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Incurred-Loss-Model und Expected-Loss-Model im Vergleich

Praktische Implikationen und kritische Würdigung

AutorAngela Pernsteiner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl148 Seiten
ISBN9783640903085
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,0, Johannes Kepler Universität Linz (Institut für Unternehmensrechnung und Wirtschaftsprüfung), Sprache: Deutsch, Abstract: Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll eine kritische Analyse des Incurred-Loss-Model und des Expected-Loss-Model sowie dessen praktische Implikationen sein. Phase I Classification and Measurement sowie Phase III Hedge Accounting des Replacement-Projektes werden zwar eingangs kurz beleuchtet, allerdings nicht im Detail beschrieben, da sich die Arbeit voll umfänglich der Phase II Amortised Cost and Impairment widmet. Während die Untersuchung des aktuellen Incurred-Loss-Model gemäß IAS 39 sowie die angeführten Unzulänglichkeiten dieses gegenwärtig vorherrschenden Modells nur als Einführung und als Basis für weitere Abhandlungen gedacht sind, wird der Fokus der Arbeit auf dem Expected-Loss-Model liegen. Hauptziel ist es, die Entwicklungsschritte des Expected-Loss-Model von der Veröffentlichung des ED/2009/12 'Financial Instruments: Amortised Cost and Impairment' im November 2009 bis hin zum Diskussionstand des IASB im Dezember 2010 aufzuzeigen und einen strukturierten Überblick über die damit einhergehenden Varianten und Modifikationen eines Expected-Loss-Model zu geben. Ein Teilziel der Arbeit ist somit auch die Erläuterung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden des Expected-Loss-Model gemäß ED/2009/12 sowie des Expected-Loss-Model mit Stand Dezember 2010. Praktische Beispiele sollen die Unterschiede veranschaulichen und klar exemplifizieren. Als weiteres Teilziel kann die Darlegung alternativer Modelle zur Bewertung von Kreditrisiken gesehen werden, deren Vor- und Nachteile sowie Implikationen aufgegriffen und mit Hilfe von aktueller wissenschaftlicher Literatur diskutiert werden. Obwohl der Fokus der Arbeit auf der Behandlung von Wertberichtigungen im Rahmen der internationalen Rechnungslegung liegt, werden einige Aspekte im Hinblick auf die Thematik der Wertminderung gemäß österreichischem sowie US-amerikanischem Recht geschildert werden. Nicht behandelt wird diese Materie in Bezug auf das deutsche Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz. Die vorliegende Arbeit bezieht sämtliche Änderungen der Rechtslage bis zum 01. Dezember 2010 ein. Falls nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, ist mit Expected-Loss-Model das Modell des Standardsetter IASB gemeint.

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Leseprobe

2 Einführung von IFRS 9 - Ersetzung von IAS 39


 

Seit der Verabschiedung von IAS 39 im Jahr 1999 unterlag dieser Standard kontinuierlichen Modifikationen mit immer wieder bruchstückhaften und keineswegs durchgängigen Änderungen seiner Regelungen. Unternehmen und Banken, Finanzanalysten und Aufsichtsbehören sind sich gleichermaßen einig, dass der Standard Komplexität anstatt praktische Umsetzbarkeit, zu starke Orientierung an Regeln anstatt an Prinzipien, Subjektivität anstatt Objektivität sowie Unverständlichkeit anstatt Transparenz vermittelt.[17]

 

Angesichts der erneuten Kritik an IAS 39 vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise setzte das IASB mit der Veröffentlichung des Diskussionspapiers “Reducing Complexity for Financial Instruments”[18] am 18. März 2008 ein Zeichen und signalisierte damit Bereitschaft, die umstrittenen Klassifizierungs- und Bewertungsregeln des IAS 39 endgültig zu simplifizieren. Dem Druck europäischer Politiker ausgesetzt, sah sich das IASB gezwungen, rasch auf die Finanzmarktkrise zu reagieren, weshalb am 13. Oktober 2008 binnen kürzester Zeit Änderungen an IAS 39 und IFRS 7 beschlossen wurden, welche nun eine zuvor strikt verbotene Umklassifizierung von Finanzinstrumenten, die zum beizulegenden Zeitwert bewertet wurden, erlaubten.[19] Nur zwei Tage später, am 15. Oktober 2008, wurde ein Exposure Draft über diese neuen Änderungen verabschiedet und am gleichen Tag von der Europäischen Komission in europäisches Recht übernommen. Während die Vernachlässigung des sonst so bedeutenden und umfangreichen due process[20] sowie die rasche Durchführung des üblicherweise komplizierten endorsement-Verfahrens[21] von IASB-Chairman David Tweedie mit unverzüglichem Handlungsbedarf[22] aufgrund der Finanzkrise begründet wurde, stieß dieses Vorgehen nicht bei allen Seiten auf Zustimmung.[23] Um die grundlegende Überarbeitung der bilanziellen Abbildung von Finanzinstrumenten voranzutreiben, wurde als weiterer Schritt das sogennante Replacement-Projekt im November 2008 zur aktiven Agenda des IASB hinzugefügt. Auf nachfolgenden Seiten sollen die einzelnen Phasen zur Ersetzung von IAS 39 kurz skizziert und deren Inhalte beleuchtet werden.

 

2.1. Phase I - Classification and Measurement


 

Der Anstoß für die erste Phase des Projektes erfolgte durch die Veröffentlichung eines Entwurfs zur Kategorisierung und Bewertung von Finanzinstrumenten im Juli 2009. Aufgrund zahlreicher Uneinigkeiten in Bezug auf die Behandlung von Finanzinstrumenten der Passivseite entschloss das IASB vorerst nur den Teil IFRS 9 „Klassifizierung und Bewertung finanzieller Vermögenswerte“ im November 2009 zu veröffentli- chen.[24] Phase I des Replacement-Projektes wurde schließlich am 28. Oktober 2010 finalisiert, indem der bisherige IFRS 9 durch die Veröffentlichung der Regelungen für finanzielle Verbindlichkeiten erweitert wurde.[25]

 

Die wohl grundlegendste Änderung, die IFRS 9 mit sich bringt, ist die Reduktion der Kategorien finanzieller Vermögenswerte von vier auf nur mehr zwei. Anlässlich der Abschaffung der Klassifizierung in „at fair value through profit and loss“, „available for sale“, „held to maturity“[26] oder in „loans and receivables“, müssen Finanzinstrumente der Aktivseite nunmehr entweder der Kategorie „at amortised cost“ oder der Kategorie „at fair value“ zugeordnet werden. IFRS 9 legt anhand von zwei Kriterien fest, wann die Folgebewertung finanzieller Vermögenswerte zu fortgeführten Anschaffungskosten anhand der Effektivzinsmethode erfolgt: Einerseits muss dem Finanzinstrument ein Geschäftsmodell zugrunde liegen, welches ausschließlich darauf abzielt, vertraglich vereinbarte Zahlungsströme zu vereinnahmen (collecting contractual cash flows) und andererseits muss der finanzielle Vermögenswert vertraglich so ausgestaltet sein, dass die Zahlungsströme lediglich aus Tilgungs- und Zinsdienst[27] (solely payments of principal and interest on the principal amount outstanding) bestehen und diese zu vertraglich bestimmten Zeitpunkten (specified dates) geleistet werden.[28] IFRS 9 gibt weiters an, dass es sich bei der Abgrenzung des Geschäftsmodells keineswegs um die Einschätzung des Managements in Bezug auf einzelne Finanzinstrumente handelt (does not depend on management’s intentions for an individual instrument), sondern vielmehr eine Betrachtung auf aggregierter Ebene[29] vollzogen werden soll (on a higher level of aggregation).[30] Ein Unternehmen kann demzufolge sowohl gleichzeitig über ein Portfolio von Finanzinstrumenten zur Verwaltung und Vereinnahmung von Zahlungsströmen, als auch über ein Portfolio von Finanzinstrumenten, welche zu Handelszwecken gehalten werden, verfügen. Werden finanzielle Vermögenswerte in einem Portfolio vereinzelt nicht bis zur Endfälligkeit gehalten, so schließt dies ebenfalls nicht aus, dass das Unternehmen ein Geschäftsmodell zur Vereinnahmung von Cashflows verfolgt.[31] Als Konsequenz daraus ergibt sich somit immer dann eine Folgebewertung finanzieller Vermögenswerte zum fair value, wenn die beiden oben angeführten Kriterien nicht kumulativ erfüllt werden können.[32] Während der Exposure Draft noch ein ausnahmsloses Umklassifizierungsverbot[33] zwischen den Kategorien „at amortised cost“ und „at fair value“ enthielt, verlangt IFRS 9 nun zwingend eine prospektive Umkategorisierung von finanziellen Vermögenswerten, falls die Strategie eines Unternehmenssegments und in der Folge das Geschäftsmodell verändert wird.[34] Um accoun- ting mismatches zu vermeiden, bietet IFRS 9 außerdem die Möglichkeit, finanzielle Vermögenswerte, die eigentlich einer Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten unterliegen, „at fair value“ zu bewerten.[35] Ein weiteres Wahlrecht räumt IFRS 9 seinen Anwendern in Bezug auf Eigenkapitaltitel ein, welche nicht zu Handelszwecken gehalten werden. Im Zugangszeitpunkt kann hierbei einmalig und unwiderruflich entschieden werden, ob fair value-Änderungen erfolgsneutral im other comprehensive income (OCI) erfasst werden sollen.[36]

 

Im Gegensatz zu IAS 39, nach dem eingebettete Derivate (embedded derivatives)[37] getrennt vom Basisvertrag (host) bilanziert wurden, wenn sie in keinem engen Zusammenhang mit diesem standen[38], werden hybride Finanzinstrumente, denen ein finanzieller Vermögenswert gemäß IFRS 9 als host zugrunde liegt, nun nicht mehr separiert, sondern anhand der beiden eingangs erwähnten Kriterien (Geschäftsmodell und vertragliche Ausgestaltung der Cashflows) als Gesamtheit bewertet und entweder „at amortised cost“ oder „at fair value“ eingestuft.[39]

 

Überdies beschäftigte sich das IASB mit Verbriefungstitel (z.B. ABS oder CDO)[40], welche besonders im Rückblick auf die Finanzkrise als umstritten gelten. Der Exposure Draft enthielt noch die Regelung, dass bei Verbriefungstransaktionen mit sogenannten Wasserfallstrukturen nur die jeweils erstrangige senior-Tranche mit den Merkmalen eines Kredites ausgestattet sein soll, da die nachrangigen Tranchen den vorrangigen Bonitätsschutz gewähren und dies durch höhere Risikoprämien kompensiert wird.[41] Gefolgt von zahlreicher Kritik[42], entschied sich das IASB für die Methode der sogenannten „Durchschau“ (look through), anhand der die den Zahlungsströmen zugrunde liegenden Finanzinstrumente detailliert analysiert werden sollen.[43] Nachstehende Abbildung verdeutlicht, wann Verbriefungstitel „at amortised cost“ oder „at fair value“ folgebewertet werden:

 

 

Abb. 1: Prüfungsschema zur Beurteilung von Vermögenswerten aus Verbriefungstransaktionen[44]

 

Nachfolgende Abbildung resümiert die Vorschriften für finanzielle Vermögenswerte gemäß IFRS 9, bevor diese Thematik für finanzielle Verbindlichkeiten abgehandelt werden soll:

 

 

Abb. 2: Kategorisierung finanzieller Vermögenswerte[45]

 

Die Klassifizierung finanzieller Verbindlichkeiten gemäß IFRS 9 unterscheidet sich kaum von jener nach IAS 39. So werden alle finanziellen Verbindlichkeiten, mit Ausnahme einiger spezifischer Finanzinstrumente, zu fortgeführten Anschaffungskosten anhand der Effektivzinsmethode bewertet.[46] IFRS 9 stellt seinen Anwendern frei, Finanzinstrumente der Passivseite, welche „at amortised cost“ bewertet werden müssten, in bestimmten Fällen unwiderruflich als “at fair value” zu designieren. Die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme dieser fair-value-Option gehen wiederum mit jenen des IAS 39 einher.[47] Änderungen ergeben sich allerdings aus der operationellen Umsetzung dieser Option. Nach anhaltenden Diskussionen[48] entschied das IASB schließlich, einen zweistufigen Ansatz bei der Erfassung von Gewinnen und Verlusten unter der FVO einzuführen. Änderungen des beizulegenden Zeitwerts einer finanziellen Verbindlichkeit welche auf Änderungen des Kreditrisikos[49] dieser Verbindlichkeit zurückzuführen sind, sollen im OCI ausgewiesen werden, während die verbleibende Änderung des fair value in der GuV erfasst werden soll.[50] Führt dies allerdings zu einem accounting mismatch[51], so soll die gesamte Änderung des fair value, einschließlich jener, die sich aus der Kreditrisikoänderung deduzieren lässt, in der GuV erfasst werden.[52] Die Reklassifizierung finanzieller Verbindlichkeiten wird...

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