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Häusliche Gewalt. Entscheidung Frauenhaus?!

AutorNicole Jost
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl76 Seiten
ISBN9783656590200
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Hochschule RheinMain, Sprache: Deutsch, Abstract: Mein Anliegen ist es, mit meiner Arbeit ein Stück weit zu verdeutlichen, was es für betroffene Frauen bedeutet, sich für das Hilfsangebot Frauenhaus zu entscheiden und welche Konsequenzen der Schritt mit sich trägt. Ebenso möchte ich einen kleinen Beitrag zur Transparenz des Hilfsangebots leisten, denn nur die wenigsten wissen, was unter einem Frauenhaus wirklich zu verstehen ist und leben mit mystischen Vorurteilen und Vorstellungen.

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Leseprobe

2. Kapitel


 

3. Frauenhaus


 

Das Fachlexikon der Sozialen arbeitet definiert Frauenhaus wie folgt:

 

„Frauenhäuser sind Zufluchtseinrichtungen für Frauen und ihre Kinder, die körperliche, sexuelle und psychische Gewalt sowie ökonomische Ausbeutung erleben bzw. von Gewalt bedroht sind. Neben Schutz und Wohnraum bieten Frauenhäuser gewaltbetroffenen Frauen Krisenintervention sowie umfassende soziale, rechtliche und ggf. psychologische Beratung und Unterstützung bei der Entwicklung und Realisierung gewaltfreier und selbstbestimmter Lebensperspektiven. [...] Das Angebot der Frauenhäuser richtet sich grundsätzlich an jede Frau unabhängig von ihrem sozioökonomischen und kulturellen Hintergrund und ihrem rechtlichen Status. [...] Genutzt werden Frauenhäuser überwiegend von Frauen, die Gewalt durch den aktuellen oder ehemaligen Lebenspartner erfahren (häusliche Gewalt). [...] Frauenhäuser tragen im Rahmen ihrer politischen Arbeit maßgeblich zur gesellschaftlichen Aufklärung über Ursachen, Ausmaß und Folgen der Gewalt gegen Frauen, zur Enttabuisierung der Problematik, ihrer internationalen Anerkennung als Menschenrechtsverletzung sowie zur Verbesserung der sozialen und rechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Opfer bei. “[95]

 

Dazu kommt, dass Frauenhäuser streng geheim gehaltene Zufluchtsstätten in unauffälligen Gebäuden sind, bei denen von außen nicht erkennbar ist, welche Menschen darin leben.[96]

 

Christa Hanetseder betont einen anderen Schwerpunkt: [97]

 

„Das Frauenhaus kann aufgrund seiner strukturellen und personellen Rahmenbedingungen als ein Ort gelten, wo Frauen in umfassender, ganzheitlicher Weise Sicherheit, Schutz und Geborgenheit erleben.[...] Das Frauenhaus kann als ein Ort gelten, der zur Veränderungen in Bezug auf Wahrnehmung und Bewältigung von Problemen beiträgt und wo es Frauen gelingen kann, eine erweiterte Sicht auf ihr Leben und ihre Geschichte zu entwickeln. Das Frauenhaus leistet damit einen essentiellen Beitrag in der psychosozialen Versorgung.[.] Das Frauenhaus kann als ein Ort gelten, der bei Frauen eine emanzipatorische Bewegung auszulösen vermag, ja, dieser Aspekt scheint ein sehr wesentlicher zu sein. Sie entdecken Bilder einer anderen Weiblichkeit.“

 

3.1. Entstehung/Geschichte


 

Die Frauenhäuser entstanden aus der neuen Frauenbewegung in den 1970er Jahren, die erstmals öffentlich auf das Ausmaß der alltäglichen, bislang verborgenen und totgeschwiegenen Gewalt in Ehe, Familie und Sexualität hinwies und skandalisierte. Die Gewalt von Männern gegen Frauen und ihre Kinder wurde als extreme Form der gesellschaftlichen Unterdrückung und Ausdruck eines strukturell verankerten ungleichen Machtverhältnisses zwischen den Geschlechtern begriffen.[98]

 

„Dadurch erhielten einerseits die Betroffenen die Möglichkeit, ihre Situation zu reflektieren und das ihnen widerfahrene Unrecht zu erkennen. Andererseits führte die Sensibilisierung der Bevölkerung zu einer öffentlichen Anerkennung der Problematik und ebnete den Weg für die Eröffnung des ersten Frauenhauses Deutschland.“[99]

 

Dieses erste Frauenhaus wurde 1976 in West-Berlin eröffnet. Als Modellprojekt wurde es vollständig durch Senat und Bund finanziert und für drei Jahre voll unterstützt. Es gab keine zwingende Vorgabe für Konzept oder Inhalt der Arbeit im Frauenhaus.[100]

 

Bald darauf wurden weitere Häuser mit öffentlichen Mitteln von Träger der privaten Wohlfahrt eröffnet.[101]

 

„Sie wollten Träger einer radikalen feministischen Politik sein und die männerbestimmten Gewaltstrukturen in dieser Gesellschaft zu einem öffentlichen Thema machen und verändern. Zugleich wollten die Frauenhäuser politisch nach innen wirken. Die Frauen, die in die Häuser kamen, sollten begreifen, dass ihre Mißhandlungserfahrungen [sic!] kein individuelles Schicksal waren, sondern Resultat der patriarchalischen Familien- und Gesellschaftsstrukturen. Die Frauenhäuser wurden als politische Orte verstanden, von denen aus Frauen gemeinsam neue und kollektive Lebens- und Arbeitszusammenhänge entwickeln.“[102]

 

Sie wurden als eine Art öffentliche Instanz gegen alle Formen von Männergewalt und als ein Frauenprojekt verstanden, indem Frauen und ihre Kinder aus unterschiedlichen Lebenszusammenhängen gleichberechtigt Unterkunft und Schutz erhielten. [103]

 

Das langfristige Ziel war nicht ein flächendeckendes Netz von Frauenhäusern in Deutschland, sondern das Ende der Männergewalt gegen Frauen, das Frauenhäuser überflüssig machen sollte.[104]

 

Aufgrund der Wiedervereinigung von Deutschland wurden ab 1990 auch in den neuen Bundesländern Frauenhäuser errichtet.[105]

 

3.1.1. Autonomes Frauenhaus

 

Das erste Frauenhaus in Deutschland (1976) war ein autonomes Frauenhaus.

 

Das Besondere an dieser Form von Frauenhaus ist die Gleichberechtigung im Team der Mitarbeiterinnen und das Nichtvorhandensein einer Leitung. Ein Kerngedanke der autonomen Frauenhausarbeit ist, nicht nur akute Hilfe im privaten Bereich zur Verfügung zu stellen, sondern gleichzeitig auch auf politischer Ebene zu arbeiten, um die Gründe für häusliche Gewalt in den Wurzeln der gesellschaftlichen Strukturen auszumerzen.[106]

 

„Oberstes Prinzip der autonomen Frauenhäuser war und ist, Frauen höchstmögliche Autonomie auf allen Ebenen zu sichern, um sie zu ermächtigen. Ihr Auftrag beinhaltet daher sowohl die Schaffung von Frauenautonomie in der Gesellschaft durch politische Aktivitäten, Autonomie von Normen unterstützenden Trägern eines Frauenhauses, wie auch Eigenständigkeit jeder Mitarbeiterin und jeder Bewohnerin des Hauses“[107]

 

Jede Bewohnerin sorgt für sich selbst und ist auch für sich selbst verantwortlich ohne fremdbestimmt zu werden.[108]

 

3.1.2. Verbandliches Frauenhaus

 

Eine weitere Frauenhausvariante stellt das verbandliche Frauenhaus dar. Hier wird der Schwerpunkt auf die Festigung der Familie gelegt, die bestehende Gesellschaftsordnung soll nicht grundsätzlich verändert werden.[109] Die verbandlichen Frauenhäuser sehen nur dann eine Möglichkeit der Fortentwicklung der Gesellschaft, wenn Frauen und Männer gemeinsam daran arbeiten. Daher beinhaltet die Leitidee der verbandlichen Frauenhäuser auch, dass die Möglichkeit für die Frau besteht, zum gewalttätigen Partner zurückzugehen.[110]

 

Oberste Priorität ist jedoch, misshandelten Frauen und Kindern Schutz, sowie Beratung und Hilfe auf sozialpädagogischer und psychosozialer Ebene zu bieten.[111] Dies bedeutet professionelle Hilfe durch Sozialarbeit.

 

Im verbandlichen gibt es im Gegensatz zum autonomen Frauenhaus eine hierarchische Organisation, d.h. eine Leitung.[112]

 

3.2. Frauenhaus heute


 

„Die zunehmende Enttabuisierung häuslicher Gewalt und die Interventionsprojekte haben dazu geführt, dass heute zahlreiche gesellschaftliche Institutionen mit häuslicher Gewalt konfrontiert sind.“ [113] Dazu gehören zweifellos auch die Frauenhäuser.

 

Der Aufbau der Frauenhäuser, seit der Gründung 1976, hatte einen zentralen politischen Hintergrund, und auch die heutige Frauenhausarbeit trägt im Rahmen ihrer politischen Arbeit zur Verbesserung der sozialen und rechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Frauen bei.[114] „Die inzwischen langjährige Existenz der Frauenhäuser hat entschieden dazu beigetragen, dass das Ausmaß ehelicher Gewalt bekannt geworden und wesentlich enttabuisiert worden ist.“[115]

 

Trotz langer Jahre harter Kontroversen, Rivalitäten und Abgrenzungen, existieren inzwischen- aufgrund stetiger Annäherung- kaum noch Unterschiede zwischen den Arbeitsweisen und Arbeitskonzepten der autonomen und der verbandlichen Frauenhäuser. Vielmehr arbeiten sie mittlerweile auf lokaler und nationaler Ebene zusammen.[116][117]

 

Das Institut „Frau und Gesellschaft“ stellte 1997 fest, dass knapp zwei Drittel der bestehenden Frauenhäuser autonome Frauenhäuser sind.[118]

 

Derzeit gibt es rund 400 Frauenhäuser[119] in Deutschland, die meist voll belegt sind und Wartelisten führen. Der Bedarf ist trotz sich änderndem Bewusstsein und fortschreitender Emanzipation der Frau nach wie vor gegeben und scheint auch vorerst nicht zu sinken.

 

Ehemalige Bewohnerinnen als Mitarbeiterinnen einzustellen, so wie es in den Anfangszeiten üblich war, hat sich nicht bewährt und wird heutzutage nicht mehr angestrebt, da professionelles Arbeiten im Frauenhaus Vorrang vor eigener Betroffenheit gewonnen hat.[120]

 

3.2.1. Ziele und Aufgabenbeschreibung

 

Die damaligen Ziele der Frauenhausarbeit sind auch heute noch gültig: [121]

 

 Frauen in akuten Gefährdungssituationen vor häuslicher Gewalt zu schützen und sie...

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