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E-Book

Ich kann nicht mehr

AutorAlexander Feodor
VerlagAlexander Feodor Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl292 Seiten
ISBN9783981945409
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
www.ich-kann-nicht-mehr.de - Auf einmal ist alles anders. Als Alexander nach Monaten des Martyriums zusammenbricht, verändert sich sein ganzes Leben. Schwer angeschlagen, nahezu zerstört, begibt er sich auf den Weg in eine ungewisse, aber vielversprechende Zukunft. Eine Autobiographie eines starken, jungen Mannes, der sich offen und verletzlich zeigt.

Alexander Feodor (Pseudonym) wurde 1976 geboren und ist in München aufgewachsen. Schon früh entwickelte er Interesse für Erzählungen und das Seelenleben der Menschen. Der plötzliche Herztod seiner Mutter zwang den jungen Halbwaisen von heute auf morgen, auf eigenen Beinen zu stehen und mit den Widrigkeiten des Lebens fertig zu werden. Seinen ursprünglichen naturwissenschaftlichen Beruf hat Alexander Feodor aufgegeben. Er arbeitet heute als selbständiger Berater in der Luftfahrtbranche. Der Autor lebte unter anderem in den USA, Neuseeland und Italien.

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Leseprobe

01


Es war ein Freitagnachmittag im April 2009, und die letzten Tage hatten sich für mich angefühlt wie die reinste Hölle.

Seit Monaten war es mir zunehmend schlechter gegangen. In den vorangegangenen Jahren hatte ich mich daran gewöhnt, mich körperlich nicht mehr »gut« zu fühlen. Es hatte sich gewissermaßen ein Gleichgewicht eingestellt, bei dem »sich schlecht fühlen« allgegenwärtig war, dieses Gefühl aber kompensiert wurde durch meinen starken Willen, immer zu funktionieren. Auf diese Weise fühlte sich für mich alles normal an. Über die letzten Jahre hatten sich allerdings immer mehr körperliche Symptome eingeschlichen, die ich nun nicht mehr auseinanderhalten konnte. Reizbarkeit, Schlafprobleme, leichter Tinnitus, Hautausschläge, Spannungskopfschmerzen, Übelkeit und Verdauungsprobleme waren Symptome, die ich schon lange mit mir herumtrug. Bisher hatte ich diese körperlichen Zeichen immer wieder gespürt und ignoriert, weil sie sich entweder bald wieder abschwächten oder gänzlich verschwanden. Für mich war dies nichts Ungewöhnliches.

In den vergangenen Monaten aber hagelte es auf einmal körperliche Beschwerden, die sich abwechselten oder zusammen auftraten, wie es ihnen gerade zu passen schien. Ich konnte nichts dagegen tun: Symptome wie Trittunsicherheit, Schwindelanfälle, kurzer Hörverlust, starker Tinnitus, Hyperakusie traten auf. Nun spürte ich mehr und mehr ein pelziges Gefühl über einer Seite des Kopfes und des Gesichts. Ich litt immer wieder unter Konzentrationsschwierigkeiten, Wortfindungsstörungen und Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis. Hinzu kamen Sehstörungen, Verschlechterungen des Farb- und des Kontrastsehens, Nachtblindheit, Spannungskopfschmerzen, Rückenschmerzen und Gliederschmerzen. Seit Monaten war ich zunehmend reizbarer und verlor oft die Beherrschung gegenüber meinen Mitmenschen. Regelmäßig überkamen mich spontane Übelkeit und Darmkrämpfe, begleitet von Kreislaufproblemen. Meine Zähne waren schon ganz ramponiert durch das nächtliche Zähneknirschen, welches ich früher nie hatte. Eines Morgens vor dem Spiegel stellte ich fest, dass aus meinen Zähnen sogar die Füllungen oder Teile meiner Zähne abgebrochen und die Kauflächen ganz schroff waren. Meine einst so schönen Zähne sahen schlimm aus. Die Kiefermuskeln schmerzten und waren ganz verspannt, genauso wie die gesamte Muskulatur meines Körpers. Ich hatte zunehmend das Gefühl, neben mir zu stehen und mein Leben von außen zu betrachten, kurzum, wie man neudeutsch sagt: «Ich war wie ferngesteuert! Wie sandgestrahlt!«

Da ich aber einige dieser Symptome kannte, sie immer nur kurzzeitig und nicht so heftig auftraten, war ich zunächst nicht wirklich beunruhigt gewesen. Bisher hatte ich immer alles in den Griff bekommen. Ich konnte funktionieren, ich fühlte mich stark und fähig genug, diese Zustände zu kontrollieren. Diesmal fragte ich mich aber: »Was ist denn los mit Dir, verdammt?! So schlimm war es doch noch nie!«

Oft stiegen mir Tränen in die Augen, wenn ich abends zu Hause vor dem Fernseher saß. Ich wünschte mir, dass ich mich besser fühlen und endlich dieser Hölle entkommen könnte. Ich war so angespannt und gleichzeitig so kraftlos, und hatte ebenso Panik wie Todesangst.

»Es ist die Hölle! Aber was genau macht mir denn solche Probleme?«

Es war nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen, da ich sehr viel organisieren musste. Die Arbeit musste wohl die Hauptursache sein. Mein Job hatte mich die letzten Jahre aufs Äußerste beansprucht, mir alles abverlangt. Am liebsten wollte ich nur noch weglaufen und alles einfach hinschmeißen. Ein Flugticket kaufen und weg!

Eines Montags wachte ich nach einer unruhigen Nacht auf, mit einem Gefühl des Unwillens, überhaupt noch arbeiten zu gehen. Mir war übel, ich war in Panik und wollte am liebsten zu Hause bleiben. Mein Pflichtgefühl war jedoch stärker. Es verbot mir einfach, blau zu machen. Schließlich musste ich für die kommende Woche einen Messeauftritt unserer Firma organisieren.

Zähneknirschend fuhr ich ins Büro. Seltsamerweise gab mir dies doch ein wenig Halt, da mich die Arbeit von meinem Zustand der letzten Tage recht gut ablenkte.

So kämpfte ich mich durch die Woche und hielt durch. Als ich aber in der darauffolgenden Woche mit unserer Firma auf der Messe ankam, nahmen die Spannungs- und Angstzustände immer weiter zu und hielten jetzt sogar über Stunden, ja fast über den ganzen Tag hinweg an. Kaum einer meiner Kollegen merkte, wie es mir wirklich ging. Ich ließ mir nichts anmerken, da es mir zur Gewohnheit geworden war, meine Ängste zu überspielen.

Aber nun schien es so, als ob mich mehr und mehr Dinge ängstigten. Das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein, verstärkte sich. Alles lief nur noch wie im Traum ab, der Aufbau zur Messe, die Vorbesprechungen, und dann konnte ich auch nicht mehr schlafen. Gar nicht mehr! Ich verbrachte die ganze Nacht damit, mich gegen die Angst und die Anspannung zu stemmen. Stundenlang lag ich wach, bis zum nächsten Morgen.

Nach der ersten schlaflosen Nacht telefonierte ich mit meinem Vater, der Arzt ist. Ich fragte ihn, ob ich mir Beruhigungsmittel verschreiben lassen sollte, da ich mir einfach nicht mehr anders zu helfen wusste. Er war sich unsicher, daher entschied ich mich vorerst dagegen.

»Was soll‘s? Ich werde schon durchhalten, wie immer.« Ich ging in die Apotheke und ließ mir leichte Tabletten auf Baldrianbasis zur Beruhigung geben, um irgendetwas zu tun. Aber sie halfen mir nicht.

Den ganzen Tag über war ich angespannt und wie benebelt, völlig neben mir. Ich kämpfte mich durch den Messetag. Die zweite Nacht konnte ich wieder nicht schlafen. Angst! Panik! Kein Ausweg! Wenn ich ruhig dalag, war es nicht zum Aushalten. Ich versuchte die Zeit und meine Gefühle mit Fernsehen totzuschlagen und mich abzulenken, was mir aber nicht gelingen wollte.

Der Messeaufbau war fast abgeschlossen, und ich war nach den letzten zwei Nächten wie gerädert. Abends traf ich mich mit den Mitarbeitern zum Essen. Ich spielte den freundlichen Kollegen. Auch in der dritten Nacht fand ich keinen Schlaf. Ich war wie ein Schatten meiner selbst. Ich wollte alleine sein und schlafen. Nur schlafen!

Der offizielle Teil der Messeveranstaltung hatte gerade begonnen, und ich kämpfte mich durch bis zu unserem Stand. Ein Kollege kam auf mich zu und fragte:

»Alex, ist alles in Ordnung mit Dir?« Da ich ihn nicht sehr gut kannte, überspielte ich meinen Zustand.

»Ja, ja, Michi, alles in Ordnung! Passt schon! Bin nur ein bisschen überarbeitet!«

Er sah mich seltsam an, und ich merkte, dass er mir nicht glaubte. So wandte ich mich ab und ging meiner Arbeit weiter nach. Die Kundengespräche strengten mich sehr an, lenkten mich jedoch zugleich von meinem Zustand ab. So konnte ich wenigstens hin und wieder ein wenig verschnaufen. Nur wenn ich Zeit zum Nachdenken hatte, überkam mich wieder die Panik. Meinen Chef sah ich zu dieser Zeit gar nicht, obwohl er die ganze Zeit auf der Messe war.

»Der treibt sich bestimmt mal wieder irgendwo herum und führt Pseudogespräche!«, dachte ich.

Natürlich ging es mir schlecht, aber von meinem Chef war ich in den letzten Monaten durchaus einiges gewohnt und hatte mir eine entsprechende Meinung über ihn gebildet. Und ich stand damit nicht allein. Ihn verfluchte ich zunehmend, war er doch Teil meines Problems. Ich machte ihn und die Firma verantwortlich für meinen Zustand.

Dann, ganz plötzlich, verschwanden meine Angst und die Spannungszustände, so schnell wie sie gekommen waren. Innerhalb von etwa fünf Minuten wurde ich klar. Ich war völlig verblüfft. Keine Taubheit und keine Anspannung mehr! Nicht mehr wie in Watte gepackt! Keine Panik! Offenbar hatte ich es wieder einmal geschafft. Ich entspannte mich. Was sich verändert hatte, wusste ich nicht. Aber es war mir auch egal, ich konnte endlich wieder durchatmen.

Ich lächelte, und auf einmal verlief der Tag problemlos. Hundemüde war ich. Und das Beste war, dass ich nachts endlich wieder schlafen konnte. Was für ein Geschenk!

Gut gelaunt ging ich am folgenden Tag mit einem Kollegen zu unserem Messestand. Auf dem Weg dorthin beobachteten wir eine seltsame Szene. Ein alter und gebrechlicher Mann versuchte mehrmals, sich auf den Treppenstufen vor dem Luftschiffhangar niederzulassen. Er schlingerte und zitterte dabei so stark mit den Armen, dass die Tasse Kaffee und der Teller samt Bratwurst, welche er in seinen beiden Händen hielt, sich wild auf und ab bewegten. Die Bratwurst auf dem Teller fing regelrecht an zu springen. Zu dieser Szene ließ mein Kollege Paul den passenden Kommentar fallen:

»Du, Alex, schau mal, das ist der Kapitän vom Luftschiff!«

Ich brach in schallendes Gelächter aus und hörte gar nicht mehr auf zu lachen. Ich lachte, bis mir die Tränen herunterliefen. So hatte ich schon jahrelang nicht mehr gelacht, und es tat mir richtig gut. Es schien alles in Ordnung zu sein, aber noch vor 24 Stunden hatte es ganz anders...

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