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Ich und Du - warum?

Was Beziehungen schwierig macht und wie sie gelingen können - Gebrauchsanleitung für die Liebe

AutorJosef Aldenhoff
VerlagC. Bertelsmann
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783641162658
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der renommierte Psychotherapeut erklärt uns die
Liebe

Nichts halten wir für so selbstverständlich wie das Vermögen, eine gute Zweierbeziehung zu leben. Und kaum etwas scheitert so regelmäßig wie die Ehe. Dauerhaft gelungene Partnerschaften sind rar. Doch unermüdlich stürzen wir uns in das Abenteuer Beziehung. Warum? Und was können wir tun, damit eine Beziehung gute Chancen hat?

Diesen Fragen geht der erfahrene Psychotherapeut Josef Aldenhoff nach. Dabei macht er gleich zu Beginn klar, dass wir keineswegs nur mit dem Hier und Jetzt des Beziehungsalltags kämpfen, denn unser innerer Schaltplan hat Millionen Jahre auf dem Buckel. Unsere Vorstellungen von romantischer Liebe, tollem Sex, gutem gemeinsamen Altwerden - und das alles mit einer Person: Sie kommen im Logbuch der Evolution nicht vor. Josef Aldenhoff erklärt uns amüsant und leichtfüßig, gleichwohl ernsthaft und nüchtern, worauf wir uns mit der Liebe einlassen und wie wir im Wissen um die Hindernisse lebenslang an einer guten Beziehung arbeiten können.

Josef Aldenhoff durchlief eine Ausbildung in Neurobiologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Nach verschiedenen Stationen in Deutschland und den USA wurde er 1995 als Professor und Klinikdirektor nach Kiel berufen. Heute arbeitet er als Therapeut, Autor und Berater.

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Leseprobe

Sie sind ein Beziehungsinsider

Von Beziehungen verstehen Sie jede Menge, es ist Ihnen nur meistens nicht bewusst.

Zum Beispiel:

Ihr Chef stellt Ihnen den neuen Mitarbeiter vor, den Nachfolger von Herrn M., mit dem Sie sich von Anfang an so schwertaten. Nach den Erfahrungen mit seinem Vorgänger waren Sie durchaus reserviert.

Doch schon in der ersten Minute ist alles anders, Sie öffnen das Visier; ein paar Worte gewechselt, Sie wissen, es wird klappen.

Abends berichten Sie Ihrer Frau davon, die Ihnen rät, etwas vorsichtiger zu sein und abzuwarten, aber Sie sind sich sicher. Und behalten recht. Zwischen Ihnen und dem Neuen stimmt die Chemie.

Es könnte auch umgekehrt sein:

Sie geben sich Mühe, wollen der Neuen ohne Vorurteile begegnen; aber Sie merken vom ersten Moment an, dass Sie ihr nicht trauen, dass sich Ihnen die Nackenhaare aufstellen. Innerlich schelten Sie sich dafür, können sich selbst nicht verstehen. Aber nach ein paar Monaten wissen Sie sicher, dass Ihr erstes Gefühl Sie nicht getrogen hat: Für Sie bleibt die Neue eine Schlange!

Noch ein Szenario:

Sie leben schon lange genug allein, haben sich eingerichtet; viel Hoffnung haben Sie nicht, dass Sie die Frau Ihres Lebens noch treffen werden. Die Wunden aus Ihrer ersten Ehe sind allmählich vernarbt. Schön wäre es schon, nicht mehr solo durch die Welt zu dackeln.

Heute haben Sie sich entschlossen, in die neu eröffneten Deichtorhallen zu gehen. An Beziehung denken Sie gar nicht, eine Fotoausstellung ist ja keine Partnerbörse. Irgendwann lässt Ihre Begeisterung für die Bilder etwas nach, und Sie bemerken, dass eine attraktive Frau sich für genau dieselben Fotos zu interessieren scheint. Stimmt das denn? Ihr Eindruck bestätigt sich, verstohlen fangen Sie an, sie zu beobachten. Irgendwann bemerkt sie das und lächelt Sie an! Sie erschrecken und drehen erst mal eine Runde durch einen Nebenraum, aber schließlich gewinnt Ihre Neugier die Überhand, und Sie suchen sie, finden sie nach einigen bangen Minuten auch. Und im Überschwang des Wiederfindens sprechen Sie sie an, ob sie nicht Lust hätte, mit Ihnen einen Kaffee zu trinken. Nicht so wahnsinnig originell, aber Sie haben ohnehin schon zu viel Herzklopfen, um noch klare Gedanken zu fassen. Doch das Gefühl ist ganz klar: Ihnen würde Ihr Leben entgleiten, wenn Sie ihr nicht noch näher kommen könnten, wenigstens für einen kurzen Moment. Offensichtlich passt der Vorschlag, sie nimmt an.

Im Gespräch stellt sich heraus, was Sie eigentlich schon wussten, als Sie sie zuerst sahen: Dass Sie gut zusammenpassen. Nach zwei Monaten leben Sie in einer beginnenden, mit vielen Unsicherheiten behafteten, aber offensichtlich aufkeimenden Liebesbeziehung.

Natürlich hätte das auch anders gehen können. Sie hätte Sie doof finden, Ihre Anmache als Anmache abqualifizieren können, oder sie wäre verheiratet gewesen, oder, oder, oder … War aber nicht!

Eine »alte« Geschichte:

Ihre Erinnerungen an die Kindheit sind nicht mehr so klar, aber Ihre große Schwester erzählt Ihnen bei irgendeinem Familientreffen, dass Sie schon als Dreijähriger sehr klar wussten, mit der neuen Frau Ihres Vaters, also Ihrer Stiefmutter, würden Sie nicht zurecht kommen. Zumindest hätten Sie sich sehr eindeutig verhalten. Es gab erkennbar keinen Grund. Sie war nett zu Ihnen, gab sich offensichtlich Mühe. Ihre Dreikäsehoch-Einschätzung hat sich aber bewahrheitet.

Überlebensvorteil Beziehung

Was ich hier über Beziehungen schreibe, wissen Sie eigentlich schon. Sie hätten es als Mensch nicht weit gebracht, wenn Sie nicht Insider zum Thema Beziehung wären. Auch in Ihrer Herkunftsfamilie konnten Sie sich nur so durchsetzen.

Mit »wissen« meine ich nicht unbedingt, dass Sie darüber Vorträge halten könnten. Aber das müssen Sie ja auch nicht, um sprechen oder laufen oder radfahren, Stimmen oder Gesichter erkennen zu können. Sie tun es einfach. Ganz ähnlich leben Sie Beziehungen, ohne groß darüber nachzudenken; aus einer mehr oder weniger stabilen Gewissheit, dass es so schon irgendwie stimmt. Aus Ihrer sozialen Umwelt, aus dem Verhalten Ihrer Eltern, das Sie geprägt hat, und nicht zuletzt aufgrund der Genetik ist Ihre Beziehungskompetenz entstanden, und die ist weitgehend automatisiertes Verhalten. Was nicht heißt, dass soziale Kompetenz simpel oder trivial wäre: Wenn auch nur minimale Fähigkeiten fehlen, wie beispielsweise bei dem gerade sehr populären Asperger-Autismus, funktioniert zwar einiges im Leben gut, aber anderes, vor allem im Bereich Beziehung, kann unendlich mühsam und nur für Nichtbetroffene komisch sein.2

Entstanden ist die Beziehungsfähigkeit als Überlebensvorteil unter härtesten Bedingungen, zu einem Zeitpunkt, als keineswegs klar war, dass die Menschen das Überleben packen würden.

Unsere Beziehungsfähigkeit ist ein, vielleicht der wichtigste, Evolutionsvorteil, der die Gattung Mensch überleben und alle anderen Lebewesen dominieren ließ. Halbwegs zutreffend einschätzen zu können, wie andere Ihnen gesonnen sind, ist ein unglaubliches Erfolgskonzept! Und weil Sie ahnen, dass Sie das gut können, wollen Sie es immer wieder ausprobieren. Nicht selten ordnen Sie diese Fähigkeit einem anderen menschlichen Bedürfnis, dem nach Macht, unter. Unser Ich will mit guten Gründen Macht! Und so üben wir Macht über die aus, die wir am besten kennen, die uns vertrauen, uns anvertraut sind. Wenn Sie in solch einer Situation feststecken, fragen Sie sich vielleicht manchmal, ob das so geplant war.

Ihre evolutionäre Herkunft macht Glanz und Elend Ihrer heutigen Beziehungen aus. Sie sind ein Oldtimer, Ihr Schaltplan hat Millionen Jahre auf dem Buckel. Diese Ausstattung garantiert Ihnen die Möglichkeit, Kindheit und Jugend zu überleben und sich fortzupflanzen. Mehr war in den kurzen Lebensdauern vor über hunderttausend Jahren nicht drin. Schon das ist nicht so einfach, alles andere erfordert Sonderausstattungen.

Besonders das heute vom common sense formulierte Ziel, in einer glücklichen Beziehung mit einem significant other gut zu leben, älter zu werden, respektvoll und freundschaftlich miteinander umzugehen, Interessen zu teilen und möglichst noch tollen Sex miteinander zu haben, stand nicht in den Lieferbedingungen. Auch wenn es manchmal funktioniert, bleibt es eine Herausforderung, vielleicht eine Vision, jedenfalls überhaupt keine Selbstverständlichkeit!

Im Vergleich zu Ihren Vorfahren leben Sie heute in tiefstem Frieden und unter luxuriösen Bedingungen. Selbst wenn Sie existenzielle Sorgen haben, sind die nicht gleich lebensbedrohend, zumindest nicht in Mitteleuropa. Deswegen haben Sie den Kopf ziemlich frei und bilden sich auch öfter mal ein, Sie könnten Ihre Beziehung offen und frei gestalten, ohne dass es negative Konsequenzen hätte.

Können Sie auch. Bis zu einem gewissen Grad. Die Grundbedingungen dafür sind gerade in den letzten fünfzig Jahren sehr viel günstiger geworden:

  • Auch wenn Sie nicht mehr den Ernährer spielen wollen, werden Frau und Kinder nicht verhungern, denn wir leben in einem ziemlich guten, allerdings nicht völlig risikolosen sozialen Netz.
  • Auch wenn Ihre Frau Ihnen den Krempel hingeschmissen hat und mal für ein paar Wochen die familienferneren Alternativen des Lebens ausprobiert, haben Sie reale Chancen, dass Sie das mit den Kindern, dem Haushalt und dem Job hinkriegen, ohne existenziell gefährdet zu sein. Viele Alleinerziehende machen es Ihnen vor.
  • Wenn Sie mit Ihrer frisch (seit drei Wochen) erbeuteten neuen Traumpartnerin Sex haben und sie gleich schwängern, finden Sie sich nicht unausweichlich in einer neuen Kleinfamilie wieder. Es ist keine Katastrophe – selbst wenn Sie das vielleicht so erleben –, Sie könnten das Baby ja abtreiben lassen, ohne sozial geächtet zu werden. Das wollten Sie nie, aber wie das halt so ist. Wenn Sie katholisch erzogen sind, macht Ihnen das Gewissensbisse, aber die Wenigsten werden ihre Karriere- und Lebensplanung heute den moralischen Zwängen einer Religionsgemeinschaft unterordnen.
  • Wenn es mit Ihrer Ehe nach zwanzig Jahren nicht mehr »klappt«, dann können Sie sich offen eine neue Partnerin suchen, sich scheiden lassen, ohne dass Ihnen – außer vielleicht von Ihrer Mutter – Vorwürfe gemacht werden. Sie müssen also nicht für den Rest Ihres Lebens in einer unglücklichen Ehe verharren und sich eine heimliche Geliebte halten. Sie können, aber Sie müssen nicht.
  • Wenn Sie nicht heiraten, sondern in einer früher als »wild« bezeichneten Ehe leben wollen, können Sie das ohne viele Nachteile realisieren, wenn Sie die juristischen Rahmenbedingungen – Adoption der Kinder etc. – beachten.

Was Beziehungsgestaltung angeht, ist der Rahmen des Möglichen in der Tat viel weiter geworden, ja, die Möglichkeiten sind (fast) unbegrenzt. Normen sind kaum noch sichtbar. Sie können wirklich fast jeder finanziellen, zwischenmenschlichen, werbungsinduzierten Laune folgen, Ihr Sexleben nach den Anregungen von Fifty Shades of Grey ausrichten oder versuchen, die geilsten Youporn-trailer nachzuspielen, Ihre Kinder nach den Kriterien von Summerhill aufwachsen lassen – weiß noch jemand, was das war? Googeln können Sie’s ja mal – oder nach den Empfehlungen der Super-Nanny erziehen, zusammenleben, mit oder ohne Trauschein usw. usf.

Nur, wie gut geht es Ihnen damit?

Das ist offen. Ein Zitat von Jesper Juul macht das deutlich:

»In den Familien herrschen … komplizierte Zustände … Das Zusammenleben von Kindern und Eltern findet in einer Offenheit statt, die aber nicht...

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