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Hyperaktive Kinder zur Stille führen mit Hilfe musiktherapeutischer Techniken

Eine empirische Studie in der Grundschule

AutorSabine Alexa Hauck
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl232 Seiten
ISBN9783638330763
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: 1,0, Universität Koblenz-Landau (Psychologie), 35 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In den vergangenen Jahrzehnten wurden zunehmend Kinder beobachtet, die sich auffällig verhielten. Lehrerinnen und Lehrer klagen heutzutage über Kinder, die im Unterricht durch unkonzentriertes, unaufmerksames, hyperaktives Verhalten auffallen und damit eine effiziente Unterrichtsgestaltung unmöglich machen. Nicht nur für Lehrer sondern auch für Eltern stellen diese Kinder ein Problem dar. Verzweifelt wird nach erzieherischen Mitteln gesucht, um den Kindern zu helfen. Sehr häufig werden hyperaktive Kinder für ihr auffälliges Verhalten bestraft. Damit geraten sie leider in einen Teufelskreis. Infolge der häufigen Bestrafungen sinkt ihr Selbstwertgefühl und sie nehmen nicht selten die Position eines Außenseiters ein. Durch die negativen Rückmeldungen aus der Umwelt verstärken sich die Symptome des hyperaktiven Kindes. Damit ist der Teufelskreis geschlossen. Hyperaktive Kinder brauchen aus diesen Gründen dringend professionelle Hilfen. Eine besondere Therapieform, die in meinem Buch vorgestellt wird, ist die Delfintherapie. Mit Hilfe von Delfinen soll ADS- Kindern geholfen werden, ihre störenden Symptome zu beseitigen. Eine Delfintherapie wird fast ausschließlich bei Kindern eingesetzt, da zwischen Kindern und Delfinen eine natürliche Verbindung besteht. Da Delfine sehr verspielt sind, öffnen sie schnell die Herzen der Kinder und erreichen eine tiefe Seelenebene. Auch Musik gilt schon seit jeher als Heilmittel. So wird die Therapie mit Musik auch in der Behandlung von Hyperaktiven Kindern angwendet. Ich selbst habe eine empirische Studie über die Effizienz von musiktherapeutischen Techniken mit hyperaktiven Kindern in einer Grundschule durchgeführt und stelle den Verlauf der musiktherapeutischen Sitzungen in meinem Buch ausführlich dar.

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Leseprobe

III. Grundlagen und Durchführung der eigenen empirischen Studie


 

1. Betrachtungsweisen von „Musik“ und Definitionsversuche


 

Sei Jahrhunderten bemüht man sich, Musik als Phänomen wissenschaftlich zu erfassen. Definitionen von Musik sind schwierig und wurden oft versucht. Sie hängen immer mit den Interessenlagen und Funktionsbestimmungen der jeweiligen historischen Epoche zusammen. In der wissenschaftlichen Betrachtungsweise von Musik wird versucht, spezifische Erscheinungsformen der Musik zum Definitionskriterium der Musik zu erheben. Im Zeitalter der Renaissance, in der die Ausübung von Kunst erstmals in den Vordergrund trat, findet man Musikdefinitionen wie „Musica est ars recte canendi (Musik ist die Kunst, recht zu singen).[189] In dieser Definition wird Musik jedoch aus ihrem historischen Entwicklungsprozess herausgelöst. Die Musik, als ein vom Menschen und seinem historischen Entwicklungsstand losgelöstes Phänomen, gibt es hier nicht.

 

Weitere Definitionsversuche gibt es hinsichtlich der Funktion von Musik und der Beziehung der Menschen zur Musik. Der Mensch wird hier zum Subjekt des Musikerlebens. Diese Auffassung ist noch nicht zum heutigen Allgemeingut geworden. Es wird heute vielmehr versucht, Musik als ein vom sozialen Kontext losgelöstes Phänomen zu betrachten und sich überwiegend an der Musik früherer Jahrhunderte orientiert.

 

Eine weitere Betrachtungsweise ist die psychologische, die ihr besonderes Augenmerk auf den Menschen als Subjekt des Musikerlebens richtet. In der heutigen Zeit der Massenmedien gewinnt diese Betrachtungsweise immer mehr an Bedeutung, da der Mensch in Rundfunk und Fernsehen bewusst und unbewusst von der psychischen Wirkungsweise von Musik beeinflusst wird. In der Werbung wird Musik z.B. zur Absatzsteigerung von Gebrauchsartikeln eingesetzt. Der Mensch ist heutzutage quasi an verfestigte Hörerfahrungen gebunden. Musik verliert hier die Bindung an musikalische Parameter wie Harmonie, Melodie oder Klangerzeugung durch bestimmte Instrumente. Sie wird vielmehr als akustisches Phänomen, das nur durch soziale Bezüge Bedeutung erhält, verstanden. Musik dient in der psychologischen Betrachtungsweise, als Ausdrucksmittel für menschliche Bedürfnisse, was auch in meinen folgenden Ausführungen über Musiktherapie eine wichtige Rolle spielt. Es ist dringend notwendig, zu der historischen und sozialen Betrachtungsweise von Musik auch die psychologische Betrachtungsweise hinzuzuziehen.[190]

 

2. Musik und ihre Wirkung


 

Die Wirkungsweise von Musik ist vielfältig. Nach Merrit kann Musik Stress- Empfinden reduzieren, die Entfaltung der Persönlichkeit fördern, neue Lebensperspektiven eröffnen, das Leben bereichern und verschönern, Lernfähigkeit und Erinnerungsvermögen steigern, Kreativität und Imagination anregen, Kommunikation erleichtern, entspannen, Kräfte erneuern und beruhigen. [191]

 

Im Folgenden gehe ich näher auf die physiologische und psychische Wirkungsweise von Musik ein.

 

2.1 Gehirnphysiologische Wirkung


 

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Musik Einfluss auf verschiedene Körperfunktionen hat. Der menschliche Schädel besteht aus einer Großhirnrinde, die den meisten Platz einnimmt und das Zentrum für intellektuelle und abstrakte geistige Aktivitäten ist. Sie besteht aus zwei Hemisphären: der rechten und der linken Hemisphäre. Die linke Hemisphäre ist vor allem für Intellekt, Analyse, rationales und abstraktes Denken, sprachliche Fähigkeiten, Rhythmus und Symbole zuständig. Während die rechte Gehirnhälfte für Intuition, räumliches Denken, Bilder, Musik, analoges Denken, Emotionen und Kreativität zuständig ist. Musik fördert die Integration beider Hemisphären. Neurobiologen haben festgestellt, dass Musik den Fluss neuraler Impulse über das Corpus callosum, welches die beiden Hemisphären verbindet, anregt und einen harmonischen Austausch zwischen ihnen erzeugt. Die Rhythmen des menschlichen Körpers synchronisieren sich während des Musikhörens mit dem Taktschlag der Musik. Von daher kann trotz anstrengender geistiger Arbeit durch Musikhören ein Zustand der Entspannung eintreten.[192] In Untersuchungen über Musik und das Gehirn stellten M. Critchley und R.A. Hensen heraus, dass Musik das limbische System, den sog. prä- verbalen Teil unseres Gehirns erreicht und somit die emotionalen und physiologischen Reaktionen wie Puls, Blutdruck und Körpertemperatur beeinflusst. Die Forscher Critchley und Hensen kamen schließlich zum Ergebnis, dass Musik die Integration des gesamten Gehirns fördert, indem sie den Austausch gespeicherter Gedächtnisinhalte anregt. Außerdem waren sie der Auffassung, dass Musik die Stimulation der Endorphine bewirken kann.

 

Nach Merrit hilft Musik auch bei der Überwindung starrer Denkmuster, denn sie erreicht vor allem die nonverbalen Bereiche. Durch die Anregungen intuitiver und kreativer Anteile kann die Vorherrschaft der eher logischen und abstrakten linken Gehirnhälfte überwunden werden. Unterdrückte Gedanken können somit an die Oberfläche kommen. [193]

 

Der Wissenschaftler Mc Lean glaubt an die Theorie vom „Triadischen Gehirn“, ein Gehirn, das über drei unterschiedlich strukturierte Gehirne verfügt und unterschiedlich auf ankommende Informationen reagiert. Das Reptilienhirn als ältestes Gehirn enthält symbolische Erfahrungen und verarbeitet physikalische oder sensorische Repräsentationen der Bewegung. Nach Mc Lean spricht Musik diesen Teil des Gehirnes gezielt an.

 

Das stammesgeschichtlich alte System, das limbische System, verarbeitet innere Bilder und Emotionen. Gefühlsmäßig geladene Musik kann dieses System beeinflussen, da es durch einen Teil der Großhirnrinde, der für das Hören zuständig ist, direkt zum Netzwerk des Mittelhirns weiterfließen kann. Im Mittelhirn werden emotionsgebundene Eigenschaften des Denkens freigelegt, um Erinnerungen zu aktivieren und sie mit aktuellen Erfahrungen in Verbindung zu bringen.

 

Erinnerungen werden viel lebendiger, wenn bildliche Vorstellungen und Emotionen damit verbunden sind. Durch die Aktivierung auditiver, visueller und olfaktorischer Gefühle können Erinnerungen wesentlich leichter abgerufen werden.

 

Musik ist außerdem ein wirkungsvolles Mittel, um Synästhesie, eine Verknüpfung verschiedener Empfindungen, zu fördern. Musikmuster werden dann im Gehirn in elektrische Reize übersetzt, die das gleiche Muster in unterschiedliche Sinnesmodalitäten nachbilden können. Beim Hören eines bestimmten musikalischen Musters können Erinnerungen an ein visuelles Bild, eine Empfindung oder ein Gefühl hervorgerufen werden. Folglich werden Assoziationen verschiedenster Sinne angeregt. Zudem kann Musik die Verbindungen zwischen Billionen von Nervenzellen herstellen und somit zahlreiche Gedanken, Erinnerungen und Erkenntnisse erwecken. Sie kann bis ins Unterbewusstsein vordringen und tiefliegende Erinnerungen ausgraben. Außerdem kann sie mentale Fähigkeiten fördern, die Produzierung von Ideen und Einsichten aktivieren sowie Emotionen, Sinne und Wahrnehmung anregen. Durch die Imagination von Musik kann Energie für abstraktes Denken und hoch verbale Fertigkeiten freigesetzt werden, die Aufnahmefähigkeit und Vorstellungskraft erhöht werden. Vor allem Kinder können davon profitieren, da sie durch Musik ihren Blick besser nach innen richten können und ihre schulischen Leistungen verbessern. Kinder werden durch das Erziehungssystem zu früh in ein abstraktes Denken gedrängt. Auch das Fernsehen verhindert das Entwickeln von Bildern, die Kinder so dringend für ihre Vorstellungskraft gebrauchen.[194]

 

2.2 Physiologische Wirkung


 

Musik kann helfen, den Bezug zu den natürlichen, langsameren Lebensrhythmen wiederzugewinnen, der in der heutigen schnelllebigen Zeit oft verloren geht. Musik kann physiologische Funktionen wie Herzschlag, Muskelspannung und Kreislauffunktion verändern. Rhythmus ist die Urkraft des Lebens und in der Musik eines der wichtigsten Elemente. Den Rhythmus nehmen die Menschen erstmals im Mutterleib im Herzschlag der Mutter wahr. Die Einstimmung des Herzschlages auf den Rhythmus der Musik wird als „Entrainment“ bezeichnet. Durch Tempobeschleunigung in der Musik beschleunigt sich ebenso der Herzschlag. Ruhige Musik kann hingegen den Herzschlag verlangsamen und somit beruhigend und entspannend wirken. Musik kann auch der eigenen Stimmung angepasst werden.

 

Musik kann sich auf den Fluss des Atems sowie auch auf den Puls auswirken. Unregelmäßige Rhythmen chaotischer Musik können den Puls beschleunigen und seinen Rhythmus verändern. Außerdem verursacht solche Musik unregelmäßige Herzrhythmen. Ebenso werden Muskelbewegungen beeinflusst. Hierzu gibt es Untersuchungen von Jacqueline Sue Champman über frühgeborene Säuglinge, die durch das Wiegenlied von Brahms deutlich an Gewicht zunahmen. Dies wurde in der Zeitschrift American Health berichtet. Das Wiegenlied hatte beruhigende Wirkung auf die Säuglinge und führte zu einer Energieeinsparung, die zum Überleben notwendig...

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