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Hospize in Rheinland-Pfalz. Eine empirische Studie

Eine empirische Studie

AutorDavid Distelmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783638607698
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Soziologie, Note: 1,0, Justus-Liebig-Universität Gießen, 25 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Geburt und Tod stellen in unser aller Leben, zwei unabänderliche Faktoren dar. Das Leben ist dabei ein stetiger Prozess von Werden, Wachsen und Vergehen. Die Geburt eines Kindes wird stets als ein freudiges Ereignis begrüßt. Der Tod stellt daneben einen Bereich des menschlichen Lebens dar, den wir gerne verdrängen, wo wir nicht hinschauen möchten. Unsere moderne Gesellschaft ist, und war, in den letzten Jahrzehnten stets durch starke Wandlungen betroffen und momentan erleben wir den Übergang von der Industrie-, in die so genannte Wissensgesellschaft. Die familiären Bindungen haben im Laufe der Zeit immer mehr an Bedeutung und Zusammenhalt verloren, und es ist auch in Zukunft mit einem anhaltenden Trend zum Einpersonenhaushalt zu rechnen. Althergebrachte Rituale und Bräuche, die für den Umgang mit Sterben und Tod ein gewisses Handlungsgerüst darstellten, gelten schon lange nicht mehr. Daneben birgt die fortgeschrittene Technisierung und Professionalisierung nahezu, aller Lebensbereiche, ein großes Potential an Unsicherheit und Entfremdung für den einzelnen Menschen. Es ist zu beobachten, dass immer mehr Lebensbereiche, durch, von Experten festgelegte Handlungsmuster bestimmt sind. So bekommt man zum Beispiel, ein Kind in ein Krankenhaus und nicht zu Hause. Oder entsprechend dazu, begibt man sich im hohen Alter zum Sterben in eine Klinik und dort in die Obhut von Ärzten. Für die meisten Menschen ist es jedoch eine furchtbare Vorstellung, ihr Leben fremdbestimmt, an Geräte und Maschinen angeschlossen, alleingelassen und einsam beenden zu müssen. Wenn man sich allerdings diesem Kreise entziehen möchte reagiert die Umwelt zum Teil mit Unverständnis und Kopfschütteln. Die moderne Gesellschaft hat sich schon seit längerem zu einer Gesellschaft mit vielen alten und wenig jungen Menschen entwickelt. Dies ist vor allem durch die moderne medizinische Versorgung und die starken Rückgänge der Geburtenraten zu erklären. Dieser Trend wird sich, so sieht es momentan jedenfalls aus, in der Zukunft noch verstärken, was unter anderem auch für das Gesundheitssystem ein großes Problem darstellt. Für die medizinische Versorgung der alten Menschen auf Intensivstationen, etc., werden gigantische Summen aufgewendet. Es stellt sich hierbei unter anderem die Frage, wie dies in Zukunft finanziert werden kann?

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Leseprobe

3 Gesellschaftlicher Wandel der Todesvorstellung


 

Im folgendem möchte ich den gesellschaftlichen Wandel der Todeseinstellung in unserem abendländischen Kulturkreis, etwas genauer betrachten.

 

Ariès hat mit seinen Studien zur Geschichte des Todes, eine gründliche Darstellung zur Wandlung der Todeseinstellung in unserem Kulturkreis geliefert. Ariès hat dabei ein fünfstufiges Modell, unterschiedlicher Haltungen der Menschen gegenüber dem Tod, voneinander abgegrenzt. Die vorgenommenen Abgrenzungen sind dabei allerdings nicht als starre Abgrenzung, sondern vielmehr als kleine fließende Übergänge und Wandlungen, zu verstehen.[12]

 

In den nun folgenden Abschnitten, soll das Modell von Ariès genauer dargestellt werden.

 

3.1 Der gezähmte Tod


 

Die erste Periode „Der gezähmte Tod“[13] fand in der Zeit um 500 nach Christus bis hinein ins 18. Jahrhundert statt. Im gezähmten Tod sieht Ariès die frühmittelalterliche,

 

„spontane Fügung ins Schicksal und in den Willen der Natur“[14].

 

Somit war der Tod im Mittelalter kein Drama. Er wurde vielmehr als ein Übergang in das Leben im Jenseits gesehen. Für die Menschen damals galt es, sich Zeit seines Lebens auf den Tod vorzubereiten. Sie verbanden damit die Hoffnung, in den Himmel und somit an die Seite Gottes zu kommen. Der Tod war im Mittelalter ein ständiger und vertrauter Begleiter der Lebenden und somit ein fester Bestandteil des Lebens. Das Sterben fand zumeist unter dem Beisein vertrauter Menschen statt und war somit eine öffentliche Angelegenheit. Es war üblich, dass die Sterbenden vor ihrem Tod nochmals ihre Angehörigen zu sich riefen, um sich von ihnen zu verabschieden und zukünftige Dinge zu regeln. In der Regel war auch ein Pfarrer anwesend, der dem Sterbenden die letzte Beichte abnahm. Die Menschen hatten größere Angst davor plötzlich, unvorbereitet und ohne Beichte zu sterben, als die Angst vor dem Tod an sich. Der Tod wurde akzeptiert und als eine letzte Lebensphase der Erfüllung empfunden. Interessant ist hierbei auch, dass in diesem Zeitraum keinerlei  Grabinschriften oder Portraits auf den Gräbern zu finden sind, so dass diese praktisch vollkommen anonym sind.  Dies geschah aus dem Glauben, dass der Tod als eine Übergangsphase angesehen wurde. Die Menschen glaubten, sie würden bis zur Auferstehung Christi in einem friedlichen Schlaf auf das wirkliche Ende ihres Lebens warten. Die Angst vor einer möglichen Verdammnis war kaum vorhanden. [15]

 

3.2 Der eigene Tod


 

Im Zuge des Hochmittelalters,  11. – 12. Jahrhundert, wurde die allgemein verbreitete Auffassung des Todes abgeschwächt, jedoch keineswegs fallengelassen. Es handelt sich also nicht um eine gänzlich neue Einstellung zum Tod, sondern wie Ariès es beschreibt:

 

„um kaum merkliche Modifikationen, die der traditionellen Vertrautheit des Menschen mit dem Tode allmählich einen dramatischen und persönlichen Sinn verleihen“.[16]

 

Seit dieser Zeit wurde das Gefühl für die eigene Identität stärker, und der Tod wandelte sich allmählich zum Individualschicksal. Dies geschah durch eine Reihe von neuen Phänomenen, welche die alte Vorstellung eines kollektiven Schicksals der Menschen, hin zur Besonderheit des Einzelnen, bewirkte. Ariès schreibt dazu:

 

„Im 13. Jahrhundert sind der Einfluss der Apokalypse und die Beschwörung der großen Wiederkehr nahezu bedeutungslos geworden. Die Vorstellung des Jüngsten Gerichts hat sie verdrängt, und was dargestellt wird ist eher ein Gerichtshof.“[17]

 

Die Menschen glaubten zu dieser Zeit, dass jeder Mensch zum Zeitpunkt seines Todes, gemäß seiner Lebensbilanz bewertet und nach gut und böse aussortiert werden würde. Ferner wurde die Zeit des Gerichts nicht mehr in eine fern liegende Zukunft, sondern ins Sterbezimmer und somit in die Nähe des Sterbenden verlegt. Es kamen einige neue Rituale hinzu. So wurde zum Beispiel das Gesicht des Toten verborgen und zugedeckt, die Trauernden trugen schwarze Kleidung als Zeichen ihrer Trauer und die Totenklage wurde von Priestern übernommen. Das Modell des eigenen Todes ist zwar bis ins 18. Jahrhundert vorhanden, dennoch lassen sich seit dem 16. Jahrhundert  tiefgreifende Veränderungen feststellen.[18] Diese sollen nun dargestellt werden.

 

3.3 Der lange und nahe Tod


 

In der Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts fanden weitere Veränderungen zu der Einstellung zum Tod statt. Die allgemeine Skepsis gegenüber der christlichen Glaubensvorstellung vom Tod, breitet sich ab dem 18. Jahrhundert auf das Bürgertum aus. Es ist die Zeit wachsender Rationalität und des wissenschaftlichen Fortschritts. Der Tod wird ab den 18. Jahrhundert den Menschen immer mehr aus der Hand genommen. Leichenhallen ersetzen die Aufbahrung der Toten zu Hause. Friedhöfe werden zu dieser Zeit außerhalb der Städte angelegt und von den Kirchen getrennt. Es fand somit eine Distanzierung der Lebenden von den Toten statt. Zu dieser Zeit trat auch eine der ersten Form der „Angst vor dem Tod“ auf. Die Menschen hatten Angst davor, lebendig begraben zu werden. Dies setzte wiederum den Glauben voraus, es gebe einen gemischten, aus Leben und Tod zusammengesetzten und wieder rückgängig zu machenden Zustand.[19]

 

3.4 Der Tod des Anderen


 

Im 19. Jahrhundert bewegt sich der Blickpunkt auf die Angehörigen der Kernfamilie. Die Städte wachsen stetig und die Bedeutung des Individuums verändert sich. Der Tod des Anderen, einer Person aus dem nächsten Lebensumfeld, gewinnt an Bedeutung. Der Tod des Fremden verliert immer mehr an Bedeutung. Eine neue Empfindsamkeit, die des Privatlebens, kommt auf. Sie hat ihren Platz in den entstandenen Kernfamilien. Die Vorstellung vom Jenseits ändert sich zu einem Bild der Zusammenkunft und Wiedervereinigung mit den Verstorbenen. Das 19. Jahrhundert ist die Epoche der romantisch geprägten Trauerbekundung, die zuweilen hysterische Ausmaße annimmt. Die Übertreibung der Trauer zeigt, dass die Menschen den Tod des Anderen wiederwilliger hinnehmen als früher. Der gefürchtete Tod ist also nicht der eigene Tod, sondern der des Anderen: „Dein Tod“. Es war auch die Zeit des Verschweigens und Verdrängens. Das nahende Ende wurde dem Sterbenden verschwiegen. Dies geschah aus dem Bedürfnis, den Sterbenden schonen zu wollen. Priester wurden meist...

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