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Herakles Mousikos und Herakles im Bürgergewand im römischen Ambiente

AutorKatrin Skibbe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl69 Seiten
ISBN9783668226203
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Archäologie, Note: 3,0, Universität Leipzig (Institut für Klassische Archäologie), Veranstaltung: Repräsentation von Bildung in hellenistisch-römischer Zeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Verlauf der Arbeit wird zunächst das Material, das einerseits Herakles Mousikos und andererseits Herakles im Bürgergewand zeigt, vorgestellt. Dabei betrachte ich als erstes den Kult des Hercules Musarum in Rom, der dieses bestimmte Motiv des musizierenden Heros einführte und darauf folgend möglicherweise die Darstellung auf vielen weiteren Bildträgern entsprechend beeinflusste. Im Anschluss möchte ich auf die allgemeinen Merkmale des bürgerlich dargestellten Helden eingehen und die weite Verbreitung des Themas anhand der unterschiedlichen Gattungen und Aufstellungsorte skizzieren. Den Hauptteil der Arbeit bildet dann die Interpretation des gesammelten Materials. Hier soll die Rolle des Herakles als Träger verschiedenster Informationen und Botschaften verdeutlicht werden. Die öffentliche Verwendung und damit die Einbindung in die Politik, ob nun im Umfeld des Kultes des Hercules Musarum oder im Zusammenhang mit Gymnasien und Theatern, soll ebenso herausgearbeitet werden wie die Bedeutung der beiden Themenkreise für den Privatbereich der Römer. Für die Interpretation des Herakles Mousikos und des Herakles im Bürgergewand werden Aspekte der griechischen und römischen Archäologie verbunden und somit am Ende der Heros als Repräsentant der Bildung in unterschiedlichen Bereichen der römischen Lebenswelt gezeigt.

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Leseprobe

2. Ikonographische Untersuchung


 

2.1. Herakles Mousikos


 

2.1.1. Herakles und die Musen: Der Kult des Hercules Musarum und zugehörige Darstellungen


 

Schon zu Zeiten Alexanders des Großen war Herakles zum Gott des triumphierenden Staates geworden. Als sich die Römer im 2. Jhd. v. Chr. immer mehr der Eroberung des griechischen Ostens zuwandten, wurde die Stadt von der Kultur der hellenistischen Welt beeinflusst, wobei die römischen Feldherren die ersten Vermittler in diesem Akkulturationsprozess waren.[17] Die Gelegenheit in diesem Zusammenhang das Bild des Herakles für individuelle politische Zwecke zu nutzen, wurde nicht verkannt.[18] In dieser Zeit kämpften römische Traditionalisten mit aller Macht gegen Philhellenen, weil sie in der griechischen Kunst die Gefahr sahen, dass sie eine souveräne Existenz erlangen und die Geschlossenheit Roms aufsprengen würde.[19] Im römischen Kult trat Herakles demnach vor allem als Sieges- und Triumphgott in Erscheinung und wurde als Hercules Victor verehrt.[20] Dagegen bildet die Gründung des Kultes des Hercules Musarum um 187 v. Chr. ein ganz zentrales Ereignis in diesem schwierigen Hellenisierungsprozess der römischen Kultur. Aufgrund seiner vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten war Herakles der geeignete Protagonist für solche Auseinandersetzungen.[21] Der vollständigste, wenn auch späteste Bericht über die Stiftung dieses Kultes ist bei Eumenius[22] im späten 3. Jhd. n. Chr. zu lesen. Aber auch bei Cicero[23] und Plinius[24] findet er Erwähnung. Demnach stiftete M. Fulvius Nobilior einen Tempel des Hercules Musarum am Circus Flaminius auf dem südwestlichen Marsfeld und weihte in eben diesem eine Statuengruppe bestehend aus neun Musen.[25]

 

189 v. Chr. wurde Nobilior zum Konsul gewählt und mit dem Krieg gegen die Ätoler beauftragt. Am Anfang des Jahres wandte er sich gegen Ambrakia, das seit 223/2 v. Chr. zum Ätolischen Bund gehörte.[26] Nachdem er die Kapitulation ausgehandelt hatte, ließ er große Mengen erlesener Kunstwerke, mit denen die Residenzstadt des Pyrrhus reich geschmückt war, nach Rom überführen.[27] 187 v. Chr. feierte er seinen Triumph und präsentierte in diesem Zusammenhang dem Volk einen Großteil seiner Errungenschaften. Einen ganz besonderen Aspekt dieser Kriegsbeute bildete die erwähnte Musengruppe, welche im Tempel des Hercules Musarum geweiht wurde. Das konkrete Baujahr dieses Heiligtums ist ebenso umstritten[28] wie das genaue Aussehen[29] und soll im Kontext dieser Arbeit auch nicht weiter diskutiert werden. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Fragen nach einem Kultbild des Hercules Musarum und seine Verbindung mit den Musen.

 

Es sind zwar heutzutage keine Überreste mehr vorhanden und doch kann durch Fragmente der Forma Urbis Romae die Existenz eines Tempels dieses Namens belegt werden (Taf. 1 Abb. 1). Auf diesem Grundriss erscheint der Umbau des Heiligtums durch L. Marcius Philippus, der die Anlage in frühester augusteischer Zeit mit einer Säulenhalle, der porticus Philippi, umgab.[30] Die Lage nahe des Circus Flaminius und dicht neben der späteren porticus Octaviae wird durch diesen Plan näher bestimmt. An einer Langseite der Anlage verläuft deutlich die Beischrift

 

AEDIS HERCVLIS MVSARVM.[31]

 

In dieser Umgebung wurde 1867 eine Basis mit der Weihinschrift

 

M. Foluius M. f. | Ser. n. Nobilior | cos. Ambracia | cepit

 

gefunden (Taf. 1 Abb. 2), von der man annimmt, dass sie eine der neun Musenstatuen aus Ambrakia getragen hat.[32] Näheres kann zum Aussehen dieser Gruppe oder einzelner Figuren zunächst nicht gesagt werden, da weder literarische Quellen entsprechende Informationen liefern, noch weitere Fragmente erhalten sind. Die Hauptfigur des Tempels, die der gesamten Stiftung ihren Namen gab, wird darüber hinaus von den antiken Schriftstellern gar nicht erwähnt. Dieser Umstand warf in der Forschung die Frage auf, ob Nobilior vielleicht ursprünglich den Tempel nur den Musen weihte und die Verbindung zu Hercules Musarum erst durch Philippus im 1. Jhd. v. Chr. in Rom Einzug hielt.[33]

 

In Ambrakia genoss Herakles hohe Verehrung und galt sogar als mythologischer Stadtvater.[34] Vielleicht gab es dort sogar einen direkten Kult des Herakles Mousagetes und der Musen, den Nobilior kennenlernte und als sehr passend zu seiner Persönlichkeit empfand. Dass er ein hohes Maß an Interesse für Kunst und Literatur besaß, zeigt zum Beispiel der Umstand, dass er den Dichter Ennius mit auf seinen Feldzug nahm. Dieser berichtete im ersten Teil seiner zwischen 190 und 180 v. Chr. erschienenen Annalen nicht nur von der Eroberung Ambrakias, sondern er war auch der Erste, der die griechischen Musen literarisch in Rom einführte und damit die Camenen ersetzte.[35] Dadurch war auch er einer derjenigen Intellektuellen, die sich sehr kontrovers gegen die traditionellen römischen Literaten stellten.[36]

 

Zahlreiche Zeugnisse sind aus Griechenland vor allem für die Darstellung des so genannten Herakles Mousikos bekannt. Dieses Thema ist von 530 bis kurz nach 500 v. Chr. vor allem auf attisch schwarzfigurigen Vasen relativ beliebt und der Heros, entweder allein oder in Gesellschaft anderer Götter, spielt hier vorwiegend die Kithara (Taf. 1 Abb. 3), seltener die Lyra (Taf. 2 Abb. 4) oder Flöten (Taf. 2 Abb. 5).[37] Eumenius berichtet aber auch ausdrücklich von der Existenz eines Kultes des Herakles Mousagetes in Griechenland[38] – eine Verbindung die sich wenigstens durch ein Beispiel belegen lässt. So berichtet Pausanias nämlich von einer Statuengruppe von Apollon, den Musen und Herakles, die in Messene im Tempel des Asklepios stand.[39] In hellenistischer Zeit erscheint er dann auch in der Reliefkunst gelegentlich mit den Musen (Taf. 2 Abb. 6).

 

Diese Verbindung wäre also in ihrem griechischen Ursprung geklärt. Außerdem ist sicher, dass die Musen in Ambrakia verehrt wurden. Hinzu kommt die Überlegung, dass es doch höchst unwahrscheinlich ist, dass trotz der engen Verbindung der Stadt mit Herakles keine Statue von ihm dort aufgestellt war oder dass Nobilior eine solche nicht beachtet hätte. Dass aus der riesigen Kriegsbeute dennoch gerade die Musen das Interesse der Schriftsteller auf sich zogen, könnte an der Vielzahl der zusammengehörigen Statuen und damit ihrer Bedeutung als Kunstwerk gelegen haben.[40] Immerhin galten sie als ehrwürdigstes Exemplar unter dieser Art von Statuengruppen, das zu dieser Zeit bekannt und öffentlich in Rom ausgestellt war.[41]

 

Wir können demnach meines Erachtens davon ausgehen, dass Nobilior zusammen mit den weiblichen Gottheiten auch eine Heraklesstatue aus Ambrakia einführte; eine Erkenntnis, die Klügmann bereits 1877 ohne Zweifel darlegte.[42] Wenn er nun diese gemeinsam in seinem Tempel weihte und so in Rom den Kult des Hercules Musarum gründete, dann stellt sich natürlich die Frage nach dem Aussehen dieser Standbilder.

 

Einen in der Forschung allgemein anerkannten und wichtigen Hinweis gibt die Münzserie des Q. Pomponius Musa von 66 v. Chr. Auf der Rückseite eines in Rom geprägten, silbernen Denars (Taf. 3 Abb. 7) erscheint ein jugendlicher Hercules mit der Beischrift

 

HERCVLES MVSARVM.[43]

 

Der Held spielt die Lyra und schreitet dabei nach rechts. Das Löwenfell hängt von seiner linken Schulter fast bis auf den Boden herab und die abgelegte Keule lehnt an seinem linken Bein. Ritter sieht diesen Hercules deshalb als ganz und gar unkriegerisch dargestellt an.[44] Ob die etwas befremdlich angebrachte Keule dabei ebenfalls zum Original gehörte oder eine Erweiterung des Stempelschneiders darstellt, ist unklar.[45] Vielleicht wurde sie lediglich in etwas anderer Art und Weise auf die Münze gebracht. Sie für das vermeintliche Kultbild gänzlich wegzulassen ist jedenfalls nicht unbedingt notwendig, da der Herakles schon vorher bei Gelegenheiten mit ihr erschien, bei denen sie entbehrlich gewesen wäre.[46] Dies ist zum Beispiel auf einer attisch rotfigurigen Kylix der Fall, die Herakles mit einem Kantharos zeigt, der von Athena gefüllt wird (Taf. 3 Abb. 8).

 

Die anderen neun Denare, die mit dieser Münze in Verbindung gebracht werden, zeigen auf ihren Rückseiten jeweils eine der Musen mit ihren jeweiligen Attributen (Taf. 3 Abb. 9).[47] Für Gundel sind die Darstellungen allesamt zweifellos in Anlehnung an die Statuen entstanden, die Nobilior 187 v. Chr. in den von ihm erbauten Tempel des Hercules Musarum bringen ließ.[48] Dieser Meinung schließt sich auch Peter an. Die Münzbilder würden die Skulpturen aus Ambrakia wiedergeben und somit der Nachwelt ein...

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