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E-Book

Ich will dich verstehen

Familienaufstellungen für Pferde

AutorAngelika Hutmacher
VerlagCadmos Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783840461453
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Systemische Aufstellungen sind inzwischen weit verbreitet und werden in vielen Bereichen des Lebens zur Lösung festgefahrener Situationen eingesetzt. Dieses Buch zeigt wie die Aufstellungsarbeit für Pferde und mit Pferden Anwendung finden kann. Dabei stehen Schwierigkeiten im Umgang oder beim Reiten ebenso im Mittelpunkt wie Untugenden oder chronische Krankheiten.

Autorin Angelika Hutmacher arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Aufstellungen und bezieht diese Arbeit auch in ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin mit ein. Erste, eher zufällige Aufstellungen, in denen auch Pferde berücksichtigt wurden, zeigten so herausragenden Einfluss auf die beteiligten Pferde, dass die begeisterte Dressurreiterin sich fortan intensiv mit dem Aufstellen für Pferde befasste. Von ihrer Kompetenz in diesem Bereich profitieren natürlich auch ihre eigenen Pferde, mit denen sie bei David de Wispelaere trainiert. Angelika Hutmacher lebt mit ihrer Familie auf einem Hof in Schermbeck.

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Leseprobe

In diesem Kapitel möchte ich Ihnen anhand zahlreicher Fallbeispiele einen möglichst umfassenden Einblick in die Aufstellungsarbeit für Pferde geben. Sie sollen Ihnen helfen, ein Gefühl für diese Arbeit zu entwickeln. Am Ende jeder Aufstellung erhalten Sie einen konkreten Anwendungstipp zu einem Aspekt, der in der betreffenden Aufstellung eine besondere Rolle spielte, sodass Sie für Ihr eigenes Vorgehen etwas daraus mitnehmen können.

Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie nicht gleich alles nachvollziehen können. Es geht bei Aufstellungen viel um Gefühle und Intuition, was nicht immer leicht erfassbar ist. Nachdem Sie sich mit allen Beispielen beschäftigt haben, werden viele Ihrer anfänglichen Fragen geklärt sein. Das an die Beispiele anschließende Kapitel bietet Ihnen zudem einen zusammenfassenden Überblick über den grundsätzlichen Ablauf einer Aufstellung, der Ihnen als Gerüst für Ihr eigenes Vorgehen dienen soll. Zum besseren Verständnis finden Sie auf der Website www.hof-hutmacher.de Videos zur Aufstellungsarbeit generell und zu einigen Fallbeispielen aus diesem Buch.

Problem beim Reiten: Florestano mangelt es an Schulterbeweglichkeit


Annette rief mich an. Ihr Reitplatz war gefroren, und geschneit hatte es auch. Reiten war nicht möglich, weshalb sie die Gelegenheit zur inneren Weiterentwicklung nutzen wollte. Ihr Pferd Florestano war zu diesem Zeitpunkt etwas über zwei Jahre bei ihr. Er hatte sich im Grund sehr gut entwickelt, doch beim Reiten fiel auf, dass er nicht richtig aus der Schulter kam. Der gesamte Bewegungsablauf war irgendwie gehemmt und Florestano lief schnell klemmig.

Ich besuchte Annette auf ihrem Hof. Wir nahmen Florestano aus der Herde mit auf den Reitplatz. Nach kurzem Vorgespräch begannen wir direkt mit der Aufstellung. Im Vordergrund stand ganz klar der Wunsch, Florestano raumgreifendere Bewegungen zu ermöglichen. Außerdem wünschte sich Annette mehr Selbstwertgefühl für den vierjährigen Wallach.

Wir suchten zuerst einige Gegenstände, die wir bei der Aufstellung als Stellvertreter nutzen konnten. Schnell fanden wir einen Liegestuhl als Stellvertreter für Annette und drei Kegel, von denen je einer für Florestano, für Florestanos Selbstwertgefühl sowie für seine Beklemmung/?mangelnde Schulterbeweglichkeit stehen sollte. Annette nahm Stellvertreter für Stellvertreter in die Hand und suchte, ihrer Intuition folgend, für alle die passende Position auf dem Reitplatz. Bei dem Stuhl war die Blickrichtung klar, bei den Kegeln machte sie über ihre Fußspuren im Schnee deutlich, wohin der jeweilige Platz ausgerichtet war.

Sie setzte sich auf ihren Platz. Ich ging zuerst auf den Platz der Bewegungshemmung, wo ich mich sofort wie angewurzelt fühlte. Meine Arme lagen wie angetackert an meinem Oberkörper. Ich konnte nur auf den Boden direkt vor mir schauen, atmete flacher, fühlte mich insgesamt wie eingeklemmt. Auch fühlte ich, als Teil von Florestano, auf diesem Platz keinen Kontakt zu meiner Besitzerin. Nachdem ich dies ausgesprochen hatte, bemerkte auch sie, dass sie gar nicht zu mir hinüberschauen konnte. Sie erlebte sich freudlos und starr in die Ferne blickend.

Auf dem Platz der Bewegungshemmung fühlte ich mich wie angewurzelt, während Florestanos Besitzerin auf ihrem Platz starr in die Ferne blickte.

 

Während dieser ersten Phase der Aufstellung lief Florestano ruhelos hin und her. Er trabte verspannt entlang der langen Seite des Reitplatzes und war vor allem mit den Pferden auf dem angrenzenden Paddock beschäftigt.

Als Nächstes ging ich auf den Platz von Florestano. Hier musste ich mich zusammenkauern. Ich fragte nach: „Wie war denn die Kindheit von Florestano?“ Annette erzählte: „Der Züchter verstarb sehr plötzlich, als Florestano eineinhalb Jahre alt war. Ein Händler nahm alle Pferde mit. Florestano war sehr mickrig, er hatte einen Karpfenrücken, einen Bockhuf und koppte. Der Händler meinte deshalb, dass er höchstens für die Wurst tauge. Ein Nachbar, der das mitbekommen hatte, schlug vor, ihn doch schnell einzureiten, dann wäre er sicher auch zu verkaufen. So kam Florestano zu diesem Nachbarn, wo er mit zwei Norwegern auf einer Koppel stand, die als Kutschpferde gehalten wurden. Der neue Besitzer, der bislang arbeitslos gewesen war, fand bald darauf jedoch einen Job und hatte keine Zeit mehr, sich zu kümmern. Florestano stand deshalb neun Monate lang auf dieser Koppel, wo er nur wenig zu fressen bekam, weil die Ponys ihn nicht an die Futterraufe ließen. Nach dieser Zeit war er so scheu, dass er Menschen kaum noch an sich heranließ. Wieder ging es darum, ob er zum Schlachter kommen sollte oder ob ihn jemand für wenig Geld mitnehmen würde.“

Annette hatte damals von dieser Geschichte gehört und gern die Verantwortung für den Wallach übernommen. Schnell erholte er sich bei ihr, konnte sich in die Gruppe integrieren und wurde zugänglich und offen.

Was passierte, während Annette die Geschichte erzählte, war sehr berührend. Florestano kam zu ihr und legte seinen Kopf auf ihren Oberschenkel. Er stand die ganze Zeit über völlig ruhig, blieb einfach bei ihr. Als Annette mit der Geschichte fertig war, kam Florestano zu mir (ich hockte immer noch zusammengekauert auf seinem Platz) und schubste mich ganz sanft an. Nun kam Leben in mich und ich konnte mich plötzlich recken und strecken. Ich hatte Lust, die Arme auszubreiten, und hätte am liebsten ganz laut „Juhu!“ gerufen. Ich konnte fühlen, wie ich wuchs.

Florestano ging mit dem Kegel, der für sein Selbstwertgefühl stand, auf eine Position zwischen seinem Platz und dem seiner Besitzerin. Den Kegel für die Beklemmung warf er dabei um.

Währenddessen lief Florestano zu dem entfernteren Kegel, dem Stellvertreter für sein Selbstwertgefühl. Er nahm diesen in sein Maul und ging mit ihm auf eine Position zwischen dem Platz, auf dem ich stand (Florestano), und Annettes Platz. Im Vorbeigehen warf er den Kegel für die Beklemmung um, der dadurch an Bedeutung zu verlieren schien.

Florestano stellte den Kegel für das Selbstwertgefühl bei seiner Besitzerin ab und begann, Quatsch mit ihr zu machen.

Florestano stand eine ganze Weile mit dem Kegel im Maul zwischen uns, bis ich mich auf seinem Platz vollständig zu Annette hindrehen konnte. Dann stellte er den Kegel ganz nah vor Annette ab. Aha, das Selbstwertgefühl sollte also auch Annette unterstützen! Dann ging er zu ihr und fing an, Quatsch zu machen. Er rempelte sie ein bisschen an, als sitze ihm der Schalk im Nacken. Wir mussten beide lachen. Das Ergebnis war Selbstwertgefühl und Freude für alle!

Anscheinend hatten wir seine Botschaft verstanden. Er drehte sich um, galoppierte bockend davon und wälzte sich erst einmal ausgiebig. Ich konnte nun umstellen. Neben Annette platzierte ich die Stellvertreter für das Selbstwertgefühl und für Florestano. Aufgrund der Informationen über die Schwierigkeiten in Florestanos Kindheit stellte ich den Stellvertreter für die Beklemmung deutlich hinter die entstandene Reihe. Nachdem dieser Teil von Florestanos Leben jetzt noch einmal gesehen worden war und die Schicksale der jeweils Beteiligten Würdigung erfahren hatten, konnte er in einem angemessenen Abstand zu den anderen einen Platz in der Vergangenheit bekommen.

Ich stellte mich abschließend noch einmal auf Florestanos Platz mit der Frage, ob noch etwas nötig sei. Florestano kam erneut zu uns. Leise konnte ich auf seinem Platz aus tiefstem Herzen aussprechen: „Danke! Danke, dass du mich mitgenommen hast. Danke, dass du mich annimmst, wie ich bin.“

Diese Momente der Glückseligkeit, die ich in Aufstellungen mit den Pferden...

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