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E-Book

Goebbels

Eine Biographie

AutorRalf Georg Reuth
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl752 Seiten
ISBN9783492960458
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Joseph Goebbels war als Propagandaminister und Bevollmächtigter für den Kriegseinsatz eine der zentralen Gestalten des »Dritten Reiches«. In seiner Person verbanden sich fanatischer Hass, sinnentleerter Glaube und intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung. Der Mann mit dem Klumpfuß war es, der aus dem »Führer« in der Wahrnehmung der meisten Deutschen eine Art Erlöser-Figur werden ließ, der man willfährig in den Abgrund folgte. Anhand einer ungeheuer breiten Quellenbasis schildert Ralf Georg Reuth in seiner im In- und Ausland hoch gelobten Biographie das Leben des Joseph Goebbels. Jetzt hat er das packende, psychologisch stimmig erzählte Buch, das Maßstäbe gesetzt hat, aktualisiert und komplett überarbeitet.

Ralf Georg Reuth ist Historiker und Autor. Er war lange Zeit als Berlin-Korrespondent für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig und arbeitete danach für verschiedene Blätter des Axel Springer Verlags. Reuth hat zahlreiche Bücher zur Zeitgeschichte vorgelegt. Unter anderem porträtierte er Erwin Rommel, schrieb über Hitlers Judenhass und verfasste das Standardwerk zu Joseph Goebbels. Zuletzt erschien bei Piper 1923 - Kampf um die Republik.

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Leseprobe

Vorwort zur überarbeiteten Neuausgabe


Spätestens mit seinem Auftritt im Berliner Sportpalast, als er im Februar 1943 das »Wollt ihr den totalen Krieg?« als Antwort auf die Katastrophe von Stalingrad hinausschrie, brannte er sich endgültig in das Bewußtsein der Welt ein – Joseph Goebbels. Von der Zeitgeschichte wurde er als eine »Schlüsselfigur« des Dritten Reiches bezeichnet. Und eine solche war er ohne Zweifel, steht doch sein Name für eine Propaganda, die ein ganzes Volk zum willfährigen Instrument in den Händen eines in Welteroberungsszenarien denkenden Diktators machte. Auch wenn Hitler es war, auf den die Prinzipien der nationalsozialistischen Propaganda zurückgingen, so lagen doch die Ursachen für ihren durchschlagenden Erfolg nicht zuletzt im Wesen des Joseph Goebbels. In seiner Person verbanden sich ein sozial motivierter und aus Minderwertigkeitskomplexen gespeister abgrundtiefer Haß, ein aus seiner katholischen Herkunft resultierendes unbeirrbares Glaubensbedürfnis und eine beachtliche intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung. Der Mann mit dem Klumpfuß war die fatale Ergänzung zu Hitler, ja er war Teil einer folgenschweren Symbiose, die in der Wahrnehmung der meisten Deutschen aus dem »Führer« eine Art Erlöser-Figur werden ließ, der man willfährig in den Abgrund folgte.

Dies sind die Grundlinien der vorliegenden Biographie, in der Goebbels nicht als Sammelpunkt gesellschaftspolitischer Kräfte verstanden wird, sondern vielmehr als Individuum, das Geschichte mitgestaltet hat. Mit dem Buch, dessen Erscheinen nun schon mehr als 20 Jahre zurückliegt, war seinerzeit eine Bresche in das Wirrwarr der Goebbels-Deutungen geschlagen worden: In ihren Biographien hatten ihn Werner Stephan[1] und Curt Riess[2] nach Kriegsende dämonisiert und somit das für sie Unerklärbare zu erklären versucht. Manvell und Fraenkel deuteten Goebbels 1960 als den Zukurzgekommenen, der in der Weltanschauungs- und Führergläubigkeit Kompensation fand[3]. Helmut Heiber hatte in seinem zwei Jahre später erschienenen Buch[4] Goebbels als überzeugungslosen Opportunisten und »wildgewordenen Kleinbürger« beschrieben und diesen schließlich der Lächerlichkeit preisgegeben, indem er das »eigentliche Wesen« des leidenschaftlichen Agitators auf dessen nie überwundene pubertäre Emphase reduzierte. Victor Reimann[5] deutete ihn als rationalen Propaganda-Macher und Joachim Fest in einer Porträtskizze[6] als einen »Macchiavellisten der letzten Konsequenz«. Ganz anders Rolf Hochhuth, der Goebbels in einem Essay[7], schon recht realitätsnah, als »mitreißenden, weil mitgerissenen Gläubigen« deutete.

Es war nicht zuletzt die gegenüber diesen Arbeiten enorm verbreiterte Quellenbasis, die ein schlüssiges Gesamtbild der Person Goebbels ermöglichte und das vorliegende, in zahlreiche Sprachen übersetzte Buch zu einem Erfolg werden ließ. Genannt werden muß hier vor allem der dem Autor exklusiv überlassene und erstmals ausgewertete Goebbels-Nachlaß aus der Zeit vor 1924. Der Schweizer Rechtsanwalt und Goebbels-Verehrer François Genoud hatte über das urheberrechtliche Verwertungsrecht an den Papieren verfügt, so daß kein Weg an ihm vorbeiführte. Vieler Mühe und Geduld hatte es dann auch bedurft, ehe sich im Besprechungszimmer des Münchner Piper-Verlages erstmals für einen Biographen ein alter Stoffkoffer öffnete und mehrere hundert Briefe, zahlreiche literarische Versuche, sonstige Dokumente und ein paar in Seidenpapier eingeschlagene, vergilbte Fotos aus der Studentenzeit des Joseph Goebbels zu Tage traten. Diese Papiere, die vor kurzem in den Vereinigten Staaten versteigert wurden[8], vermitteln einen erschütternden Einblick in das entbehrungsreiche Leben eines gesellschaftlich ausgegrenzten Krüppels und verdeutlichen lehrstückhaft, wie dieser infolge immer wieder enttäuschter Hoffnungen zu einem Hasser wurde.

Neben dem Nachlaß, der den Zugang zum Wesenskern der Person Goebbels ermöglichte, standen dem Autor dieses Buches erstmals beträchtliche Teile der zeitlich daran anknüpfenden Goebbels-Tagebücher zur Verfügung. Bei aller darin zum Ausdruck kommenden eitlen Selbstbespiegelung und Lügenhaftigkeit, die einen besonders kritischen Umgang mit dieser Quelle erfordern[9], gewährten sie jedoch Einblicke in das Leben des Joseph Goebbels, wie sie vorher nicht getan werden konnten. Mußte der Autor dieser Biographie noch auf mehrere Teil-Editionen und verschiedene Archiv-Bestände zurückgreifen[10], was ihn veranlaßte, aus all dem 1992 eine fünfbändige, kommentierte Auswahl-Edition der damals verfügbaren Goebbels-Tagebücher herauszugeben[11], so liegt seit 2008 endlich eine Gesamtausgabe[12] vor. Das 32bändige, leider unkommentierte Tagebuch ist nach fast zwei Jahrzehnten Editionsarbeit von Elke Fröhlich im Auftrag des Münchner Instituts für Zeitgeschichte und mit Unterstützung des Staatlichen Archivdienstes Rußlands herausgegeben worden. Es basiert auf den in Moskau befindlichen Glasplatten-Verfilmungen der Tagebücher aus dem Jahr 1945, aber auch auf aus anderen Überlieferungen stammenden Teilmanuskripten. Das Projekt umfaßt somit nahezu alle Tagebuchaufzeichnungen des Joseph Goebbels, einmal abgesehen von den Eintragungen der letzten April-Tage, die der Goebbels-Mitarbeiter Werner Naumann beim Ausbruch aus dem Bunker verloren haben wollte.

Die Aktenbestände des Bundesarchivs, die vielen Schriften und Zeitungsaufsätze des Propagandaministers und die erstmals im Zusammenhang mit einer Goebbels-Biographie systematisch durchgesehenen Unterlagen zu den zahlreichen Gerichtsverfahren gegen Goebbels während der sogenannten »Kampfzeit«, die vom Autor teilweise auf dem Dachboden der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin-Moabit aufgestöbert wurden, bilden eine weitere Säule des diesem Buch zugrundeliegenden Quellenmaterials. Abgerundet wird es durch mehrere kleine Bestände aus in- und ausländischen Archiven. Darunter befinden sich auch die über die Wirkung des Berliner Gauleiters Aufschluß gebenden politischen Aufzeichnungen Horst Wessels aus der Jagiellonen-Bibliothek im polnischen Krakau, die lange als verschollen galten.

Doch was hat sich seit dem Erscheinen dieses Buches in der Goebbels-Forschung getan? Neben einigen wichtigen, die Aussagen dieses Buches bekräftigenden Detailstudien, zum Beispiel über das Werden seiner Ideologie[13], der Bedeutung seiner Rede im Berliner Sportpalast im Februar 1943[14] oder über sein Verhältnis zum Judentum[15] müssen hier zwei Goebbels-Biographien genannt werden: zum einen die von Toby Thacker[16], der das Hauptgewicht seiner Arbeit auf die Wechselwirkung zwischen dem privaten Goebbels und dem Politiker herausarbeitet und sein Buch nicht als eine umfassende Biographie verstanden wissen will; die zweite zu erwähnende Biographie ist die von Peter Longerich[17], für die der Verlag reklamiert, sie sei für die kommenden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, die maßgebliche Goebbels-Interpretation.

Longerichs mehr als 900 Seiten umfassendes Buch, das sich zumindest in den frühen Jahren des Propagandisten nahe an dieser Biographie orientiert, bestätigt im wesentlichen deren Deutung der Person Goebbels, auch wenn es sich weit weniger mit dieser auseinandersetzt. Anders als die vorliegende Biographie mit ihrem klassischen Ansatz, dem zufolge der Mensch im Mittelpunkt steht, ist das Buch des Londoner Sozialhistorikers eher eine Mischung aus Biographie und allgemeiner Geschichte des Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung der Propaganda. Wie jeder Goebbels-Biograph stützt sich auch Longerich vor allem auf die Tagebücher. So unverzichtbar diese Aufzeichnungen als Quelle sind, so sind sie doch zum Teil mit Blick auf die Nachwelt geschrieben worden. Offenbar konnte sich Biograph Longerich dieser selbstdarstellerischen Intention nicht immer entziehen, wenn die Fachwelt ihm einhellig eine unzureichende, quellenkritische Distanz zu den Goebbels-Tagebüchern attestiert.[18]

Auch die Rezeption des Longerich-Buches hat dazu beigetragen, daß der Piper-Verlag dankenswerterweise die vorliegende Goebbels-Biographie als komplett überarbeitete Studienausgabe hat neu erscheinen lassen. Im Zentrum der Überarbeitung steht dabei die Berücksichtigung der kompletten Tagebücher. Dabei ging es jedoch nicht darum, den bisherigen Text mit Tagebuch-Zitaten »aufzupumpen«. Die Eintragungen, die für die Biographie von 1990 nicht zur Verfügung standen, wurden vielmehr herangezogen, um Sachverhalte wie etwa das Werden von Goebbels’ Judenhaß weiter zu erhellen oder – falls erforderlich – zu modifizieren. Dabei wurden auch die Zitate aus dem im Dritten Reich veröffentlichten Teil des Tagebuches (Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei) – sofern sinnvoll – durch die ursprünglichen Eintragungen ersetzt. Neben der Einbeziehung der wichtigsten neueren Literatur und der Überarbeitung des Anhangs wurden vereinzelt ergänzende Erläuterungen eingefügt. Auf die in der Zeitgeschichtsschreibung inzwischen gängigen moralischen Wertungen wurde nach wie vor verzichtet, sprechen doch die Lebensgeschichte und insbesondere die Rolle des Joseph Goebbels im Dritten Reich für sich.

Berlin, im Sommer 2012

Ralf Georg...

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