Nachfolgend wird eine Auswahl unterschiedlicher Konventionen, Gesetze und Richtlinien auf internationaler und nationaler Ebene aufgeführt, die nicht den Anspruch von Vollständigkeit erheben und einen groben zeitlichen Abriss der Implementierung des Inklusionsgedankens in Deutschland darstellen sollen. Der Fokus liegt hierbei auf dem Bereich der Elementarpädagogik. Darüber hinaus werden Zahlen und Fakten hinsichtlich der Häufigkeit von diagnostizierten Beeinträchtigungen und der Finanzierung von Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen in Kindertageseinrichtungen aufgeführt. Kritisch eingegangen wird sowohl auf Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen, die für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Inklusion von Kindern mit Behinderung in Kindertagesstätten relevant sind.
Bereits 1948 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Hintergrund waren u. a. die grausamen Gegebenheiten der vorhergehenden Weltkriege. In Artikel 26 ist aufgeführt, dass jeder Mensch das Recht auf eine Bildung hat, die „(…) auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung und Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten gerichtet sein (…)“ muss (s. UN. org).
1990 forderte die Unesco in der Erklärung von Jomtien (Thailand) „Bildung für alle“ (vgl.
Unesco.de/Erklärung von Jomtien). Kinder mit Beeinträchtigungen werden in dieser Erklärung nicht explizit erwähnt.
Die UN-Kinderrechtskonvention fand 1990 statt. In Artikel 23 ist die Förderung von Kindern mit Beeinträchtigung thematisiert. Hierbei wird die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft trotz Beeinträchtigung dargelegt (vgl. bmfsfj, 2012, S. 19). Das Recht auf Bildung wird in Art. 28 angesprochen (vgl. ebd. S. 22).
Im Juni 1994 trafen sich 300 Teilnehmer aus 92 Regierungen und 25 internationalen Organisationen zur Weltkonferenz „Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität“ in Salamanca, Spanien. Erstmals wurde der Begriff Inklusion im Zusammenhang mit Bildung aufgeführt. In der deutschen Übersetzung der Salamanca-Erklärung wird der Begriff „Inklusion“ konsequent durch das Wort „Integration“ ersetzt, was eine Abgrenzung der beiden Begriffe erschwert und lt. U. Heimlich dazu führte, dass die Einführung des Inklusionsbegriffs in Deutschland zunächst nicht wahrgenommen wurde (vgl. Heimlich, 2013, S.28). Die Salamanca-Erklärung beinhaltet die Bekräftigung, dass das Recht eines jeden Menschen auf Bildung unabhängig von individuellen Unterschieden zu sichern ist. Ferner wird auf die Standardregeln der Vereinten Nationen zur Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigung hingewiesen, durch welche die Staaten zur Sicherstellung der Erziehung von Personen mit Behinderung als „(…) unerlässlicher Bestandteil des Schulsystems“ (s. Unesco.de/Salamanca-Erklärung S.2) aufgefordert sind. So finden sich in der Salamanca-Erklärung die Aufforderung an die Regierungen, ihre Schulsysteme hinsichtlich der Einbeziehung aller Kinder zu verbessern und das Prinzip integrativer Pädagogik auf politischer und gesetzlicher Ebene anzuerkennen.
Im Jahr 2006 fand die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung statt, hiermit einhergehend die Verpflichtung der beteiligten Länder, ein inklusives Bildungssystem einzurichten. Ziel der Konvention ist, Menschen mit Beeinträchtigungen eine gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. In Artikel 24 ist das Recht auf inklusive Bildung auf allen Ebenen aufgeführt (vgl. sovd.de).
Die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung ist in Deutschland seit 2009 rechtlich verbindlich und hat nach Art. 59 des Grundgesetzes den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. „Der Bund als Völkerrechtssubjekt hat darauf hinzuwirken und notfalls auch dafür einzustehen, dass die UN-BRK auch durch die Bundesländer, soweit deren Gesetzgebungszuständigkeiten betroffen sind, korrekt ins nationale Recht transformiert wird.“ (s. städtetag. de, 2011, S. 10). Es wird aufgeführt, dass Verwirklichung der inklusiven Bildung „tiefgreifende strukturelle und institutionelle Veränderungen“ (s. ebd.) bedeuten, deren Umsetzungen eines längeren Zeitraums bedürfen.
In Artikel 3, Absatz 3 des deutschen Grundgesetzes finden sich folgende Ausführungen: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (s. bundestag.de/ rechtsgrundlagen/ grundgesetz).
Als Merkmale von Inklusion werden u. a. das Recht auf Teilhabe aller Kinder, der Fokus auf unterschiedliche Bedürfnisse aller Lernenden und die Betrachtung von Heterogenität als Chance hervorgehoben (vgl. Sulzer/Wagner, 2011, S. 9).
Der Nationale Aktionsplan wurde im Juli 2011 verabschiedet und hat zum Ziel, die Inhalte der UN-Behindertenrechtskonvention innerhalb der nächsten zehn Jahre (ausgehend von 2011) systematisch voranzutreiben (vgl. bmas. de, S. 12). Er wurde unter Verantwortung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und in Zusammenarbeit mit den Ländern, Kommunen, Zivilgesellschaft und Verbänden für Menschen mit Behinderung entwickelt. Neben der schulischen Bildung ist explizit auch die gemeinsame Kinderbetreuung und Frühförderung und damit einhergehend der Zugang zur gemeinsamen Bildung aufgeführt: „Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass inklusives Lernen in Deutschland eine Selbstverständlichkeit wird. Kindergärten und -tagesstätten, Schulen, Hochschulen und Einrichtungen der Weiterbildung sollen allen Menschen von Anfang an in ihrer Einzigartigkeit und mit ihren individuellen Bedürfnissen in den Blick nehmen und fördern.“ (s. ebd., S. 47).
In § 4 (Leistungen zur Teilhabe) finden sich folgende Ausführungen: „(3) Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit nicht behinderten Kindern betreut werden können. Dabei werden behinderte Kinder alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.“ (s. sgb. de (1)).
In § 9, Absatz 3 ist das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten thematisiert: „(3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.“ (s. ebd.)
§ 19 handelt Rehabilitationsdienste und -einrichtungen ab. Hier finden sich explizit Ausführungen zu Kindern mit Beeinträchtigungen: „(3) Bei Leistungen an behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Kinder wird eine gemeinsame Betreuung behinderter und nichtbehinderter Kinder angestrebt.“ (s. ebd.).
Die spezifische Förderung von Kindern mit Entwicklungsrisiken und (drohender) Behinderung wird als ein Aspekt ganzheitlicher Förderung mit dem Charakter einer Querschnittsaufgabe dargestellt, jedoch nicht näher ausgeführt (vgl. KMK. de, S. 4).
Im Unterkapitel 3.3 (Gruppe als soziales Lernfeld) heißt es: „Bildungsangebote sollen allen Kindern offen stehen und ihnen bestmögliche Lern- und Entwicklungschancen bieten.“ (s. ebd. S. 7).
In 22a, Abs. 4 heißt es: „Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten.“ (s. sgb. de (2)).
Ziel dieses Gesetzes ist es,...