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E-Book

Immobilienblase oder New Normal? Der deutsche Wohnungsmarkt zwischen Euphorie und Depression

AutorRobert Borchert
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783960955665
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Die wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahrzehnte spiegeln sich deutlich in der Veränderung des deutschen Immobilienmarkts wider. Die Lockerung der Geldpolitik sollte eigentlich der Wirtschaft einen Aufschwung geben. Sie ermöglichte aber auch ein enormes Ansteigen der Immobilienpreise. Einige Experten warnen bereits vor einer Immobilienblase auf dem deutschen Markt. Allerdings ist das Thema aktuell noch umstritten. Besteht tatsächlich die Gefahr einer Immobilienblase? Diese Frage beantwortet Robert Borchert in seiner Publikation. Dazu erklärt er, wie der Immobilienmarkt und seiner Preisbestimmung in Deutschland funktionieren. Borchert untersucht außerdem, ob die steigenden Preise mit der derzeitigen Wirtschaftslage zusammenhängen. Aus seinen Ergebnissen leitet er eine Prognose für die zukünftige Entwicklung ab. Aus dem Inhalt: -Konjunktur; -Konjunkturzyklus; -Makroökonomie; -Finanzkrise; -Subprime-Krise; -Wohnimmobilien

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Leseprobe

2 Makroökonomische Grundlagen


 

Die Makroökonomie betrachtet im Allgemeinen gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge von wirtschaftlichen Aggregaten und versucht auf Basis der Erkenntnisse Theorien zu statuieren, um die beobachteten Entwicklungen zu begründen.[10] Der Immobiliensektor im weiteren Sinne erfasst den Teil der Wirtschaft, der sich mit der Entwicklung, Produktion, Bewirtschaftung und Vermarktung von Immobilien beschäftigt. Die hohe Relevanz und die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen der Branche und der Volkswirtschaft finden durch verschiedene Kennziffern ihren Ausdruck.[11]

 

Mit einer Bruttowertschöpfung von 434 Milliarden Euro erweist sich die Immobilienwirtschaft als zweitgrößter Wirtschaftszweig Deutschlands und macht mit 87% den größten Anteil am deutschen Anlagevermögen aus.[12] Damit werden die immense Bedeutung und der Einfluss des Wirtschaftszweiges auf die Makroökonomie deutlich. Doch auch die Immobilienbranche wird im Umkehrschluss durch die von der Politik geschaffenen makroökonomischen Rahmenbedingungen, wie u. a. der Geldmenge und dem Zinsniveau, stark beeinflusst.[13] Der nachfolgende Abschnitt untersucht die derzeitigen Voraussetzungen unter Berücksichtigung des Einflusses europa-politischer Besonderheiten auf dem deutschen Markt.

 

2.1 Traditionelle Konjunkturzyklen


 

Als Konjunktur bezeichnet man die Gesamtsituation einer Volkswirtschaft, die sich aus der Betrachtung verschiedener volkswirtschaftlicher Größen ableitet. Der wichtigste Indikator ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP), dessen Höhe abhängig von Ausstattung mit natürlichen Ressourcen, Arbeit, Kapital und dem Stand des technischen Wissens ist.[14] Bedeutende Ökonomen, wie Nikolai Kondratjew[15], beobachteten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dass sich die Wirtschaft nicht linear aufsteigend entwickelt, sondern vielmehr regelmäßigen Schwankungen mit zyklischem Charakter unterliegt.[16] Die Abweichungen betreffen die Wirtschaft als Ganzes und können durch das nachfolgende 4-Phasen-Modell idealisiert visualisiert werden:

 

 

Abbildung 2: Konjunkturzyklen[17]

 

Die Dauer der Zyklen variiert zwischen drei Monaten (saisonale Schwankungen) bis hin zu mehreren Jahrzehnten (strukturelle Schwankungen).[18] Die Ursachen der sich in dem Kurvenverlauf widerspiegelnden Diskrepanzen, die sich im Auslastungsgrad der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten äußern, können sowohl in Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, als auch in Angebotsschocks durch beispielsweise stark steigende Energiepreise, liegen.[19] Nachfolgend werden die Merkmale der einzelnen Phasen definiert und interpretiert.

 

1. Phase: Aufschwung / Erholung

 

In dieser Phase wird die Rezession überwunden. Der Aufschwung verbindet eine positive Grundstimmung der Marktteilnehmer mit einer vielversprechenden Erwartungshaltung an die Zukunft. Er ist charakterisiert durch eine steigende Gesamtnachfrage sowie eine gesamtwirtschaftliche Produktionszunahme, die sich in einer Erhöhung des BIPs widerspiegelt. Unternehmer tätigen neue Investitionen und schöpfen Produktionspotentiale aus. Ferner geht die Zahl der Arbeitslosen zurück, wobei die Preise jedoch in aller Regel stabil bleiben.[20]

 

2. Phase: Boom / Prosperität

 

Die Phase bis zum oberen Wendepunkt signalisiert den Boom, der einen Überhang der Gesamtnachfrage gegenüber dem Produktionspotential abbildet. Die Ausprägungen umfassen Preissteigerungen, eine erhöhte Nachfrage nach Investitionen und Krediten sowie steigende Zinsen. Darüber hinaus werden die Löhne angehoben und es droht die Gefahr der Inflation.[21]

 

3. Phase: Abschwung

 

Dem Boom folgend erweist sich der Abschwung aufgrund der getätigten Investitionen als hohe Belastung für die Wirtschaft. Eine rückgängige Nachfrage zwingt die Unternehmen ihre Produktion zurückzufahren und bedingt sinkende Löhne und Entlassungen. Analog nimmt das verfügbare Einkommen ab und die Preise stagnieren.[22]

 

4. Phase: Depression

 

Der Konjunkturzyklus erreicht seinen Tiefpunkt in der Depression. Die Stimmung der Marktteilnehmer ist flächendeckend pessimistisch. Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit und eine geringe Auslastung der Kapazitäten. Unternehmensgewinne und Investitionen verringern sich bei einem gleichzeitigen Abfall des Preisniveaus. Dies führt zu einer negativen Wachstumsrate des realen BIPs.[23]

 

Abschließend ist festzuhalten, dass die Merkmale der einzelnen Phasen idealisiert dargestellt sind und der Zyklus in der Realität von einer Vielzahl weiterer und zum Teil exogener Effekte beeinflusst wird. Die Übergänge sind als fließend zu verstehen. Eine vollständige Abgrenzung der Zyklen ist nicht möglich. Ziel der Politik ist es, die Amplituden durch antizyklische geld- oder fiskalpolitische Maßnahmen möglichst gering zu halten und dabei einen positiven Verlauf des Wachstumspfades zu gewährleisten.[24] Das Stabilitätsgesetz verankert die vier Kernziele der Konjunkturpolitik: Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.[25]

 

Die Definition der empirisch erprobten und konventionellen Konjunkturzyklen ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Anomalien dieser zur aktuellen Wirtschaftslage darzustellen.

 

2.2 Innereuropäische Divergenzen


 

Die Euro-Zone findet ihren Ursprung im EWS[26] und dem ECU[27]. Deutschland und Frankreich, die als Promotoren der europäischen Integration galten, vertraten aufgrund ihrer divergenten Wirtschaftskulturen verschiedene Vorstellungen zum Aufbau einer gemeinsamen Währung. Während Frankreich durch die Geldentwicklung einen stärkeren Staatseinfluss priorisierte, verwehrte Deutschland den Politikern die Gewährung von Geldern.[28] Die wirtschaftskulturelle Heterogenität der Europäischen Gemeinschaft verstärkte sich durch die Aufnahme weiterer Mitglieder.[29] Verankert im AEUV-Vertrag und gemessen an Inflation, Währung, Staatsverschuldung und BIP, formulierte die EG vier Konvergenzkriterien, um dieser Tendenz entgegen zu wirken.[30] Im Laufe des Integrationsprozesses kam es zu einem Aufweichen der ursprünglich fixierten Kriterien, wobei die Regelgebundenheit des Handelns durch politisch determinierten Pragmatismus ersetzt wurde.[31] Die Schaffung der Euro-Zone führte zu einem Konvergieren der Renditen von Staatsanleihen. Stark sinkende Renditen für Staatsanleihen in den südlichen Ländern zogen eine zunehmende Kreditfinanzierung der Staatsausgaben nach sich.[32] Auch nationale Banken profitierten von einer erleichterten Kreditbeschaffung, die zunächst in Irland und später in Spanien zu einer Spekulationsblase auf dem Immobilienmarkt führte.[33] Folglich stieg die Staatsverschuldung der südlichen Länder der EURO-Zone bei einem gleichzeitigen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit dieser Volkswirtschaften.[34]

 

Die von Hans Werner Sinn entdeckte „Target-Falle“[35] verleiht der Problematik ein Gesicht. Mit dem Auseinandergleiten der Zahlungsbilanzsalden droht der EURO-Zone ein akutes Stabilitätsrisiko.[36] Die EZB sieht die Lösung in fiskalischer Konsolidierung und Marktinterventionen expansiver Natur. Starke Lockerungen der Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken bei den nationalen Notenbanken und Staatspapierkäufe sollen die peripheren Krisenländer retten.[37] Die Marktflutung durch das sogenannte „Quantitative Easing“ führt zu einem starken Rückgang der finanziell attraktiven Anlagen und wirkt sich nicht zuletzt auf die Renditen deutscher Bundesanleihen aus. Trotz der Bemühungen der EZB bleibt eine erkennbare makroökonomische Wirkung in Krisenländern wie Griechenland aus.[38]

 

Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen die Problematik einer einheitlichen Politik, bei Volkswirtschaften, die sich in jeweils unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus‘ befinden. Länder wie Deutschland, die sich tendenziell in der Aufschwung- bis Boomphase befinden, erfahren derzeit eine prozyklische Politik, die nach den Ausführungen zur Konjunkturpolitik unter 2.1 nicht zielführend ist.

 

In jüngster Vergangenheit kontern die Entscheidungsträger der EU mit Konvergenzmaßnahmen, die eine Einheitlichkeit des EURO-Raumes gewährleisten sollen. Die...

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