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Industrieller Einsatz und Optimierung einer arbeitswissenschaftlich orientierten FMEA

AutorLutz Stehling
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2003
Seitenanzahl154 Seiten
ISBN9783638174084
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Ingenieurwissenschaften - Maschinenbau, Note: 1,7, Universität Kassel (Institut für Arbeitswissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Daß Qualität die Basis für Konkurrenzfähigkeit ist, haben die Unternehmen spätestens seit den Erfolgen der Japaner auf dem Sektor des Qualitätsmanagements begriffen. Es reicht nicht aus, durch Aussortieren, Nacharbeit und penible Endkontrollen den vom Kunden verlangten Qualitätsstandard zu erfüllen, wenn diese Maßnahmen ein Drittel der Gesamtaktivitäten im Betrieb einnehmen. Vielmehr sollten ganzheitliche, sich auf arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse stützende Konzepte eingeführt werden, die präventiv Qualitätsmängel beheben und nicht nur die Symptome bekämpfen. Nur zögerlich sind die Unternehmen bereit, die Arbeitswissenschaft als einen Weg zur Lösungsfindung zu akzeptieren, da ein unmittelbarer Erfolg, wie er sich bei technischen Neuerungen einstellt, selten zu verzeichnen ist. Die Stärken sind hier eher langfristig angesiedelt und setzen somit Sorgfalt und Geduld voraus. Die Richtigkeit dieses Ansatzes wird durch die Verankerung der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse in Gesetzen, Verordnungen und technischen Regelwerken bestätigt. So findet man z.B. im Arbeitssicherheitsgesetz von 1973, in der Arbeitsstättenverordnung von 1975, in der Gefahrstoffverordnung von 1986, dem Betriebsverfassungsgesetz von 1972 und den Unfallverhütungsvorschriften der gesetzlichen Unfallversicherungen konkrete arbeitswissenschaftliche Bezüge. In ihnen sind verbindliche Richtlinien über Lärmschutz, Klima und Beleuchtung sowie Maße zur ergonomisch richtigen Gestaltung von Arbeitsplätzen vorgegeben, die ein belastungsarmes Arbeiten gewährleisten sollen. Die Arbeitswissenschaft umfaßt aber noch weitere Bereiche, die über die menschengerechte Arbeitsgestaltung hinausgehen. Sie stellt die Verbindung zwischen innerbetrieblichen Schwachstellen (technischer, organisatorischer und ergonomischer Natur), den daraus resultierenden menschlichen Fehlhandlungen und den Produktfehlern her. Menschliche Arbeitsfehler und Produktfehler können also nicht getrennt voneinander betrachtet werden, sie korrelieren. Folglich lassen sich durch arbeitswissenschaftliche Maßnahmen Schwachstellen abbauen, menschliche Fehlhandlungen reduzieren und somit Produktfehler minimieren. Auf dieser Annahme beruht das Forschungsprojekt, zu dem die vorliegende Diplomarbeit einen Beitrag leistet.

Lutz can look back on more than 15 years experience within the medical device industry where he has held various positions in R&D and business development. Before joining inmedis, Lutz worked as project leader at Zimmer Biomet. Prior to this Lutz was employed as director of business development for the medical business of Flextronics Inc. Before that he held the role of a project and business unit manager for start-up companies as well as for top tier medical device companies such as Boston Scientific and Biotronik. Lutz holds a Master Degree from the University of Kassel, Germany/ ENSAM, France in mechanical engineering.

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Leseprobe

6 Analyse der Fehlerursachen


 

Für die betriebliche Praxis stellen die im letzten Kapitel aufgezeigten Klassifizierungsansätze eine eher wissenschaftliche, theoretische Herangehensweise dar, die zwar eine umfassende Erklärung menschlichen Fehlverhaltens bietet, eine unmittelbare Übertragbarkeit auf die tatsächlich existierenden Fehlerursachen aber nur bedingt zuläßt.

 

6.1 Erfassungstechniken zur Ursachenanalyse


 

Um eine konkrete, praxisbezogene Verbindung zwischen den arbeitswissenschaftlichen Grundlagen und den genauen Ursachen der Produktfehler bei iwis-ketten herzustellen, sollen spezielle Erfassungstechniken angewandt werden, die Aufschluß über die fehlerauslösenden Bedingungen und den potentiellen Folgen der Produktfehler geben.

 

Vorerst sollen jedoch mittels der ABC-Analyse die Fehlerschwerpunkte ermittelt werden.

 

6.1.1 Ermittlung der Fehlerschwerpunkte nach der ABC-Analyse


 

Der Grundgedanke der ABC-Analyse "weniges ist wichtig, vieles ist unwichtig” stammt von dem italienischen Volkswirt und Soziologen Vilfredo Pareto (1848 - 1923).

 

Prinzipiell zieht man mit dieser Methode die Grenzen zwischen dem "Wichtigen” und dem "Unwichtigen”, die man in der Praxis folgendermaßen eingeteilt hat:

 A-Bereich: Alle Untersuchungsobjekte, die bereits 80% des

Untersuchungskriteriums auf sich vereinen.

 

B-Bereich: Alle Untersuchungsobjekte, die zusätzliche 15% des

Untersuchungskriteriums auf sich vereinen.

 

C-Bereich: Alle Untersuchungsobjekte, die die restlichen 5% des

Untersuchungskriteriums auf sich vereinen.

 

Die Untersuchungsobjekte sind in diesem Fall die Kettenfehler, die mit Hilfe des Erfassungsformulars ermittelt werden, das Untersuchungskriterium ist deren Gewichtungsfaktor (bestimmt durch das Risiko beim Kunden), basierend auf der von A. Schäfer (1998) erstellten Gewichtungsmatrix, die im Rahmen der Diplomarbeit um aktuellere Daten ergänzt wurde.

 

Die Häufigkeit, mit der die Fehler auftreten, ergibt, multipliziert mit dem Gewichtungsfaktor, die Gewichtung. Prozentual ausgedrückt bezeichnet man sie als Gewicht. Anhand der Summe der Gewichte lassen sich nun die Fehler in die einzelnen Bereiche einteilen (A, B und C).

 

 

Abb. 9: Rangliste der Fehlermerkmale nach der ABC-Analyse (Erhebungszeitraum: KW 40 1997 bis KW 25 1998)

 

 

Abb. 10: Summenkurve der ABC-Analyse mit Bereichen (Erhebungszeitraum: KW 40 1997 bis KW 25 1998)

 

Sechs von insgesamt 43 verschiedenen Fehlermerkmalen vereinen bereits 81,52% der Gesamtfehlerrate auf sich, weitere zehn repräsentieren mit 13,99% den B- Bereich und 27 Fehlermerkmale sind die "vielen Unwichtigen”, die die restlichen 4,49% einnehmen (Erhebungszeitraum: KW 40 1997 bis KW 25 1998).

 

Ziel ist es nun, die Ursachen der Fehler aus dem A-Bereich zu erforschen, um geeignete Abstellmaßnahmen einzuleiten. Die Fehler des B- und C-Bereichs mit ihrer eher geringen Bedeutung für die Gesamtfehlerrate werden hier nicht in Betracht gezogen. Ihre Reduzierung ist durch Beseitigung der A-Fehler sowieso zu erwarten, da einige Fehler miteinander vernetzt sind (siehe Vernetzungsmatrix im folgenden Kapitel).

 

6.1.2 Fehlervernetzung


 

Fehlermerkmale, die Ursache für weitere Produktfehler sind bzw. sich auf sie auswirken (z.B. "Innenlasche fehlt” als Ursache für "Rolle fehlt”), können in einer sogenannten Vernetzungsmatrix ermittelt werden und somit Aufschluß über das Maß ihrer Wechselwirkung untereinander geben.

 

Dazu werden alle erfaßten Produktfehler in einer Matrix gegenübergestellt, ihre Vernetzung untereinander geprüft und mittels eines Kreuzes (X) in der Matrix vermerkt. Wobei die Frage "beeinflußt Fehler A Fehler B, C, D...?” gestellt werden muß, um mit dem vorausgesetzten Fachwissen und den Erfahrungen eine konkrete Aussage über die Fehlerabhängigkeiten zu machen.

 

Die Summe der gesetzten Kreuze pro Matrixzeile spiegelt dann das Vernetzungsmaß einzelner Produktfehler wider. Die Anzahl der Quellen der Produktfehler läßt sich den Spalten entnehmen.

 

Die mit Hilfe der ABC-Analyse erstellte Prioritätenliste der Fehlermerkmale kann nun auf die ermittelten Fehlervernetzungen hin untersucht werden. Hierdurch können Interdependenzen zwischen Fehlern des A-Bereichs und denen des B- und C- Bereichs festgestellt werden.

 

Die Ergebnisse der Vernetzungsmatrix werden in einer MDA (Matrix-Daten-Analyse) graphisch dargestellt (siehe Abb. 12 u. 13).

 

Abb. 11: Vernetzungsmatrix der Produktfehler bei iwis-ketten (Quelle: IfA, 1998)

 

Die Gegenüberstellung der Produktfehler liefert zusätzlich wichtige Informationen bezüglich der Zuverlässigkeit einzelner Prozesse. So läßt sich z.B. der Fehler "Kette zu lang” unter anderem auf fehlende Innenlaschen, Rollen und Hülsen zurückführen, was folglich auf Mängel im Prozeß "Innengliedmontage” hinweist.

 

Die vorgeschlagenen Gestaltungsmaßnahmen zur Reduzierung von Produktfehlern können also bereits aus einer durch die Vernetzungsmatrix ermittelten Prozeßschwachstelle resultieren.

 

 

Abb. 12: Matrix-Daten-Analyse der Produktfehler, ermittelt nach ihrer Häufigkeit

 

 

Abb. 13: Matrix-Daten-Analyse der Produktfehler, ermittelt nach ihrem Gewichtungsfaktor (Risiko beim Kunden)

 

In den beiden Darstellungen der MDA werden Häufigkeit und Gewichtungsfaktor getrennt voneinander betrachtet, so daß eine von der ABC-Analyse losgelöste Beurteilung der Produktfehlerprioritäten (zum einen firmenintern, zum andern nach Risiko für den Kunden) stattfinden kann.

 

6.1.3 Zuordnen der Produktfehler nach Entstehungsorten


 

Es ist allgemein schwer nachweisbar, ob sich die in der Kettenendkontrolle festgestellten Fehler ausschließlich bei der Montage in der G 67/G 68-3 eingeschlichen haben oder ob Material oder vorangegangene Prozesse bereits fehlerhaft waren.

 

Das vorhandene Fehlererfassungsformular ist zwar auftretensorientiert gestaltet, läßt aber nur eine Zuordnung der Fehler nach Entstehungsorten (Prozessen) innerhalb des Pilotbereichs zu (d.h. Innengliedmontage, Kettenmontage, Nietung etc.). Eine Zuordnung, welche die Beteiligung anderer Bereiche des Betriebs offenlegt, kann der Erfassungsbogen nur bedingt liefern. Bis auf insgesamt fünf Fehlermerkmale, die sich eindeutig anderen Bereichen zuschreiben lassen, und 17 weiteren, deren Ursachen unumstritten in den Montageprozessen der Gruppe zu suchen sind, können die übrigen Zuordnungen nur aus praktischer Erfahrung heraus erfolgen.

 

 

Abb. 14: Tabelle der 17 Fehler, die eindeutig der Montagestraße zuzuordnen sind

 

Abb. 15: Tabelle der 5 Fehler, die eindeutig anderen Bereichen zuzuordnen sind

 

Die Ursachen der restlichen 21 Fehler können sowohl der Montagestraße, als auch der Wärme- und Oberflächenbehandlung (WOB), der Teilefertigung (TF) und dem Lieferanten bzw. der Wareneingangskontrolle zugeschrieben werden.

 

Eine Beschädigung an einer Innenlasche kann z.B. ein Materialfehler sein; ebensogut ist es möglich, daß falsche Behandlung der Transportbehälter, Umschütten der Teile in der WOB oder Gewalteinwirkung in der Montagestraße zu der Beschädigung geführt hat. Rost und Teilevermischungen lassen sich ebensowenig einer einzelnen Abteilung zuweisen. Die Möglichkeiten, den genauen Tathergang zu erfassen, sind somit begrenzt.

 

Fehler wie z.B "Kette zu kurz/zu lang” entstehen zwar überwiegend in der Montagestraße, werden aber ebenso zu einem geringen Anteil durch andere Prozesse verursacht (nicht entfernter Grat, abgenutztes Stanzwerkzeug etc.), weshalb keine genauere Zuordnung dieser Fehler erfolgen kann.

 

Denkbar wäre es, den Fehlererfassungsbogen so detailliert zu strukturieren, daß jeder mögliche Entstehungsort den Fehlern zugeordnet werden kann (z.B. "IL beschädigt WOB” und "IL beschädigt TF”). Voraussetzung für die Beschäftigten in der Kettenendkontrolle wäre dann allerdings, ein umfassendes Fachwissen über den gesamten Produktionablauf zu besitzen, was wiederum eine Schulung mit sich brächte.

 

Die praxisnähere Lösung wäre der ständige Informationsaustausch zwischen den einzelnen Abteilungen, die in regelmäßig stattfindenden Teamsitzungen die aktuelle Situation gemeinsam bewerten und dementsprechende Maßnahmen ergreifen.

 

 

Abb. 16: Tabelle der 21 restlichen Fehler, die der WOB, der TF und der Montage zugeordnet werden können

 

Vier der sechs Produktfehler des A-Bereichs (Kette steif, Kette zu kurz, Kette zu lang, Innenlasche falsch) gehören der bereits erwähnten Gruppe an, die sich einer eindeutigen Zuordnung entziehen (siehe auch...

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