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Hamburg abseits der Pfade

Eine etwas andere Reise durch die Metropole an Elbe und Alster

AutorCordula Natusch
VerlagBraumüller Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783991001560
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Streifen Sie mit der Wahlhamburgerin Cordula Natusch durch ihr Hamburg abseits der Pfade. Wir erkunden die ältesten Spuren der Stadt, erleben hautnah den Containerhafen, spazieren gemeinsam durch die Wasserkunst Kaltehofe, schnuppern uns durch Hamburgs schönsten Wochenmarkt und lassen uns in einer ­typischen Hafenkneipe eine Currywurst und ein Astra servieren. Aber keine Sorge, Hamburg hat kulinarisch noch viel mehr zu bieten. Acht Sterne-Restaurants, jede Menge Szene-Lokale und eine bunte internationale Küche warten auf hungrige Gäste. Den rauen, herzlichen Charme der Hansestadt gibt's gratis dazu.

Cordula Natusch, geboren 1969 in Wolfenbüttel, lebt in Hamburg. Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Bamberg und Pavia wohnte sie einige Jahre in München, bevor sie sich einen lang gehegten Wunsch erfüllte und in die Hansestadt zog. Sie ist freiberufliche Lektorin, Redakteurin und Autorin, liebt Literatur, Reisen, leckeres Essen und ihr Hamburg.

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Leseprobe

Entdeckungen
in der Innenstadt


Gut sechs Millionen Menschen besuchen Hamburg jedes Jahr und bleiben durchschnittlich zwei Tage. An sonnigen Tagen, wenn überall das Wasser glitzert, die Fassaden der alten Kontor- und Handelshäuser strahlen und sich die Stadt von ihrer schönsten Seite zeigt, strömen die Menschen in Massen an die Binnenalster und in Richtung Hafen. Es ist nicht einfach, im Trubel der Innenstadt ruhigere, etwas unbekanntere Ecken zu finden, aber es gibt sie.

Die Hammaburg:
die Wurzeln von Stadt und Hafen


Ich stehe auf dem Platz zwischen Speersort und Schopenstehl, nur ein paar Meter von der Mönckebergstraße entfernt. Trotz der Nähe zum Rathaus verlaufen sich nur vergleichsweise wenige Touristen hierher, und wenn, dann sitzen sie meist vor dem Hofbräu Wirtshaus, in dem die Bedienung tatsächlich in Dirndl und Lederhose serviert. Der historischen Bedeutung dieses Orts, der inoffiziell Domplatz heißt, sind sich wohl die wenigsten bewusst. Dabei fing hier alles an. An dieser Stelle befinden sich die Wurzeln der heute zweitgrößten Stadt Deutschlands.

Im Boden unter mir haben Archäologen bei Ausgrabungen in den 1980er-Jahren Spuren von Befestigungsanlagen aus dem 8. Jahrhundert nachgewiesen. Die Enttäuschung war groß. Zu alt waren die Funde, um von der Hammaburg zu stammen, dachte man damals, galt doch Karl der Große als Stadtgründer. Dabei war man überzeugt gewesen, hier auf Hamburgs Ursprung zu stoßen. Doch die Enttäuschung war unberechtigt. Nach jüngeren Grabungen sind sich die Archäologen mittlerweile sicher (und haben die Resultate ihrer Forschungen mit einer großen Ausstellung 2014 dokumentiert): Hier stand die legendäre Hammaburg! Oder vielmehr die Hammaburgen, denn insgesamt tragen drei nachgewiesene Befestigungen diesen Namen. Allerdings musste mit dieser Erkenntnis Hamburgs Gründungsmythos um Karl den Großen beerdigt werden …

Wie mag es damals wohl hier ausgesehen haben?

„Ham“, das ist altsächsisch und bedeutet so viel wie „Bucht“ oder „Wiese“. Die „Hammaburg“ ist also die „Bucht-“ oder „Wiesenburg“. Vermutlich war die Gegend den heutigen Elbauen flussaufwärts ähnlich, sehr grün und ziemlich matschig. Der Standort war gut gewählt, an ihm trafen im 8. Jahrhundert Elbe, Bille und Alster zusammen. Durch die Alster führte eine Furt, durch die Fuhrwerke den Fluss überqueren konnten. Später wurde ein Stück des Ufers befestigt, die Urzelle des Hafens. Eine kleine Siedlung, ein befestigtes Flussufer, eine Furt für den Weitertransport, von Beginn an, so scheint es, war dieses Fleckchen für den Handel prädestiniert. Ich blicke mich um. Noch heute ist der Geestsporn, die Landzunge, auf der die Siedlung lag, zu erkennen. Das leicht erhöht liegende Land fällt zur Straße Schopenstehl hin deutlich ab. Einen Eindruck von der Höhe und der Ausdehnung der mittelalterlichen Befestigungen vermitteln die schwarzen Bauten, die „Wälle“, die auf dem Platz aufgestellt sind. Ich stelle mich in die Mitte und staune. Wie klein das alles ist! Wie überschaubar. Innerhalb der Wallanlage standen nur einige wenige Gebäude, außerhalb ein paar Hütten. Selbst die Kapelle des heiligen Ansgar, der von Hamburg aus Skandinavien missionierte, lag außerhalb, heute wird sie unter der St. Petri-Kirche vermutet. Und wie nah die Feinde waren. Gleich östlich dieses Platzes, dort, wo heute die Steinstraße entlangführt, lag das Land der Slawen.

Die Gefahr kam dann aber aus einer anderen Richtung. 845 überfielen Wikinger die Hammaburg, so vermelden mittelalterliche Quellen. Bischof Ansgar und der weltliche Herrscher, Graf Bernhard, flohen, die Befestigungsanlagen wurden geschleift (die verheerende Brandschatzung, von der die alten Quellen berichten, lässt sich allerdings im Boden nicht nachweisen). Andere Bewohner aber blieben, trieben weiter Handel und hielten so die Ansiedlung am Leben. Die Wende kam, als die kleine Stadt zum Erzbistum ernannt wurde. Ein erster Hafen und die Hammaburg III entstanden. Später wurde auch diese größere Befestigungsanlage wieder zerstört, danach wurde keine neue gebaut. Stattdessen errichtete man im Osten den sogenannten Heidenwall als Schutzwall – und Wachtürme.

Zeit für einen Besuch beim Bäcker Dat Backhus im Speersort 10, neben der St. Petri-Kirche. Nicht etwa, weil es da besonders guten Kuchen gäbe, nein, ich will in den überaus sehenswerten Keller des Gebäudes. Also besorge ich mir einen Kaffee und steige die Treppe hinab ins Untergeschoss, in dem eine Außenstelle des Archäologischen Museums der Stadt untergebracht ist. Hier sitze ich bei etwas schummerigem Licht in der Mitte eines der ältesten erhaltenen Bauwerke Hamburgs: dem Fundament eines Turms, neunzehn Meter im Außendurchmesser und kreisrund. Nach seiner Entdeckung 1962 hielt man diesen Steinturm aus riesigen Findlingen zunächst für den Sitz des Bischofs Bezelin Alebrand, und bis heute ist er in der Stadt als Bischofsturm bekannt. Allerdings stammt dieses Fundament aus dem 12. Jahrhundert und ist damit zu jung für das in den mittelalterlichen Quellen erwähnte bischöfliche Gebäude. Es handelt sich wohl eher um die Überreste eines Stadttors, das die Stadt nach Osten hin sicherte, ein Stadttor, wie es bis heute das Stadtwappen Hamburgs ziert. Im Inneren des mächtigen Kreises sind neben Kaffeetischen und Stühlen auch Vitrinen mit archäologischen Funden und ein Modell des Turms, wie er wohl ausgesehen hat, aufgestellt. Wer um die Reste des Turms herumgeht, findet dahinter einen zweiten, kleineren Steinkreis, einen ehemaligen Brunnen, der schon innerhalb der Befestigung lag. In einem abgetrennten Raum ist eine Nachbildung einer Glocke des Hamburger Domgeläuts ausgestellt. Bei Ausgrabungsarbeiten wurde auch eine Glockengussgrube gefunden, deren Glocken dieselben Ausmaße hatten wie diese Nachbildung.

Nachbildung einer Glocke im sogenannten Bischofsturm

Ein „Domplatz“, eine Glockengussgrube für den Dom und die Glocke eines Domgeläuts – aber wo ist der Dom? Ich gehe wieder nach draußen auf den freien Platz zwischen den Stahlwällen. Heute ist der Mariendom nur noch eine Erinnerung. Bis 1806 stand er direkt hier auf dem Speersort, ein Rest auch politischen katholischen Einflusses mitten in der schon lange protestantischen Hansestadt. Als das Gotteshaus mit der Zeit immer weiter verfiel, ließ es die Bürgerschaft, der es bei der Säkularisierung zugefallen war, kurzerhand vollständig abreißen. Die weißen Quader auf dem Speersort deuten noch den Grundriss der Kirche an. Vom westlichen Ende, vom Alten Fischmarkt aus, sind die Ausmaße des breiteren Hauptschiffs, der beiden schmaleren Seitenschiffe und des Kreuzgangs gut zu erkennen. In einen der Quader in der linken äußeren Bahn ist eine durchsichtige Plexiglasscheibe eingelassen, durch die – wenn sie nicht gerade von innen beschlagen ist – noch Fundamentreste des Doms zu sehen sind.

Natürlich wurden auch an anderen Stellen in der Innenstadt Spuren der früheren Bewohner gefunden. Im Zürichhaus, einem Gebäude der Architekten Gerkan, Marg und Partner, sind einige Stücke, die beim Bau des Gebäudes ausgegraben wurden, ausgestellt und während der Öffnungszeiten des Bürohauses frei zugänglich. (Die genaue Anschrift ist Domstraße 17–21, südlicher Eingang, in der Halle rechts.)

Es ist ein ungewöhnlicher Glücksfall, dass ausgerechnet dieser Platz, der historisch so wichtig ist, heute freiliegt, während doch sonst nahezu jedes Quadratzentimeterchen in der Hamburger Innenstadt unter Häusern und Straßen begraben ist. Noch, möchte man sagen. Denn natürlich gab und gibt es Gedankenspiele, dieses Filetstück mitten in der Innenstadt zu bebauen. Bleibt zu hoffen, dass es angesichts der historischen Bedeutung dieses Orts bei Gedankenspielen bleibt.

Blick auf den Speersort vom Turm der St. Petri-Kirche aus

Zeitreise in den Kalten Krieg:
der Atombunker unter dem
Hamburger Hauptbahnhof


„Sie setzen sich bitte hierhin!“ René Rühmann, Mitarbeiter des Vereins Hamburger Unterwelten, weist mir einen Platz in einer Sechsersitzreihe zu. Ich setze mich auf den harten, schmalen Sitz und lehne meinen Kopf an das Schaumstoffpolster darüber. Neben mir nehmen auf Anweisung weitere Besucher Platz, eng an eng. „Und jetzt“, beginnt unser Guide, „stellen Sie sich vor, dass dies für die nächsten vierzehn Tage Ihr Zuhause ist. Sie werden sechzehn Stunden am Tag sitzen und im Drei-Schichten-System acht Stunden auf Pritschen liegen.“

Ich bin im Tiefbunker unter dem Hamburger Hauptbahnhof, dessen tiefste Ebene bis auf 11,8 Meter unter die Erde reicht. In Hamburg sind noch zahlreiche Bunker und Schutzräume aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten. Sie waren dazu gedacht, während der Angriffe der Alliierten Schutz zu bieten. Waren die Bomber abgezogen, kehrten die Menschen in ihre Häuser und Wohnungen oder...

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