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E-Book

Hundeverstand

AutorJohn Bradshaw
VerlagKynos Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783954640676
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Hunde sind seit Zehntausenden von Jahren unsere engsten Begleiter. Und obwohl wir noch nie so viel Geld für sie ausgegeben haben wie heute, fehlt es doch häufig am grundlegenden Verständnis für ihre Bedürfnisse. Höchste Zeit, dass jemand einmal ganz eindeutig die Partei der Hunde ergreift. Nicht die der Karikatur vom Wolf im Hundepelz, der seinen Besitzer bei erstbester Gelegenheit dominieren möchte, und auch nicht die des Modeaccessoires oder Showtieres, das Schleifen und Pokale für seinen Besitzer sammelt, sondern die des wahren Hundes, der ganz einfach Teil der Familie sein möchte. Biologen wissen heute weit mehr darüber, wie Hunde wirklich 'ticken', als noch vor zwanzig Jahren, und John Bradshaw war an dieser Forschung maßgeblich beteiligt. Mit diesem Buch möchte er die neuen und zum Teil erstaunlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse dem Hundehalter nahebringen und damit für ein besseres Verständnis unseres besten Freundes werben.

Der Biologe John Bradshaw ist Gründer und Leiter des weltweit renommierten anthrozoologischen Institutes an der Universität von Bristol, England. Seit über 25 Jahren gilt sein wissenschaftliches Interesse dem Verhalten von Haushunden und deren Besitzern. Seine zahlreichen Veröffentlichungen haben nicht nur ein neues Licht darauf geworfen, zu was Hunde alles fähig sind, sondern auch dazu geführt, dass sie mit anderen Augen gesehen werden.

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Leseprobe

Vorwort

Der erste Hund, in den ich mich als Kind verliebte, war einer, den ich nie kennengelernt habe: Ginger, der Cairn Terrier meines Großvaters. Ginger, ein typischer langbeiniger Vertreter seiner Rasse, lebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und es trennten ihn nur wenige Generationen von seinen arbeitenden Vorfahren. Als ich geboren wurde, war Ginger bereits lange tot, und ich wuchs in einem Haushalt ohne Haustiere auf. Aber die Geschichten, die ich über Ginger hörte, brachten ihn mir so nah, dass es fast so war, als hätte ich einen eigenen Hund.

Mein Großvater war von Beruf Architekt, und er liebte Spaziergänge. Den Weg zu seinem Büro in der Industriestadt Bradford und zurück nach Hause ging er stets zu Fuß, ebenso wie zu den von ihm entworfenen Kirchen und Fabrikgebäuden. Vor allem aber wanderte er zur Entspannung: in den Heidelandschaften von Yorkshire, im Lake District oder im Snowdonia-Nationalpark. So oft es ihm möglich war, nahm er Ginger auf seine Spaziergänge mit. In der Familie waren sich alle darüber einig, dass es genau dieses Training war, dem Ginger seine für die Rasse überdurchschnittlich langen Läufe verdankte. Eigentlich sieht er auf den Fotos, die ich von ihm habe, wie ein typischer Cairn Terrier aus, und nicht wie der Cairn Terrier, der 1939 für die Rolle des Toto im Film Der Zauberer von Oz ausgewählt wurde. Erst viel später, als ich begann, mich aus beruflichen Gründen für Rassehunde zu interessieren, fiel mir auf, wie sehr sich diese Rasse in den dazwischen liegenden Jahrzehnten verändert hatte und dass unter anderem die Läufe in dieser Zeit erheblich kürzer geworden waren. Ich bezweifle, dass viele der modernen Cairn Terrier Freude an dem hohen Maß an sportlicher Aktivität hätten, die mein Großvater offensichtlich so liebte, obwohl die heutigen Cairn Terrier im Vergleich zu anderen Rassen weniger anfällig sind für Erbkrankheiten.

Ginger hatte den echten Yorkshire-»Charakter«, und in der Familie kursierten unzählige Geschichten über ihn. Was mich jedoch am allermeisten verblüffte, war die Freiheit, die er genießen durfte, obwohl er in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum lebte. An jedem Mittag, etwa zur Essenszeit, wenn mein Großvater im Büro war, durfte Ginger alleine einen Spaziergang durch die Nachbarschaft unternehmen. Dabei folgte er anscheinend immer derselben Routine: Zunächst überquerte er die Straße zum Lister Park, wo er an Laternenmasten schnupperte, andere Hunde traf, und im Sommer versuchte, die Leute auf den Parkbänken dazu zu überreden, ihre Sandwiches mit ihm zu teilen. Als Nächstes überquerte er die Trambahnschienen in der Manningham Lane und trottete zur Rückseite der Imbissbude. Er brauchte nur ein wenig an der Hintertür zu kratzen, und schon erhielt er einige Stückchen Backteig und einige verunglückte Pommes frites. Danach lief er in der Regel direkt wieder nach Hause, wobei er über eine sehr belebte Kreuzung musste. Dort stand, wenn man der Familie glauben darf, normalerweise ein Verkehrspolizist, der den mittäglichen Verkehr regelte, und dieser hielt tatsächlich sämtliche Autos an, damit Ginger die Kreuzung wohlbehalten überqueren konnte.

Viele Jahre bin ich nicht in Bradford gewesen, aber nach den Verhältnissen in anderen Städten zu urteilen, stehen wahrscheinlich heute rund um den Lister Park unzählige Abfalleimer für Hundekot, die meisten der Hunde, die dort ausgeführt werden, sind angeleint, und die städtischen Hundefänger von Bradford sind angehalten, alle Hunde, die wiederholt durch den Park oder die angrenzenden Straßen streunen, einzufangen. Trambahnen gibt es natürlich schon lange nicht mehr, und längst sind Polizisten, die den Verkehr regeln, durch Ampeln abgelöst worden, aber ich habe meine Zweifel, ob es auch nur einer der heutigen, ganzkörpergepanzerten »Freunde und Helfer«, selbst wenn er es wollte, wagen würde, ein Auto anzuhalten, damit ein kleiner brauner Terrier die Straße überqueren kann.

Es sind nun ungefähr 70 Jahre vergangen, seit Ginger durch die Straßen streunen und bei jedem, den er traf, seinen Charme versprühen durfte, einschließlich der lokalen Ordnungshüter. Und im gleichen Zeitraum hat sich – fast unbemerkt – die Einstellung der Gesellschaft gegenüber unseren vierbeinigen Freunden enorm verändert.

Diese Einstellung war während meiner Kindheit und Jugend in den 1970er Jahren in Großbritannien noch relativ locker. Mein erster Hund, ein Mix zwischen einem Labrador und einem Jack Russell Terrier, der auf den Namen Alexis hörte, war ebenfalls ein Herumtreiber. Allerdings hatte er mehr Interesse an den weiblichen Vertretern seiner Spezies als an den Snacks der Mittagspäusler. Zwar bemühten wir uns nach Kräften, ihn in unserer Nähe zu halten. Jedoch gelang es ihm immer wieder, auszureißen, und so kam es, dass er – anders als Ginger – mehrmals im Tierzwinger der Polizei landete (zu dieser Zeit war in Großbritannien immer noch die Polizei für Streunerhunde zuständig). Aber niemand schien sich daran zu stören.

Heutzutage stößt man, speziell in den Städten, kaum noch auf eine solche Toleranz gegenüber Hunden und ihren Verhaltensweisen, und auf dem Land ist die Hundehaltung immer mehr auf dem Rückzug. Nach vielen Jahrtausenden, in denen der Hund von allen Tieren der engste Gefährte des Menschen war, ist nun in vielen Ländern, auch in den USA, die Katze zum beliebtesten Haustier avanciert. Warum ist das so?

Zunächst einmal erwartet man, dass man Hunde heute viel besser unter Kontrolle hat als dies früher der Fall war. Schon immer gab es eine große Anzahl an Fachleuten, die den Hundebesitzern sagen, wie sie sich um ihre Hunde kümmern sollen. Als ich meinen zweiten Hund übernahm, einen Labrador-Airedale-Terrier-Mix mit dem Namen Ivan, war ich entschlossen, aus ihm einen besser erzogenen Hund zu machen als Alexis. Ich entschied mich, mich ein wenig mit Hundetraining zu beschäftigen, war dann aber geschockt, als ich sah, welchen Ansatz die damaligen Trainer verfolgten. Da war zum Beispiel Barbara Woodhouse, für die ein Hund ein Wesen war, das man permanent dominieren musste. Ich sah das einfach nicht ein – Sinn und Zweck eines Hundes als Haustier ist doch, dass er unser Freund wird, nicht unser Sklave. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass dieser Trainingsansatz ursprünglich von Oberst Konrad Most stammte, einem Polizeibeamten und Pionier auf dem Gebiet des Hundetrainings. Dieser hatte vor über 100 Jahren die Behauptung aufgestellt, dass ein Mensch einen Hund nur dann kontrollieren kann, wenn der Hund von der körperlichen Überlegenheit des Menschen überzeugt ist. Er leitete diese Idee aus den Berichten zeitgenössischer Biologen über wilde Wolfsrudel ab. Zu dieser Zeit glaubte man, dass jedes Rudel von einem einzigen Wolf dominiert wird, der die anderen Wölfe einzig und allein dadurch kontrolliert, dass er bei ihnen Furcht erzeugt. Die Biologie, die zu dieser Zeit mein Beruf war, stand plötzlich im Widerspruch zu meinem Bauchgefühl, das mir sagte, wie meine Beziehung zu meinen Hunden eigentlich sein sollte.

Zu meiner Erleichterung löste sich dieses Dilemma im Laufe der letzten zehn Jahre von selbst auf. Heute wissen wir, dass das Wolfsrudel, stets als Maßstab für die Interpretation des hündischen Verhaltens herangezogen, ein harmonischer Familienverband ist. Gestört wird diese Harmonie einzig und allein durch den Eingriff des Menschen. Infolgedessen haben die aufgeklärtesten modernen Trainer den Einsatz von Strafen weitgehend abgeschafft und stützen sich nun auf Methoden, die auf dem Belohnungsprinzip beruhen und ihre Wurzeln in der vergleichenden Psychologie haben. Dennoch beherrschen die Trainer der Alten Schule immer noch die Medien, weil – wie ich denke – ihre konfrontativen Methoden sehr publikumswirksam sind.

Zwar zeigen moderne Trainingsmethoden – zumindest stellenweise – mehr Mitgefühl für die Hundeseele. Dennoch leidet die physische Gesundheit der Hunde. Die Anforderungen an unsere Familienhunde in Bezug auf Hygiene, Kontrolle und Verhalten werden immer höher, aber die Zucht von Hunden, die man für diese immer anspruchsvollere Nische für geeignet hält, wurde in die Hände von Enthusiasten gelegt, deren Hauptziel darin besteht, Hunde zu produzieren, die gut aussehen. Obwohl Ginger reinrassig war und einen Stammbaum hatte, war er nur ungefähr zehn Generationen von den schottischen und irischen Rattenfängern entfernt, die keiner bestimmten Zuchtlinie angehörten und infolgedessen ein langes und gesundes Leben führten. Heutzutage läuft der Cairn Terrier Gefahr, zum Opfer von Inzuchtpraktiken für den Ausstellungsring zu werden, geplagt von über einem Dutzend Erbkrankheiten wie beispielsweise dem anscheinend extrem schmerzhaften Legg-Calvé-Perthes-Syndrom.

Biologen wissen nun wesentlich mehr darüber, wie Hunde wirklich funktionieren, als dies noch vor zehn Jahren der Fall war. Diese neuen Erkenntnisse sind jedoch nur sehr langsam zu den Hundehaltern durchgedrungen und haben in der Tat das Leben der Hunde selbst noch nicht wesentlich verändert....

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