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E-Book

Google Unser

AutorChristian Hoffmeister
VerlagDCI Institute
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783982064314
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Google, Apple, Facebook und Co. sind nicht nur Teil unseres Alltags, viel mehr noch: es sind globale religiöse Glaubensgemeinschaften und wir ihre Gläubigen. Die Digitalisierung unseres Lebens hat längst religiöse Ausmaße angenommen. Und die Unternehmen aus dem Silicon Valley bedienen sich bei der Formulierung ihre Unternehmensvisionen und der Entwicklung ihrer Marketingstrategien bei dem erfolgreichsten Kultsystem aller Zeiten: der Religion. In dem Buch wird veranschaulicht, dass Google, Apple und Co. Elemente verwenden, die bei sämtlichen traditionellen Religionen und deren Glaubensgemeinschaften zu finden sind - von den Mythen der Gründung, über das Firmenlogo bis hin zu der Inzinierung der Unternehmenslenker als Propheten eines neuen Zeitalters. Nicht minder erschreckend ist: Wir alle sind längst zu ihren Gläubigen geworden

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Leseprobe

HOMO RELIGIOSUS – DER MENSCH, DAS RELIGIÖSE WESEN

Glauben Sie an einen Gott oder an eine höhere, nicht näher beschreibbare Macht, die Sie zwar nicht wahrnehmen können, die aber existiert und sich auf Ihr Handeln und Ihr Leben auswirkt? Versuchen Sie, mit Gott oder einer anderen spirituellen Macht in Kontakt zu treten, damit sich bestimmte Situationen in Ihrem Leben positiv verändern? Glauben Sie, dass es ein Leben im Jenseits gibt, in dem die Seele weiterexistiert, und dass Sie auf Erden nur Ihre materielle Hülle zurücklassen? Und glauben Sie, dass Ihre Taten auf Erden Auswirkungen auf diese jenseitige Welt haben?

Selbst wenn Sie das alles nicht tun, so scheint dennoch Glauben untrennbar mit dem Homo sapiens verbunden zu sein. Der Mensch ist von Natur aus ein religiöses, ein gläubiges Wesen.1 Er ist nicht nur Homo sapiens, sondern auch ein Homo religiosus. Glauben ist ein geistiges Vermögen des Menschen.

Kein Wunder also, dass sich Glaubenssysteme in allen menschlichen Gesellschaften finden lassen, ganz gleich ob archaisch, antik, modern oder postmodern. Religiöses Leben durchdringt jeden – nur machen manche daraus ein gutes Geschäftsmodell.

COPING – GOTT MACHT DAS SCHON / Was aber ist Glaube, und was ist Religion? Glaube kann interpretiert werden als die Bereitschaft, eine überindividuelle Bezugsgröße in einer transzendenten Wirklichkeit zu verehren. Obwohl der Mensch diese Bezugsgröße nicht wahrnehmen und ihre Existenz nicht beweisen kann, glaubt er, dass sie existiert und sie auf den Menschen im Diesseits einwirkt. Dieses virtuelle Etwas wird in den meisten Religionen als der eine Gott oder als ein System von Gottheiten bezeichnet.

Ein transzendenter Gott wirkt dabei als eine Art ordnende Hand, die dem, was der Mensch im Hier und Jetzt nicht versteht, einen Sinn im Jenseits gibt. Alles, was der Mensch tut, und alles, was mit ihm geschieht, hat einen höheren Zweck und wird in der anderen Welt sinnvoll aufgelöst. Der Mensch kann das unter Umständen zwar nicht begreifen, muss es aber auch nicht, denn Gott tut dies für ihn. Gott strukturiert die Welt sinnvoll und zielorientiert.

Religion hilft daher bei der Bewältigung von schwer zu ertragenden und zu akzeptierenden Lebensereignissen wie zum Beispiel Tod, Krankheit, Ungerechtigkeit oder Naturkatastrophen.2 Eine solche Bewältigungsstrategie wird in der Psychologie als »Coping« bezeichnet: Der Mensch wird durch den Glauben an die Existenz eines Gottes kognitiv und emotional entlastet. Dies gilt besonders für die Sinnfragen des Lebens. Die Fähigkeit, überhaupt Sinnfragen stellen zu können, liegt in dem im Laufe der Evolution immer stärker ausgeprägten präfrontalen Kortex des Menschen begründet. Der Mensch kann sich selbst reflektieren und ist deshalb auch in der Lage, Sinnfragen zu formulieren, auf die eine Religion Antworten liefert und so den Menschen wieder entlastet.

Dabei wird nicht nur die Bewältigung von schlimmen oder nicht erklärbaren Ereignissen durch Religion erleichtert, auch die Akzeptanz eines als stark vom gewünschten Selbstbild abweichend wahrgenommenen Selbstbildes wird nach Ansicht des amerikanischen Evolutionspsychologen Lee Kirkpatrick durch sie ermöglicht.3 Der Glaube an eine höhere Macht hilft, die erlebte Spannung zwischen beiden Selbstbildern zu reduzieren. Er versöhnt den Menschen mit sich selbst und mit der Gesellschaft, denn vor Gott sind alle gleich. Gott wird den Menschen die Chance auf ein glückliches und erfülltes Leben geben – wenn nicht hier, dann im Himmel oder im Nirwana. Diejenigen, die bereits auf Erden Glück, Schönheit und Wohlstand erreicht haben, sind von Gott auserwählte Menschen oder haben in einem früheren Leben Karma-Punkte gesammelt und werden dafür im Diesseits belohnt. Haben sich diese Menschen die Segnungen jedoch zu Unrecht verschafft, wird Gott sie im Jenseits oder im nächsten Leben richten.

Und das eigene Leid auf Erden? Es ist als eine Prüfung zu sehen, die, wenn man sie positiv annimmt und übersteht, das ewige Leben im Paradies ermöglicht. Der Glaube an eine überirdische Macht erklärt sowohl, warum es Ungerechtigkeiten und Ungleichverteilungen von Glück und Unglück in der Welt gibt, aber auch, dass etwas existiert, das diese Ungleichverteilung ausgleicht und eine übergeordnete Gerechtigkeit schafft.

GÖTTLICHE OIKONOMIA – DIE OFFENBARUNG GOTTES IN DEN WUNDERN DER WELT / Damit der Einzelne glauben kann und eine kognitive Entlastung erfährt, muss Gott sich zeigen. Und er zeigt sich sowohl in Wundern als auch in Katastrophen, die Menschen beobachten und erleben, nicht aber verstehen. In einem Erdbeben oder einer Überschwemmung sehen sie eine Warnung oder Bestrafung durch Gott, in der Wandlung von Wasser zu Wein oder der Zerstörung der Mauern von Jericho durch Posaunen des erwählten Volkes Wunder, die der unsichtbare Gott vollbringt.

Die göttliche Macht zeigt sich daneben an auserwählten Menschen auf Erden, die durch Gott Wunder vollbringen und seine Botschaft zu den Menschen tragen. So führte zum Beispiel Moses mit Gottes Hilfe die Israeliten aus Ägypten, David besiegte Goliath und belegte mit diesem Sieg die Existenz Gottes. Solche Geschehnisse beweisen für den Gläubigen die unmittelbare Einwirkung einer göttlichen Macht auf das Leben der Menschen.

Interessant ist dabei in unserem Zusammenhang die etymologische Verbindung zwischen den biblischen Erzählungen über Wunder mit dem Begriff der Ökonomie. In der Bibel4 wird mit dem Begriff »Oikonomia« die Offenbarung des Plans Gottes mit den Menschen und der Welt bezeichnet. Dieser Plan werde durch Gottes Wirken in Wundern und bedeutenden Ereignissen im Diesseits sichtbar. Gott zeigt sich demzufolge durch die »Oikonomia« (deutsch: »Ökonomie«, englisch: »Economy«) und demonstriert seine Macht, in das Leben der Menschen gestaltend eingreifen zu können.5

WER’S GLAUBT, WIRD SELIG ERFOLGREICH – RELIGION ALS VORAUSSETZUNG VON GLOBALISIERUNG / »Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir«, so heißt es im zweiten Buch Mose.6

Wunder, durch die sich das göttliche Wirken offenbart, und Gebote, die von Propheten empfangen und durch diese verbreitet werden, sind in der Bibel stark miteinander verwoben. So erlebten Moses und das Volk der Israeliten zuerst die Teilung des Roten Meeres, die ihnen die Flucht aus Ägypten ermöglichte, danach erhielt Moses auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote von Gott.

Aus dem Wirken Gottes abgeleitete Gebote und Verbote gibt es in allen Religionen und Glaubenssystemen. In allen Religionen, im Juden- oder im Christentum, im Islam oder im Buddhismus zum Beispiel, gibt es zahlreiche Gebote, die das Leben des Menschen in seiner Beziehung zu Gott und auch in seiner Beziehung zu anderen Menschen regeln.

Wer sich an die jeweiligen Gebote und Verbote seiner Religion hält, wird belohnt, wer sie missachtet, wird bestraft. Dabei gibt es keinen direkten, vom Gläubigen überprüfbaren Zusammenhang zwischen Handeln und Konsequenz, aber die transzendente Macht wird ihre Wirkung früher oder später, im Diesseits oder im Jenseits, entfalten.

Über Gebote und Verbote erschafft Religion einen einheitlichen Normenraum. Ein gemeinsames Wertesystem entsteht, das eine kollektivierende Funktion auf die Gläubigen ausübt und den Einzelnen der Notwendigkeit, eigene, individuelle Regeln aufzustellen, enthebt.

Ein solches kollektives Regelsystem schafft auch Sicherheit im Umgang mit anderen, die sich an dieselben Regeln halten werden, sofern sie demselben Glauben angehören. Religion wirkt somit gemeinschaftsbildend und unsicherheitsreduzierend weit über die eigenen familiären, verwandtschaftlichen und lokalen persönlichen Beziehungsstrukturen hinaus. So schafft sie die Voraussetzungen dafür, dass Menschen über Sprach-, Gruppen- und Landesgrenzen hinweg stabile und verlässliche Beziehungen aufbauen und aufrechterhalten können. Durch die gemeinsamen Normen wird das Vertrauen in die Handlungen und Absichten des anderen erhöht. Wenn jemand weiß, dass sein Gegenüber dieselben Werte teilt und dieselben Gebote und Verbote beachtet wie er selbst, reduziert dies Unsicherheiten in der Interaktion. Die Beziehungsaufnahme und -aufrechterhaltung wird auch über große Distanzen vereinfacht.

Zeitgleiche Rituale wie etwa Beten, Feiern von Festen und das Tragen und Verehren gemeinsamer heiliger Symbole ermöglichen es, den anderen als derselben Religion zugehörig zu identifizieren. Die Aufnahme sozialer Beziehungen wird erleichtert. Schließlich gibt es eine gemeinsame überirdische Macht, die alles sieht und die Menschen im Falle der Missachtung religiöser Regeln hier oder im Jenseits richten wird.

Gerade in großen und abstrakten Gesellschaften hilft ein religiöses System also dabei, Beziehungen aufzubauen und abzusichern.

Den Zusammenhang zwischen der Größe und Anonymität einer Gesellschaft und dem Glauben an einen allwissenden Gott, der Sicherheit und Vertrauen in die Interaktion zwischen Gruppenmitgliedern bringt, haben die amerikanischen Anthropologen Frank Marlowe und Colette Berbesque von der Florida State University in Tallahassee 2008 untersucht.7

Sie stellten fest, dass in Gesellschaften verwandter und lokal interagierender Gruppen der Glaube einen stärkeren Bezug zu Ahnen und Vorfahren aufweist. Verstorbene werden zu Göttern, und die spirituellen Kräfte, die verehrt werden, sind nicht allwissend und unfehlbar. Je größer hingegen Gesellschaften und je verzweigter die Interaktionen zwischen ihren Mitgliedern werden, desto eher gibt es eine Tendenz zu abstrakten, nicht greifbaren Göttern...

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