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Gewalt an Schulen - Prävention und Hilfen durch Schulsozialarbeit

Prävention und Hilfen durch Schulsozialarbeit

AutorMichaela Kosin
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783638030410
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Sozialpädagogik / Sozialarbeit, Note: 2, Fachhochschule Braunschweig / Wolfenbüttel; Standort Braunschweig (Fachochschule Sozialwesen Braunschweig/ Wolfenbüttel), 52 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit Beginn der 90er Jahre wurde der Fokus der Öffentlichkeit und der Medien verstärkt auf das Thema 'Gewalt in der Schule' gerichtet. Die Medien berichteten über Gewalt unter Jugendlichen und Kindern, die auf den Schulhöfen an der Tagesordnung seien. Schulhöfe und Schulwege seien ein gefährliches Pflaster und die Bewaffnung der Kinder und Jugendlichen nähme zu. Diesen Thesen standen laut Tillmann aber wenig seriöse Forschungen gegenüber. Dies änderte sich als ab ca. 1993 zahlreiche Forschungen dazu angestellt wurden. Die Debatte um Gewalt in der Schule löste einen Forschungsboom aus und die Bundesregierung führte eine Gewaltkommission ein. Dies führte zu einer Belebung der Diskussion um die Erklärungsansätze für Gewalt und Aggression. Schubarth beschreibt Gewalt nicht als Problem von Kindern und Jugendlichen, sondern als 'gesamtgesellschaftlich zu verantwortendes Problem.' Er nennt Gewalt eine 'soziale Krankheit', die ein Signal für ungelöste soziale Probleme und Konflikte sei, mit der Kinder und Jugendliche auf Problemlagen reagieren. Doch wie bei anderen sozialen Problemen so gibt es auch für die öffentlich geführte Gewaltdiskussion keine 'objektiven' Maßstäbe, auch sie unterliegt nicht zuletzt den Deutungen auf der Grundlage vorherrschender Wertmassstäbe, die uns sagen, wann etwas wirklich 'besorgniserregend' ist....

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Leseprobe

2. Schulsozialarbeit


 

„Gewalt ist nicht ein Problem von Kindern und Jugendlichen, sondern ein gesamtgesellschaftlich zu verantwortendes Problem.“[94]

 

Nachdem ich mich im vorherigen Kapitel mit der Definition von Gewalt und mit einigen Erklärungsansätzen zur Entstehung von Gewalt im Allgemeinen und speziell im schulischen Umfeld beschäftigt habe, werde ich an dieser Stelle näher auf Schulsozialarbeit eingehen und auf die Frage, was sie in Bezug auf Gewalt im schulischen Umfeld leisten kann.

 

Die Gesellschaft verantwortet nach Schubarth das Gewalthandeln von Kindern und Jugendlichen und sollte ihnen deshalb auch Hilfestellungen anbieten, denn hier sind die schwächsten Mitglieder unserer Gesell- schaft betroffen, die aus unterschiedlichen Gründen über wenige Strategien zur Konfliktlösung verfügen. Was für Angebote kann nun speziell Schulsozialarbeit machen, um den Kindern und Jugendlichen andere Konfliktlösestrategien an die Hand zu geben und Gewalt langfristig vorzubeugen? Das ist eine der Fragen, um die es im Weiteren gehen wird. Um allerdings beurteilen zu können, was für Möglichkeiten Schulsozialarbeit hat, werde ich mir zuerst die Institution Schulsozialarbeit, ihre Aufgaben und Zielsetzungen und ihre Stellung zwischen Jugendamt und Schule genauer ansehen. Da es sich bei Schulsozialarbeit um eine Institution handelt, die zwischen Schule und Jugendhilfe agiert, werde ich mir genauer die strukturellen Bedingungen ansehen, mit denen sie konfrontiert ist. Inwiefern haben diese Einfluss auf die Methoden, sowie die Ausgestaltung der Arbeitsbereiche und der praktischen Arbeit?

 

2.1 Definitionsansätze


 

In der Literatur zur Schulsozialarbeit werden viele unterschiedliche Definitionen und Begriffe für die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule verwendet, wie z.B. Sozialarbeit in der Schule, außerschulische Angebote, Jugendhilfe in der Schule und Schülersozialarbeit. Als einheitlicher Fachbegriff hat sich nach Wulfers der Begriff Schulsozial- arbeit in den Fachkreisen durchgesetzt. Schulsozialarbeit ist ganz allgemein betrachtet eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule.[95]

 

Drilling beschreibt in seiner Definition Schule jedoch nicht als fachlichen oder inhaltlichen Kooperationspartner, sondern betont die Eigenständig- keit der Schulsozialarbeit gegenüber der Institution Schule. Schulsozial- arbeit wendet hier die Methoden und Grundsätze der Sozialarbeit ledig- lich in der Schule an:

 

„Schulsozialarbeit ist ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und institutionalisierter Form kooperiert. Schulsozialarbeit setzt sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens zu begleiten, sie bei einer für sie befriedigenden Lebensbewältigung zu unterstützen und ihre Kompetenzen zur Lösung von persönlichen und/ oder sozialen Problemen zu fördern. Dazu adaptiert Schulsozialarbeit Methoden und Grundsätze der sozialen Arbeit auf das System Schule.“[96]

 

Hier werden klassische sozialpädagogische Themen genannt, mit denen Schulsozialarbeit nach Drilling zu tun hat. Nicht zur Erwähnung kommen hier schulspezifische Problemlagen, mit denen Schulsozial- arbeit in Berührung kommen kann, wie die Zusammenarbeit der Institu- tionen aussehen kann und wie auf fachlicher Ebene eine gemeinsame Problemlösung gestaltet werden kann.

 

In dem nächsten Zitat wird ergänzt, dass Schule und Schulsozialarbeit ein „verzahntes Aufgabenfeld“ haben.

 

„Mit dem Begriff Schulsozialarbeit werden alle sozialarbeiterischen und sozialpädagogischen Aktivitäten bezeichnet, die entweder von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen innerhalb der Institution Schule im Rahmen eines verzahnten Aufgabenfeldes wirksam werden, oder unmittelbar auf die Schule, Schüler und Lehrer im Sinne eines „Zubringerdienstes“ bezogen sind.“ [97]

 

Jedoch reicht diese Definition noch nicht aus, um Schulsozialarbeit zu erklären, da auch hier noch im Ausdruck “Zubringerdienst“ die Eigen- ständigkeit von Schulsozialarbeit betont und die Schule somit zum reinen Aufgabenfeld erklärt wird.

 

Hier geht das Fachlexikon der Sozialen Arbeit genauer auf die Koope- ration der verschiedenen Bereiche ein, welche die Schulsozialarbeit belegt.

 

„S. (Schulsozialarbeit) nimmt nach verschiedenen Stellungnahmen (10. Kinder und Jugendbericht 1998) eine Scharnierfunktion zwischen Jugendhilfe, Schule und Familie wahr. Damit ist ihr als Aufgabe die Aufarbeitung der Problemlagen von Kindern und Jugendlichen zugewiesen, die zwischen den Sozialisationsagenturen Schule (Aufarbeitung von Schulproblemen), Familie (Ablösungsprobleme vom Elternhaus und Bewältigung defizitärer Muster, familiäre Problemlagen) und Peergroup (Erfahrungen mit dissozialen Mustern und deren Relevanz für Lebensbewältigung) entstehen. Mit der S. werden präventive Ansätze der Jugendhilfe in die Schule als Ort für Lern- und Erfahrungsprozesse von Kindern und Jugendlichen eingebracht.“[98]

 

Schulsozialarbeit als eine Kooperation zwischen den Partnerinnen Schule und Jugendhilfe, die sich gegenseitig befruchten und vonein- ander lernen. Schulsozialarbeit kann soziales und inhaltliches Lernen fördern und kann als Oberbegriff verwendet werden, „(...) der alle Aktivitäten einschließt, die dazu geeignet sind, Konflikte und Diskre- panzen bei Schülerinnen, Eltern und Lehrerinnen auf der Grundlage adäquater Methoden der Sozialarbeit (Sozialpädagogik) innerhalb der Schule oder auf die Schule bezogen abzubauen. So kann die unterschiedliche, soziale und psychische Situation der genannten Personengruppe verbessert werden. Die gewählten Aktivitäten sollten gleichzeitig zu einer Öffnung der Schule nach Innen und Außen beitragen und eine soziale Verbesserung des Schullebens erwirken. Eine Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen, die in diesem Bereich arbeiten, ist unabdingbar.“[99]

 

Hier wird betont, dass es notwendig ist, die Trennung zwischen Schule und Jugendhilfe aufzuheben. Damit sich dauerhaft sozialpädagogische Fachqualifikationen in oder an der Schule ansiedeln, ist eine Annäher- ung der beiden Institutionen unvermeidbar.

 

Wesentlich für die Schulsozialarbeit ist die Integration von professio- nellen Methoden der sozialen Arbeit in Form von niedrigschwelligen Angeboten in die Lebenswelt Schule.[100]

 

Schulsozialarbeit ist, wie die vorherigen Definitionen zeigen, ein Sam- melbegriff für pädagogische Maßnahmen im schulischen Umfeld. Was in der Schulsozialarbeit alles möglich ist, welche Aufgaben und Ziele sie im Einzelnen hat, welche Hilfsangebote an SchülerInnen sie machen kann, aber vor allem wie ihre Präventionsarbeit aussehen kann, werde ich im weiteren Verlauf erläutern.

 

Vorher werde ich kurz auf die rechtlichen Rahmenbedingungen von Schulsozialarbeit eingehen.

 

2.2 Rechtliche Grundlagen


 

Das Sozialgesetzbuch SGB VIII und das Schulgesetz leiten sich aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ab. Das Grund- gesetz ist bestimmend für alle weiteren Gesetze. Jedes Bundesland ordnet sich dem unter. Die Grundrechte für jeden Bürger sind in den §§1-19 festgeschrieben. Für die Schulsozialarbeit von besonderer Bedeutung ist Artikel 1 Abs.1 GG:

 

„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.[101]

 

Der erste Artikel sollte der Leitsatz für jede Form von Zusammenleben sein und der Leitsatz für die Soziale Arbeit. Der Auftrag der Jugendhilfe ist in unterschiedlicher Weise im Grundgesetz verfassungsrechtlich verankert. Für die Schulsozialarbeit, die der Jugendhilfe angehört, sind die Art. 1 Abs.1, Art. 2 Abs.1, Art. 6 Abs.1 und Abs.2 GG Richtlinien. Dort ist Folgendes verankert:

 

Achtung und Schutz der Würde des Menschen, Art. 1 Abs.1 GG

 

Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 Abs.1 GG

 

Schutz von Ehe und Familie und Unterstützung der Eltern bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder, Art. 6 Abs.1 und Abs.2 GG

 

Diese genannten Artikel des Grundgesetzes verpflichten die staatliche Gemeinschaft zu einer Sicherstellung der Grundanforderungen der Entwicklung junger Menschen.[102] In den Art. 1, 2, und 6 GG ist festge- schrieben, dass „bei der Gestaltung von positiven Lebensbedingungen für junge Menschen (und für ihre Familien) insbesondere präventiv wirkende Angebote vorzusehen (...) sind, (...) die ein Mindestmaß an positiven Entwicklungsmöglichkeiten in einer kinder-, familien-, und umweltfreundlichen Umwelt sicherstellen und fördern helfen soll.“[103] Hier ist der Präventionsansatz der Jugendhilfe, der im...

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