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Industrie 4.0 in Deutschland. Der digitale Wandel in der Automobilindustrie

AutorDominik Bundschuh
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl122 Seiten
ISBN9783668434387
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Ein Kunde kauft ein Produkt und noch in der gleichen Sekunde bekommen der Hersteller, dessen Zulieferer und sogar der Rohstofflieferant eine Nachricht über die Nachfrage. Die Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Durch das Internet getrieben, wachsen die reale und die virtuelle Welt zu einem Internet der Dinge zusammen. Als bedeutender Faktor für die Sicherung des Produktionsstandorts Deutschland steht Industrie 4.0 für die intelligente Vernetzung von Produkten und Prozessen entlang der Wertschöpfungskette. In einer digitalen Industrie 4.0 können ohne Kompromisse bei der Qualität die Produktivität gesteigert, die Time-to-Market verkürzt und die Flexibilität erhöht werden. Um vom digitalen Wandel zu profitieren, muss die Wertschöpfung entlang des gesamten Produktlebenszyklus neu organisiert werden. Dieser Paradigmenwechsel innerhalb der Produktion wird sich nur schrittweise umsetzen lassen und offenbart neben neuen Möglichkeiten auch viele neue Herausforderungen. Der Autor führt in das umfangreiche Thema Industrie 4.0 ein und vermittelt ein Verständnis für dessen Konzepte, Paradigmen und technologische Komponenten. Als eine der wichtigsten Branchen in Deutschland beleuchtet er die Automobilindustrie mit Fokus auf die Fahrzeughersteller genauer. Veränderungen innerhalb der Produktion bzw. entlang der Wertschöpfungskette sowie der Geschäftsmodelle bringt der Autor dem Leser theoretisch und anhand von Praxisbeispielen näher. Des Weiteren erörtert er die Herausforderungen sowie Veränderungen für die Unternehmenssteuerung, welche sich im Zusammenhang mit Industrie 4.0 ergeben. Aus dem Inhalt: - Internet der Dinge; - IoT; - Digitale Geschäftsmodelle; - Big Data; - Smart Logistics; - Smart Factory

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Leseprobe

3 Die digitale Transformation der Automobilindustrie in der Praxis


 

Die Automobilindustrie ist sowohl für Automobilhersteller als auch für die Zulieferer eine sehr wettbewerbs- und kapitalintensive Industrie. Im Angesicht steigender Anforderungen bietet die Digitalisierung eine schnellere und effizientere Vorgehensweise.[91] Die permanente und schnelle Anpassung der Wertschöpfung an die Kundenbedürfnisse bringt die Produktionssysteme der Automobilhersteller mit der Beherrschung der Variantenvielfalt und des Komplexitätsmanagements an ihre Grenzen.[92] Die Digitalisierung greift hier als effizientes Assistenzsystem ein und ist mittlerweile in vollem Gange, wenngleich sie noch Jahre von einer kompletten Umsetzung der Vision Industrie 4.0 entfernt ist.

 

Generell ist der Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad in der Automobilbranche als sehr hoch anzusehen und im Vergleich zu anderen Industrien am weitesten fortgeschritten. Doch vor allem im Bereich der vertikalen und horizontalen Integration gibt es noch erhebliches Verbesserungspotenzial, um zu einer Gesamtsicht der Prozesskette zu gelangen. Zudem muss ein klares Bild davon entwickelt werden, wie die großen Mengen an gewonnenen Daten sinnvoll bzw. zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle verwendet werden können. Als Basis der Digitalisierung gelten dabei Standardisierung und Sicherheit.[93]

 

Das vorliegende Kapitel soll die Elemente der Industrie 4.0 anhand von Praxisbeispielen von Fahrzeugherstellern und Automobilzulieferern verständlich machen und zukünftige Szenarien sowie bereits umgesetzte Lösungen aufzeigen. Dabei wird näher auf die entstehenden Nutzenpotenziale in der Leistungserstellung und auf das Leistungsangebot eingegangen.

 

Während das Leistungsangebot durch „Smart Products“ und „Smart Services“ den Kundennutzen steigert, zielt die Leistungserstellung in der „Smart Factory“ auf eine Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette ab. Über das Internet der Dinge und Dienste sind intelligente Produkte sowie die intelligente Fabrik über Schnittstellen mit weiteren intelligenten Infrastrukturen wie bspw. „Smart Grid“ oder der „Smart City“ verknüpft. Innerhalb der horizontalen Vernetzung der Wertschöpfungskette spielt „Smart Logistics“ eine entscheidende Rolle sowie die Einbeziehung der Kunden durch einen „Kunde-zu-Kunde-Prozess“.

 

Innerhalb der Fabrik wird durch „Smart Production“ unter Einsatz von CPS eine ‚Machine-to-Machine-Kommunikation‘ ermöglicht und durch ‚Digitales Engineering‘ die reale mit der virtuellen Welt verknüpft. Grundlagen sind die ständige Datenerhebung durch bspw. RFID-Technik sowie die anschließende Datenanalyse durch ‚Big Data‘ in Echtzeit. Die vertikale und horizontale Vernetzung erfolgt im Idealfall über die Cloud, wobei IT-Security eine wichtige Rolle einnimmt.

 

Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht zuverlässig immer der Kundennutzen, wobei neben dem eigentlichen Produkt die zusätzlichen Serviceleistungen immer mehr in den Vordergrund rücken und neuartige Geschäftsmodelle verlangen.

 

Jedes der genannten Themen ist in sich hochkomplex – und die Komplexität erhöht sich bei Verbindung aller Themen enorm. Die Beherrschung dieser Komplexität sowie die erschwerte Umsetzung in bereits bestehenden Unternehmensstrukturen lässt nur eine schrittweise Realisierung des Themas Industrie 4.0 zu; dies erklärt die langjährige Entwicklung.[94]

 

Zur einfachen Veranschaulichung geht das Kapitel auf die wesentlichen Wertschöpfungspartner zwischen Automobilzulieferer der 1st-Tier (System- und Modullieferanten), Fahrzeughersteller (OEM) und Kunden (Endkunden) ein. Automobilhändler, Automobilvermieter und Leasingpartner zwischen Endkunden und OEM werden außer Acht gelassen, ebenso wie vorgelagerte Zulieferer der 2nd-Tier (Komponentenlieferanten), 3rd-Tier (Teilelieferanten) und Rohstofflieferanten.[95]

 

 

Abbildung 12: Übersichtsmodell – Industrie 4.0 in der Automobilindustrie (Eigene Darstellung, basierend auf den folgenden Quellen aus Kapitel 3)

 

3.1 Voraussetzungen der digitalen Transformation


 

Um die digitale Transformation erfolgreich anzugehen, müssen bestimmte Rahmenbedingungen im Unternehmen geschaffen werden. Um die notwendigen Daten zu erheben, muss allen Produkten und Produktionsmitteln eine eindeutige ID zugewiesen werden, zum Beispiel über einen Barcode oder RFID und damit einen unverwechselbaren Namen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette können so alle anfallenden Prozessdaten über Sensoren gemessen werden. Diese Daten, die innerhalb des Unternehmens entstehen, sowie alle externen Daten müssen innerhalb einer geeigneten und sicheren IT-Infrastruktur in Echtzeit vernetzt, gespeichert und analysiert werden.[96] Das Sammeln, Analysieren und Visualisieren großer Datenmengen wird als sogenannter ‚Game Changer‘ angesehen; dies verändert die Sichtweise auf Automobilhersteller und Zulieferer – weg von den Produkten und hin zu den Kunden.[97]

3.1.1 Datenerhebung und Analyse


 

Im Fokus der Unternehmen liegt heute die Sicherstellung eines effizienten Datenaustausches innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette. Technologien wie RFID, Robotik und smarte Sensorik schaffen auf der operativen Ebene die technischen Voraussetzungen- mit denen Maschinen, Anlagen, Produkte und Bauteile miteinander kommunizieren und selbstständig Daten und Informationen in Echtzeit austauschen.[98] Im Industrie 4.0 Kontext stellen neben klassischen Sensoren die ‚Radio Frequency Identification Chips‘ (RFID) ein zentrales Element zur Datenerhebung und -verarbeitung dar. Diese Transponder sind nur wenige Quadratmillimeter groß, auf unterschiedlichsten Materialien anzubringen und kostengünstig und flexibel einsetzbar. Sie bieten Möglichkeiten zur Lokalisierung, Überwachung, Steuerung, Autorisierung, Identifikation, Dokumentation und Authentifikation. Durch das Anbringen der Transponder auf den gefertigten Produkten oder auf Transportbehältern können Prozess- und Qualitätsdaten direkten Einfluss auf den Produktionsprozess nehmen und somit eine ganzheitliche Optimierung der Liefer- und Produktionsnetzwerke ermöglichen. Durch die RFID-Lesegeräte sind Produktionsanlagen wie auch Menschen in der Lage, die Informationen der intelligenten Produkte auszulesen und diese in das cyber-physische Produktionssystem zu integrieren. Um eine unternehmensübergreifende Steuerung der Prozesse zu gewährleisten, werden in der Automobilindustrie dahingehende Standards und Normen für RFID-Chips entwickelt. Ein bereits existierendes Forschungsprojekt namens ‚RFID-based Automotive Network‘ (RAN) ermöglicht die echtzeitfähige Kommunikation über SAP-Systeme.[99] In der deutschen Automobilindustrie sind alle Automobilhersteller sowie der gehobene Mittelstand im Bereich der Zulieferer Kunden von SAP – mit unterschiedlichem Durchdringungsgrad der jeweiligen Unternehmensprozesse.[100]

 

Durch die steigende Digitalisierung wird die Datenmenge im Produktionsumfeld stark zunehmen. Zusätzlich führen die vertikale und horizontale Vernetzung, Smart Products sowie ein durchgängiges Datenmanagement über die Produktlebenszyklen zu einem weiteren kontinuierlichen Datenfluss, der in verschiedenen Formaten vorliegt.[101] Diese sehr große Ansammlung von Datenmengen, die aus verschiedenen Quellen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Volumina und Protokollen übertragen werden, nennt man Big Data. Um diese unterschiedlichen Datenstrukturen erfassen, speichern, integrieren, auswerten und verwalten zu können, werden neue strukturierte Informationsarchitekturen benötigt. Durch Analyse und Optimierungstools lassen sich aus Big Data wertschöpfende Informationen gewinnen. Nach Korrelation, Trends und bestimmten Mustern werden die Daten analysiert, wobei zwischen Nutzdaten und Stördaten unterschieden wird. Durch die Analyse werden mathematische Modelle erstellt, die mit dem Verhalten in realen Situationen verglichen werden und somit Vorhersagen, Optimierungen und Entscheidungen liefern. Eine Analyse von sozialen Medien wie Facebook oder Twitter kann etwa Fahrzeugkomponenten wie Reifen, Sitze, Bremsen und Türen, aber auch Modelle, Marken und Nutzer beinhalten. Die Korrelation dieser Informationen führt zur Wertschöpfung, indem positive oder negative Einflüsse auf Marke und Verkauf identifiziert werden. So wird neben einem besseren Verständnis für Marktsituationen auch die Grundlage für schnellere und bessere Entscheidungen geschaffen.[102] In der Produktion macht es bspw. die umfassende Auswertung von Maschinendaten wie z. B. Geschwindigkeitsschwankungen und Vibrationen möglich, Ausfälle vorherzusagen und durch Wartungsmaßnahmen zu vermeiden (Predictive Maintenance).[103] Über Mensch-Maschinen-Schnittstellen werden die Analyseergebnisse den Entscheidungsträgern zugänglich gemacht oder fließen direkt in die CPPS der Produktionsprozesse ein. Internetbasiert über webserviceorientierte Strukturen erfolgt dabei die Datenintegration und -kommunikation.[104]

 

3.1.2 Cloud Computing


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