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E-Book

Ich bin raus

Wege aus der Arbeit, dem Konsum und der Verzweiflung

AutorRobert Wringham
VerlagHeyne
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783641195892
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Arbeit und Konsum machen weder frei noch glücklich - dieses Buch weist den Weg aus der Misere
Achtzig Prozent von uns hassen ihren Job. Im Schnitt verbringen wir jedoch 87.000 Stunden bei der Arbeit, bevor wir ins Grab steigen.

Zudem verschwenden wir rund 5.000 Stunden in Zügen und Bussen und Staus, um zu dieser Arbeit zu kommen, nicht eingerechnet die unzähligen Stunden der Vorbereitung für, Sorge um und Entspannung von dieser Arbeit. Trotzdem sind die meisten von uns verschuldet, weil wir unsere Würde durch ein Eigenheim wiederherzustellen versuchen, welches dann ja auch befüllt werden muss. Robert Wringham zeigt, wie man dieser Falle entfliehen kann. Raus aus den Schulden, raus aus dem Stress, raus aus unbefriedigender Arbeit, hin zur persönlichen Freiheit und dem, was man das »gute Leben« nennt. Es gibt einen Ausweg. Zumindest für die, die ihn suchen.



Robert Wringham wurde 1982 in Dudley, England geboren und lebt heute in Glasgow. Er ist bekannt für schrägen Humor, literarische Sachbücher, Stand-up-Comedy und Performance Art. Zudem ist er der Herausgeber des Magazins New Escapologist, einem Magazin rund um das Thema Eskapologie, für das auch Autoren wie Luke Rhinehart, Will Self und Tom Hodgkinson schreiben. Als Journalist schreibt er für Trend- und Online-Magazine wie Meat, tMCQ, Verbicide, CACTUS, Side Street Review, Splitsider, und den British Comedy Guide, dazu auch Artikel für größere Zeitschriften wie den Idler und Playboy.

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Leseprobe

Einleitung

Die Herausforderung des kleinen Mannes

Ich nehme mir die Schlösser vor,

eins nach dem anderen.

Houdini

Ich habe hinter den Vorhang geschaut. Es war erschreckend. Aber das war schon in Ordnung. Als ich den Blick hinter die Kulissen wagte, war ich ein gelangweilter Mittzwanziger. Ich interessierte mich für die Geschichte der Zauberei, womit ich jene Trickkünstler meine, die zur Belustigung anderer Menschen auf der Bühne Kunststücke vorführen. Das Interesse kam nicht von ungefähr. Ich wollte Kabarettist werden und beschäftigte mich mit den eher abseitigen Formen der Bühnenkunst. Dabei stellte ich fest, dass hier alles anders war. Die Geschichte der Zauberkunst wirkte irgendwie angestaubt, hatte etwas Schelmisches, aber auch Viktorianisches an sich, alles wirkte übertrieben und widersprüchlich. Mir kam es vor, als würde ich an einem Geheimwissen teilhaben, auch wenn die Bücher, die ich darüber las, aus der öffentlichen Bücherei stammten. Eine Weile genügte es mir, mich mit Dingen wie dem indischen Seiltrick, Peppers Spiegeltrick und so mysteriösen Gestalten wie dem chinesischen Zauberkünstler »Long Tack Sam« und dem Schotten John Henry Anderson alias »The Great Wizard of the North« zu beschäftigen. Ich hatte Reproduktionen der Plakate von Houdini und Kellar an den Wänden meiner Wohnung hängen. Diese Poster waren mir so wichtig, dass ich in Kauf nahm, fünfzig Pfund von meiner Mietkaution wegen der vom Klebekitt verursachten Flecken zu verlieren.

Das Studium der Geschichte der Zauberei war nicht gerade eine nutzbringende Beschäftigung. Eigentlich sollte ich ja eine Art Karriere beginnen oder mir zumindest einige Gedanken darüber machen, welchen Wert mein Abschluss in Psychologie auf dem Arbeitsmarkt hatte. Aber wenn man sich mit Magie befasst, denkt man gleichzeitig logisch und hinterhältig, also genau so, wie man nicht denken soll, wenn man eine lebenslange Karriere als Medienmensch oder Experte für kaputte Fotokopierer anstrebt. Denn die Magie bringt einen dazu, über das nachzudenken, was hinter diversen Vorhängen verborgen ist.

Houdini hat mir dann den entscheidenden Hinweis gegeben. Könnte auch sein, dass es nur die Auswirkung der Rückkehr ins Büro war, an einem Montag, nachdem ich das ganze Wochenende Zauberpraktiken vergangener Jahrhunderte studiert hatte. Das könnte der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte. Vielleicht lag es an dem harschen Aufeinandertreffen widersprüchlicher Welten, dem Angestelltendasein und der Magie. Jedenfalls ging etwas in mir zu Bruch und förderte eine aufregende und erschreckende Wahrheit an den Tag. Wie auch immer es zustande kam, ich sah sie, denn manche Dinge – wie die Hoden eines Rüden oder der behaarte Speckwulst eines Fettwanstes – bleiben niemals im Verborgenen.

Die Wahrheit ist: Wir stecken in der Falle. Wir alle. Wir gehören zu einer Gesellschaft von größtenteils anständigen, aber völlig unbewusst lebenden Personen, die den Figuren aus der Kindergeschichte Der Wind in den Weiden ähneln, und werden von einer gigantischen Maschine ausgebeutet und zermalmt. Viele Aspekte des modernen Lebens, die wir als ganz normal ansehen, wie Arbeiten, Einkaufen, Twittern und unsere ständige schlechte Laune, gehören alle zu dieser Falle. Die Falle beschert uns ein halbwegs bequemes Leben und verlängert womöglich sogar unsere Lebenszeit, aber nur, solange wir ganz brav darin leben, während wir benebelt und verbraucht werden. Gut möglich, dass Sie das längst geahnt haben, es gibt ja überall genügend Hinweise darauf, und vielleicht sind Sie ja zufrieden damit und machen einfach weiter. Aber wer weiß, vielleicht haben Sie ja auch Lust, mit mir zusammen dieser Falle zu entkommen.

»Willkommen an Bord«, sagte der junge Angestellte der Personalabteilung und öffnete eine Tür, hinter der sich eine ganze Reihe summender Computer verbarg, für die ich nun verantwortlich war. Mit großer Geste, als wollte er damit sagen: »Das alles gehört jetzt Ihnen.« Aber ich wollte ja gar nicht, dass sie mir gehören. Ich wollte etwas Aufregendes tun, und zwar im Zusammenhang mit meinem gerade entdeckten Interesse für Magie. Zwar fehlte mir die Geduld, um ein brillanter Zauberer zu werden, aber wenn ich es richtig anstellte, könnte ich vielleicht ein witziger Autor werden, so wie Myles na gCopaleen alias Flann O’Brien oder ein begabter Komödiant wie Simon Munnery oder ein Keramikkünstler und Transvestit wie Grayson Perry.

Klingt vielleicht recht eigensinnig. Oder träumerisch. Aber, verdammt noch mal, seht euch doch bloß die Alternativen an: Network Administrator? PR-Manager? Aushilfslehrer? Ein ganzes Leben lang? Mit meinen großartigen Begabungen? Ich kann sogar ganz passabel singen! Nein, ganz bestimmt nicht. Ich wollte nicht in der Mittagspause in irgendeiner kahlen Mitarbeiterkantine enden, am Fließband produzierte Sandwiches mampfen und zuhören, wie die Kollegen sich darüber streiten, wer die Milch aufgebraucht hat. Ich wollte ein üppig ausgestattetes Ankleidezimmer mit einer reichhaltigen Auswahl an exotischen Früchten und der Unterwäsche meiner Groupies. Was bitte ist daran falsch?

Ich bin nicht der geborene Angestellte. Niemand ist das. Aber wenn ich die Miete nicht bezahlen kann, bin ich am Arsch. Also brauchte ich damals diesen Job. Ich saß in der Falle. Und das, so wie es aussah, für die nächsten vierzig Jahre, was aus der Perspektive eines 23-Jährigen wie eine Ewigkeit aussieht. Die Gefängnisstrafe für Bankraub ist nicht annähernd so lang. Das weiß ich, weil ich es überprüft habe. Willkommen an Bord …

Ich hörte das Summen der Computer. Der Geruch nach statischer Elektrizität stieg mir in die Nase. Eine selten benutzte LED-Leuchte am Kontrollpult meines Gehirns leuchtete mit einem Mal auf. Es war die Lampe mit der Aufschrift »Flucht«. Grayson Perry und all die anderen konnten mir jetzt nicht mehr helfen. Von all meinen Helden war nur noch einer geblieben, der mich hier rausholen konnte: Houdini.

Tatsächlich war es Harry Houdini, der mir die Wahrheit hinter dem Vorhang enthüllte. Wäre es möglich, sich genau wie er aus der größten Falle, die es überhaupt gibt, zu befreien? Houdini, dem exotische Früchte und Groupie-Unterwäsche nicht fremd waren, war der König der Handschellen. Er konnte sich aller Fesseln entledigen, jeder Gefängniszelle entkommen, sich aus jeder Kiste, jedem Postsack oder jeder Zwangsjacke befreien. An einem besonders aufregenden Abend gelang es ihm sogar, dem verwesenden Kadaver eines Wals zu entrinnen. »Nichts auf dieser Welt kann Houdini gefangen halten«, verkündeten die Plakate. Bis zum heutigen Tag gilt er als Meister aller Zauberkünstler, vor allem als der größte Entfesselungskünstler aller Zeiten. Gut möglich, dass Sie mal einen Hamster nach ihm benannt haben.

Einige von Houdinis tollsten Kunststücken hatten allerdings gar nichts mit Entfesselung zu tun. Der Zauberkünstler konnte Münzen zwischen seinen Fingern tanzen lassen, Kugeln mit den Zähnen auffangen und einen Elefanten namens Lulu verschwinden lassen. Einen Elefanten in Luft aufzulösen, war eines der großartigsten Zauberkunststücke aller Zeiten, vielleicht sogar eine der beeindruckendsten Theateraufführungen, wenn man das Sensationelle daran zum Maßstab nimmt. Bis heute weiß niemand, wie Houdini das gemacht hat. Er war ein prominenter und kontrovers diskutierter Skeptiker, so ähnlich wie der Biologe und Atheist Richard Dawkins heutzutage – nur dass es weniger peinlich war, ihn auf eine Party mitzubringen. Er war Kinoheld, Autor, Flugpionier, Agent des US-Geheimdienstes und Star einer eigenen Broadway-Show. Er war, wie einige seiner Biografen es ausdrückten, der erste amerikanische Superheld. Aber vor allem war er berühmt für seine Fähigkeiten als Entfesselungskünstler und ist es immer noch.

Aus der Nähe betrachtet ist ein Entfesselungsakt eine ziemlich eigenartige Theateraufführung. Was bitte soll denn unterhaltsam daran sein, jemandem dabei zuzusehen, wie er sich womöglich stundenlang verzweifelt bemüht, ein Schloss zu knacken? Noch seltsamer wird das Ganze, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Publikum überhaupt nichts davon beobachten konnte. Wenn Houdini zum Beispiel versuchte, aus einer Packkiste zu entkommen, lag es in der Natur der Sache, dass sowohl er als auch der Akt der Befreiung im Verborgenen blieben: Das Publikum hatte gezahlt, um Houdini zu sehen, verbrachte aber die meiste Zeit damit, im Theater zu sitzen und eine Holzkiste anzustarren, während er sich darin abmühte. Um sich ein paar Handschellen zu entledigen, trat Houdini geheimnisvoll hinter seine »Ghost box«, einen Leinwandschirm, der extra dazu da war, seine Befreiungsaktion zu verdecken. Aber selbst wenn es möglich gewesen wäre, den Künstler zu beobachten, wäre nicht viel zu sehen gewesen. Es gab keinen sensationellen Trick, und natürlich war keine echte Magie im Spiel. Houdini knackte das Schloss. Das war alles, was sich hinter dem Schirm abspielte. Einen Elefanten verschwinden zu lassen oder eine Kugel mit den Zähnen aufzufangen waren beeindruckende Kunststücke, bei denen eine geheimnisvolle Technik angewendet wurde. Aber dies? Da hockte doch bloß ein Mann in einer Kiste. Und in einem schlecht belüfteten Raum hatten sich Hunderte von Stadtbewohnern versammelt und sahen gebannt zu, wie das Ding hin und her wackelte. Klingt wie ein ziemlich schräges Off-Theaterstück, aber es war eine sensationelle, international erfolgreiche Darbietung.

Die Entfesselungskunst scheint – wie auch viele andere Formen der Zauberei – eine Saite im kollektiven...

Blick ins Buch

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