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E-Book

Ideen für die Schweiz

44 Chancen, die Zukunft zu gewinnen

VerlagNZZ Libro
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl324 Seiten
ISBN9783038239741
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,90 EUR
Die Schweizer Wirtschaft hat sich seit der Jahrtausendwende ausserordentlich robust und erfolgreich entwickelt. Das Land kann sich aber nicht darauf ausruhen, denn die Herausforderungen bleiben gross. Dazu gehören die Folgen der demografischen Alterung, die überproportional steigenden Gesundheitskosten, die anhaltende Migration und das Bevölkerungswachstum, die Engpässe bei der Infrastrukturversorgung, die Zersiedelung der Landschaft, die Sicherung der Energieversorgung, die Wahrung einer eigenständigen Geldpolitik sowie gesellschaftliche Veränderungen, die etwa das Milizsystem infrage stellen oder zu einer neuen Wahrnehmung von sozialer Ungerechtigkeit führen. Die Autoren skizzieren eine mittel- und langfristige Reformagenda, gegliedert nach zwölf unterschiedlichen Politikbereichen. Mit Beiträgen von Alois Bischofberger, Jérôme Cosandey, Urs Meister, Daniel Müller Jentsch, Lukas Rühli, Marco Salvi, Markus Schär, Patrik Schellenbauer, Gerhard Schwarz, Rudolf Walser und einem Nachwort von Ulrich Bremi

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Leseprobe

01
Der Fluch des Erfolgs – ein Vorwort


Gerhard Schwarz


Wohin bewegt sich die Schweiz?

Kluge Politik – starke Wirtschaft

Stärken stärken – Schwächen schwächen

Die Schweiz in Europa – und in der Welt

Aufruhr im Paradies – der Titel eines unlängst erschienenen Buches beschreibt die Befindlichkeit der Schweizerinnen und Schweizer präzis. Sie geniessen den höchsten Lebensstandard, den es für die breite Bevölkerung in der Geschichte je gab. Und sie erregen sich, weil nicht alle Wohnungssuchenden in den wieder begehrten Kernstädten ein bezahlbares Angebot finden, weil unter den Pendlern in den Stosszeiten die in Tokio oder Los Angeles üblichen Zustände herrschen, weil Wirtschaftsflüchtlinge ihr Gastrecht missbrauchen oder weil Manager, die Millionen beziehen (aber nicht immer verdienen), die mit ihrer Macht und ihrem Einkommen verknüpfte Verantwortung nicht genügend wahrnehmen. Kurz: Die Menschen in aller Welt können die Schweizer um ihre Sorgen beneiden.

Die Probleme der Schweiz – die nicht verniedlicht werden sollen – haben nämlich meist mit dem Wohlstand zu tun, den sie sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erarbeitet, und mit dem Erfolg, den sie im letzten Jahrzehnt erzielt hat. Von der günstigen Situation zeugen harte Zahlen. Selbst über die Jahre der Finanzkrise hinweg verzeichnete die Schweiz Wirtschaftswachstum sowie Überschüsse im Staatshaushalt. Sie erfüllt deshalb, während Europa unter der Schuldenkrise ächzt, als eines von wenigen Ländern die Maastricht-Kriterien. Und sie behauptet im Global Competitiveness Report des World Economic Forum seit Jahren einen Spitzenplatz, nachdem noch vor zwanzig Jahren führende Ökonomen befürchtet hatten, sie werde «vom Sonderfall zum Sanierungsfall».

Dennoch wäre Selbstzufriedenheit fehl am Platze. Die Schweiz kam nur mit Einsatz, Umsicht, Klugheit – oder Schläue? – sowie einigem Glück so weit. Und sie bleibt letztlich Einäugiger unter Blinden. Es steht bei weitem nicht alles zum Besten. Zudem hätte es auch anders kommen können – und es kann wieder ganz anders kommen, wenn die Schweiz ihr Erbe nicht bewahrt und entwickelt, sich nicht für die Zukunft rüstet. Das ist der Hintergrund, vor dem die Beiträge in diesem Buch geschrieben wurden. Sie wollen Anstösse zur Weiterentwicklung des Erfolgsmodells Schweiz geben, oft mutig vorausschauend, aber zugleich doch meist an das Bestehende anknüpfend, wie es Walter Adolf Jöhr, einer der führenden schweizerischen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, gefordert hat.

Wohin bewegt sich die Schweiz?


Kluge Politik – starke Wirtschaft


Dieses Buch ist also kein Prognosebuch. Wohin sich die Schweiz bewegt, kann man ohne prophetische Gaben nicht wissen. Auch der Rückgriff auf Szenarien, auf ganze Pakete zukünftiger Entwicklungen, hilft nicht weiter. Sie suggerieren nämlich so etwas wie widerspruchsfreie Zukünfte. In der Realität kommt es aber immer zu kaum vorhersehbaren Wechselwirkungen verschiedenster Trends. Daher haben wir auf die Szenariotechnik bewusst verzichtet. Hingegen beschreiben wir einleitend einige der derzeit erkennbaren globalen Megatrends, im Bewusstsein, dass sie jederzeit abbrechen oder durch neue Trends ergänzt und ersetzt werden können, dass man sie bestenfalls als grobe Muster zu erkennen vermag, dass sie auf unbekannte Weise miteinander interagieren und dass ihre einfache Fortschreibung in die Irre führen würde. Gleichzeitig haben wir auch einige kurzfristige Entwicklungen zu Rate gezogen. Beide, die grossen Trends und die Aktualitäten, vermitteln eine Ahnung dessen, was auf die Schweiz zukommen könnte, und waren Inspirationen für die hier präsentierten Vorschläge. Grundsätzlich folgen diese aber der Überzeugung von Willy Brandt, dass die Zukunft zu gestalten die beste Art sei, die Zukunft vorherzusagen.

Gegenwärtig steht die Schweiz gemäss einer Fülle von Indikatoren im internationalen Vergleich geradezu glänzend da. Das verdankt das Land einerseits einer etwas klügeren Politik: mit der Schuldenbremse, die einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt fordert, dem Steuerwettbewerb, der die Gemeinwesen zum Masshalten zwingt, einer geschickten Rollenverteilung zwischen Staat und Unternehmen in der Innovationspolitik, einem flexiblen Arbeitsmarkt und einer dualen Berufsbildung, dank denen die Arbeitslosigkeit, zumal jene der Jugendlichen, auf Tiefstständen verharrt.

Anderseits beruht der relative Erfolg der Schweiz auf einer starken Wirtschaft: Die Chemie- und Pharmaindustrie mit Flaggschiffen wie Novartis, Roche oder Syngenta steigerte ihre Exporte seit 1990 auf das Siebenfache; mit einem Anteil an den Exporten von 30% und einer Wertschöpfung von 490 000 Franken pro Kopf ist sie heute klar die wichtigste Branche. Aber auch die Uhren-, die Maschinen- und die Medizintechnikindustrie, die einerseits Spezialitäten mit höchster Wertschöpfung und anderseits dank Vollautomatisierung Massengüter zu geringen Kosten herstellen, tragen dazu bei, dass die Schweiz als einziges westliches OECD-Land seit 1990 ihren Industrieanteil halten konnte und im Ranking der Industrieproduktion pro Kopf mit Abstand an der Spitze steht, also das am stärksten industrialisierte Land der Welt bleibt. Dazu kommt der Finanzplatz, der zwar unter der Bankenkrise und der Dauerdebatte um Bankgeheimnis und Steuerabkommen leidet, aber – vom Publikum meist übersehen – in der Vermögensverwaltung, im Risikomanagement und mit Informationstechnologie weltweit anerkannte Spitzenleistungen erbringt.

Stärken stärken – Schwächen schwächen


Ihre herausragende Stellung kann die Schweiz jedoch nur halten, wenn sie sich nicht ausruht, sondern weiter Ehrgeiz beweist: Grundsätzlich muss sie, so ambitiös dies klingen mag, wirtschaftlich stets und überall etwas besser sein – auch wenn ihr dies noch mehr Neider und Gegner einbringt. Das zwingt zu dauernder Standortpflege und zu einem unablässigen Fitnessprogramm, um günstige Bedingungen für die Aussenwirtschaft zu schaffen.

Für die kommenden Jahre sagen die Analytiker der Credit Suisse der Schweiz trotz Schuldenkrise, Wachstumsschwäche und Währungsturbulenzen in den wichtigsten Exportmärkten ein «kleines Wirtschaftswunder» voraus. Und es könnte sogar mittelfristig anhalten, wenn Bert Rürup und Dirk Heilmann (2012) zu glauben ist: In ihrem Buch «Fette Jahre» erklären sie gemäss dem Untertitel, «warum Deutschland eine glänzende Zukunft hat». Bis 2030 gehe die Globalisierung ungebremst weiter, mit immer neuen Schwellenländern, die den Anschluss schafften. Maschinen, Elektrotechnik, Fahrzeuge und Chemie machen drei Viertel der deutschen Exporte aus, und diese vier Kategorien gehören in allen BRIC-Ländern zu den wichtigsten Importgütern. Daraus schliessen Rürup und Heilmann: «Die von Investitionsgütern dominierte Produktpalette der deutschen Industrie passt wie der Schlüssel zum Schloss zur Nachfrage der Schwellenländer.» Das gilt für Schweizer Unternehmen nicht minder. Sie gliedern sich nicht nur in die Wertschöpfungsketten der deutschen Konzerne ein, sondern stehen auch oft mit ihnen im Wettbewerb. Dazu kommen als spezifische Trümpfe der Schweiz der Rohstoffhandel, der Finanzplatz und die Produktion von Luxusgütern, für die sich Milliardenmärkte öffnen.

Doch diese ohnehin vielleicht etwas gar optimistischen Aussichten dürfen nicht zu Selbstgefälligkeit verleiten. Die Schweiz braucht wegen ihrer vielen natürlichen «Nachteile» – obwohl sich diese beim zweiten Hinsehen nicht immer als Nachteile erweisen – eine mittel- bis langfristige Reformpolitik, die Stärken stärkt und Schwächen schwächt. Das ist die Folie, auf der dieses Buch geschrieben wurde. Es ist eine Sammlung von liberalen, marktwirtschaftlichen Ideen zur Stärkung der Schweiz, ohne Anspruch darauf, alle Themenfelder abgedeckt und alle Probleme bedacht zu haben. Das Buch lanciert keine Grossprojekte à la Olympische Spiele 2022 oder Swissmetro, und es behandelt keine Sektoren wie den Finanzplatz oder die Landwirtschaft, sondern Rahmenbedingungen für alle, von den Regeln des Wirtschaftens über die politische Organisation bis zum gesellschaftlichen Zusammenleben.

Das Buch stellt Ideen vor, die Avenir Suisse in den letzten Jahren lanciert hat, die aber noch der Verwirklichung harren, aber auch Ideen, die neu, noch nicht im Detail ausgearbeitet und bewusst provokativ sind. Darunter finden sich umfassende Vorschläge wie eine fundamentale Steuerreform ebenso wie spezifische etwa zur Raumplanung; kurzfristig umsetzbare Reformen wie mehr Wahlfreiheit bei der Anlagestrategie im Überobligatorium der beruflichen Vorsorge ebenso wie zeitlich weitreichende wie das Bildungskonto; und Innovationen, die traditionelle Stärken wie das Milizsystem oder den Steuerwettbewerb stützen, ebenso wie einige, die für die Schweiz ungewohnt sind, im Ausland aber bereits praktiziert werden, wie das Mobility Pricing.

Allen Ideen ist neben der liberalen Perspektive eines gemeinsam: Sie fallen weitestgehend in die Zuständigkeit der Schweiz, sie sind nicht gänzlich unabhängig von dem, was ringsum passiert, aber doch so angelegt, dass von der Sache her wenig Abstimmungs- und Koordinationsbedarf besteht. Sie sollen dazu dienen, das Haus Schweiz weiterhin in Ordnung zu halten, es also vorausschauend so zu gestalten, dass es in möglichst vielen Situationen seine Qualität und Stabilität behalten kann. Zugrunde liegt diesem Ansatz, wie erwähnt, die Auffassung, dass es unmöglich ist, zu wissen, was die Zukunft bringt. Nichts wäre daher verkehrter, als auf die Projektion der oben beschriebenen Trends in die Zukunft zu setzen. Gerade für eine kleine Willensnation wie die Schweiz sind...

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