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E-Book

Good Morning, Mr. Mandela

Nelson Mandelas persönliche Assistentin erzählt

AutorZelda la Grange
Verlagbtb
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl480 Seiten
ISBN9783641155469
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Ein einzigartiger Blick auf den wahren Nelson Mandela.
Zelda la Grange war fast zwanzig Jahre lang die persönliche Assistentin von Nelson Mandela. Eine junge weiße Frau, geprägt von der rassistischen Politik des südafrikanischen Apartheidregime. Die zunächst als Sekretärin für Mandela arbeitete und schließlich zu einer der engsten Vertrauten jenes Mannes wurde, der ihr jahrzehntelang als Feindbild gegolten hatte. Aus der Schreibkraft wurde eine Frau, die mit Nelson Mandela um die Welt reiste, bei Treffen mit Bill Clinton, Johannes Paul II, Yassir Arafat, Morgan Freeman und Gaddafi dabei war und die ihn bis zu seinem Tod begleitete. Und die wie keine andere den wahren Nelson Mandela kennenlernte. Jene außergewöhnliche Persönlichkeit, die niemanden unbeeindruckt ließ und zugleich überraschend humorvoll war. Eine Hommage an Mandelas inspirierendes Vermächtnis und ein Aufruf, dass es nie zu spät ist, ein besserer Mensch zu werden.

Zelda la Grange, geboren 1970, wuchs während der Apartheid in Südafrika auf. Seit 1992 war sie zunächst in verschiedenen Bereichen als Sekretärin für die Regierung tätig. 1994 begann sie, als 'Senior Ministerial Typist' im Office des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas zu arbeiten. 1997 wurde sie zu einer von drei Privatsekretärinnen von Nelson Mandela befördert. 1999 bat Mandela sie, auch nach Ende seiner Amtszeit in seinen Diensten zu bleiben. Seit 2002 arbeitete sie festangestellt für die Nelson Mandela Stiftung. Über 19 Jahre war sie in verschiedenen Funktionen für Nelson Mandela tätig - als Schreibkraft, Privatsekretärin, Office-Managerin, als seine Pressesprecherin und stete Gehilfin. Als er im Dezember 2013 starb, war sie seine persönliche Assistentin. Zelda la Grange lebt in Pretoria.

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Leseprobe

1

Kindheit

Am 29. Oktober 1970 kam ich in Südafrika, in Boksburg, östlich von Johannesburg, auf die Welt und wurde nicht ausgesetzt, sondern sollte es zu etwas bringen, wie die meisten Babys, die in diese Welt hineingeboren werden.

Am gleichen Tag begann für Nelson Mandela bereits sein neuntes Jahr im Gefängnis. Er war seit 1962 inhaftiert und dann im Laufe des Rivonia-Prozesses 1964 des Hochverrats schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zusammen mit anderen politischen Gefangenen war er auf Robben Island, einer trostlosen Insel vor der Küste von Kapstadt, eingesperrt, weil sie Widerstand gegen die Apartheid geleistet hatten.

Damals arbeitete mein Vater für eine Baufirma, meine Mutter war Lehrerin. Sie waren sehr arm. Ihr einziges anderes Kind, mein Bruder Anton, war bei meiner Geburt drei Jahre alt. Da unsere Eltern weiß waren, genossen wir von Geburt an rechtliche Privilegien. So war es 1970 in Südafrika.

Obwohl die Familien meiner Eltern jeden Dezember denselben Urlaubsort besucht hatten, lernten sich meine Eltern erst in Boksburg kennen, als meine Mutter bereits auf Lehramt studierte und mein Vater bei der Post arbeitete.

Die Familie meines Großvaters stammt von französischen Hugenotten ab, die im Laufe der 1680er Jahre aus dem Süden Frankreichs geflohen waren, um der Verfolgung der Protestanten durch die katholische Amtsgewalt zu entkommen. Die Familie La Grange kam ursprünglich aus einer Gemeinde namens Cabrières in der Gegend von Avignon. In späteren Jahren entdeckte ich diesen Ort für mich und besuchte ihn im Zuge meiner Arbeit für Nelson Mandela zweimal.

Mein Vater war eines von zwei Geschwistern. Seine Eltern lebten in Mossel Bay, einer Küstenstadt an der malerischen Garden Route in der Kapprovinz. Die Schwester meiner Großmutter war die erste zur Apothekerin ausgebildete Frau in Südafrika. Bis zum heutigen Tag besitzt und führt die Familie Scholtz eine angesehene Apotheke in der Stadt Willowmore in der Provinz Ostkap. Folglich war sie eine recht beeindruckende Frau, zu der wir aufgrund ihrer einzigartigen Leistung selbstverständlich aufblickten.

Den Vater meines Dads hatte ich sehr gern. Er hieß Anthony Michael, aber wir nannten ihn einfach »Oupa Mike« (Opa Mike). Er besuchte uns ein paarmal im Jahr und wohnte dann jeweils wochenlang bei uns. Er rauchte Pfeife, und der Geruch des Rauchs störte uns. Immer saß er auf einem besonderen Stuhl und wischte die Hand ständig an der Armlehne ab. Seine Haut war alt und rissig, der Tabak steckte vom Pfeifestopfen in diesen Rissen fest. Wenn er unser Haus verließ, war die Armlehne – sehr zum Verdruss meiner Mutter – jedes Mal schwarz, aber niemand verbot ihm je, im Haus zu rauchen.

Meine Mutter war die Älteste von drei Geschwistern aus der Familie Strydom. Die einzige bekannte Familie mit diesem Nachnamen war diejenige von J. G. Strijdom (manchmal auch Strydom geschrieben), des sechsten Premierministers von Südafrika, der von 1954 bis 1958 im Amt gewesen war. Sein Nachfolger war der »Vater der Apartheid«, H. F. Verwoerd. Als ich als Kind etwas über Premierminister Strijdom lernte, redete ich mir ein, dass wir irgendwie miteinander verwandt wären, auch wenn keine echte Verbindung bestand.

Der Vater meiner Mutter war bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen, als meine Mutter erst zwölf Jahre alt war. Ich fragte sie häufig, ob sie sich noch an die Nacht erinnere, in der sie die Nachricht vom Tod ihres Vaters erhielten. Meist vermied sie, über dieses Thema zu sprechen, sagte jedoch, dass sie sich entsinne, geweckt worden zu sein, als jemand an ihre Haustür klopfte, und dann gehört zu haben, wie meine Großmutter hysterisch weinte.

Meine Großmutter hatte nicht viele Möglichkeiten, was das Aufziehen ihrer Kinder betraf. Sie erledigte Büroarbeit für die South African Railways. Damit war es ihr finanziell unmöglich, drei kleine Kinder allein großzuziehen.

Sie entschied, meine Mutter – da sie die Älteste war – in ein Waisenhaus zu schicken. Das Kinderheim befand sich in Kapstadt, weshalb meine Mutter diese Stadt bis zum heutigen Tag verabscheut. Für sie haftet ihr der Gestank des Verlassenwerdens an.

Meine Ma sah ihre Geschwister und meine Großmutter nur einmal im Jahr während der Ferien im Dezember. Beide Familien, die La Granges wie auch die Strydoms, zelteten während der Dezemberferien in derselben Gegend in der Nähe von Mossel Bay, nämlich in Hartenbos. Doch, wie gesagt, sie wussten nichts voneinander.

Die Kindheitserinnerungen meiner Mutter beschränken sich auf Leid, Vernachlässigung und Traurigkeit. Die Welt litt unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs und erholte sich nur langsam von der Wirtschaftskrise. Meine Mutter bekam diese Folgen, selbst als Afrikaanerkind in den 1940er Jahren in Südafrika, durch Armut zu spüren. Ich bewundere sie sehr dafür, dass sie meiner Großmutter gegenüber keinen Groll hegt, so schwierig die Umstände für meine Großmutter auch gewesen sein mögen.

Grandma Tilly, die Mutter meiner Mutter, war Teil unseres Alltags, obwohl sie meine Mutter als Kind weggegeben hatte. Sie wohnte in unserer Nähe, und ich besuchte sie oft auf meinem Heimweg von der Grundschule, da sie praktischerweise auf halbem Weg zwischen unserem Haus und der Schule lebte. Bevor Grandma Tilly näher zu uns zog, hatte sie auf der gegenüberliegenden Seite der Union Buildings gewohnt. Die Union Buildings auf dem Hügel über Pretoria, der administrativen Hauptstadt Südafrikas, waren von Herbert Baker gebaut worden und dienten als Sitz der Apartheid-Regierung. Imposant, monumental und schön – für meine Familie war es, als wohnte sie gegenüber des Weißen Hauses.

Jeden Sonntag kamen die La Granges und die Strydoms, die Familie meines Onkels, zum Mittagessen in die Wohnung meiner Gran und gingen anschließend auf den gepflegten Rasenflächen der Union Buildings spazieren. Die Union Buildings standen für absolute Autorität, also stiegen wir die Stufen mit großem Respekt hinauf. Meine Cousinen, mein Bruder und ich spielten auf dem Gelände, rollten immerzu lachend die abfallenden Rasenflächen hinunter. Wir waren glückliche Kinder, die im Südafrika der Apartheid aufwuchsen.

Wir waren eine typische privilegierte weiße Familie, die durch gute Schulbildung, den Genuss öffentlicher Dienstleistungen und das Gefühl, Anspruch auf das Land und seine Ressourcen zu haben, von der Apartheid profitierte. Die Apartheid war die politische Lösung unseres Regimes, um Segregation und die Trennung der Rassen, Klassen und Kulturen durchzusetzen.

In den späten 1950er Jahren ernannte der damalige Staatspräsident Hendrik Verwoerd die Apartheid zum »Programm«. »Unser Programm lautet gutnachbarliches Verhältnis«, was heißen sollte, der Afrikaaner kümmere sich um alle Volksgruppen in Südafrika. Doch in Wirklichkeit war die Apartheid eine Methode, Afrikaaner von der Wirtschaft, den Möglichkeiten und dem Reichtum an Bodenschätzen des Landes auf Kosten anderer profitieren zu lassen.

Bis in die Mitte der 1970er Jahre hatte die Apartheid-Regierung einen rassistischen Staat erschaffen, der auf Entscheidungen basierte, die in den Union Buildings getroffen worden waren. Schwarze und weiße Menschen wurden getrennt, und es war ihnen untersagt, über Rassengrenzen hinweg zu heiraten, sich anzufreunden, miteinander Sex zu haben oder in denselben Städten zu wohnen. Dies waren die Bestimmungen des sogenannten Group Areas Act in Südafrika, eines Versuches, Menschen daran zu hindern, sich frei zu bewegen und ihr Leben innerhalb derselben Grenzen zu leben. Schwarze durften nicht mit denselben Bussen fahren oder im selben Meer baden wie Weiße. Aufgrund seiner Apartheidspolitik wurde Südafrika 1974 von den Sitzungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen ausgeschlossen, und im Zuge einer 1977 verabschiedeten Resolution wurde ein gesetzlich vorgeschriebenes Waffenembargo gegen uns verhängt. Doch die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich lehnten den Ausschluss Südafrikas aus der UNO ab, obwohl dieser in etlichen Resolutionen gefordert wurde.

Auch wenn mein Land ein internationaler Außenseiter war, spielten und lachten wir Kinder weiterhin am Sitz der Regierung. Das lag daran, dass mein Volk geschützt war. Geschützt vor Männern wie Nelson Mandela. Menschen wie ihn fürchteten wir – sie waren schwarz und fest entschlossen, die Regierung zu stürzen und die weiße Überlegenheit infrage zu stellen.

Meine Eltern waren beide keine Politiker und arbeiteten auch nicht für die Regierung. Doch wir unterstützten das Regime. Damit waren wir wohl auch Rassisten. Damals entsprachen wir der typischen Afrikaaner-Mittelschichts-Familie: gesetzestreue Bürger und Cheerleader für alles, was Kirche und Regierung vorschrieben. Unser Respekt vor Autorität und die Verbindung zur Niederländisch-reformierten Kirche ersetzten den gesunden Menschenverstand. Wie jede andere Afrikaans-Familie gingen wir ausnahmslos jeden Sonntagmorgen in die Kirche und nahmen an allen damit einhergehenden Aktivitäten teil, um uns als Vorzeigebürger zu präsentieren.

Bei uns zu Hause herrschte Apartheid. Wir lebten die Segregation. All dies war akzeptabel und unumstößlich, nicht nur, weil die Regierung der an der Macht befindlichen National Party es so vorschrieb, sondern auch, weil unsere Kirche es befürwortete.

Schwarz war jeder, der nicht weiß war. Farbige und Inder waren in unseren Augen auch schwarz. »Farbige Menschen«, die im Südafrikanischen als »brown people« bezeichnet werden, stammten von anderen Volksgruppen ab, genau wie die Afrikaaner, aber manche ihrer Vorfahren waren dunkelhäutig....

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