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E-Book

Gottes schwarze Kasse

Der Papst und die zwielichtigen Geschäfte der Vatikanbank

AutorFidelius Schmid
VerlagEichborn AG
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783838745343
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR

Finanziert sich die Kirche mit kriminell erwirtschaftetem Geld? Geldwäsche für die Mafia, Beihilfe zur Steuerhinterziehung, verdeckte Parteienfinanzierung, Betrügereien, Millionen an Schmiergeldern und Schwarzgeld - bei all dem will man eigentlich nicht an die katholische Kirche denken. Tatsächlich aber gibt es im Vatikan einen Ort, an dem all dies Alltag war und teilweise bis heute ist: die Vatikanbank. Offiziell firmiert die Bank unter dem Namen 'Institut für Religiöse Werke'. Doch mit christlicher Moral und Wohltätigkeit hat die Realität dieser Institution, die am liebsten im Geheimen operiert, nur wenig zu tun.

Dieses Buch zeigt zum ersten Mal die skandalbeladene Geschichte der Vatikanbank von ihrer Gründung bis heute. Es basiert auf umfangreichen Hintergrundrecherchen und teilweise auf neuen, bislang geheimen Dokumenten. Die Vatikanbank ist die schwarze Kasse der katholischen Kirche. Gottes schwarze Kasse.

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Leseprobe

PROLOG


Im Frühjahr 2013 diskutierte die Welt über Steueroasen, Offshore-Paradiese, Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Einer Journalistenorganisation waren die Kundendaten zweier Gesellschaften zugespielt worden, die Interessenten Briefkastenfirmen in den Niedrigsteuerländern der Welt anbieten. Auf einmal waren die Namen von so exotischen Weltgegenden wie den Cook und den Cayman Islands, den Seychellen, Panama, Mauritius, aber auch der Schweiz und den britischen Kanalinseln in aller Munde. Auch der Druck auf Österreich und Luxemburg nahm zu, Zypern stand angesichts der drohenden Staatspleite als Fluchtpunkt schwarzer Gelder am Pranger.

Vom Vatikan redete in diesem Zusammenhang niemand. In Rom und außerhalb wurde hauptsächlich die Wahl von Papst Franziskus bejubelt und jeder seiner Schritte geradezu euphorisch begleitet.

Tatsächlich kann man den Vatikan getrost in einer Reihe mit all diesen Ländern und Inseln nennen, obwohl es weltweit keine Organisation gibt, die so lange und so beständig höhere Werte predigt. Der Kirchenstaat war seit seiner Gründung ein Steuer- und Geldwäscheparadies. Dort herrscht Steuerfreiheit, und die Mächtigen am Heiligen Stuhl haben in der Vergangenheit Rechtshilfeersuchen in Finanzangelegenheiten entweder abschlägig oder unvollständig oder falsch oder gar nicht beschieden. Dem Rest der Welt bei der Aufklärung von Finanzbetrügereien, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche behilflich zu sein – da hüllt man sich hinter den Leoninischen Mauern ebenso in Schweigen wie auf den Cayman Islands.

In diesem Buch geht es aber nicht nur um Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Sondern um den Diktator Benito Mussolini, um Nazis, Morde, Selbstmorde, das Opus Dei, Entführungen, Bestechungen, die Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Freimaurer, den legendären Deutsche-Bank-Chef Hermann Josef Abs, die Mafia, Betrug, Verrat, einen deutschen Adligen und einen alten Wehrturm im Kirchenstaat. Das klingt jetzt nach einem verschwörungstheoretischen Thriller, aber nichts läge mir ferner. Mein Buch ist eher eine schlichte Bestandsaufnahme, vom Anfang bis in die Gegenwart. Es beruht teilweise auf öffentlich zugänglichen Materialien und teilweise auf nicht öffentlich zugänglichen.

Die Fäden laufen in dem Turm mit den dicken Mauern zusammen, dem alten Wehrturm St. Niccolò. Dieser beherbergt etwas, was es in dieser Form kein zweites Mal auf dieser Welt gibt: das Istituto per le Opere di Religione, kurz IOR, auf Deutsch: das Institut für Religiöse Werke – oder einfach ausgedrückt: die Vatikanbank.

Das Institut in seinem Turm schmiegt sich mit seinen wenigen, vergitterten Fenstern an die Rückseite des Apostolischen Palasts. Marmorstufen führen hinauf, durch die Milchglastüren mit dem päpstlichen Wappen geht es hinein in die runde Schalterhalle. Der Raum, ebenfalls mit Marmor ausgelegt und nur durch künstliches Licht erhellt, beherbergt in der Mitte einen kleinen runden Holztisch für acht Personen.

Als ich vor gut zwei Jahren die Arbeit an diesem Thema begann, stieß ich in Büchern über andere kirchliche Themen und in Artikeln meiner Journalistenkollegen auf die lapidare Bemerkung, dass die Vatikanbank »heute ein vorbildlich geführtes Institut« sei. Seither ist der damalige Chef dieser Bank in beispiellos rüder Manier vor die Tür gesetzt worden, hat die italienische Bankenaufsicht den Vatikan vom elektronischen Zahlungsverkehr abgeschnitten, haben die Vereinigten Staaten den Vatikan als »bedenklichen« Geldwäschestandort gelistet und ist Papst Benedikt XVI. zurückgetreten, sind der Generaldirektor der Bank und sein Stellvertreter entlassen und ist ein Geistlicher, der Millionen über die Vatikanbank verschoben haben soll, verhaftet worden.

In diesen Monaten läuft ein neuerlicher Versuch, die Vatikanbank zu säubern. Es ist bereits der vierte seiner Art. Der scheidende Papst Benedikt hat für seinen Nachfolger mit seinen letzten Amtshandlungen die Weichen gestellt. Ich will diese Bemühungen würdigen.

Alles in allem aber war die Vatikanbank nie ein vorbildlich geführtes Institut, und mein Optimismus, dass sie je ein solches sein wird, hält sich in engen Grenzen. Die Vatikanbank ist, seit es sie gibt, viel eher ein Ort der dunklen Machenschaften. Die schwarze Kasse der katholischen Kirche. Gottes schwarze Kasse.

Viele Jahrzehnte lang beschränkte sich der Vatikan darauf, lediglich die Existenz seiner Bank zu bestätigen, obwohl das Institut immer wieder in Skandale verwickelt war, die für Schlagzeilen sorgten. Erst in den letzten Jahren veröffentlichte der Heilige Stuhl immerhin die jährlichen Zahlungen des IOR an den päpstlichen Haushalt, die die Defizite der Kurie deutlich reduzierten oder gar ganz ausglichen. Ansonsten hüllte man sich in Schweigen.

Zur Abgrenzung und um Verwechslungen zu vermeiden: Das IOR ist nicht die Zentralbank des Vatikans. Diese Funktion obliegt der Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhls, der Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica (APSA). Das IOR dagegen führt sein Dasein offiziell als Stiftung. Rein rechtlich betrachtet gehört es: niemandem.

Juristisch betrachtet ist es eine eigenständige Person des Kirchenrechts, des sogenannten kanonischen Rechts. Verfügungsgewalt über das Institut im Sinne der Rechte, die denen eines Eigentümers nahekommen, hat nur der Papst persönlich. Vielleicht ist deswegen der Begriff »Vatikanbank« ein wenig schief. Papstbank wäre wohl treffender, aber auch dies würde Widersprüche hervorrufen: einerseits, weil der Papst mit ziemlicher Sicherheit nicht weiß, was in diesem Institut genau vor sich geht; andererseits, weil es eine für den Vatikan fast schon dramatisch anmutende Diskussion darüber gibt, ob das Haus rein rechtlich betrachtet nun eine Bank ist oder eher ein Investitionsfonds.

Laut offizieller Satzung des IOR dürfen nur Mitarbeiter vatikanischer Institutionen, Diözesen und Bistümer sowie wohltätige katholische Organisationen dort Konten unterhalten. Deponierte Vermögen müssen mindestens teilweise für wohltätige Zwecke – dies können auch zukünftige sein – bestimmt sein. Wobei das Kriterium der Wohltätigkeit in der Lesart der Vatikanbank bislang bereits dann erfüllt war, wenn das Geld der Kirche zukommt. Und »künftig« kann man auch mit »irgendwann« übersetzen. Wie praktisch.

Dass weder der Kreis der Kunden bisher der Satzung entsprach noch dass es mit der Wohltätigkeit bis zum heutigen Tag besonders weit her ist, werde ich im Verlauf des Buches an etlichen Beispielen demonstrieren. Halten wir hier bloß fest, dass es sich dabei um eines der Kernprobleme des Instituts handelt. Während diese Zeilen entstanden, hat der Vatikan Wirtschaftsprüfer aus der Schweiz und eine amerikanische Unternehmensberatung beauftragt, ein für alle Mal herauszufinden, wer die Kunden des Instituts tatsächlich sind und was sie mit ihren Geldern bei der Vatikanbank tun. Nicht einmal der Chef des Instituts wusste dies zuvor.

In den Jahrzehnten seit seiner Gründung 1887 haben sich Namen und Organisationsstruktur der Institution, die erst seit 1942 IOR heißt, mehrfach geändert. Heute stellt sich die Vatikanbank ungefähr so dar: Das operative Geschäft wird von einem Generaldirektor geleitet. Ein Aufsichtsrat verwaltet die Geschäfte der Bank. Den Aufsichtsratsvorsitz hat seit dem Frühjahr 2013 der deutsche Jurist und Unternehmer Ernst von Freyberg inne – ein Mann, der in der deutschen Finanzszene zum Zeitpunkt seiner Berufung nicht sonderlich bekannt gewesen ist. Selbst noch Wochen später quittierten viele Frankfurter Banker seinen Namen mit einem fragenden Blick oder Achselzucken.

Über Jahre hat er erst mit seiner eigenen Firma und dann für eine japanische Investmentbank ein besonderes Geschäft betrieben: das Aufkaufen, Umstrukturieren und Weiterverkaufen von Unternehmen und Anlageportfolios. Zunächst tat er sich damit nach der deutschen Einheit beim Verkauf von Treuhand-Gesellschaften hervor, dann spezialisierte er sich auf Deals mit mittelständigen Unternehmern.

Von Freyberg ist Mitglied des katholischen Malteserordens, gehört zu den Erben der Hamburger Großwerft Blohm + Voss und engagiert sich für die Wallfahrt Behinderter nach Lourdes. Vor allem aber soll er die skandalgeschundene Vatikanbank nun wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen.

Von Freyberg steht mit dem Aufsichtsrat einem Gremium vor, das für den Vatikan ungewöhnlich ist: Es ist nicht mit Geistlichen, sondern mit katholischen Laien aus der Wirtschaft besetzt – die aber die internen Machtverhältnisse im Vatikan und der katholischen Kirche widerspiegeln. Der Vatikan selbst sichert sich seinen formalen Einfluss auf das Institut über ein fünfköpfiges Gremium, das aus den Reihen der Kurienkardinäle besetzt wird: die Kardinalskommission.

Nach Jahrzehnten der absoluten Geheimhaltung hat die Vatikanbank nach einer neuerlichen Serie von Turbulenzen und Skandalen ein paar Zahlen über sich öffentlich gemacht. Demnach verwaltet sie rund sieben Milliarden Euro an Geldern und hat ein Eigenkapital von rund 800 Millionen Euro.

Für eine Bank sind sieben Milliarden Euro sehr wenig, zumindest nach den Maßstäben großer Volkswirtschaften. Zieht man allerdings die spezielle Konstruktion der Vatikanbank in Betracht, ist es doch ein ganz ansehnlicher Betrag. Das Istituto per le Opere di Religione leiht sich nämlich anders als andere Banken kein Geld am Kapitalmarkt, sondern verwaltet lediglich die Einlagen seiner Kunden. Legt man also alle Kundeneinlagen zugrunde, ist die Vatikanbank vergleichbar mit einer der größeren Sparkassen Deutschlands – der Sparkasse Dortmund zum Beispiel.

Rechnet man das Eigenkapital der Vatikanbank heraus und bezieht man die Summe der Einlagen auf die...

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