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How ideas matter in war matters - Sozialkonstruktivistische Analyse des außen- und sicherheitspolitischen Wandels der US-Regierung im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001

Sozialkonstruktivistische Analyse des außen- und sicherheitspolitischen Wandels der US-Regierung im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001

AutorRobert van de Pol
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl113 Seiten
ISBN9783638695541
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Lizentiatsarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: USA, Note: 1,3, Universität Zürich, 177 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der vorliegenden Diplomarbeit wird der politisch brisanten Frage nachgegangen, wie es sich erklären lässt, dass die Bush-Regierung, die ursprünglich ins Amt getreten war, um in expliziter Abgrenzung zur idealistischen Interventionspolitik der Clinton-Administration sich aussenpolitisch auf nationale Interessen zu fokussieren, nach den Anschlägen vom 11. September 2001 plötzlich ihrerseits eine Politik des «nation building» und der Demokratisierung im Irak zu verfolgen begann? Konkret werden folgende Fragestellungen behandelt: 1.) Wie lässt sich der aussen- und sicherheitspolitische Wandel der Bush-Regierung im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001 erklären? 2.) Wie lässt sich vor dem Hintergrund dieses Wandels das idealistische Handlungsmotiv einer aktiven Demokratie- und Freiheitsverbreitung erklären? Das Ziel dieser Arbeit ist es somit aufzuzeigen und zu verstehen, wie und warum der aussen- und sicherheitspolitische Wandel der Bush-Regierung im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001 zustande gekommen ist und vor welchem politischen und gesellschaftlichen Hintergrund die Durchsetzung des Handlungsmotivs einer aktiven Demokratie- und Freiheitsverbreitung verstanden werden kann. Hierbei wird der aussen- und sicherheitspolitische Wandel mit Hilfe des immer noch abseits des politikwissenschaftlichen Mainstream stehenden sozialkonstruktivistischen Ansatzes erklärt.

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Leseprobe

1 Einführung ins Thema

 

Fünf Jahre sind mittlerweile vergangen, als neunzehn mit Teppichmessern und Pfeffersprays bewaffnete Männer am Dienstagmorgen des 11. September 2001 zwischen 8 und 9 Uhr (Ostküstenzeit USA) vier Passagierflugzeuge in ihre Gewalt brachten. Zwei der vier mit Passagieren gefüllte und mit Kerosin voll getankte Flugzeuge steuerten wenig später die beiden Türme des World Trade Center in New York an, die anderen beiden Maschinen nahmen Kurs auf Washington, D.C. Um 10 Uhr hatten die Entführer ihren Gewaltakt vollzogen, indem sie die Flugzeuge in fliegende Bomben verwandelt hatten, mit denen sie das World Trade Center zum Einstürzen brachten, den Westflügel des Pentagons zerstörten und ein Flugzeug auf einem Acker in Pennsylvania Bruch landeten.[1]

 

Am Abend des gleichen Tages sprach der im Jahr 2000 ins Amt gewählte republikanische Präsident aus dem Weissen Haus zur amerikanischen Nation. In dieser Rede sicherte George W. Bush der Bevölkerung zu, dass seine Regierung jegliche Ressourcen mobilisieren werde, «to find those responsible and to bring them to justice». Zudem werde die US-Regierung keinen Unterschied machen «between the terrorists who committed these acts and those who harbor them». Die USA, ihre Verbündeten und all jene Staaten, die Sicherheit und Frieden in der Welt möchten, würden angesichts dieses tragischen Ereignisses zusammenstehen «to win the war against terrorism», denn «America has stood down enemies before, and we will do so this time. None of us will ever forget this day. Yet, we go forward to defend freedom and all that is good and just in our world».[2] Mit diesen Worten begann zumindest verbal der von der amerikanischen Regierung ausgerufene Krieg gegen den Terrorismus, der militärisch bis dato über die Länderstationen Afghanistan und den Irak führte.

 

Die Anschläge vom 11.09 demonstrierten nicht nur eine neue Gewaltdimension des internationalen Terrorismus, indem die gut geplanten, koordinierten und operativ präzis durchgeführten Anschläge mit zivilen Mitteln ca. 3000 Menschen das Leben kosteten, sondern sie lösten gleichzeitig auch einen tief greifenden Wandel der amerikanischen Aussen- und Sicherheitspolitik aus, den der Politikwissenschaftler Stephen Walt als «the most rapid and dramatic change in the history of U.S. foreign policy»[3] bezeichnet hat. Denn seiner Ansicht nach gab es vor den Attentaten «not the slightest hint that the United States was about to embark on an all-out campaign against “global terrorism.” Indeed, apart from an explicit disdain for certain multilateral agreements and a fixation on missile defense, the foreign policy priorities of George W. Bush and his administration were not radically different from those of their predecessors (…) This business-as-usual approach to foreign policy vanished on September 11.»[4]

 

Wie sehr sich die amerikanische Aussen- und Sicherheitspolitik im Zuge der Anschläge verändert hatte, wurde insbesondere im Kontext der im September 2002 veröffentlichten National Security Strategy of the United States (NSS) und im Vorfeld des Irak-Krieges offenbar und diskutiert. Denn in diesem Strategiepapier verkündete die Bush-Administration, dass sie sich im Kontext des Kriegs gegen den Terrorismus dafür einsetzen werde, «to use this moment of opportunity to extend the benefits of freedom across the globe», indem sie aktiv daran arbeite, «to bring the hope of democracy, development, free markets, and free trade to every corner of the world».[5] Fortschritte in Bereichen der staatlichen Demokratisierung und der marktwirtschaftlichen Entwicklung seien notwendig, «because these are the best foundations for domestic stability and international order».[6] Denn eines hätten die Anschläge vom 11. September, so in der NSS weiter, der amerikanischen Regierung deutlich vor Augen geführt: dass sowohl ökonomisch schwache als auch demokratisch rückständige Staaten wie Afghanistan, in denen sich extremistische Organisationen einnisten und Bevölkerungsschichten für ihre Anliegen mobilisieren können, als auch nicht-demokratisch regierte, als feindlich perzipierte «Schurkenstaaten» wie der Irak, Iran und Nordkorea, die konventionelle oder unkonventionelle Waffen an ihre «terrorist clients» weitergeben könnten, eine erhebliche Bedrohung für die Sicherheit der USA darstellen.[7] Aufgrund dieser nach den Anschlägen vom 11. September an die Oberfläche getretene neue Bedrohungslage könne nicht mehr zugewartet werden, bis diese Staaten oder die von diesen Staaten unterstützten Gruppierungen einen vernichtenden Erstschlag gegen die USA und/oder ihre regionalen Verbündeten ausführten, sondern es sei nun seitens der USA sowohl in politischer als auch militärischer Hinsicht Aktivismus zur Abschaffung solcher Sicherheitsbedrohungen und –risiken gefordert.[8]

 

Die Publikation der NSS und die parallel ablaufende Debatte über einen möglichen amerikanischen Militäreinsatz im Irak lösten sowohl in liberalen als auch gemässigt-konservativen Kreisen in Amerika und Europa z.T. heftige Kritik aus. Liberale Vertreter der Sozial- und Geisteswissenschaften kritisierten einerseits das in der NSS formulierte Recht auf präventive Militärinterventionen, andererseits die darin artikulierte Zielsetzung der aktiven und weltweiten Demokratie- und Freiheitsverbreitung.[9] Gemässigt-konservative Wissenschaftler, die der (neo)realistischen Schule der Internationalen Beziehungen zugeordnet werden können, wiesen indes darauf hin, dass ein militärischer Feldzug gegen Saddam Hussein nicht mit den nationalen Interessen der USA und dem Kampf gegen den Terrorismus in Einklang gebracht werden, ja sogar kontraproduktive Wirkungen auf die Sicherheit der USA entfalten könne, indem nämlich ein Krieg gegen den Irak dem Kampf gegen die Hauptbedrohung al Kaida ökonomische sowie militärische Ressourcen entziehen würde.[10] Denn für politische Realisten war Saddam Hussein zwar ein Tyrann, jedoch stellte er in ihren Augen keine unmittelbare Gefahr für die nationalen (Sicherheits-)Interessen der USA dar.[11] Zudem waren sie der Meinung, dass die USA Saddam Hussein auch mit «konventionellen» Abschreckungs- und Eindämmungsmethoden kontrollieren könnten, so dass ein militärischer Feldzug mit unvorhersehbaren politischen und ökonomischen Folgewirkungen unangebracht sei.[12] Aus diesem Grund plädierten diese Wissenschaftler für eine zurückhaltende Aussen- und Sicherheitspolitik, die sich an eng definierten nationalen Interessen zu orientieren und waghalsige aussenpolitische Experimente und risikoreiche Interventionen zu vermeiden hätte.

 

Paradoxerweise widerspiegelte diese Kritik am eingeschlagenen aussen- und sicherheitspolitischen Kurs der amerikanischen Regierung nach den Anschlägen vom 11.09 genau jene Kritik, die Vertreter der später ins Amt gewählten Bush-Regierung im Wahlkampf um die amerikanische Präsidentschaft gegen die Aussen- und Sicherheitspolitik der Clinton-Administration ausgeübt hatten.[13] So hatte Condoleezza Rice, die im Wahlkampf die aussen- und sicherheitspolitische Beraterin des republikanischen Präsidentschaftskandidaten George W. Bush war, in einem in der Januar-Ausgabe 2000 in der Zeitschrift Foreign Affairs veröffentlichten, programmatischen Aufsatz die Aussen- und Sicherheitspolitik der Clinton-Administration kritisiert, indem sie ihr vorwarf, dass sie eine allzu umfassende und ambitionierte Aussenpolitik betrieben hätte, die nicht an klar definierten nationalen Interessen ausgerichtet gewesen sei. Vielmehr habe die Clinton-Regierung eine an idealistischen Motiven und Zielen sich orientierende, internationalistische Aussenpolitik verfolgt, wobei Rice darunter in erster Linie die Entsendung amerikanischer Truppen für humanitäre Kriseninterventionen oder im Rahmen von Demokratisierungsaufgaben verstand.[14] Im Gegensatz und in Abgrenzung zu dieser idealistischen und internationalistischen aussen- und sicherheitspolitischen Handlungsorientierung Clintons werde der aussenpolitische Fokus einer republikanische Präsidentschaft auf klar definierten nationalen Interessen zu liegen kommen und aussenpolitische Engagements zurückhaltend betrieben werden.[15] Zwei Länder und eine Länderkategorie würden laut Rice bei einem Präsidentschaftssieg von George W. Bush auf der aussen- und sicherheitspolitischen Agenda der republikanischen Administration zu stehen kommen, nämlich die beiden Grossmächte China und Russland sowie die «Schurkenstaaten» Irak, Iran und Nordkorea.[16] Für den Umgang mit letzteren sah die Stanford-Professorin der politischen Wissenschaften Massnahmen vor, die ganz der realistischen Denkweise entsprachen, indem sie schrieb: «These regimes are living on borrowed time, so there need to be no sense of panic about them. Rather, the first line of defense should be a clear and classical statement of deterrence – if they do acquire WMD, their weapons will be unusable because any attempt to use them will bring national obliteration».[17]

 

Doch dieses Postulat einer zurückhaltenden Aussen- und Sicherheitspolitik an eng definierten nationalen Interessen und Abschreckungsstrategien wurde im Zuge der Ereignisse vom 11. September 2001 und im Rahmen des danach verkündeten Kriegs gegen den Terrorismus durch eine...

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