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E-Book

Hernienchirurgie

Klinische Strategien und perioperatives Management

VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl157 Seiten
ISBN9783540277262
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR

Auf der Suche nach der besten Methode

Die Diskussion um das beste, komplikations- und rezidivärmste Verfahren zur Operation abdominaler Hernien wird kontinuierlich geführt: Ist ein konventionelles oder ein spannungsfreies Operationsverfahren vorzuziehen? Welches Mesh-Material bringt die besten Ergebnisse? Wie sieht das optimale peri- und postoperative Management aus?

Den aktuellen Stand der modernen Hernienchirurgie finden Sie in diesem Buch zusammengefasst: Indikation und Technik der unterschiedlichen Verfahren - Bewertung alloplastischer Materialien - Behandlung komplexer Hernien - postoperative Behandlung und Nachsorge.

Das Praxiswissen für den klinischen Alltag!

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Leseprobe

7 Meshbezogene Komplikationen (S. 60-61)
J. Gröne

Für die operative Behandlung von Hernien werden seit mehr als 40 Jahren alloplastische Materialien, sog. Meshes, erfolgreich eingesetzt (Usher 1959). Nachdem eine deutliche Senkung der Rezidivrate durch Verwendung von Meshes in der Chirurgie der Narbenhernie gezeigt werden konnte, erfuhr der Einsatz alloplastischer Materialien eine zunehmende Verbreitung und die Indikationen wurden ausgeweitet. Neue offene Verfahren zur Leistenhernienreparation mit Verstärkung durch Meshes (OP nach Lichtenstein) als auch seit Beginn der 90er Jahre zunehmend laparaskopische Techniken mit Implantation von alloplastischem Material (TEP, TAPP) haben mit dazu beigetragen, dass in der Bundesrepublik heutzutage schätzungsweise mehr als 50% aller Hernien mit Meshes versorgt werden und weltweit ca. 1 Mio. Netze jährlich implantiert werden. Die mittlerweile breite Akzeptanz und Etablierung der Verwendung alloplastischer Materialien sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass spezifische Fremdkörperreaktionen des Körpers auf das Material zu meshbezogenen Komplikationen führen können. Darüber hi naus gibt es Hinweise in der Literatur, dass die Wahl des verwendeten Materials einen Einfluss auf das Ausmaß der Gewebereaktion und somit auf potenziellen Komplikationen hat (Amid 1997, Leber et al. 1998, 7 Kap. 5, 7 Kap. 6), was durch tierexperimentelle Studien untermauert werden konnte (Bellon et al. 1997, Klinge et al. 1998, Klosterhalfen et al. 1998). Die Beurteilung der absoluten Inzidenz von meshbezogenen Komplikationen ist durch das Fehlen kontrollierter Studien bezüglich des Langzeitverlaufs der Fremdkörperreaktion und klinischer Ergebnisse erschwert.

Die folgende Darstellung soll – basierend auf publizierten Daten – einen Überblick geben, welche Reaktionen des Gewebes auf das Netz bzw. welche Komplikationen für den Chirurgen von Bedeutung sind und möglicherweise in Zukunft Bedeutung erlangen könnten. Neben frühen Komplikationen, wie Serome und früh auftretende Infektionen, wird auf die Spätinfektion und Folgen der materialabhängigen Fremdkörperreaktion (7 Kap. 6), wie das Phänomen der Netzschrumpfung, Netzwanderung (Migration), Adhäsionen, Schädigung des Ductus deferens und eine fragliche maligne Entartung als potenzielle Spätkomplikationen eingegangen.

7.1 Serome

Postoperative Serome sind als Folge von Durchtrennung der Lymphbahnen nach Versorgung von Leistenhernien in 15% sonographisch nachweisbar (Schumpelick 2000). Nach Einbringen von alloplastischem Material und der dadurch induzierten Fremdkörperreaktion ist regelhaft Flüssigkeit im Bereich des Implantatlagers sonographisch feststellbar. Die Menge der gebildeten Flüssigkeit bzw. die Größe der Serome ist u. a. von der Art des Materials und der Menge und Größe der Meshes abhängig. Klinische Relevanz erlangen die Serome nur in Einzelfällen bei großer Ausdehnung insbesondere nach Versorgung von ausgedehnten Narbenhernien. In solchen Fällen sollten in das Meshlager Redon-Drainagen eingelegt werden, um der häufigen postoperativen Serombildung entgegen zu wirken.

7.2 Infektion

Postoperative Wundinfektionen nach Versorgung von Hernien werden neben äußerst seltenen endogenen Infektionen i. d. R. durch Erreger der Haut und Umgebung, wie dem Staphylococcus aureus et epidermidis, verursacht, die im Rahmen der Operation in die Wunde verschleppt werden oder durch Kontamination des Meshes beim perioperativen Handling mit implantiert werden. Es ist davon auszugehen, dass bei nahezu jeder Operation geringe Mengen von Bakterien implantiert werden. Jedoch werden unabhängig vom Verfahren, mit oder ohne Netz, Infektionen der Wunde »nur« in 1–5% beobachtet (Schumpelick et al. 1999). Als Risikofaktoren für die Entstehung einer Wundinfektion werden neben allgemeinen Faktoren, wie unnötige Traumatisierung des Gewebes mit nachfolgender Durchblutungsstörung, Immunschwäche und Diabetes mellitus, die Menge der implantierten Bakterien und das Ausmaß der postoperativen Wundsekretion gewertet. Proteinreiches Wundsekret, Hämatome und Se rome, die insbesondere nach Implantation von alloplastischem Material nachgewiesen werden, bilden für Bakterien einen idealen Nährboden. Nach Implantation wird das Mesh von einem proteinreichen Film überzogen, an den die Bakterien durch Produktion von Oberflächenmolekülen binden. Die Verbindung aus Netzoberfläche, Bakterienadhäsion und Wundsekret bildet eine Schicht, die nur schwer durch die körpereigene Abwehr durchdrungen und durch Antibiotika erreicht werden kann. Bislang konnte in kontrollierten Studien jedoch nicht gezeigt werden, dass die alleinige Tatsache der Implantation von alloplastischem Material zu einer Erhöhung der Infektionsraten im Vergleich zu netzfreien Techniken führt. Problematisch bei der Beurteilung der wahren Inzidenz ist jedoch, wie bislang bei allen Spätkomplikationen in der Hernienchirurgie, die Latenz von bis zu mehreren Jahren bis zu deren Auftreten, die eine lückenlose Nachsorge und somit eine systematische Beurteilung und Bewertung erschwert. Wenige retrospektive Analysen und tierexperimentelle Studien lassen jedoch vermuten, dass chronische Infektionen häufiger sind als bislang angenommen und dass die Persistenz in der Textur der Meshes für ein gehäuftes Auftreten von Spätinfektionen mit einer Latenz von mehreren Jahren verantwortlich gemacht werden kann. Die Ergebnisse einer Befragung von Chirurgen in Schottland aus dem Jahr 1999 bezüglich der Verwendung von Meshes bei der spannungsfreien Versorgung von Leistenhernien und der Inzidenz von chronischen Infektionen untermauern diesen Verdacht mit einer geschätzten Rate von einer Spätinfektion auf 1100 Hernien bis zu 4 Jahre nach OP (Taylor et al. 1999). Die Arbeitsgruppe aus Aachen von Schumpelick und Klosterhalfen konnte bei einem Drittel von insgesamt 270 Netzen, die zu einem wesentlichen Anteil wegen Rezidiv oder therapierefraktären Schmerzen explantiert wurden, elektronenmikroskopisch eine Besiedlung des Meshes mit Bakterien nachweisen, ohne dass klinisch eine Wundinfektion vorlag (Peiper et al. 2002). In einem Rattenmodell konnten Klinge et al. (2002) nachweisen, dass in vitro die Adhärenz von Bakterien im Mesh mit der berechneten Netzfläche positiv korreliert, d. h. multifilamentäre Netze eine höhere Bakterienadhäsion aufweisen. In vivo konnte jedoch trotz nachgewiesener Persistenz der Bakterien die zu erwartende Erhöhung der Infektionsrate nach einer Latenz von 7 Tagen nicht gezeigt werden.

Postoperative Wundinfektionen nach Meshimplantation sind zu einem Löwenanteil Folge der Kontamination des Netzes im OP-Verlauf. Der Prävention wird daher ein besonders hoher Stellenwert bei der Reduktion der Infektionsraten beigemessen. Auch wenn der Nutzen einer Antibiotikaprophylaxe im Rahmen von Metaanalysen trotz signifikantem Vorteil in Einzelstudien nicht bestätigt werden konnte (Sanchez-Manuel et al. 2004), haben eigene Erfahrungen gezeigt, dass durch Rasur des OP-Gebietes direkt präoperativ im OP-Saal, die Umlage der Wunde mit braunolgetränkten Bauchtüchern bei offenen Verfahren (OP nach Lichtenstein) und die Einmalgabe von Antibiotika (Single shot mit Cephalosporin der 3. Generation) die Rate an Wundinfektionen senken konnte.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort5
Inhaltsverzeichnis6
Autorenverzeichnis8
I Grundlagen, Diagnostik und Klassifikation10
1 Epidemiologische und sozioökonomische Aspekte der Hernienchirurgie12
1.1 Epidemiologie13
1.2 Sozioökonomie14
2 Anatomie der Bauchwand und Leistenregion18
2.1 Regio inguinalis19
2.2 Bauchmuskulatur19
2.3 Rektusscheide20
2.4 Linea alba21
2.5 Lig. inguinale (Lig. Pouparti)21
2.6 Fascia transversalis21
2.7 Verstärkungszüge und Bänder der Fascia transversalis22
2.8 Peritoneum25
2.9 Nerven25
2.10 Gefäße27
2.11 Triangel of doom, Triangle of pain28
2.12 Präperitonealer Raum29
3 Klassifikationssysteme und Diagnostik der Leisten- und Bauchwandhernien30
3.1 Klassifikationssysteme31
3.2 Diagnostik33
Literatur35
4 Ursachen der Rezidiventstehung (Risikofaktor Chirurg/Patient)36
4.1 Risikofaktor Chirurg39
4.2 Risikofaktor Patient44
Fazit45
Literatur45
II Alloplastische Materialien in der Hernienchirurgie48
5 Textile Eigenschaften und Charakteristika alloplastischer Materialien50
5.1 Geschichtlicher Hintergrund51
5.2 Charakteristika allo plastischer Materialien52
5.3 Heute verwendete allo plastische Materialien54
5.4 Neu entwickelte alloplastische Materialien58
6 Physiologie und Pathophysiologie von Mesh-Implantaten – Gibt es das ideale Netz?62
6.1 Physiologische Immunregulation der Wundheilung63
6.2 Wundheilung bei der Implantation von Kunststoff netzen64
6.3 Fazit66
6.4 Welche Anforderungen stellen wir an ein ideales Mesh?66
Literatur66
7 Meshbezogene Komplikationen68
7.1 Serome69
7.2 Infektion69
7.3 Netz- oder Narbenschrumpfung?70
7.4 Migration – wandert das Netz?72
7.5 Adhäsionen und Fisteln72
7.6 Schädigung des Ductus deferens73
7.7 Maligne Transformation73
Fazit74
Literatur75
8 Onlay, Inlay, Sublay – Wohin mit dem Netz?78
8.1 Bezug zur Bruchlücke (Onlay, Inlay, Sublay)79
8.2 Größe des Netzes81
8.3 Intraperitoneale Netzplatzierung82
8.4 Bezug zu anatomischen Strukturen82
Fazit82
Literatur83
III Operationsverfahren und chirurgisches Vorgehen84
9 Konventionelle OP-Verfahren ohne Mesh (Bassini-Shouldice, Lotheissen-McVay)86
9.1 Historie87
9.2 Leistenhernie (Hernia inguinalis)87
9.3 Femoralhernie (Hernia femoralis)94
Fazit96
Literatur96
10 Konventionelle OP-Verfahren mit Mesh (Lichtenstein, Rives, Stoppa, Rutkow)98
10.1 Onlaynetzplastik nach Lichtenstein99
10.2 Inguinale präperitoneale Netzplastik nach Rives101
10.3 Bilaterale präperitoneale Netzplastik nach Stoppa101
10.4 Mesh-Plug-Repair nach Rutkow102
Literatur102
11 Total extraperitoneale Hernioplastik (TEP)104
11.1 Voraussetzungen105
11.2 Indikationen106
11.3 Kontraindikationen106
11.4 Operationsvorbereitung106
11.5 Operationstechnik107
11.6 Postoperative Mobilisation111
11.7 Spezifische Methodenprobleme111
Literatur112
12 Transabdominelle präperitoneale Hernio plastik (TAPP) – Operationstechnik114
12.1 OP-Vorbereitung115
12.2 Patientenlagerung115
12.3 Instrumentarium115
12.4 Operatives Vorgehen116
12.6 Postoperativer Verlauf118
13 Ergebnisse der Inguinalhernienreparation – Wissen oder Glauben? 13120
13.1 »Glauben« in der Inguinalhernienchirurgie121
13.2 »Wissen« in der Inguinalhernienchirurgie122
Fazit125
Literatur125
14 Konventionelle und spannungsfreie Techniken der Narbenhernienversorgung126
14.1 Nahttechniken127
14.2 Indikationen128
14.3 Retromuskuläre Sublaytechnik128
15 Ergebnisse der chirurgischen Therapie von Narbenhernien132
15.1 Hintergrund133
15.2 Konventionelle Reparation134
15.3 Netzimplantation135
Literatur138
16 Techniken und Ergebnisse zur Versorgung von Anus-praeter-Hernien140
16.1 Therapie141
Fazit144
Literatur144
17 Vorgehen bei »Problembrüchen« (Skrotalhernien, irreponible/ inkarzerierte Hernien, Riesenhernien)146
17.1 Skrotalhernien147
17.2 Inkarzerierte Hernien147
17.3 Irreponible Hernien und Riesenhernien149
Literatur149
IV Perioperatives Vorgehen152
18 Mobilisation, Belastung, Thromboseprophylaxe, Arbeitsunfähigkeit154
18.1 Postoperative Mobilisation155
18.2 Thromboseprophylaxe156
18.3 Postoperative Belastung158
18.4 Arbeitsunfähigkeit159
Literatur161
Sachverzeichnis162

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