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Grundfragen theologischer Ethik

Eine Einführung -

AutorStephan Ernst
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl384 Seiten
ISBN9783641036973
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Welche Bedeutung hat der Glaube für ethisches Handeln?
Was kann und darf der Mensch? Was ist gut und richtig, was ist böse? Und vor allem: Woher nehmen wir die Orientierung, wenn es um solche Grundsatzfragen geht? Der Frage nach theologischen Begründungsmöglichkeiten von Normen und Werten geht dieses Buch fundiert, präzise argumentierend und zugleich gut lesbar nach.

Stephan Ernst, geb. 1956, ist Professor für Moraltheologie an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Würzburg.

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Leseprobe
»Die Renovierungsarbeiten am Gebäude der Moraltheologie nehmen offensichtlich kein Ende«, so beschrieb 1977 Franz Böckle zu Beginn seiner wegweisenden »Fundamentalmoral« die Situation der theologischen Ethik. An dieser Situation hat sich heute nach gut 30 Jahren nichts geändert. Im Gegenteil: Das Tempo, mit dem die Erneuerungsarbeiten notwendig werden, scheint sich eher zu erhöhen als zu verlangsamen. Diejenigen, die in den Schulen, in den Gemeinden, in klinischen Einrichtungen, Gremien, Unternehmen oder in anderen Zusammenhängen christliche Ethik zur Sprache bringen, weitergeben und vermitteln wollen, haben den Eindruck, dass der Graben, den sie dabei überbrücken müssen, immer tiefer und breiter wird.
So ist christliche Ethik einerseits bleibend der biblischen und moraltheologischen Tradition sowie der lehramtlichen Verkündigung verpflichtet. Andererseits wächst in unserer Gesellschaft, in der christliche Ethik ins Spiel gebracht werden soll, nicht nur die Pluralität der Überzeugungen, worin verantwortliches Handeln besteht, sondern zugleich auch die Überzeugung, dass Werte und Normen nicht objektiv feststehen, sondern wandelbar, relativ und plural sind. So sehr deshalb angesichts der Risiken des technischen Fortschritts und angesichts der Veränderungen unseres Zusammenlebens der Ruf nach Ethik und Verantwortung zunimmt, so sehr wächst zugleich die Vorstellung, dass sich in den entscheidenden Fragen nach dem, was verantwortlicherweise zu tun ist, kein Konsens erzielen lässt. Lediglich einige wenige Grundnormen, die letztlich im aufgeklärten Eigeninteresse der Mehrheit liegen, hätten noch die Chance, allgemeinverbindlich zu gelten und anerkannt zu sein. Alles andere wird in den Bereich der subjektiven Überzeugungen und der individuellen Lebensgestaltung verwiesen.
Theologische Ethik muss hier einen enormen Spagat leisten. Einerseits versteht sie sich nicht als ein nur für wenige einsichtiges und lebbares Sonder- oder Eliteethos im Konzert einer Vielfalt von Moralangeboten. Nach wie vor geht es ihr vielmehr um die universale Kommunikabilität und Verbindlichkeit ihrer Bewertungen und Handlungsoptionen nach außen. Andererseits sieht sie sich im Bereich der philosophischen Ethik einer Situation gegenüber, in der sie nicht nur zentrale Prinzipien der Tradition - etwa dass der gute Zweck nicht das ethisch schlechte Mittel heiligt - nicht mehr wahren kann, sondern in der überhaupt jede Vorgegebenheit und Erkennbarkeit des ethisch Richtigen und Falschen, des Erlaubten und Unerlaubten bestritten und Moralnormen lediglich auf einen faktischen Konsens der Gesellschaft zurückgeführt werden.
Innerhalb der theologischen Ethik wächst dabei zugleich das Unbehagen, dass sie sich selbst seit dem Zweiten Vatikanum immer mehr in philosophische oder säkulare Ethik aufgelöst und im Zuge dieser Selbstsäkularisierung ihr theologisches Profil verloren hat. Um dem entgegenzuwirken, wird versucht, den prophetischen Anspruch oder das spirituelle Fundament christlicher Ethik stärker zu betonen und herauszustellen. Allerdings gilt es - um der Kommunikabilität und damit um der Akzeptanz willen - sauber zu unterscheiden, worin der Beitrag des Glaubens zum verantwortlichen Handeln genau liegt, damit es nicht zu fundamentalistischen Schieflagen in der Begründung konkreter Normen oder zu einer rhetorisch aufgeladenen »Feuerwerkstheologie« kommt.
Der vorliegende Versuch einer theologischen Fundamentalethik möchte im Blick auf diese Situation einige Unterscheidungen hervorheben, die den notwendigen Brückenschlag zwischen Tradition und Gegenwart, Kirche und Gesellschaft, Theologie und Philosophie erleichtern können. Vieles darin verdankt sich der inspirierenden Theologie und Ethik meines Lehrers, Peter Knauer SJ.
Das Buch soll einen Leitfaden durch die zentralen Themen der theologischen Fundamentalethik an die Hand geben, der sich vor allem an Studierende, Lehrerinnen und Lehrer sowie hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pastoral, aber auch an alle an theologischer Ethik Interessierten wendet. Es bietet einen Grundriss, der selbstverständlich unvollständig bleiben muss und der Ergänzung und weiteren Vertiefung bedarf. Dazu werden im Anhang wenige, aber wichtige Hinweise auf weiterführende Literatur gegeben. Darüber hinaus wurde versucht, den Text verständlich und gut lesbar zu gestalten und von allzu vielen Fußnoten und Anmerkungen zu entlasten. Jedes Kapitel schließt mit zusammenfassenden Thesen, mit deren Hilfe man versuchen kann, das Gelesene noch einmal zu rekapitulieren. - Herrn Thomas Brandecker danke ich für viele fruchtbare und bereichernde Gespräche und seine Mitarbeit bei der Ausformulierung des Textes.
Stephan Ernst

Aufgabe und Vorgehen der theologischen Fundamentalethik

Stellen Sie sich vor, Ihr Freund erzählt Ihnen, dass er kürzlich auf der Straße ein Portemonnaie mit 500 Euro, zwei Scheckkarten und einem Personalausweis gefunden habe. Er erzählt Ihnen weiter, er habe das Geld eingesteckt und den Rest am Fundort liegen gelassen. Von dem plötzlichen unerwarteten Reichtum wolle er sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen, nämlich ein neues Fahrrad kaufen. Was werden Sie Ihrem Freund sagen? ...
Möglicherweise billigen Sie sein Verhalten und denken, dass wahrscheinlich jeder andere - und wohl auch Sie selbst - genauso gehandelt hätte. Alles andere wäre dumm gewesen. Möglicherweise aber erinnern Sie Ihren Freund auch an die Existenz eines Fundbüros, an Fairness und Ehrlichkeit und daran, dass er selbst im umgekehrten Fall, wenn er also das Geld verloren hätte, wahrscheinlich auch froh wäre, wenn jemand ihm sein Portemonnaie zurückgeben würde. - Was auch immer Sie Ihrem Freund sagen werden, in jedem Fall wird deutlich: Wir Menschen handeln nicht nur; wir wissen auch um unser Handeln und bewerten es. Wir bewerten es als clever oder naiv, nützlich oder schädlich, erfolgreich oder erfolglos. Wir bewerten es aber auch nach den ethischen Kategorien von gut und böse, richtig und falsch, verantwortlich und unverantwortlich, erlaubt und unerlaubt. Viele Menschen bemühen sich auch bewusst, in ihrem Handeln nicht nur ausschließlich die eigenen Interessen und den eigenen Vorteil - auch auf Kosten anderer - zu verfolgen, sondern Solidarität, Fairness und Mitmenschlichkeit zu praktizieren, also verantwortlich und zum Wohl der Gemeinschaft zu handeln.

1. Der Ausgangspunkt: Moralische Überzeugungen und Normen

Moral/Ethos - faktisch gelebte Wertvorstellungen

Im Hintergrund solcher Bewertungen stehen meist bestimmte mehr oder weniger bewusste Wertvorstellungen und Überzeugungen, Ideale und Intuitionen von dem, was gut und verantwortlich ist, etwa: Ehrlichkeit, Fairness, Solidarität etc. Diese und viele andere Wertvorstellungen haben sich durch unsere Erziehung und Vorbilder, durch das gesellschaftliche Umfeld, durch Traditionen, Erfahrungen und Konventionen herausgebildet und sind damit beeinflusst von der jeweiligen gesellschaftlichen, kulturellen und geschichtlichen Situation, in der wir leben. Im Blick auf solche selbstverständlichen Wertvorstellungen, Überzeugungen und Intuitionen sprechen wir auch von Sitten, von der Moral oder auch vom Ethos, das jemanden in seinem alltäglichen Handeln leitet oder das in einer Gruppe oder auch in einer Gesellschaft herrscht.

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