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Glücklich ist, wer vergisst, dass hier alles kacke ist

Anleitung für ein echt gutes Leben

AutorVictoria Bindrum
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783732549351
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Immer warten wir auf den Startschuss zum Glück: Wenn ich erst die Beförderung, den Partner, die Bikinifigur habe ... Doch jedes erreichte Ziel beschert uns nur ein kurzes Hoch, danach folgt unweigerlich das Streben zur nächsten Etappe. Mit viel Charme zeigt die Psychologin Victoria Bindrum, wie wir unsere innere Freiheit stärken, indem wir lernen, uns von der Vorstellung des Glücks zu lösen und uns unangenehmen Gefühlen zu stellen. Und warum es besser ist, im Leben eine Richtung, statt ein Ziel zu verfolgen.



Victoria Bindrum, geboren 1987, ist Diplom-Psychologin mit dem Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie und Fortbildung in Akzeptanz- und Commitmenttherapie. Seit Jahren unterstützt sie beruflich Menschen in Problemsituationen. Außerdem forschte sie über Faktoren zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Wohlbefinden. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin und veröffentlicht unter ihrem Mädchennamen Romane.

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Leseprobe

EINLEITUNG
Was Sie über das Glück wissen sollten


Wir können den Wind nicht ändern,

aber wir können die Segel richtig setzen.

ARISTOTELES

Hand aufs Herz: Auf einer Skala von eins bis zehn, wie glücklich sind Sie in diesem Moment? Zehn wäre das absolute Glücksmaximum – ein Endorphinschub jagt den nächsten, Sie fühlen sich, als hätten Sie sechs Richtige im Lotto – und eins das klägliche Minimum – Sie sind so unglücklich, als hätte man Sie mit Lord Voldemort zwangsverheiratet. Bis Stufe vier halten Sie sich für eher unglücklich, Stufe fünf steht für weder glücklich noch unglücklich, und die Zahlen sechs bis neun bedeuten tendenziell glücklich bis sehr glücklich. Also, haben Sie Ihre Glückszahl?

Statistisch gesehen stehen die Chancen gut, dass Sie die Sieben gewählt haben. Diese Glücksskala-Frage wurde in der psychologischen Forschung nämlich bereits x-mal gestellt, und unabhängig von Nation oder Geschlecht ergibt sich fast immer dieser Durchschnittswert. Das hört sich zunächst ganz passabel an, aber hinter der »Glückszahl Sieben« verbirgt sich eine traurige Wahrheit: Wir sind nie so glücklich, wie wir es grundsätzlich für möglich halten. Zum vollkommenen Glück fehlt uns immer noch etwas. Wir wollen mehr. Mehr Liebe, Erfolg, Gesundheit, Entspannung, Freude – und dabei am besten noch so aussehen wie Jennifer Lawrence oder Elyas M’Barek. Es bedarf noch nicht mal psychologischer Forschung, um das zu erkennen. Gehen Sie in eine Buchhandlung oder ins Internet und sehen Sie sich die Masse der Ratgeberliteratur an, die uns dabei helfen soll, endlich richtig glücklich zu werden und die metaphorische Glückszahl Zehn zu erreichen. Wir können Yogaposen nachahmen, Achtsamkeitsmeditation erlernen oder unsere Work-Life-Balance optimieren. Es gibt ein sensationelles Angebot an Coaching, Psychotherapie oder sogar Pharmakologie, um unserem Glück auf die Sprünge zu helfen. Wir sollen aus Steinen, die uns in den Weg gelegt werden, etwas Schönes bauen, unseren Schmerz in Heiterkeit verwandeln und ständig im Hier und Jetzt leben. Wenn ich all diese Anforderungen, die pausenlos auf uns einrieseln, mal zusammenfasse, klingt das so: Werden Sie anders, als Sie sind! Fühlen Sie sich nicht so, wie Sie sich fühlen, sondern besser!

Vorausgesetzt, wir hätten tatsächlich so viel Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle – was würde passieren? Lehnen wir uns selig lächelnd zurück und genießen unser Dasein? Natürlich nicht, denn statt höher, schneller, weiter lautet der Leitsatz unserer heutigen Zeit: achtsamer, entspannter, glücklicher. Egal, welche Fortschritte wir im Bereich Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung machen, es reicht uns nicht. Wir glauben, wenn wir eine Familie gegründet haben oder ein höheres Gehalt bekommen, werden wir uns endlich so fühlen, wie wir es uns schon immer gewünscht haben! Bevor Sie jetzt den nächsten Satz lesen, sollten Sie vielleicht noch einmal überprüfen, ob Sie wirklich fest auf Ihrem Stuhl sitzen. Bereit?

Sie werden sich niemals so fühlen, wie Sie es sich schon immer gewünscht haben – jedenfalls nicht dauerhaft.

Sie werden sich ein Leben lang genau so fühlen, wie Sie sich verdammt noch mal gerade fühlen! Manchmal blendend, manchmal furchtbar und manchmal so gleichgültig und lustlos wie ein zu lang gegarter Hefekloß. Ihr Befinden wird sich immer wieder ändern, da können Sie beim Pilates noch so viele imaginäre Seidentücher mit Ihrem Unterleib einsaugen. Fragen Sie sich zur Abwechslung lieber, was der ganze Quatsch soll, und Sie werden feststellen, dass die Suche nach dem Glück ein Hamsterrad ist. Je mehr wir uns anstrengen, desto mehr Energie und Zeit verschwenden wir auf ein Ziel, das wir niemals erreichen werden, weil es nicht existiert. Doch warum eigentlich nicht?

Das Glück ist eine Vorstellung


Kennen Sie das befriedigende Gefühl, wenn Sie ein Ziel erreicht haben? Vielleicht sind Sie schon lange auf der Suche nach dem richtigen Partner, und endlich – nach dem zehnten Blind Date – sitzt Ihnen jemand gegenüber, der wie für Sie gemacht zu sein scheint. Sie fühlen sich grandios, nach ein paar weiteren Treffen sind Sie frisch verliebt, Sie denken pausenlos mit einem Kribbeln im Bauch an diese Person, Ihre Alltagssorgen sind vergessen. Doch früher oder später ändert sich dieses Gefühl. Vielleicht eröffnet Ihr Traumpartner Ihnen, dass er bald auf unbestimmte Zeit ins Ausland gehen muss. Oder Sie finden heraus, dass er mit Mitte vierzig noch bei seiner Mutter wohnt. Oder er gesteht Ihnen, dass er gar nicht so für Sie empfindet wie Sie für ihn. Kaum kriegen wir also einen Hauch von Glück zu fassen, flutscht es uns wieder aus den Fingern – und wir müssen es erneut suchen. Vielleicht in einem neuen Partner oder einem anderen Job, oder wir schmeißen gleich alles hin, um auf dem Jakobsweg zu wandern. Doch ganz egal, was wir tun, nie wird das Bild, das wir uns vom Glück machen, zu unserer Realität passen. Ich kann Sie beruhigen, das liegt nicht an Ihnen. Es gibt eine ganz einfache Erklärung für dieses Phänomen: Das Glück existiert nur in unserer Vorstellung – und vorstellen können wir uns alles Mögliche!

Genauso wie Sie in Ihrem Kopf ein Bild von Karaoke singenden Regenwürmern mit riesigen Silikonbrüsten erschaffen können, kreieren Sie mithilfe Ihrer Gedanken die Vorstellung vom Glück. Doch Sie können dieses Glück, genauso wenig wie diese bemerkenswerten Regenwürmer, nicht finden.

Das mit den Regenwürmern klingt Ihnen zu verrückt? Dann probieren Sie mal Folgendes: Bevor Sie das nächste Mal etwas essen, stellen Sie sich vor, wie es schmecken wird. Nehmen wir an, Sie sind im Begriff, eine Kartoffel zu essen. Versuchen Sie, sich den Geschmack dieses Gemüses vorher zu vergegenwärtigen – wie schmeckt diese Knolle? Welche Konsistenz hat sie? Und welche Temperatur? Wie fühlt sich ihre Oberfläche in Ihrem Mund an? Dann beißen Sie zu. Jetzt versuchen Sie die direkte Erfahrung mit Ihrer Vorstellung zu vergleichen. Sie werden feststellen, dass es Unterschiede gibt. Vielleicht hatten Sie sich eine festere Konsistenz vorgestellt, die echte Kartoffel ist mehliger, eventuell ist sie auch heißer als die imaginäre Kartoffel, die wiederum in Ihren Gedanken süßlicher war. Sie können jetzt hundert verschiedene Kartoffeln unterschiedlicher Sorten kochen, ich garantiere Ihnen, Ihre vorgestellte Kartoffel wird nicht dabei sein. Die Vorstellung ist immer etwas anderes als die Wirklichkeit. Während ich das hier schreibe, esse ich nebenbei ein Brot mit Marmelade, das ich mir unglaublich schmackhaft vorgestellt habe. Nach dem ersten Bissen musste ich jedoch feststellen, dass im Brotteig Kümmel enthalten ist! Kümmel und Marmelade – keine gute Kombination, ich bin enttäuscht.

Natürlich kennen wir alle Situationen, in denen wir mal gedacht haben: Genauso habe ich mir das vorgestellt! Aber wie lange hält dieser Zustand an? Ihre Erfahrungen wandeln sich ständig, ebenso wie Ihre Vorstellungen. Vor einigen Jahrzehnten war meine Vorstellung von Glück, mal auf ein Konzert der Kelly Family zu gehen oder ein Paar Buffalos mit sechs Zentimeter Plateauabsatz zu besitzen – ich kann Ihnen garantieren, dass sich das inzwischen ziemlich verändert hat.

Wie ist das bei Ihnen? Bedeutet Glück für Sie noch das Gleiche wie vor zwanzig oder dreißig Jahren? Können Sie mit Sicherheit sagen, dass es selbst in nur einem Jahr noch das Gleiche für Sie bedeuten wird wie jetzt? Heute wären Sie glücklich, wenn Sie den Kredit für die Eigentumswohnung bekämen, morgen erwischt Sie vielleicht eine Erkältung, und es würde Ihnen schon reichen, wenn Sie wieder durch die Nase atmen könnten.

Ich arbeite mit einigen jungen Erwachsenen, die eine Zeit lang im Gefängnis saßen. Ein Jugendlicher erzählte mir kürzlich, er habe außerhalb des Geländes der Strafanstalt im Winter Schnee schippen dürfen – und was es für ein Glücksgefühl in ihm ausgelöst habe, die Straße zu sehen und die Autos, die darauf fuhren. Verbinden Sie eine befahrene Straße auch mit derart positiven Gefühlen?

Das Glück scheint immer etwas anderes zu sein – doch wie kann es etwas geben, wenn es immer etwas anderes ist? Das geht nicht. Unser ganzes Leben lang suchen wir also etwas, das wir überhaupt nicht finden können. Frustrierend, oder? Wie lange würden Sie Ihre Wohnung nach einem Schlüssel durchkämmen, von dem Sie genau wüssten, dass er nicht da ist?

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, warum dann aber alle von Glück reden, es »Experten« gibt, die Sie zum Glück führen möchten, und alle Menschen auf Facebook so tun, als wären sie immer glücklich. Lassen Sie es mich so erklären: Das Glück ist wie ein Drache. Sie können ihn haargenau beschreiben, ihn vor Ihrem inneren Auge sehen, darüber spekulieren, wo echte Drachen zu finden sind, Sie können sogar mit Photoshop ein Bild von einem Drachen herstellen oder welche auf dem Bildschirm bei Game of Thrones bewundern, es wird trotzdem niemals Drachen geben. Es kann schön sein, an Fabelwesen zu glauben, und es ist manchmal befriedigend, sich das Glück auszumalen – aber seine Wanderschuhe anzuziehen, um in den Wald zu gehen und Lindwürmer zu jagen? Das ist doch etwas übertrieben, oder? Trotzdem tun wir es im übertragenen Sinn. Und das Problem ist: Wir tun es alle. Es sind nicht bloß ein paar Verrückte, die auf Glückssuche gehen, wir sitzen alle im selben Boot. Es gibt eine regelrechte Glücksindustrie. Glückskekse, Glücksgurus, Glücksbücher, Glücksdiäten, Glücksdrogen, Glücksmeditationen,...

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