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E-Book

Gesundheitsförderung

in der Pflege

AutorHerlinde Steinbach
VerlagFacultas
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783990306819
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Gesundheitsförderung im Alltag etablieren Gesundheitsförderung im täglichen Leben zu verankern ist ausdrückliches Ziel der WHO. Hier ist die Expertise von Menschen in Pflege- und Gesundheitsberufen gefragt: Sie geben in ihrem jeweiligen Setting gezielt Gesundheitswissen weiter und leiten PatientInnen bzw. KlientInnen zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil an. Dieser Leitfaden bietet Anregungen zum Einsatz gesundheitsfördernder Maßnahmen in Pflege und Beratung. Er gibt einen Überblick über grundlegende Konzepte und Begriffe, beschreibt Methoden der Gesundheitsförderung und zeigt, wie diese in verschiedenen Settings umgesetzt werden können. Methoden wie Gesundheitsberatung und Gesundheitsprozess werden näher beleuchtet und in ihrem Ablauf dargestellt. Mit Tipps und Denkanstößen für die persönliche Gesundheit und den eigenen Berufsalltag.

DGKP, akademische Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege am Wilhelminenspital in Wien. Studium der Pflegewissenschaft und Pflegepädagogik, freiberufliche Vortragstätigkeit. Mitarbeit im Netzwerk Gesunde Schulen.

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Leseprobe

3 Was sind Gesundheitsförderung und Prävention?


Im nächsten Schritt sollen im Hinblick auf das Anliegen dieses Buches die zwei zentralen Konzepte zur Beeinflussung unserer Gesundheit näher beleuchtet werden. Gesundheitsförderung und Prävention sind grundlegende Aufgaben im Gesundheitswesen. Gleichzeitig sind sie damit auch wesentliche Basis und Handlungsrahmen der Gesundheitsberufe.

In unserem Sprachgebrauch werden die Begriffe „Prävention“ und „Gesundheitsförderung“ oft gleichgesetzt oder miteinander vermischt. Pflegepersonen sollten den Unterschied kennen. Genau genommen haben sie täglich sowohl mit Gesundheitsförderung als auch mit Prävention zu tun. Beides hat „Gesundheit“ zum Ziel. Doch wo liegt dann der Unterschied?

3.1 Prävention


„Prävention“ (lat. praevenire = zuvorkommen) bedeutet im ursprünglichen Sinn, „einer Erkrankung zuvorzukommen“. Die Idee der Krankheitsprävention entwickelte sich im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit Fragen der Hygiene und Volksgesundheit. Anliegen der Prävention ist die Vermeidung von Krankheiten. Ihre Verbreitung und Häufigkeit soll reduziert werden. Das Abwenden von Krankheiten setzt jedoch Kenntnisse zur Pathogenese voraus: Um zu wissen, wo man ansetzt, braucht es Wissen über die Entstehung, Verbreitung, Symptomatiken und Verläufe von Erkrankungen.

3.1.1 Ansätze und Grenzen von Prävention


Ein wesentliches Mittel zur Prävention ist die Beseitigung von Risikofaktoren. Ein Ziel von Prävention ist es daher, die Entstehung von Krankheiten zu vermeiden, indem Risikofaktoren ausgeschaltet werden. Der ideale Zeitpunkt für präventive Maßnahmen orientiert sich deshalb insbesondere an der Wirkung der Risikofaktoren. Diese können in drei Gruppen unterteilt werden:

  1. Veranlagungen: genetische, physiologische und psychische Voraussetzungen
  2. Verhalten und verhaltensbezogene Dispositionen
  3. umweltbezogene und regionale Gegebenheiten

Bei ihren Zielformulierungen muss die Prävention von Wahrscheinlichkeiten und statistischen Werten ausgehen: Bei wie viel Prozent der Bevölkerung tritt eine Erkrankung auf? Wie viel Prozent der Raucher erleiden eine bestimmte Folgeerkrankung? Wie viele Stunden Schlaf benötigt der Mensch im Durchschnitt? etc. Um in Zukunft ein gesundheitliches Problem einzudämmen, werden also Ist-Zustände herangezogen.

Ein Problem dabei ist, dass die Identifikation eines Risikofaktors anhand von Durchschnittswerten erfolgt, dabei aber keine exakte, auf den einzelnen Menschen bezogene Wahrscheinlichkeitsaussage möglich ist. Die Durchschnittsaussage stimmt mit dem konkreten Erleben des einzelnen Menschen oft nicht überein. Darüber hinaus gibt es Menschen, die ihr ganzes Leben lang mit Faktoren leben, die erwiesenermaßen ein Risiko darstellen, und sich dennoch auch im hohen Alter augenscheinlich bester Gesundheit erfreuen. Ein einfacher „Ursache-Wirkungs-Zusammenhang“ zwischen Risikofaktor und Krankheit ist also meist nicht gegeben. Menschen im Gesundheitssektor können mit diesem Bewusstsein auf zwei Arten umgehen: In „großflächigen“ Maßnahmen (z. B. Screening-Programmen und Informationskampagnen) wird diese Unschärfe in der Regel akzeptiert. Bei individuellen Maßnahmen kommt es auf die Qualität der Interaktion zwischen Gesundheitsexperten und Klienten an. Es gilt, sich über die Gesundheitsbiografie des Klienten möglichst genau zu informieren, welche Aspekte oder Risikofaktoren im Einzelfall vorliegen. Je konkreter die Information, desto gezielter kann eine Maßnahme auf den Betreffenden abgestimmt werden.

3.1.2 Formen von Präventionsmaßnahmen


Präventionsmaßnahmen können nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden:

  • nach dem Zeitpunkt,
  • nach dem Ziel oder
  • nach der Methode, die angewendet wird.

In Bezug auf den Zeitpunkt unterscheidet man primäre, sekundäre und tertiäre Prävention:

Primäre Prävention erfolgt, bevor Anzeichen für eine Krankheit zu sehen sind. Es handelt sich um Maßnahmen, die das Auftreten einer Krankheit von vornherein verhindern sollen.

Sie ist oft unspezifisch und kann die gesamte noch gesunde Bevölkerung ansprechen. Primäre Prävention funktioniert daher oft über Information (z. B. Aufklärung über gesunde Ernährung, über die Bedeutung von Bewegung, über die Folgen des Nikotinkonsums oder die Durchführung von Schutzimpfungen). Primärprävention soll zum einen Schädigungen von außen vermeiden, zum anderen aber auch personengebundene Risiken eindämmen oder verhindern (z. B. Rauchen, Trinken, ungesunde Ernährung, Stress etc.).

Sekundäre Prävention setzt ein, wenn bereits Erkrankungsanzeichen vorliegen. Das betrifft beispielsweise Screeningprogramme, die entwickelt wurden, um Krankheiten bereits im Frühstadium zu entdecken. Ziel ist die Früherkennung von Krankheiten und die Verhinderung ihres Fortschreitens. Daher umfasst Sekundärprävention alle Maßnahmen, mit deren Hilfe man symptomlose Frühstadien von Krankheiten erkennen kann – beispielsweise die Gesundenuntersuchung.

Tertiäre Prävention setzt dann ein, wenn eine Krankheit bereits ausgebrochen ist. Sie hat zum Ziel, die Verschlimmerung der Erkrankung hintanzuhalten oder zu reduzieren; sie will also Folgeschäden oder das Wiederauftreten einer Erkrankung verhindern („Rückfallverhütung“). Eine tertiäre Präventionsmaßnahme ist z. B. die Beratung von Diabetikern, wie sie ihre Diät am besten einhalten können, um Folgeschäden, wie z. B. eine Schädigung der Gefäße durch hohen Blutzuckerspiegel, zu vermeiden.

Tab. 3: Arten und Ziele von Prävention

PrimärpräventionSekundärpräventionTertiärprävention
Zeitpunkt der Interventionvor Eintreten einer Krankheitim Frühstadium einer Krankheitnach dem Krankheitsausbruch, Akutbehandlung
Ziel der InterventionVerringerung der KrankheitshäufigkeitEindämmung von Krankheitsfortschritt oder ChronifizierungVerhinderung von Folgeschäden
AdressatenGesundeGesunde mit versteckten SymptomatikenPatienten mit chronischen Erkrankungen/Rehabilitation

Bei einer Klassifizierung nach dem Ziel unterscheidet man Verhaltensprävention und Verhältnisprävention.

Unter verhaltenspräventiven Maßnahmen versteht man sowohl Strategien, durch die gesundheitsfördernde Verhaltensweisen verstärkt werden sollen (z. B. gesunde Ernährung, Bewegung), als auch Strategien, durch die gesundheitsriskante Verhaltensweisen (z. B. falsche Ernährung, Rauchen, Alkohol) vermieden oder verändert werden sollen.

Vielfach sind die Mittel dazu Gesundheitsaufklärung, Beratung und Information. Man will Wissen über Gesundheitsrisiken vermehren und die Aufmerksamkeit in Bezug auf Gesundheit steigern. Erfolgt dann noch eine Unterstützung im Sinne der Gesundheitserziehung, so ist eine Verhaltensänderung möglich. Darüber hinaus gibt es verhaltenstheoretische Programme, bei denen Wissen zur Verhaltensänderung führen soll: z. B. zur Raucherentwöhnung oder Ernährungsumstellung.

Ziel der Verhältnisprävention ist die Kontrolle, Reduktion bzw. Beseitigung von Gesundheitsrisiken, die durch die Umwelt- und Lebensbedingungen entstehen. Verhältnisprävention möchte gesundheitsschädigende Einflüsse, die von außen kommen, verändern (z. B. Reinhaltung des Wassers oder Verschärfung von Lebensmittelgesetzen). Sie ist vor allem politischer und rechtlicher Natur und kann meist nur „von oben“ durch Verwaltungsmaßnahmen eingeleitet werden (z. B. Abbau der sozial bedingten gesundheitlichen Unterschiede, Bekämpfung der Luft- und Wasserverschmutzung, Umweltschutz, Müllvermeidung oder Lebensmittelsicherheit).

Verhaltens- und Verhältnisprävention stellen zwar jeweils unterschiedliche Ursachen in den Mittelpunkt. Gesundheitsverhalten und Verhältnisse beeinflussen einander jedoch gegenseitig. Auch wenn Prävention per se vielfach verhaltensorientiert ist, werden verhältnisbezogene Einflussfaktoren doch zunehmend berücksichtigt. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:

Tab. 4: Verhaltens- und Verhältnisprävention am Beispiel des Rauchens

VerhaltenspräventionVerhältnisprävention
Information und Bewusstmachung
Anti-Rauch-Kampagnen; Plakate; Veranstaltungen; Internetplattformen; Informationsbroschüren
Politische und rechtliche Maßnahmen
Verbot des Tabakverkaufs an Kinder; Anbringen von Gesundheitswarnungen auf Zigarettenpackungen; Einschränkung des Rauchens an öffentlichen Plätzen, in Restaurants und Flugzeugen; Schaffung von rauchfreien Zonen

Schließlich wird in der Prävention auch nach den eingesetzten Methoden unterschieden: Dazu zählen Gesundheitsaufklärung, Gesundheitsberatung, Gesundheitserziehung und Gesundheitsbildung.

Gesundheitsaufklärung meint Informationen über gesundheitliche Themen in Form von Massenkommunikation (beispielsweise über die Massenmedien).

Gesundheitsberatung vermittelt ebenfalls Information, wendet sich jedoch an den Einzelnen, etwa in Form von Gesprächen (z. B. Einzel- oder Gruppenberatung).

Gesundheitsaufklärung und Gesundheitsberatung sind in gewisser Weise ähnlich: es...

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