Es gibt vielschichtige Gründe warum Frauen im mittleren und oberen Management unterrepräsentiert sind. Die Gründe reichen von dem traditionellen Rollendenken über Probleme in den Organisationsstrukturen, bis hin zu einer männlich geprägten Unternehmenskultur innerhalb der Unternehmen. Diese Ursachen für einen zu geringen Frauenanteil in der vorherrschenden Untemehmenskultur sind in folgender Graphik zusammenfassend dargestellt und werden nachfolgend genauer erläutert.
Tabelle 2: Ursachenebenen des geringen Frauenanteils in Führungspositionen[25]
Geschlechterdemokratische Veränderungen werden erst seit ungefähr eineinhalb Generationen experimentell erprobt. Eine relativ kurze Zeit für grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft, die dazu führt, dass männliche Führungskräfte die Frauen eher noch als Ehefrau, Mutter oder Geliebte sehen. Einerseits stößt dies bei Frauen auf Zustimmung. Andererseits haben Frauen sich über 30 Jahre emanzipiert und sind auf der Suche nach neuen Rollenbildern. Allerdings drängt sich der Eindruck auf, dass die Frauen noch an den tradierten Familienbildern hängen. Es fehlt an der klaren und selbstverständlichen Verantwortungsübernahme für neue Rollen bei beiden Geschlechtern. Beide sind hinsichtlich ihrer Rollen verunsichert. Deutlich wird dies bei der Diskussion um ,Rabenmütter’ oder ,Softies’. Beide Begriffe sind abwertend für die jeweilige Person. Der Begriff ,Rabenmütter’ bezeichnet Mütter, die ihre Kinder vernachlässigen, weil sie andere Interessen in den Vordergrund stellen, wie die berufliche Karriere. Männer konstituieren sich vorwiegend über die Arbeit. Diese Eindimensionalität des männlichen Lebens- und Arbeitsentwurfes ist der Gradmesser für Erfolg. So werden auch Männer für ihre fürsorgliche Vaterrolle verspottet. Hier bedarf es eines radikalen Umdenkens.[26]
Neben Vereinbarkeitsproblemen im Alltag, die durch die gleichgestellten Partnerschaftsmodelle zunehmend nivelliert werden, bleibt die pauschal gehandhabte Geschlechterrolle über Familienpflichten das Haupthindernis, welches Frauen in Unternehmen und Gesellschaft entgegenschlägt. Wird dem Manager gute Arbeit vorhergesagt, wenn er eine Ehefrau im Hintergrund besitzt, wird einer Managerin eher ein potentieller Unsicherheitsfaktor angelastet, wenn sie neben beruflicher Leistung auch häuslichen Anforderungen gerecht werden soll bzw. muss. Allerdings finden 25,5 Prozent der deutschen Ehemänner, dass die Partnerin beruflich die gleichen Chancen haben sollte, wie sie selbst.[27] Dies hat insbesondere in Deutschland Auswirkungen auf den Kinderwunsch: 56 Prozent der Führungsfrauen bleiben kinderlos, 53 Prozent sind verheiratet, im Gegensatz zu 89 Prozent ihrer männlichen Kollegen.[28]
Für Frauen war qualifizierte und hoch qualifizierte berufliche Arbeit lange das ersehnte und erkämpfte Reich der Freiheit und Emanzipation. Es stand im Gegensatz zu Erwerbstätigkeitsformen des Hinzuverdienens und der gering qualifizierten Beschäftigung. Gesellschaftliche Modernisierung und Berufsorientierung von Frauen, verknüpft mit hohen Qualifikationen und einer hohen beruflichen Position als Führungskraft, versprach eine Überwindung der klassischen weiblichen Lebenslagen mit ökonomischer Abhängigkeit, unbezahlter Reproduktionsarbeit und mit schlechten, unsicheren und uninteressanten Anstellungen. Die beruflichen Tätigkeiten haben sich entgrenzt und zwingen oft die private Lebensführung und das persönliche Leben in den Hintergrund. Während Reproduktionsarbeit und Verantwortung für Kinder und Privatleben heute den modernen Mann auszeichnet, scheinen gerade hoch qualifizierte Frauen diese Seite des Lebens verbergen zu wollen. Gerade sie neigen dazu, für den Fall, dass sie überhaupt Kinder haben, so zu tun, als erzögen und organisierten sich diese Kinder von selbst. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei hoch qualifizierten Frauen sei deshalb für diese kein Thema, weil ihre Kinder durch die Erwerbstätigkeit der Mutter früh zur Selbstständigkeit erzogen würden. Die Entgrenzung des Erwerbslebens macht die ersten Berufsjahre nicht mehr zum Kampf um den Platz, sondern die Arbeit wird zum zentralen Lebensort. Familie, Freunde und das Private verschwinden.[29]
Somit haben traditionell eingestellte Frauen absolut keine Möglichkeit in eine Führungsposition aufzusteigen, sofern sie nicht bereit sind, einen wichtigen Teil ihres Privatlebens in den Hintergrund zu stellen.
Die Gewichtung der Unternehmenskultur wurde in früheren Studien zum Thema Frauen in Führungspositionen kaum hinterfragt. Viele Studien zur Managementforschung untersuchten Persönlichkeitsmerkmale und -stile mit einem individualistischen Ansatz. Der Ausnahmefall Frau kam nur vor, wenn außergewöhnliche Umstände und Biographien eintraten, wie beispielsweise die Übernahmen von Familienunternehmen oder eine spezifische Förderung im Umfeld. Ein Argument gegen die Frauenquote lautet meist, dass es im Interesse der Frauen liegen sollte, mit Leistung und nicht mit Quote eine Führungsposition zu erreichen. Viele Frauen in Führungspositionen bekräftigen, dass sie fähig waren, auch ohne Quote die Karriereleiter zu erklimmen. Allerdings erhalten wahrscheinlich viele Frauen gar nicht erst die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse unter Beweis zu stellen.[30]
Der praktizierte Managementstil wird wesentlich von der jeweiligen Unternehmenskultur beeinflusst und differiert aufgrund dessen wenig zwischen Frauen und Männern. Der signifikante Unterschied besteht darin, dass Frauen einen demokratischen, partizipativen Führungsstil, gegenüber Männern mit einem sehr autokratischen Vorgehen, bevorzugen.[31]
Selektive Verfahren der Personalförderung und -auswahl ist ein Grund für die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern in Führungspositionen. Aufgrund des gestiegenen Ausbildungsniveaus und der Karriereorientierung von Frauen sind ca. 50 Prozent der Absolventen in den meisten europäischen Ländern Frauen.[32] Trotz gestiegener Rekrutierung von Hochschulabsolventen profitieren Frauen nicht unbedingt von diesem andauernden Trend, da noch immer indirekte Benachteiligungen in den Unternehmen vorherrschen. Frauen müssen nach wie vor stärker dafür kämpfen, an Veranstaltungen für Führungsqualifikationen teilzunehmen.[33]
Sie haben mit identischen Qualifikationen weniger Chancen, für Managementpositionen auserwählt zu werden, da Geschlecht, Alter und Ethnizität einen erheblichen Einfluss auf die Personalselektion haben. Das Eigeninteresse der Auswählenden zeigt ebenso das vorherrschende Muster, Homogenität in der Managementgruppe zu erzielen.
Diesem Ansatz widerspricht allerdings das Diversity Management. Die Gestaltungsdimension der Vielheit wird im diesem Managementansatz näher bestimmt. Sie beinhaltet das Planen und Implementieren von organisatorischen Systemen und Menschen so zu managen, dass die potentiellen Vorteile der Verschiedenartigkeit maximiert und die Nachteile minimiert werden. Eine größere Heterogenität der Gruppe steigert unter Anderem die Problemlösungsfähigkeit und kann zu Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz führen.
Frauen werden spezialisierte Managementaufgaben zugedacht oder für die Fachlaufbahn rekrutiert, die immer noch geringere Aufstiegschancen bietet, da meist eine breite und internationale Managementerfahrung in verschiedenen Bereichen für Führungsverantwortung gefordert wird.[34]
Organisationen werden durch diverse Machtquellen kontrolliert. Frauen, die meist über Expertenwissen Einfluss ausüben und so besser und schneller selbst bestimmen können, heben sich von den Männern ab, die sich im Gegensatz über hierarchische Position definieren. Neben den organisatorischen Machtkriterien ist der Trend bei Frauen zu informellen oder externen Netzwerken sowie Mentorenschaften zu verzeichnen. Solche Netzwerke werden speziell für den Erfahrungsaustausch, Informationspool oder für die Konsultation von Ratschlägen benutzt. Trotz des verstärkten Engagements von Frauen in Netzwerken haben Männer, zum Teil durch die frühere Entwicklung und breite Aufstellung ihrer eigenen Netzwerke, häufiger den Kontakt zu höheren Führungspositionen und nutzen diesen effektiver, um ihre Position und den Ausbildungsgrad zu verbessern. Frauen suchen eher Anschluss zu Gleichgestellten, sowohl intern als auch extern.[35]
Auch Mentorenprogramme sind im Unternehmen noch selten und werden erst in jüngster Zeit forciert betrieben. Frauen kommt vor allem zugute, dass die Vätergeneration nach dem Krieg mit den Karriereproblemen ihrer Töchter zu kämpfen haben. Diesem Umstand geschuldet, treten sie häufiger als Mentoren auf, was wiederum das Verständnis und die Unterstützung der Managerinnen fördert.[36]
Diese Förderung von Frauen wird im Kapitel 6. 2 näher erläutert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Frauen nicht weniger stark in Netzwerke investieren als Männer, sie aber meist über weniger statushohe und mächtige Kontakte verfügen, als ihre männlichen Kollegen. Ähnlich wie bei...