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E-Book

Hollywood greift an!

Kriegsfilme machen Politik ...

AutorStefan Hug
VerlagAres Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783902732347
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Ein Film ist oft mehr als ein Film. Anhand der Traumfabrik Hollywood lässt sich die Instrumentalisierung des Mediums Film für politische Zwecke ziemlich unverhüllt erkennen. Der Autor unternimmt einen Streifzug durch die Geschichte des Kinos, genauer gesagt widmet er sich der Traumfabrik und geht der Frage nach, inwieweit mit US-Kriegsfilmen Politik gemacht wurde (und wird). Schon während des Ersten Weltkriegs dienten Hollywood-Filme nämlich immer wieder auch dem Zweck, die Bevölkerung auf den Krieg 'einzustimmen' und die staatliche Sicht der Dinge via Film unter das Volk zu bringen. Daran änderte sich im weiteren Verlauf der Geschichte wenig. Im Zweiten Weltkrieg wurde Sergeant York instrumentalisiert, um im gleichnamigen Spielfilm, dargestellt von Gary Cooper, Stimmung für den Krieg zu machen. Nach Kriegsende trat die Sowjetunion als neuer 'virtueller' Feind an die Stelle der Deutschen und sorgte für Politik an den Kinokassen. Es ging aber nicht nur um Stimmungsmache. Auch Rechtfertigung und Revisionismus waren Gegenstand unterschwelliger Hollywood-Politik. So transportierte zum Beispiel der Kassenschlager 'Top Gun' eine neue Sicht des Vietnamkrieges. Und nach 9/11 überschwemmte überhaupt eine Lawine an Kriegsfilmen (naturgemäß mit mehr oder weniger einseitiger Botschaft) die Kinos. Vor dem Hintergrund der 'Machtübernahme' Hollywoods im internationalen Filmgeschäft beleuchtet der Autor in einem eigenen Kapitel auch den Abstieg des deutschen Films in die Bedeutungslosigkeit und schließt mit einem 'Aufruf für ein deutsches Kino'

Stefan Hug, M.A., Jahrgang 1968, Studium der Volkskunde und der Politikwissenschaft in Kiel und Tübingen. Publizistische Tätigkeit in: Frankfurter Rundschau, taz (Berlin), Stuttgarter Nachrichten, Südwest-Presse, Rhein-Neckar-Zeitung u.a. Im Ares Verlag erschien das Buch Hollywood greift an!

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Leseprobe

Hollywood und die Gesellschaft der USA


Unterhaltung für das Volk


Als sich 1783 die Vereinigten Staaten von Amerika endgültig von ihrem Mutterland Großbritannien lösten, schufen sie in vielen Bereichen eine neue Gesellschaft, obwohl die Kultur der Angelsachsen und ihre Sprache weiter für die USA prägend blieben.

Der radikalste Schnitt betraf die Regierungsform – und mit ihr die Kunst. Bereits in Großbritannien konzentrierten sich die Künstler trotz der Monarchie bei weitem nicht so stark auf den Geschmack des königlichen Hofes wie im absolutistischen Frankreich oder bei deutschen Potentaten. Der königliche Hof in London war vergleichsweise klein und das Bürgertum der Stadt an der Themse damit ein viel wichtigerer Faktor für die Kunstproduktion als der Hof des englischen Königs.6

In den USA verschwand mit der Abschaffung der Monarchie und ihrer Vertreter in Form der britischen Obrigkeit somit auch das letzte Bedürfnis, den Kunstgeschmack an elitären Vorbildern auszurichten. Während an den europäischen Höfen noch viele weitere Jahrzehnte das Französische als die klassische Sprache des Hochadels, der Hofhaltung und der Künste gepflegt wurde, konzentrierte sich die Produktion von Kunst in den USA von Anfang an auf den Massengeschmack. Zwar gab es in den USA ebenfalls eine reiche bürgerliche Schicht, aber diese konnte und wollte sich mit Berufung auf die Demokratie in ihrem Kunstgeschmack nicht vom gemeinen Volk absondern.

In Folge dieser Entwicklung ergab sich der Siegeszug des „Entertainment“, der leichten Unterhaltung, die seit ewigen Zeiten bei der breiten Masse des Volkes besonders beliebt ist. Das trifft nicht nur auf die Bevölkerung der USA zu, sondern auch auf die Völker in Europa, bei denen allerdings die adelige Herrscherschicht und damit die Orientierung an elitären Kunstformen länger erhalten blieb.

Die leichte Unterhaltung ist in den USA eine angesehene Form der Kunst und ruft dort nicht das verächtliche Naserümpfen hervor, das viele Europäer ihr gegenüber heute noch hegen. Das betrifft nicht nur die leichte Unterhaltung selbst, sondern auch ihre Protagonisten, die in den USA Vorbilder und Idole der Massen sind.

Obwohl sich die europäische Gesellschaft im 20. Jahrhundert in vielen Bereichen – dem politischen System, der Massenkultur und dem Einfluß der Medien – den USA angeglichen hat, bleiben trotzdem grundlegende Unterschiede bestehen. Europa ist in vielen Bereichen nur an der Oberfläche amerikanisiert. Der Europäer trinkt zwar Coca Cola, kaut Kaugummi, sieht im Kino den neuesten Hollywoodstreifen – dennoch „tickt“ er anders als der durchschnittliche US-Amerikaner.

Das wurde besonders deutlich, als Ronald Reagan 1980 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten und Arnold Schwarzenegger 2003 zum Gouverneur Kaliforniens gewählt wurde: Für die US-Amerikaner war es ein vollkommen normaler Vorgang, daß zwei Schauspieler für ein öffentliches Amt gewählt wurden. In Europa dagegen erzeugten diese Wahlgänge in allen politischen Lagern Belustigung und Verachtung. Es wurde in den europäischen Medien breitgetreten, daß Reagan in mittelmäßigen Western seine wichtigsten Rollen gespielt und Schwarzenegger sich in seinen Filmen als übermenschliche Kampfmaschine inszeniert hatte. Ganz offensichtlich waren die Europäer nicht bereit, einen Schauspieler, losgelöst von seinen früheren Rollen, in einem hohen politischen Amt zu respektieren. Der „american dream“ des sozialen Aufstiegs beinhaltete von Anfang an, daß ein Mensch in jedem beliebigen Beruf erfolgreich sein und diesen Beruf – auch branchenfremd – jederzeit wechseln kann. In Europa hält sich dagegen das Ethos des Fachmanns, des Spezialisten. Die Persönlichkeit eines Menschen wird untrennbar mit seiner Berufsausübung verbunden. Ein Schauspieler kann nur als Schauspieler ernstgenommen werden, aber nicht als Politiker.

Selbst in Deutschland gab es Bestrebungen der politischen Machthaber, sich mit Filmgrößen zu schmücken. Das wurde in der NS-Zeit durch die persönliche Liebe Goebbels’ und Hitlers zum Film gefördert. Aber für die deutsche Politik – und darin ähnelt sie den Einstellungen in anderen europäischen Ländern – ist doch der Schriftsteller immer noch das Höchste, wenn es darum geht, Nähe zur Kultur zu beweisen. Das erkennt man deutlich an den Verbrüderungen, die maßgebliche deutsche Schriftsteller wie Günter Grass und die SPD seit Jahrzehnten betreiben. Vereinfacht kann man sagen: In Europa wird von der Politik der Intellektuelle mit Geist als Trumpf ins Spiel gebracht, während es in den USA der Star mit seiner Popularität ist.

Das Hollywood-Kino schuf nämlich eine Abart des „american dream“: nicht nur reich, sondern auch berühmt zu werden. Die Idealisierung von Filmstars entwickelte sich bereits in der Stummfilmzeit und wird bis heute weitergeführt. Die US-Amerikaner identifizierten sich früher und intensiver mit Filmschauspielern als die Europäer, sie sahen sie von Beginn an als positive und ernstzunehmende Identifikationsfiguren.

Schon sehr früh hat also die Unterhaltung in den USA den Rang einer hohen (wenn nicht sogar der höchsten) Kunst erreicht. Während der Europäer Kunst oft als mühsame Bildung begreift, als etwas schwer zu Begreifendes und schwer Anzueignendes, liegt für den US-Amerikaner die Güte der Kunst in ihrer Verständlichkeit und Massenkompatibilität. Damit ist zu erklären, warum fremdes Kulturgut in den USA so schwer Fuß fassen kann. Was nicht in englischer Sprache und in einer US-amerikanischen Lebenswelt transportiert wird, wird von der breiten Masse der USA kategorisch abgelehnt. Die Neugier auf fremde Kulturen, wie sie in Deutschland so verbreitet ist, fehlt hier vollkommen – der US-amerikanische Kulturbetrieb genügt sich selbst. Da dieser Kulturbetrieb auf großzügige Mäzene, wie Fürsten und Könige, verzichten hatte müssen, konzentrierte er sich von Anfang an darauf, die Bedürfnisse der Masse zu bedienen und sich als Geschäft zu begreifen.

Das ist der hervorstechendste Unterschied zum europäischen Kulturbetrieb, der sich trotz der Abschaffung der Monarchien in den meisten Staaten eine elitäre Note erhalten hat und oft über bedeutsame Fördermittel aus öffentlicher Hand verfügt. In der Bundesrepublik beispielsweise wurden Filmförderungen über viele Jahre von Gremien beschlossen, die nur ein paar Köpfe aufwiesen und für die der kommerzielle Erfolg des geförderten Filmes zweitrangig war. Allgemein fließt in Europa noch immer verhältnismäßig viel Geld von staatlicher Seite in Kunst und Kultur. So blieb in gewisser Weise das Mäzenatentum der Höfe in Europa bestehen, während sich der Kunstbetrieb in den USA schon allein deshalb primär als Geschäft begreifen mußte, um finanziell überleben zu können.

Als Ende des 18. Jahrhunderts die Revolution gegen das britische Mutterland ausbrach, war das gedruckte Wort das wichtigste Kommunikationsmittel neben der gesprochenen Sprache. Bücher, Zeitungen und Flugblätter dienten als Multiplikatoren des Widerstands. Die schriftlich niedergelegte Unabhängigkeitserklärung der USA hat in den Vereinigten Staaten heute einen geradezu sakralen Charakter.

Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts breiteten sich die USA von der Ostküste des amerikanischen Kontinents bis zur Westküste aus. Die Siedlungsgrenze, die „frontier“, wanderte beständig westwärts und prägte das gesellschaftliche Bewußtsein der USA. Der Pionier, der den Westen kolonisierte, entfernte sich nicht nur räumlich, sondern auch geistig von den europäischen Traditionen, Normen und Wertvorstellungen. Auch Gewalt war im neuen Bewußtsein der US-Amerikaner zwingend vorgesehen, denn die Gewaltanwendung war bei der „Eroberung des Westens“ wesentlich. Nur durch brutale Gewalt konnten die Indianer dezimiert und die feindliche Natur bezwungen werden.

Die Umstände dieser Eroberung prägten die Einstellung der US-Bevölkerung, und bis heute hat sie sich eine bemerkenswert staatskritische Haltung bewahrt. Die Wertschätzung der Entfaltung des Individuums verbindet sich automatisch mit einem Mißtrauen gegenüber staatlichen Autoritäten. Auch die Waffenlobby der USA verweist ständig darauf, daß eine Waffe im eigenen Haus nicht nur vor Gewalttätern, sondern auch vor einem bedrohlichen, zur Diktatur entarteten Staat schützen kann.7

Diese staatskritische Mentalität speist sich nicht nur aus dem originären Befreiungskampf gegen das britische Mutterland, sondern zusätzlich aus dem Erleben einer weitgehend selbstregulierten Gesellschaft ohne Rechtsschutz an der „frontier“ – dort, wo das Recht nicht von Institutionen eingeklagt werden konnte, sondern im eigenen Interesse vom Individuum, notfalls mit Waffengewalt, durchgesetzt werden mußte.

Um 1890 war die innere Kolonisation der USA abgeschlossen, der Kontinent mit...

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