als der Systemeffekt. Im Jahresverlauf war die Sauberkeit der Liegflächen bei fast allen Ställen zufriedenstellend, die größte Gefahr der Nutzungsumkehr von Funktionsbereichen wurde beim Auslaufstall für die Sommermonate ermittelt. Bei den Stallklimamessungen für den hydrothermischen Komplex wurden in fast allen Ställen akzeptable Ergebnisse erreicht. Während der Herbstmonate waren relativ hohe Ammoniakkonzentrationen der Stallluft (> 20 ppm) insbesondere in den wärmegedämmten Ställen festzustellen. Die Messungen der Beleuchtungsstärke zeigten, dass die gesetzlich geforderten 80 Lux während 8 h (TIERSCHNUTZTV, 2006) ohne künstliches Licht nahezu in keinem wärmegedämmten Gebäude erreicht wurden. Bei den Stallplatzkosten wurden für das aufgewertete konventionelle System 611€, für das Schrägbodensystem 513€, für den Offenfrontstall 447€ sowie den Auslaufstall 423€ je Tierplatz ermittelt (alle je 1,0 m2/Tierplatz). Für einen konventionellen Stallplatz nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (2006) mit einem Mindestflächenanspruch von 0,75m2/Tier wurden Kosten von 458€ errechnet. Bei den Einstreuverfahren wurde ein höherer Arbeitszeitaufwand je Tierplatz festgestellt (Schrägbodenstall 1,42 APh, Auslaufstall 1,76 APh), als bei den einstreulosen (konventioneller Stall 0,98 APh, Offenfrontstall 0,81 APh), jedoch war dies vor allem durch systemunabhängige Arbeiten bedingt, wie z.B. die Vermarktung. Maßgeblich für die Gesamtbeurteilung der Verfahren durch Konsumenten ist deren Einschätzung über die Tiergerechtheit der Ställe, Verbraucher präferieren vor allem Ställe mit Auslauf bzw. mit außenklimanahen Bedingungen und Einstreu. Spaltenböden werden nicht direkt abgelehnt, wenn diese in ein tiergerechtes Gesamtkonzept
integriert sind. Minimalstrohgaben bzw. das Angebot von Beschäftigungstechniken wurden in ihrer ethologischen Bedeutung nicht erkannt. Weiterer Forschungsbedarf besteht insbesondere in der Ursachenanalyse für die in allen Verfahren gehäuft aufgetretenen Umfangsvermehrungen an den Gliedmaßen der Schweine. Gibt es Bodenmaterialien, die hier Abhilfe schaffen und gleichzeitig funktionssicher angebracht werden können? Im Hinblick auf die Zielfragestellung der Studie erreichten bei der abschließenden Gesamtbeurteilung das Auslauf- sowie das Offenfrontstallsystem jeweils die beste Rangnote 1,9 dicht gefolgt vom Schrägbodenstall mit der Rangziffer 2,5. Für den aufgewerteten konventionellen Stall wurde die Rangziffer 3,7 ermittelt. In der gesamten Studie war deutlich der individuelle Betriebseffekt auf das Potential des jeweiligen Verfahrens zu erkennen. Zusammenfassend sind alle innerhalb dieser Studie untersuchten Verfahren bei guter Bauausführung, Buchtengestaltung und dementsprechendem Tierbetreuungsund Vermarktungsmanagement akzeptabel in Tiergerechtheit, Funktionssicherheit und Ökonomik zu bezeichnen. Für den Einzelbetrieb ist individuell, je nach Anforderungsprofil, zu entscheiden, welches Verfahren am besten geeignet ist.
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