[...] los que casan por amores siempre viven con penas y dolores.[7]
In der Tradition der griechischen und römischen Antike galt die Ehe als eine gesellschaftliche Institution, die in der Regel auf wirtschaftlichen oder machtpolitischen Interessen der beiden Familien beruhte. Dem Primat der Fortpflanzung und der gemeinsamen Lebensgestaltung untergeordnet, gründete die Eheschließung zumeist auf zweckdienlichen Erwägungen, in dessen Zusammenhang es keinen Raum für Zuneigung oder romantische Gefühle gab,[8] die ohnehin als unwichtig eingestuft wurden. In diese vor allem aus ökonomischer Sicht oft vorteilhaften Arrangements wurden die Brautleute für gewöhnlich mit gewissem Nachdruck, der auf die Notwendigkeit der Ehe verwies, gezwungen.[9] Zwar konnte in Verbindung mit dem Aufstieg der Kirche dieser Druck auf die Brautleute etwas gelockert werden, „da diese, zumindest eine Zeitlang, im Zölibat eine besondere Tugend sah“[10]. Jedoch blieb die Ehe zunächst eine rein weltliche, d.h. praktische, ökonomische Angelegenheit. Die Erhebung zum Heiligen Sakrament gegen Ende des 12. Jahrhunderts[11] deutete allerdings bereits auf die Intention der christlichen Kirche hin, durch ihre bis dahin entwickelte Ehedoktrin und -gesetzgebung die Zuständigkeit in Sachen Ehe für sich in Anspruch zu nehmen. In diesem Zusammenhang bezweckte die Kirche die diesbezügliche Gesetzgebung, welche beispielsweise eine Scheidung fast unmöglich machte,[12] zu systematisieren und zu vervollständigen.[13]
[...] en estos siglos [,en la segunda mitad del siglo XIII bajo el rey Alfonso X el Sabio (1252-1284),] asistimos a un proceso de transformación profunda de la institución del matrimonio. La [sic] reformas religiosas en Europa afectaron de manera directísima al matrimonio y a la familia. En el mundo católico el Concilio de Trento supuso un antes y un después: en él, por el decreto Tametsi de 1563, se dictaron las pautas esenciales para la regulación canónica del matrimonio, que estarían vigentes durante toda la Edad Moderna.[14]
Die Unauflösbarkeit, die insbesondere in adeligen Kreisen, in welchen die Ehe meist als politisches Instrument zum Machterhalt und -ausbau diente, mit Skepsis beargwöhnt wurde, da er deren Handlungsspielraum einengte, war mitunter entscheidend dafür, dass die Ehe in den Bereich des Religiösen emporgehoben werden konnte. Jack Goody erwähnt diesbezüglich den „endogamen“[15] Charakter europäischer Ehen, wenn er im Kontrast zur arabischen Welt unterstreicht, dass in Europa wohl durchaus innerhalb der eigenen sozialen Klasse geheiratet wurde, sich dabei allerdings „von der ‚Logik‘ der Eheschließungen im engeren Kreis, zumindest auf der Ebene der Verwandtschaft[16], weit [entfernte]“[17].
Auf dem, als Reaktion auf die protestantischen Änderungen, einberufenen Konzil von Trient (1545-1563), das bisweilen die heimlichen und die formlosen Eheschließungen fast unmöglich machte, da als Folge dessen künftig alle Eheschließungen vor einem Priester und zwei Zeugen stattfinden mussten,[18] ließ die katholische Kirche dem rechtlichen Durcheinander ein Ende setzen.[19] „[…] erst den gemeinsamen Kontrollanstrengungen von christlichen Kirchen und neuzeitlichem Staat gelang es, die vor dem Priester geschlossene lebenslange Einehe als einzig gültige Eheform nahezu vollständig durchzusetzen“[20].
Ein anderer entscheidender und revolutionärer Aspekt neben der Unauflösbarkeit, welcher nachhaltigen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Ehe im Abendland hatte, das weltliche und geistliche Modell aber erheblich in Konflikt bringen sollte, war der von der Kirche geforderte und propagierte Konsensgedanke, d.h. der Grundsatz der Eheschließung in beiderseitigem, freiem Einvernehmen des Brautpaares.[21] Dieser stärkte zum einen die Position der Brautleute gegenüber ihren Familien und schwächte gleichzeitig vor allem den Einfluss der Väter, die bis dahin über Eheangelegenheiten entschieden. Zwar beruhte die Ehe somit zumindest theoretisch auf der persönlichen Übereinkunft zweier Individuen, selbstredend setzte sich allerdings dieser Gedanke in der sozialen Realität kaum spürbar durch.
Obwohl zwischen dem freiwilligen Ja-Wort und der wirklich selbstbestimmten Partnerwahl noch eine lange Entwicklung liegt, war es doch das christliche Konsensprinzip, das die Weichen für die allmähliche Emanzipation des Paars aus der Vorherrschaft der Herkunftsfamilie stellte und den sich später immer mehr beschleunigenden Individualisierungsprozeß der Ehe ursprünglich in Gang setzte.[22]
So akzeptierte das Kirchenrecht schließlich den Konsensgedanken[23] als ausschließlich konstituierendes Element der Ehe, legte aber auch nochmal ihre positive Grundhaltung zur copula carnalis dar, indem sie der Annullierung einer nicht vollzogenen Ehe weniger Hindernisse entgegenstellte, als der Auflösung einer durch den Beischlaf vollzogenen.[24]
Die offizielle Eheschließung vor dem Kirchenportal kann bloß den weniger bedeutsamen Abschluß eines Eheschließungsvorgangs bedeuten, der in Wirklichkeit bereits mit einem öffentlichen Eheversprechen oder einem privaten „Ehevertrag“ begann, worauf der Geschlechtsverkehr folgte.[25]
Trotz des Konsensgedankens und der damit verbundenen Idee einer Ehe, geprägt durch Liebe, Zuneigung und Freundschaft, wurde die Liebe in der Ehe und die Liebe außerhalb der selbigen besonders deutlich akzentuiert.
Bis in die Neuzeit hinein war man überzeugt, daß die Freude an der Sinnlichkeit, der Genuß der Sexualität in der Ehe nichts zu suchen habe, ja daß eine solche Einstellung die Ehefrau beleidige oder gar verderbe.[26]
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der unter anderem etwas über die Ursprünge der in der Schaffensperiode Goyas und Moratíns üblichen Heiraten zwischen Partnern großer Altersdifferenz verrät, ist die Bedeutung der Jungfräulichkeit, „ein lange Zeit für die mediterranen Gesellschaften gültiges Merkmal“[27], das mit Vorstellungen von Scham und Ehre assoziiert wurde. Verstöße gegen diese Art von Ehrenkodex konnten durch eine möglichst frühe Verheiratung der Braut leichter verhindert werden. So ist „bei einem späteren Heiratsalter der Frauen die voreheliche Keuschheit weit schwieriger durchzusetzen, die Wahl ist freier, das Liebeswerben dauert länger, und eine verspätete Heirat führt zwar nicht immer zu ‚illegitimen‘ Kindern, aber doch häufig zur vorehelichen Schwangerschaften […]“[28].
Diese Entwicklung der Heiratspolitik und der Institution Ehe spiegelt sich auch in der zeitgenössischen Literatur wider. Die Ehe thematisierend, sah sich Juan Luis Vives restlos der traditionellen Auffassung eben jener verpflichtet. Charles Fourier dagegen wollte genau diese unter dem Zeichen der Französischen Revolution verändern, da aus seiner Sicht diese monogame Beziehung der wesentliche Grund für das gesellschaftliche Übel darstellte.[29] In seiner erzieherischen Abhandlung De institutione feminae christianae (1523)[30] spricht sich Vives, der sich radikaler als Erasmo de Rotterdam (1466-1536)[31] zeigt, deutlich gegen eine Teilnahme der Frau am gesellschaftlichen Leben aus:
La virginidad y la castidad son preceptos fundamentales para la mujer joven, por ello, y en su propio interés, esta debe evitar conversar con hombres, bailar o ir al teatro; lo mejor es que se quede en casa para estar protegida de las tentaciones. [...] La mujer tiene que estar sometida a su futuro marido.[32]
So ist es auch nicht überraschend, dass sich gerade Vives gegen eine Mitbestimmung der Töchter bei der Wahl des Bräutigams und für eine Heirat innerhalb des Standes ausspricht.
Uno de los siete sabios de Grecia había aconsejado que uno no debe intentar casarse con alguien que sea más rico o de linaje más alto. Lo mejor sería seguir el consejo: Toma tu igual. El dejarse guiar por la mera belleza, riqueza o alcurnia iguala el matrimonio al de una estatua o cuadro.[33]
Einer Notwendigkeit der Ehe einsichtig sah sich auch Fray Luis de León (1527-1591), der mit seinem Eheratgeber für junge Frauen La perfecta casada im Jahre 1583 die moralischen Normen in den Vordergrund stellte. Entgegen dieser mittelalterlichen Einstellung bezüglich der Geschlechterrollen, sprach sich Vives‘ englischer Freund Thomas Morus (1478-1535) bereits im Jahr 1516 mit seiner Schrift Utopia für eine Gleichstellung von Mann und Frau aus.
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