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hoch und heilig

Gipfelbotschaften aus dem Matthäus-Evangelium

AutorJohannes Eckert
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783641199906
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Berge haben schon immer fasziniert, vermitteln sie doch den Eindruck, auf ihren Gipfeln Gott näher zu kommen. Auch im Alten und Neuen Testament und in der Vita des Heiligen Benedikts sind Berge Offenbarungsorte Gottes. Als Abt des heiligen Bergs Andechs widmet sich der Benediktiner Johannes Eckert diesen Bergszenen und fragt: Was haben uns diese Gipfelmomente zu sagen? Wie stehen sie in Verbindung mit den Höhepunkten unseres Lebens? Wo helfen sie uns, wieder frei zu werden und den Blick zu schärfen für das, was wirklich wichtig ist?



Dr. Johannes Eckert OSB, geb. 1969, ist Benediktinermönch und seit 2003 Abt der Benediktinerabtei St. Bonifaz in München und Andechs. Neben seinen vielfältigen seelsorgerischen Tätigkeiten gestaltet er seit einigen Jahren die stark nachgefragten Manager-Exerzitien auf dem 'Heiligen Berg' Andechs.

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Leseprobe

Berge als Wege zu Gott …

»Hoch und heilig« sind in vielen Religionen die Gipfel der Berge. Stets haben diese den Menschen fasziniert, vermitteln sie doch den Eindruck, dass man auf ihren Spitzen dem Himmel und damit dem Göttlichem näherkommt. Bisweilen in Wolken gehüllt, galten die Berggipfel in vielen Kulturen als Wohnorte der Götter. Heilige Berge, auf denen Elemente wie Luft, Sonnenlicht oder Erde besonders verehrt wurden und auf deren Gipfeln den Göttern geopfert wurde, finden sich in allen Weltregionen: etwa der griechische Olymp, der Kilimandscharo in Afrika, der Mount Everest als höchster Gipfel des Himalayas oder der peruanische Ampato, um nur einige wenige aus ihrer stattlichen Zahl zu nennen. Es scheint zu stimmen, was auf einem Grabkreuz auf dem Johnsdorfer Bergsteigerfriedhof in der Steiermark geschrieben steht und vom langjährigen Bischof von Innsbruck Reinhold Stecher (1921–2013), der selbst ein leidenschaftlicher Bergsteiger war, immer wieder zitiert wurde: »Viele Wege führen zu Gott. Einer geht über die Berge.«

… in der Bibel

Auch in der Bibel führen viele Wege über die Berge zu Gott. Am Sinai wurde Mose im brennenden Dornbusch Gottes Name kundgetan (vgl. Ex 3,2). Während der Wüstenwanderung schlug er im Auftrag Gottes hier Wasser aus dem Felsen (vgl. Ex 17). Schließlich nahm er auf dem Gipfel des Sinai die Zehn Gebote entgegen, die für Israel zur Wegweisung wurden (vgl. Ex 20). Später erfuhr der Prophet Elija auf dem Horeb, wie der Sinai auch genannt wird, Gottes zarte Gegenwart in einem sanften Säuseln (vgl. 1 Kön 19).

Neben dem Sinai hat der Zionsberg in Jerusalem eine herausragende Bedeutung. In den Psalmen wird er besungen als schönster der Berge, sodass die anderen Gipfel, auch wenn sie höher sind, voll Neid auf ihn blicken (vgl. Ps 68). Mit dem Bau des ersten Tempels durch Salomo wurde er zum Ort der besonderen Nähe Gottes, sodass er für die Stämme Israels zum Ziel einer jährlichen Wallfahrt wurde (vgl. 1 Kön 5). Der Prophet Jesaja berichtet in einer Vision, dass am Ende der Zeiten auf dem Zionsberg Gott selbst als Gastgeber ein Festmahl geben wird, zu dem alle Völker geladen sind (vgl. Jes 25).

Auch der Karmel, ein Gebirgsrücken im Norden Israels, ist als Wirkungsstätte der Propheten Elija und Elischa ein Ort, auf dem Gottes heilende Nähe erfahrbar wurde (vgl. 1 Kön 18,19; 2 Kön 4,25). Im Hohelied wird er als Bild für Lebensfülle besungen (vgl. Hld 7,5).

So verwundert es nicht, dass der Gott Israels als »Gott der Berge« tituliert wird (vgl. 1 Kön 20,23). Dies wiederum könnte in Zusammenhang mit dem Gottesnamen »El-Schaddai« stehen, der beim Bundesschluss zwischen Abraham und Gott verwendet wird (vgl. Gen 17). Das Wort »schaddai« leiten einige Exegeten von »schedu« (»Berg«) bzw. vom Verb »schaddad« (»sich erheben«) ab und übersetzen den Gottesnamen daher mit »Gott der Erhabene« oder »Gott der Höchste«. Andere sehen die Herkunft von »schaddaju« (»Bergbewohner«) und sprechen vom »Gott der Berge«.

Wenn die Evangelien davon berichten, dass Jesus Berggipfel aufsuchte, dann wird er ganz in die Tradition der alttestamentlichen Gottesmänner wie Mose, Elija und Elischa gestellt. Im Markusevangelium wählt Jesus die zwölf Apostel als besondere Weggefährten auf einem Berg aus (vgl. Mk 3,13–19). Im Matthäusevangelium hält er von einem Gipfel aus seine erste große Rede, die daher als Bergpredigt betitelt wurde (vgl. Mt 5–7). Auf einen Gipfel zieht Jesus sich zurück, um sich in der Einsamkeit zu sammeln und zu beten (vgl. Mt 14,22–33). Auf dem namenlosen Berg der Verklärung, der in der christlichen Tradition mit dem Tabor gleichgesetzt wird, erlebt Jesus einen der intensivsten Momente seines Lebens (vgl. Mt 17,1–9). Seine Auferstehung wird offenbart. Am Ölberg nahe Jerusalem betet er in der Nacht vor seinem Tod (vgl. Lk 22,39). Auf der Schädelhöhe, die auch Golgota oder Kalvarienberg genannt wird, stirbt er am Kreuz (vgl. Mk 15,22).

Es fällt auf, dass die Evangelien – außer dem Ölberg und der Schädelhöhe Golgota – die Berge, die Jesus aufsucht, nie mit Namen benennen. Das hat einen ganz besonderen Grund: Berge haben meist eine symbolische Bedeutung, indem sie Höhepunkte im Leben Jesu anzeigen bzw. ihn ganz in der Tradition alttestamentlicher »Gipfelstürmer« in die Nähe des Vaters rücken.

… im Leben Benedikts

Auf dieser biblischen Grundlage erstaunt es nicht, dass auch das Christentum heilige Berge kennt. Gerade Benediktinerklöster liegen häufig auf Anhöhen, wenn wir etwa an Göttweig in Österreich, Engelberg in der Schweiz, Pannonhalma in Ungarn, Marienberg in Südtirol, Montserrat in Katalonien oder an unser Kloster Andechs denken.

»Benedictus amavit montes« (»Benedikt liebte die Berge«) heißt es in einem lateinischen Vers des Mittelalters, in dem die Lieblingsorte der unterschiedlichen Ordensgründer beschrieben werden. Diese Bergleidenschaft des Mönchsvaters gründet in seiner Lebensbeschreibung, die Papst Gregor der Große (540–604) überliefert hat. Hier wird erzählt, dass Benedikt als junger Mann sein Studium in Rom abbrach, um zunächst die Einsamkeit einer Höhle bei Subiaco zu suchen. Drei Jahre lebte er dort völlig zurückgezogen unterhalb eines Sees (lat. »sub lacum«). Nachdem Benedikt von Hirten der Gegend entdeckt worden war, kam er wieder auf die Oberfläche des Geschehens zurück, d. h. er kehrte zurück ins Leben. Nach der Gründung von zwölf Klöstern und einem Konflikt mit einem ortsansässigen Priester verließ Benedikt Subiaco und machte sich auf den Weg zum Monte Cassino, von dem Papst Gregor berichtet: »Sein Gipfel ragt gleichsam in den Himmel.« Dort zerstörte der Mönchsvater ein heidnisches Heiligtum des Gottes Apollo und errichtete darauf sein Kloster als Stadt auf dem Berg (vgl. Mt 5,14). Nachdem Benedikt in einem Turm des Klosters, also auf der äußersten Höhe, in einer nächtlichen Vision Gottes Gegenwart erleben durfte, stirbt er. Papst Gregor der Große beschreibt, wie zwei seiner Mönche in einem Traumgesicht eine hell erleuchtete Straße vom Kloster in den Himmel aufsteigen sahen und ihnen ein Mann von ehrfurchtsgebietendem Aussehen erklärte: »Dies ist der Weg, auf dem Benedikt, den der Herr liebt, zum Himmel emporsteigt.«

Eigentlich wird in der Lebensbeschreibung ein geistlicher Weg beschrieben: Das Leben als Aufstieg zum Gipfel, zum Höhepunkt. Dieser beginnt mit der Abkehr vom oberflächlichen Leben, indem der Ort der Tiefe und der Sammlung gesucht wird. Dafür steht sowohl die Höhle als auch der See, in dem sich die Quellwasser der Berge sammeln. Benedikt geht also gegen den Strom und sucht die Quellen sowie den Ort der Sammlung. Für drei Jahre, also eine Zeit der Fülle, geht er in die Tiefe. Auf diese Weise innerlich gefestigt, führt der Weg aus der Höhle über die Ebene zum Gipfel, dem Ort der Gottesbegegnung. Letztlich wird der Heimweg des Menschen zu Gott beschrieben, gleichsam als Ziel und Höhepunkt des Lebens.

Benedikt nimmt diesen Gedanken in seiner Regel auf, wenn er im letzten Kapitel das Ziel seines Werkes erläutert: »Diese Regel haben wir geschrieben, damit wir durch ihre Beobachtung in unseren Klöstern eine dem Mönchtum einigermaßen entsprechende Lebensweise oder doch einen Anfang im klösterlichen Leben bekunden. Für den aber, der zur Vollkommenheit des klösterlichen Lebens eilt, gibt es die Lehren der heiligen Väter, deren Beobachtung den Menschen zur Höhe der Vollkommenheit führen kann (…). Wenn du also zum himmlischen Vaterland eilst, wer immer du bist, nimm diese einfache Regel als Anfang und erfülle sie mit der Hilfe Christi. Dann wirst du schließlich unter dem Schutz Gottes zu den oben erwähnten Höhen der Lehre und der Tugend gelangen« (RB 73,1–2; 8–9).

… in meinem Erleben

Nicht nur Benedikt liebte die Berge. Auch heute noch gehen viele Menschen gerne in die Berge, so auch ich. Wenn es die Zeit zulässt, nutze ich einen freien Tag, um einen nahe gelegenen Berggipfel zu ersteigen. Gerne verbringe ich meinen Urlaub mit Wandern im Gebirge. Dabei begnüge ich mich mit ausgedehnten Wander- und einfachen Klettertouren. Schon als Kind haben mir meine Eltern die Liebe zu den Bergen vermittelt. Wenn ich von München oder Andechs aus die Alpenkette im Süden sehe, kommt es mir manchmal vor, als würden mich die Gipfel aus der Ferne grüßen und mich einladen, erneut den Perspektivenwechsel zu vollziehen. Dabei kommt mir der Psalmvers in den Sinn: »Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?« (vgl. Ps 121,1). Mir gefällt der Gedanke, dass die Berge uns dabei helfen, manches wieder klarer oder sogar mit neuen Augen sehen zu können. Wir sagen ja auch manchmal »Der Berg ruft!« und meinen damit, dass er eine besondere Anziehungskraft auf uns ausübt.

Berge haben schon immer Menschen fasziniert und zum Aufbruch motiviert. Manches gilt es, dabei hinter sich und loszulassen. Nur das Notwendige kann in den Rucksack gepackt werden. Alles andere bleibt zurück. Beim Aufstieg wird der Mensch ruhig und findet im Wechsel von Ein- und Ausatmen Schritt für Schritt zu seinem Tempo. Berge lassen den Menschen seine Kraft und Schwäche spüren. Zum Berg gehören das stille Verweilen, das Durchatmen und die Stärkung dazu. Bei einer Rast im Sonnenschein auf einer Almwiese kann das beglückende Einswerden mit der Schöpfung erfahren werden. Die Natur kann aber auch ihr bedrohliches Gesicht mit Kälte, Regen, Blitz und Donner zeigen und im plötzlich aufziehenden Gewitter dem Menschen sein Ausgeliefertsein an höhere Gewalten vor Augen führen....

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