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Ich will in den Himmel oder als glückliche Kuh wiedergeboren werden

Vom demütigen Versuch, ein religiöser Mensch zu werden

AutorJürgen Schmieder
VerlagC. Bertelsmann
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783641055776
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Die Religionen auf dem Prüfstand: Jürgen Schmieder auf der Suche nach dem Sinn des Lebens
Nach seinem Selbstversuch mit der Ehrlichkeit, dessen Ergebnisse er in dem Besteller »Du sollst nicht lügen!« beschrieben hat, bleiben für Jürgen Schmieder weitere existentielle Fragen offen. Sie münden in die alles entscheidende Suche nach dem Sinn des Lebens und die Frage, wie ein Mensch sein Leben gestalten muss, um Erlösung zu erfahren. Auf diese Frage bieten die Religionen dieser Welt ihre Antworten feil. Jürgen Schmieder hat sie durch eigenes Erleben geprüft : ernsthaft, ohne Vorurteile und mit Respekt. Er ist um die Welt gereist und hat sich für eine Weile in das jeweilige religiöse Leben eingefügt. Er wurde auf den Philippinen Zeuge eines Exorzismus', er suchte in China nach Konfuzius und traf sich in München mit einem Sektenboss. Auf dieser Reise fühlt auch der Leser sich in fremde Glaubensformen ein und versteht, wie überheblich der Anspruch eines alleinseligmachenden Glaubens ist.

Jürgen Schmieder, Jahrgang 1979, ist Reporter und Autor für die Süddeutsche Zeitung, Sports Illustrated, GQ und andere Medien - er berichtet aus Los Angeles. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter die Bestseller »Mein Bauch gehört mir« (2008) und »Du sollst nicht lügen!« (2010). Zuletzt bei C.Bertelsmann erschienen »Ich will in den Himmel oder als glückliche Kuh wiedergeboren werden« (2011), »Mit einem Bein im Knast« (2013), »Sport. Das Buch« (2014) und »Der Frauenversteher« (2016). Jürgen Schmieder lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Hermosa Beach, Kalifornien.

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Leseprobe
Kapitel 14 »Guten Tag, ich bin Sektenboss!« (S. 199-200)

»Du wirst in der Hölle schmoren!« Ich erschrecke vor mir selbst über das, was ich da gesagt habe. Habe ich wirklich gerade die Höllenkarte gespielt und einem meiner besten Freunde verkündet, dass auf ihn die ewige Verdammnis wartet? Das letzte, verzweifelte Argument, wenn es darum geht, jemanden vom Glauben zu überzeugen? Es ist die Pascal’sche Wette auf die negative Art: Wer nicht glaubt und dann feststellt, dass es doch etwas gibt, der könnte gewaltig bereuen, dass er nicht geglaubt hat. Bevor ich länger darüber nachdenken kann, sage ich den Satz gleich noch einmal: »Du wirst in der Hölle schmoren!« Ich sage nicht: »Du könntest …«, ich sage: »Du wirst!« Was ist nur in mich gefahren?

Ich bin auf einem Teichfest, von dem es in der nördlichen Oberpfalz jedes Jahr im Oktober gefühlte fünfhundert gibt. Das Bierzelt sieht ein wenig so aus, als hätte man ein Oktoberfestzelt zu heiß gewaschen, die hundertfünfzig Menschen an den zwanzig Biertischen führen skurrile Bewegungen auf, weil aus den Lautsprechern ein Lied ertönt, in dem es um einen geht, der so stark ist wie ein Tiger und so hoch wie eine Giraffe. Er springt und schwimmt und nimmt jemanden bei der Hand, weil er sie oder ihn besonders mag.

Ich mache auch mit, obwohl ich das Lied doof finde, aber dem Gruppenzwang in bayerischen Bierzelten kann man sich nur schwer entziehen. Außerdem bietet das Rumgehüpfe und Geschwimme eine dringend nötige Pause bei der Diskussion, die ich gerade führe: Ich möchte einen Atheisten zum Glauben bekehren – und es ist mein letzter Versuch in einer langen Reihe von Versuchen.

Ich will ihn nicht zum Christentum führen oder zum Buddhismus oder zu Scientology. Ich möchte lediglich erreichen, dass er kein Atheist mehr ist und dass er keine blasphemischen Bemerkungen mehr macht, sobald er eine Kirche betritt. Im besten Fall hoffe ich, dass er sich meinem Projekt anschließt und ebenfalls Alltheist wird. Aus meiner Wette, die ich wegen des Erwartungswerts begonnen habe, ist inzwischen Überzeugung geworden.

Ich glaube, dass Alltheismus eine erfüllende Lebensform sein kann. Ich möchte eintreten für meinen Glauben, ich möchte ihn anderen Menschen vorstellen und sie ebenfalls dafür begeistern. Meine Werbeversuche dauern schon ein halbes Jahr – und nun habe ich ihm gedroht, obwohl ich es doch durch das Beispiel von Youssef und Anna besser wissen sollte. Ich war noch nie als Missionar im spirituellen oder gar religiösen Sinn tätig. Ich stand noch nie an einer Straßenecke und versuchte, den Wachtturm zu verteilen oder ein Buch von L. Ron Hubbard zu verkaufen.

Ich war noch nie in Afrika und habe den Menschen erklärt, dass eine Kondomlieferung keine sinnvolle Sache ist und dass die Menschen besser zum katholischen Glauben konvertieren sollten. Zur Vorbereitung auf meine Arbeit spreche ich zunächst mit Brian Barrons. Er ist seit dreißig Jahren Mitglied des Maryknoll-Missionsordens, begann seine Tätigkeit in Tansania und fungiert derzeit als Leiter des Klosters in Hongkong. »Ich finde, dass alle Menschen dazu aufgerufen sind, missionarisch tätig zu sein, ob wir nun zu Hause arbeiten oder in einem fremden Land«, sagt er. »Ich hatte immer das Gefühl, dass ich an einen Ort gehen muss, an dem ich nicht gewollt bin, aber gebraucht werde, und dass ich so lange dort bleiben muss, bis ich nicht mehr gebraucht, aber gewollt werde.«
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