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Herausforderungen für die deutsche Versicherungswirtschaft beim Produkt Lebensversicherung

Analyse im Kontext des aktuellen Niedrigzinsumfelds

AutorMike Donner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl86 Seiten
ISBN9783656874768
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, München früher Fachhochschule, Sprache: Deutsch, Abstract: 'In Wahrheit ist mit der Lebensversicherung ein Geschäftsmodell gescheitert.' Auch wenn man diese scharfe Einschätzung nicht teilt, so sollten die Herausforderungen für die Lebensversicherungsbranche doch im Kontext des aktuellen Zeitgeschehens näher beleuchtet werden. Denn offenkundig stehen die Lebensversicherer heute vor der komplexen Aufgabe, mit einer konservativen Kapitalanlage langfristige Zinsgarantien von bis zu 4 % auf die Sparbeiträge ihrer Kunden in einem durch niedrige Zinsen geprägten Umfeld zu erwirtschaften. Vor diesem Hintergrund zweifeln Artikel in der Tagespresse immer wieder die Zukunftsfähigkeit der privaten Vorsorgeprodukte an und nähren so Ängste bei den Versicherten, ob die Versicherungswirtschaft zweifelsfrei in der Lage ist, die abgegebenen Leistungsversprechen uneingeschränkt zu erfüllen. In der Tat wandte sich Nikolaus von Bomhard als Vorstand der Munich Re Rückversicherung und als Präsident der Geneva Association bereits 2011 kritisch in einem offenen Brief an die Finanzminister und Gouverneure der Zentralbanken der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die extrem lockere Geldpolitik der Zentralbanken hätte zur Folge, dass mit den abnehmenden Erträgen aus den Kapitalanlagen eine tragende Säule der Versicherer zunehmend erodieren würde. Aus diesen Rahmenbedingen erwächst die Frage, wie die Versicherungsunternehmen konkret durch das Niedrigzinsumfeld beeinträchtigt werden und welche Maßnahmen sie treffen können, um auch in Zukunft erfolgreich am Markt zu bestehen. Diese Ausarbeitung analysiert die Herausforderungen, mit denen sich die deutsche Versicherungswirtschaft in Hinblick auf das Niedrigzinsniveau beim Produkt Lebensversicherung konfrontiert sieht. Es soll geklärt werden, welche Auswirkungen das gegenwärtige Kapitalmarktumfeld auf die garantierten Leistungen sowie die Beteiligung an den Überschüssen als zentrale Produktmerkmale hat. Weiterhin wird die Arbeit bereits eingeleitete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen aufzeigen und darüber hinaus zukünftige Ansatzpunkte für Modifikationen herausstellen.

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Leseprobe

2 Überblick über den deutschen Lebensversicherungsmarkt


 

2.1 Beschreibung der Versicherungsbranche und -unternehmen


 

Eingangs soll zur besseren Einordnung des deutschen Lebensversicherungsmarktes ein Überblick zur Branche und den tätigen Versicherungsunternehmen gegeben werden. Nach einer Erhebung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) waren zum Ende des Jahres 2011 in Deutschland 97 Erstversicherungsunternehmen[3] zum Vertrieb von Lebensversicherungsprodukten autorisiert, von denen jedoch 10 nicht mehr oder noch nicht einem aktiven Geschäftsbetrieb nachgingen.[4] Unter einem Erstversicherer wird ein Unternehmen verstanden, das gegen Erhalt einer Prämie unmittelbar das Risiko eines Endkunden übernimmt. Hiervon abzugrenzen ist der Rückversicherer, bei dem der Erstversicherer seinerseits das übernommene Risiko oder ein Teil davon in Rückdeckung geben kann.[5]

 

Retrospektiv geht die Anzahl der tätigen Lebensversicherer in Deutschland zurück. So waren im Vergleich z.B. 2007 noch 102 Unternehmen zugelassen, nach 111 Versicherern im Jahr 2002.[6] Rückläufig ist auch die Zahl der abhängig Beschäftigten in der Branche. Ausgehend von rund 74.000 Angestellten im Jahr 2002 waren laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) 2009 noch ca. 46.600 Personen bei einem Lebensversicherer in Deutschland angestellt.[7] Die verdienten Bruttobeiträge - das sind die reinen Beiträge ohne Berücksichtigung des Anteils aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB)[8] - sind hingegen im Laufe der Jahre angestiegen. Von 64,77 Mrd. EUR im Jahr 2002 über 75,58 Mrd. EUR im Jahr 2007 beliefen sich die verdienten Bruttobeiträge 2011 auf 82,88 Mrd. EUR.[9] Im Vergleich zu den anderen Erstversicherungssparten wie z.B. der Kranken- oder Unfallversicherung sind damit ca. 46,5 % der Beiträge auf die Lebensversicherungsbranche entfallen.

 

Tabelle 1 zeigt, gewichtet nach verdienten Bruttobeiträgen, die größten Lebensversicherer 2011 mit Tätigkeit in Deutschland. Dabei werden auf der linken Seite die Unternehmen einzeln betrachtet, während rechts die Marktanteile für verbundene Unternehmen in den jeweiligen Versicherungsgruppen dargestellt sind.

 

 

Tabelle 1: Marktanteil der Einzelunternehmen und Versicherungsgruppen in der Lebensversicherung nach verdienten Bruttobeiträgen in 2011;

 

 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten aus BaFin (2013A), S. 126 ff.; Die Berechnung kann dem Anhang 1 entnommen werden.

 

Der Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass die Allianz Lebensversicherung AG mit einem Marktanteil von 17,91 % deutlicher Marktführer im Vertrieb von Lebensversicherungsprodukten ist. Mit erheblichem Abstand und verdienten Bruttobeiträgen im Volumen zwischen 4,5 - 3,8 Mrd. EUR folgen die zweit- bis fünftplatzierten Lebensversicherer. Diese fünf Versicherungsunternehmen haben zusammen bereits einen annähernden Marktanteil von 40 %. Erweitert auf die zehn erfolgreichsten Versicherer erhöht sich der Anteil weiter auf 54,34 %. Folglich besteht mindestens jeder zweite Lebensversicherungsvertrag bei einem dieser Anbieter. Die andere Hälfte an Policen entfällt auf die 87 übrigen Lebensversicherungsunternehmen. Da nach Schradin jedoch ein Großteil der Lebensversicherer in einem Konzern mit anderen Versicherern verbunden sei, soll weiterhin der Marktanteil nach den vorherrschenden Gruppenstrukturen untersucht werden.[10] Hierbei wird deutlich, dass die Marktstellung der Allianz Lebensversicherung AG nicht derart dominant ist, wie zunächst vermutet werden könnte. Auf Rang zwei und drei folgen die Generali Gruppe sowie die öffentlich-rechtlichen Lebensversicherer.[11] Im Ergebnis vereinen die zehn in der Tabelle genannten Versicherungsgruppen drei von vier Lebensversicherungsverträgen auf sich. In der Versicherungswirtschaft zeichnet sich vor dem Hintergrund dieser Anbieterverdichtung ein intensiver Wettbewerb beim Produkt Lebensversicherung ab, in dem sich die Marktanteile relativ rasch ändern können.[12]

 

Die Einordnung des Volumens der auf dem deutschen Lebensversicherungsmarkt verdienten Bruttobeiträge erleichtert Abbildung 1. Dargestellt sind die zehn Länder mit den weltweit größten Volumina in Mrd. US-$ für das Jahr 2011.

 

 

Abbildung 1: Die zehn weltweit größten Lebensversicherungsmärkte gemessen an den in 2011 verdienten Bruttobeiträgen in Mrd. US-$;

 

 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten aus Insurance Information Institute (2013), S. 4 ff.

 

Deutschland nimmt im internationalen Vergleich Rang sechs mit 113,87 Mrd. US-$ verdienten Bruttobeiträgen gegenüber der weltweiten Summe von 2.627,17 Mrd. US-$ ein.[13] Gemessen an dem Verhältnis der Einwohner der Bundesrepublik zur Weltbevölkerung ist das Marktvolumen damit überproportional. Quantitativ lassen sich jedoch vor allem mit den USA und Japan größere Märkte für Lebensversicherer ausmachen. Auch verzeichnen mehrere asiatische Länder einen erkennbaren Anteil. Somit ist Deutschland

 

zwar der drittgrößte Markt in Europa, jedoch im internationalen Vergleich quantitativ nicht hervortretend. Mit Beitragsaufwendungen von ca. 1.000 EUR pro Bundesbürger für Lebensversicherungsprodukte war Deutschland 2011 auch im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich vertreten. In Frankreich war der Pro-Kopf-Beitrag mit ca. 2.200 EUR z.B. mehr als doppelt so hoch ausgeprägt.[14] Unabhängig davon besitzt bei einem Bestand von 89,73 Mio. Verträgen jeder Deutsche statistisch mehr als eine Lebensversicherungspolice.[15] Auf Grundlage dieser Verträge wurden im Jahr 2011 insgesamt ca. 84,3 Mrd. EUR an Kapitalabfindungen oder Rentenleistungen an die Versicherten ausgezahlt.[16] Die Leistungshöhe war dabei durch einen Sondereffekt besonders ausgeprägt. So wurden 2011 eine Vielzahl von Lebensversicherungen mit einer 12-jährigen Mindestlaufzeit fällig, die 1999 - vor einer erwarteten steuerlichen Neubehandlung - abgeschlossenen wurden. Im Jahr 2012 gingen die Leistungen daher wieder auf ca. 76,5 Mrd. EUR zurück.[17]

 

Vor dem Hintergrund einer höheren Lebenserwartung ist mittelfristig ein Anstieg der Auszahlungen - etwa aus länger zu gewährenden Rentenansprüchen - zu erwarten. Um das abgegebene Leistungsversprechen dauerhaft erfüllen zu können, gestalten Versicherer z.B. ihre Kapitalanlagen als Grundlage dieses Versprechens oder ihre Beitragskalkulation entsprechend. In der Versicherungsmathematik ist daher im Zusammenhang mit der steigenden Lebenserwartung auch von Langlebigkeit, bzw. dem Langlebigkeitsrisiko die Rede.[18] Welche Auswirkungen der demografische Wandel auf den deutschen Lebensversicherungsmarkt haben wird, sei im Folgenden kurz dargelegt.

 

2.2 Auswirkungen des demografischen Wandels


 

Die Demografie untersucht Größe, Zusammensetzung und Entwicklung der Bevölkerung vor allem in quantitativer Hinsicht.[19] Gemeinhin werden die Veränderungen auch unter dem Oberbegriff des demografischen Wandels verstanden. Dieser führe laut der Enquête-Kommission tendenziell in allen europäischen Staaten zu einer Verschiebung innerhalb der Bevölkerung zugunsten der Gruppe älterer Menschen. In Deutschland sei die Alterung der Gesellschaft vor allem auf eine steigende Lebenserwartung sowie

sinkende Geburtenzahlen zurückzuführen. Seit über 30 Jahren würden zudem weniger Kinder geboren als zur Stabilisierung der Bevölkerungszahl notwendig seien.[20] Daraus folgt, dass die Zahl der Bundesbürger zukünftig sinkt. Abbildung 2 stellt die erwartete, extrapolierte Altersstruktur in der Bundesrepublik für die nächsten Dekaden dar.

 

 

Abbildung 2: Altersstruktur in der Bundesrepublik von 2008 - 2060;

 

 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten aus Statistisches Bundesamt (2009), S. 40.

 

In der Abbildung ist zu erkennen, dass sich das Verhältnis der jüngeren zur älteren Generation stark ändern wird. Gab es 2008 noch ein ungefähres Gleichgewicht von unter 20- und über 67-Jährigen, so wird es 2060 mit 30,1 % etwa doppelt so viele Rentner geben wie Kinder und junge Erwachsene. Gleichzeitig geht die Anzahl der Personen im Erwerbsalter zurück, da ab ca. 2020 die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre das Rentenalter erreichen. Aus diesen demografischen Veränderungen ergeben sich vielfältige Herausforderungen. So wird die Beanspruchung staatlicher Sicherungssysteme wie z.B. der gesetzlichen Rentenversicherung zunehmen. Den steigenden Volumina an Forderungen von Leistungsbeziehern an die gesetzliche Rentenversicherung stehen somit sinkende Sozialversicherungsbeiträge und Steuereinnahmen...

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