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E-Book

Humanomics

Die Entdeckung des Menschen in der Wirtschaft

AutorUwe Jean Heuser
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl276 Seiten
ISBN9783593402499
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Wirtschaft ist viel mehr als die Produktion und Verteilung von Gütern. Ökonomen richten ihre Aufmerksamkeit heute auf den Menschen mit seinen Bedürfnissen und nicht immer rationalen Handlungen. Ihre revolutionären Entdeckungen haben große Folgen für jeden Einzelnen und die Gesellschaft.

Uwe Jean Heuser leitet die Wirtschaftsredaktion der Wochenzeitung Die Zeit und schreibt die Ökonomiekolumne der Zeitschrift Merkur. Der promovierte Volkswirtschaftler studierte in Bonn, Berkeley, Köln und Harvard und lehrt heute unter anderem an der Universität St. Gallen. Er ist Autor der Bücher »Tausend Welten« (1996), »Das Unbehagen im Kapitalismus« (2000) und »Schöpfer und Zerstörer« (mit John F. Jungclaussen, 2004).

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Leseprobe
Einleitung Der Aufbruch Dies ist ein Buch über die Erforschung der Wirtschaft. Und es ist ein Buch über Sie. Wie kann das sein, sagen Sie vielleicht, Ökonomie ist nicht lebensnah. Und die Antwort lautet: Doch. Heute schon. Vergessen Sie also, was Sie über Ökonomie zu wissen glaubten. Denn die Ökonomen vergessen gerade, was sie über Sie zu wissen glaubten. Beziehungsweise über ihr ureigenstes Beobachtungsobjekt, den Menschen. Ein Jahrhundert lang war das Bild vom rationalen Menschen das Fundament ihres Denkens. Nun reißen die Forscher dieses glatte Fundament ein und bauen sich ein neues. Das ist nicht so ordentlich und kompakt, sondern eher ein Stückwerk voller Unebenheiten, Rillen und Brüche. Sein unschätzbarer Vorteil: Es kommt der modernen Wirtschaftswelt näher und hilft uns, sie zu verstehen und uns in ihr zu bewegen. Die Forscher halten uns keinen Homo oeconomicus mehr vor, kein rationales Ideal, dem wir entweder erfolglos nacheifern oder das wir entrüstet abwehren. Eher schon ein Spiegelbild, in dem wir uns wiederfinden können, eine Art Homo oeconomicus humanus. Es ist höchste Zeit für diese Revolution von unten. Sie macht die Ökonomie wieder aufregend, spannend, lebens- und erfahrungsnah. Nun können wir von ihr allerhand über uns selbst lernen, über die Hintergründe unseres Handelns, unsere Ziele und Motivationen. Und auf einmal hat sie viel Neues zu sagen über die alten Fragen, kleine und große. Welche Entscheidungen schaffen dauerhafte Zufriedenheit? Was bedeutet ökonomische Freiheit, was Solidarität? Wann kann man dem Markt vertrauen, wann dem Staat? Sogar über das große Rätsel, wie Wohlstand entsteht und wie er verloren geht, erfahren wir Neues und Erstaunliches. Dass die Ökonomie sich an vielen Stellen wandelt, ist wichtig für sie selbst, weil sie sich auf diese Weise aus einem selbst gewählten Abseits befreit. Es ist außerdem wichtig für uns alle, weil sich der Kapitalismus derzeit schnell verändert und wir keine passenden Maßstäbe mehr kennen, um zu beurteilen, welche Freiheitsgrade wir als Einzelne und als Gemeinwesen haben. Hier liegt das vielleicht größte Versprechen der Ökonomie neuen Stils: Mit ihrer Hilfe können wir herausfinden, welche Zwänge uns die globale Marktwirtschaft tatsächlich auferlegt und welche Entwicklungen wir abwenden oder beeinflussen könnten, wenn wir uns nur trauten. Manche Zwänge sind auch nur eingebildet oder eingeredet. So sehen wir uns allzeit zu ökonomischen Entscheidungen genötigt, die früher gar nicht zu treffen waren - Optionen zuhauf, nur nicht diejenige, aus dem ganzen Spiel auszusteigen. Bei näherem Hinsehen finden sich aber neben Entscheidungen, die unumgänglich sind, auch solche, die es nicht sind. Nur mit der neuen Perspektive auf die Wirtschaft können wir das ausloten. Umwälzungen in der Wissenschaft brauchen Zeit. Meistens funktionieren sie, wie Max Planck es gesagt hat: Die Gegner würden aussterben, und heranwachsende Generationen seien von vornherein mit der neuen Wahrheit vertraut. Das gilt für die Verhaltensökonomie, wie die Forschung über unser reales Verhalten und seine Folgen heißt. Und es gilt für verwandte Felder, auf denen Ökonomen die alte Einfachheit der Modelle und die Sturheit des Establishments über Bord werfen. Sie akzeptieren, wie komplex moderne Wirtschaft ist - dass die Entscheidungen eines Menschen nicht unabhängig von allen anderen erfolgen, sondern oft abhängen von dem, was andere tun. Und dass dadurch dynamische Prozesse entstehen, die zu mehr Wohlstand oder mehr Notstand führen können. Dann kommt es darauf an, die richtigen Weichen zu stellen. Für neue Märkte wie den umweltschonenden Handel mit Emissionsrechten etwa oder auch im Sozialstaat. Junge Wirtschaftsforscher, in der Öffentlichkeit noch kaum bekannt, sehen sich tatsächlich wieder als Weltveränderer. Sie versuchen, konkret und mit Sinn für die Wirklichkeit das Wirtschaften im Detail zu verbessern. Und gleichzeitig erkennen sie mitunter, dass sogenannte Stellschrauben der Volkswirtschaft ausgeleiert sind - dass also klassische Interventionen gar keinen Gewinn mehr mit sich bringen. Tatsächlich rütteln einige Forscher schon lange am Fundament ihrer Wissenschaft. Dass aber heute die besten Nachwuchsökonomen in diese Richtung streben, dass gerade jetzt die kritische Masse für die Revolution von unten erreicht ist, liegt nicht nur am langsamen Herztakt der Wissenschaft, sondern auch an der realen Welt. Die Defizite der herkömmlichen Betrachtung werden erst in einer Welt so richtig merklich, in der die wirtschaftlichen Einzelschicksale schwerer vorherzusehen sind denn je, in der Chancen und Gefahren am Arbeitsmarkt und in der finanziellen Vorsorge ungleich größer sind als vor einer Generation. Also verlangen die Menschen und verlangt die Gesellschaft nach neuen Erklärungen, und die Ökonomie vermag für diese Nachfrage ein erstes, in weiten Teilen noch vorläufiges Angebot zu machen. Kritiker mögen es als Zeichen von Schwäche deuten, dass dabei Psychologen und Neurowissenschaftler eine gehörige Rolle spielen. Tatsächlich ist es ein Zeichen dafür, dass die Ökonomie ihre Souveränität zurückgewinnt, wenn sie sich für andere Perspektiven öffnet. Viele Aspekte unseres Verhaltens lassen sich heute mehrfach belegen - einmal durch Experimente, Befragungen und schlichte Alltagsplausibilität, zum anderen dadurch, dass Hirnforscher messen, ob die Gefühle dominieren oder die Ratio vorherrscht, ob Menschen sich im Einklang mit ihren eigenen Zielen befinden oder sich verheddern auf der Suche nach mehr Nutzen. Passt beides zusammen, das beobachtbare Verhalten und die nachweisbaren Hirnaktivitäten, ist die Indizienkraft groß. Kennen Sie dieses unwiderstehliche Verlangen, etwas sofort zu haben oder zu genießen? Oder das unabwendbar in uns aufsteigende Gefühl, zu kurz zu kommen? Oder den Gruppendruck, den Freunde und Kollegen auf unsere Entscheidungen ausüben? Solche Verhaltensweisen werden nun erklärt, belegt, eingebaut in inhaltsreiche Theorien. Begeben wir uns also in dieses Gedankengebäude. Zunächst wollen wir uns anschauen, wie sich das Wirtschaftsleben wandelt und was Ökonomie heute erklären muss. Dann wird beschrieben, wie Forscher die Umwälzung im wirtschaftlichen Denken ausgelöst haben. Die folgenden Kapitel handeln von nicht weniger als dem Glück - dessen Erforschung kann das Streben des Einzelnen ebenso verändern wie die Wirtschaftspolitik insgesamt. Danach geht es um den Menschen als Sparer und die Frage, wie aus seinem Verhalten eine überaus spannende Debatte um die Rolle des Staates erwächst. Die Beeinflussung von Konsumenten ist das nächste Thema, das die Frage einschließt, wie man eine ökologische Wende herbeiführen könnte. Motive wie Vertrauen und Neid haben riesigen Einfluss darauf, welche Wirtschafts- und Sozialpolitik, welche Arbeitsorganisation und welches Gehaltsschema funktioniert oder desaströs endet. Darum geht es, bevor wir den Bogen schlagen zur Ökonomie-Geschichte und ihren großen Kämpfen, um schließlich zu sehen, wohin uns die jetzige Wende führen könnte. Seit fast einem Jahrhundert wollte die Wirtschaftswissenschaft so sein wie die Physik. Ihre mathematisch einwandfreien Modelle, fußend auf eineindeutigen Annahmen über die Akteure und ihre Bedingungen, schufen enorme analytische Klarheit - und setzten die Ökonomie deutlich ab gegenüber Soziologie oder gar Politologie. Doch, so wissen Ökonomen, hat jeder Nutzen seine Kosten. In dem Fall hat die Orientierung an einer Naturwissenschaft die Forscher weit weggeführt von der menschlichen Natur, wie man sie heute kennt. Dies ist die Geschichte von dem Versuch, das Defizit zu beseitigen - durch die Wiederentdeckung des Menschen in der Ökonomie. Die Ergebnisse sind beeindruckend. Und besser noch: Sie sind überaus nützlich.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Titelei2
Inhalt8
Einleitung: Der Aufbruch10
1. Gründe fürs Umdenken – oder : Die Kraft der ökonomischen Ideen14
2. Der lange Weg der Umstürzler – oder : Dem Menschen auf die Schliche kommen33
3. Wir Glücksspieler – oder : Was macht Menschen zufrieden?61
4. Die Glücksbringer – oder : Was macht Nationen zufrieden?84
5. Der Pamplona-Effekt – oder : Der Mensch als Investor109
6. Die neuen Paternalisten – oder : Der Reiz des Augenblicks131
7. Einfluss – oder : Was bewegt den Konsumenten?150
8. Sozialkapital – oder : Wie du mir, so ich dir175
9. Der vielfältig motivierte Mensch – oder : Für wen wird Politik gemacht?199
10. Die ökonomische Wende – aber wohin?222
Dank244
Bibliografie246
Anmerkungen258
Register271

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