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Gute Aufgaben im Mathematikunterricht der Grundschule

Studie zur Vorgehensweise von Schülern beim Lösen ausgewählter Aufgaben

AutorSebastian Bäcker
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl71 Seiten
ISBN9783640122240
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Didaktik - Mathematik, Note: 1,0, Justus-Liebig-Universität Gießen, Sprache: Deutsch, Abstract: Beschäftigt man sich mit der Qualität von Mathematikaufgaben, so wird man schnell erkennen, dass es die gute, herausfordernde oder spannende, aber auch die schlechte Aufgabe de facto nicht geben kann. Ihre Existenz scheitert allein an der Individualität ihrer Empfänger und an deren unterschiedlichen Kompetenzen. Diese Tatsache ist jedoch nur Spiegelung des allgemeinen Problems, dass 'Lehren' nicht in der Weise als aktiver Vorgang verstanden werden kann, bei welchem einer Aktion der Lehrperson eine zu erwartende oder einschätzbare Reaktion des Lernenden folgt. 'Lernen ist eine aktive Tätigkeit, die vom Lernenden immer nur selbst vollzogen werden kann und insofern durch Lehren nicht zu erzwingen ist. Lernen findet selbstverständlich auch ohne Lehren statt; umgekehrt wird dort wo gelehrt wird, nicht automatisch schon im intendierten Sinne gelernt' (TERHART 2005, S. 132). Definiert man 'Lehren' als das Bereitstellen von Lernmöglichkeiten, die jeder Schüler subjektiv wahrnimmt, zerfällt eben jenes Bild des 'Nürnberger Trichters', welches der Tätigkeit des Lehrens jene oben beschriebene Aktivität suggeriert. Die von TERHART erarbeitete Definition von Lernen gilt es bei der Konstruktion von Aufgaben zu berücksichtigen. Ein und dieselbe Aufgabe kann für unterschiedliche Schüler gleichermaßen gut wie schlecht sein, abhängig von der Tatsache, ob und inwiefern sie dem einzelnen Schüler Lernmöglichkeiten bietet. Deshalb ist nach RUWISCH die Eigenschaft gut nicht Kennzeichen einer Aufgabe, sondern der 'Beziehung von Aufgabenstellung und Problemlösenden' (RUWISCH 2003, S. 5). In der praktischen Realisierung würde dies im idealen Falle eine didaktische und methodische Anpassung einer Aufgabe auf die Kompetenzen jedes einzelnen Schülers zur optimalen Steigerung von Lernqualität bedeuten - eine nahezu unausführbare Vorstellung, da jeder Schüler somit Anspruch auf Aufgaben hätte, die individuell auf seine Fähigkeiten abgestimmt wären.

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Leseprobe

3 Studie zur Vorgehensweise von Kindern beim Lösen ausgewählter Aufgaben


 

Die Studie fand im Zeitraum vom 16. bis 19.März 2008 in der Klasse 3b der Mittelpunktschule St. Blasius in Frickhofen statt. Sie umfasste insgesamt sieben Aufgaben, die in der Reihenfolge präsentiert werden, wie sie in der Studie erfolgten. Diese Aufgaben wurden von dreizehn Schülern bearbeitet und durch mich für deren individuelle Entwicklungsförderung konstruiert. Außerdem gab es eine Klassenaufgabe, bei der auf Ebene der Zielgruppenanalyse nicht der einzelne Schüler, sondern die Klasse als soziales Gebilde betrachtet wurde.

 

3.1 Planung der Studie[19]


 

Der Mathematikunterricht der Klasse 3b orientiert sich bezüglich der zu behandelnden Inhalte größtenteils am verwendeten Schulbuch Welt der Zahl 3.[20] Aus diesem entstammen überwiegend auch die im Unterricht und für Hausaufgaben genutzten Mathematikaufgaben.

 

Zum Zeitpunkt der Studie wurde das Thema der Subtraktion behandelt, weswegen ich mich dazu entschloss, die Studie in diesem Themengebiet anzulegen.

 

Das Kapitel zum Thema Subtraktion[21] erstreckt sich im erwähnten Schulbuch über acht Seiten und umfasst insgesamt 278 Aufgaben. 240 der 278 Aufgaben entsprechen eher dem in den Bildungsstandards genannten Aufgabenbereich I („Reproduktion“), 36 Aufgaben eher dem Aufgabenbereich II („Zusammenhänge herstellen“) und 2 Aufgaben eher dem Aufgabenbereich III („Verallgemeinern und Reflektieren“).[22] Obwohl die Bildungsstandards keine Auskünfte über eine mögliche Verteilung der drei Aufgabenbereiche geben und deren Wirkung „empirisch noch nicht hinreichend“ belegt werden konnte (Walther 2007, S. 21), ist dieses Übergewicht des ersten Aufgabenbereiches ein offensichtlicher Makel, da Reproduktion lediglich „das Ausführen von Routinetätigkeiten“ (KMK 2005, S. 13) fordert und somit die Kompetenzen der weiteren Aufgabenbereiche, wie Erkennen und Nutzen von Zusammenhängen, Strukturieren, Entwickeln von Strategien, Beurteilen und Verallgemeinern in den Hintergrund rücken.

 

Thema „Subtraktion“ in Rahmenplan und Bildungsstandards

 

Im hessischen Rahmenplan für die Grundschule ist das Ergänzungsverfahren für die Berechnung von Subtraktionsaufgaben vorgeschrieben. Dafür wird zur Sprechweise „von … bis … sind es …“ geraten, da diese der Denkweise der Kinder am gerechtesten wird (Rahmenplan Grundschule-Hessen 1995, S. 152). In den Bildungsstandards ist die Subtraktion der Leitidee „Zahlen und Operationen“ beizuordnen. Die in der Studie jeweils definierten inhaltlichen mathematischen Kompetenzen sind dabei dieser Leitidee untergeordnet.

 

Trotz des wachsenden Gebrauches von Taschenrechnern und Computern ist das Erlernen des schriftlichen Rechenverfahrens unverzichtbar, da „Gedächtnis und Denkvermögen (…) durch die Einsicht in ein System von sich wiederholenden Teiloperationen und durch deren verständige Anwendung auf vielfältige und anspruchsvolle Art gefordert und gefördert (werden)“ (ebd.).

 

Die schriftliche Subtraktion stellt demnach eine Kalkülfertigkeit dar, welche die Schüler sicher beherrschen können müssen, um sie im Alltag, aber auch in der weiteren Schulzeit anwenden zu können. Deswegen galt es in der Studie, Schüler, die dies nicht leisten konnten, zum sicheren Anwenden des Lösungsalgorithmus zu befähigen, obwohl eine Förderung im Aufgabenbereich II oder III auch hätte vorgenommen werden können. Die Schüler, die den Algorithmus zum schriftlichen Lösen von Subtraktionsaufgaben sicher beherrschten, wurden in diesen zwei Aufgabenbereichen gefördert.

 

Um den Leistungsstand der einzelnen Schüler zu erfahren, wurde vor Beginn der Studie ein Leistungsdiagnosetest in der Klasse durchgeführt.

 

Der Leistungsdiagnosetest[23]

 

Die Erkenntnisse aus der Auswertung dieses Tests sollten einen genaueren Eindruck darüber geben, wie ausgeprägt inhaltliche Kompetenzen bei den einzelnen Schülern bereits sind und im Besonderen, wo es der pädagogischen Unterstützung bedarf. Um dies für alle Schüler unterschiedlicher Leistungsfähigkeit garantieren zu können, wurde der Test so konzipiert, dass er alle Zielsetzungen bediente, welche die Schüler am Ende der Einheit erreichen konnten. Die gewonnenen Erkenntnisse dienten anschließend als Grundlage für das Erstellen differenzierter Fördermaßnahmen mit geeigneten Aufgaben.

 

Der Leistungsdiagnosetest umfasst Aufgaben aus den drei in den Bildungsstandards genannten Aufgabenbereichen. Somit soll getestet werden, inwiefern der Schüler in der Lage ist, das erlernte Lösungsverfahren für die schriftliche Subtraktion sicher anzuwenden (AB I), Zusammenhänge erkennen und nutzen (AB II) und komplexe Tätigkeiten wie Strukturieren, Entwickeln von Strategien, Beurteilen und Verallgemeinern vollziehen zu können.

 

Um das Anwenden des Lösungsschemas zu testen und fehlerhafte Denkstrukturen offen zu legen, wird im Teil A eine Auswahl zusammenhängender Aufgaben  verwendet (siehe S. 17 und Anhang, S.2). Potentielle Gefahrenstellen für das Begehen von Fehlern sind bei der schriftlichen Subtraktion der Umgang mit der Zahl Null im Minuend, im Subtrahend und in der Differenz, sowie der Umgang mit Überträgen (vgl. Lorenz/Radatz 1993, S. 159f). Sollte ein Schüler das Anwenden des schriftlichen Lösungsalgorithmus nicht ausreichend beherrschen, so wird diese Korrektur Vorzug vor weiteren Inhalten erhalten, die ebenfalls thematisiert werden könnten. Dieses Vorgehen beruht auf dem Gedanken, dass der korrekte Umgang mit dem Algorithmus zur schriftlichen Subtraktion dem Schüler als Grundlage für die Einheit im Generellen und für die Behandlung der noch folgenden Aufgaben dienen soll, die den Aufgabenbereichen II und III entstammen.

 

Die Entwicklung der im Aufgabenbereich II definierten Kompetenz  Zusammenhänge erkennen und nutzen wird mit der Verwendung so genannter „Lücken-“ oder „Klecksaufgaben“ im Teil B überprüft (siehe Anhang, S. 3f). Diesen Aufgaben sind einzelne Stellenwerte herausgenommen, die der Schüler rekonstruieren muss. Das Lösen von Klecksaufgaben geht über das Ausführen des konkreten Lösungsschemas als Routinetätigkeit hinaus und verlangt das Erkennen der Zusammenhänge von Subtrahend, Minuend und Differenz, sowie die Adaption des Lösungsschemas auf das Fehlen einzelner Stellenwerte.

 

Teil C fordert die Beurteilung der Schüler darüber, bei welchen Aufgabentypen die Verwendung des schriftlichen Lösungsweges sinnvoll ist (siehe Anhang, S. 4). Dem Schüler wird hierbei abverlangt, sich durch genaue Betrachtung der Zahlen für einen geschickten Lösungsweg  zu entscheiden. Somit überprüft die dem Aufgabenbereich III zuzuordnende Aufgabe die Flexibilität des Rechners und seinen Blick für Zahlen (vgl. Walther 2007, S. 84f).

 

3.2 Gute Aufgaben: Studie zur Vorgehensweise von Kindern beim Lösen ausgewählter Aufgaben


 

Zweck dieser Studie war es, die Vorgehensweisen der Schüler beim Lösen der Aufgaben zu untersuchen, die nach dem vorgestellten Konzept konstruiert wurden. Die dabei gewonnenen Ergebnisse sollen Auskünfte darüber geben, inwiefern dieses Konzept in der Unterrichtspraxis tragfähig ist.

 

Basierend auf den Erkenntnissen, die der Leistungsdiagnosetest lieferte, wurde Aufgaben konstruiert, die sich primär auf die Förderung inhaltlicher mathematischer Kompetenzen bezogen. Diese waren die Aufgaben für Paul, für Robert und Ilhami, die Aufgabe für Mehmet und für Leon, Maria, Robert und Leni und die Tandemübung.[24]

 

Zusätzlich gab es eine Klassenaufgabe, die primär auf die Förderung allgemeiner mathematischer Kompetenzen abzielte. Aus den Beobachtungen dieser Aufgabe und aus der Untersuchung einer dafür gestellten Hausaufgabe ergab es sich, die Schüler Pascal, Emma Sabrina, Vera und Markus durch eine weitere Aufgabe, die ebenfalls allgemeine mathematische Kompetenzen beanspruchte, zu fördern.

 

Diese Aufgaben sollen im Folgenden vorgestellte werden.

 

3.2.1 Aufgabe für Paul


 

Paul zeigte in seiner Bearbeitung des Leistungsdiagnosetests (siehe Anhang, S. 9), dass er das Anwenden des Lösungsalgorithmus zur schriftlichen Subtraktion nicht sicher beherrscht. Bei genauerer Analyse der Fehler stellt man fest, dass er Überträge lediglich aufschreibt, wenn die zu berechnenden Stelle eine Null im Minuenden enthält. Weitere Überträge werden nicht beachtet.

 

Eine gute Aufgabe für Paul sollte ihm die Bedeutung des Übertrags verständlich machen und ihn somit zum korrekten Umgang befähigen. Da es sich um ein individuelles Problem handelt und Paul diese Erkenntnisse durch eigenständige Erarbeitung gewinnen soll, ist die methodische Verwendung der  Einzelarbeit gerechtfertigt.

 

Um dies zu...

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